Georg Steinberger, Vorstandsvorsitzender FBDi

Georg Steinberger, Vorstandsvorsitzender FBDi: „Jedes Mitglied rechnet mit einem durchwachsenen Geschäftsjahr und verfolgt das Ziel, so gut wie möglich aus der Krise zu kommen“. (Bild: FBDi)

all-electronics hat eine Umfrage bei einer Reihe von Elektronik-Unternehmen zum Thema Umgang mit der Corona-Krise gestartet. Die Unternehmen berichten, welche Maßnahmen sie ergriffen haben, wie sie sich auf das Hochfahren der Geschäftstätigkeit vorbereiten und was sie von der Politik erwarten. In diesem Übersichtsbeitrag haben wir die wichtigsten Aussagen zusammengefasst.

Wie haben sich die durch Sie vertretenen Unternehmen mit den Corona-Einschränkungen arrangiert? Welche Maßnahmen wurden getroffen, um mit der Situation zurecht zu kommen?

Georg Steinberger, Vorstandsvorsitzender FBDi: Augenblicklich muss man die Situation prüfen – wo kann nicht produziert werden, wo wird nicht geliefert? Wichtig dabei sind Einzelgespräche mit den Kunden, weil für jeden die Situation anders ist, und trotzdem keine Priorität über Bord gehen darf. Im Fokus steht jetzt Klarheit zu schaffen und zusammenzuarbeiten. Nun wird sich zeigen, ob und wie es mit der Solidarität und Partnerschaft in der Supply Chain steht. Schließlich kann man nur gemeinsam vorwärts kommen und die Situation bewältigen.

Als kleiner Verband lebt der FBDi im Wesentlichen vom Engagement seiner überschaubaren Mitgliederschar. Während in normalen Zeiten um übergeordnete Themen wie Compliance, Umwelt, Produkt- und Transportsicherheit auf dem Themenplan stehen, geht es jetzt eher um regelmäßige Stimmungsbilder, Erfahrungswerte und Best Practices und nicht zuletzt neu auftretende Herausforderungen wie etwa Frachtkosten. Dazu kommt der Ausblick. Was kommt auf uns zu als Branche und wie sollen wir damit umgehen? Aus Gesprächen mit den FBDi-Mitgliedern zeigt sich, dass die Hersteller und Distributoren – trotz Social Distancing – sehr gut zusammenarbeiten. Jedes Mitglied rechnet mit einem durchwachsenen Geschäftsjahr und verfolgt das Ziel, so gut wie möglich aus der Krise zu kommen.

Wie sieht die Exitstrategie der Unternehmen aus, um zu einem ansatzweise „normalen“ Arbeitsalltag zurück zu kehren, und welchen Zeitraum planen diese dafür ein?

Georg Steinberger: Jeder würde aktuell gerne den Reset-Knopf drücken, wieder anfangen und Bestandsaufnahme machen, um Planungssicherheit zu gewinnen und wieder kommerziell Tritt zu fassen. Allerdings fehlt auch den EU-Staaten eine gemeinsame Strategie, ganz zu schweigen von einer gemeinsamen Vorstellung von der Krise oder ihrer Tragweite. Weltweit sieht es nicht viel besser aus. Dabei ist die grundsätzliche Frage immer noch offen: Wie bewältigt die Menschheit ein globales Problem? Diese Frage kann ein kleiner Fachverband sicherlich nicht beantworten.

Was ist überhaupt die Exit-Strategie? Die Situation in unserer Branche wird sich erst in Monaten normalisieren, weil sich sowohl Kunden und auch Hersteller sicher sein müssen, was sie denn produzieren können. Jeder kämpft mit dem Forecast, und die meisten FBDi-Mitglieder rechnen mit einem chaotischen Jahr. Wichtig sind jetzt vertiefte Beziehungen zwischen Herstellern und Kunden, um Überblick zu gewinnen und zurück zu einem sinnvollen Wachstum zu kommen.

Werden die Corona-bedingten Einschränkungen den Arbeitsalltag und -organisation der Unternehmen auch nach Ende der Epidemie nachhaltig verändern?

Georg Steinberger: Eine Schlüsselrolle für die notwendige Transparenz spielt die Digitalisierung. Sie ist für die  Elektronikbranche nicht neu, allerdings in der über die letzten 30 Jahre massiv angewachsenen Menge, Komplexität und Dynamik. Nun zwingt der Virus nicht nur die Distribution sondern alle, noch digitaler und virtueller zu werden. Davon profitieren neue Arbeitsformen wie Mobile Working und Virtual Meetings und die technische Qualität der Kommunikationsinfrastruktur. Es zeigt sich auch, dass weniger Geschäftsreisen zum Ziel führen – sehr zum Vorteil für das Klima. Letztlich werden diese Faktoren die Struktur von Arbeit und Unternehmen maßgeblich und nachhaltig verändern.

Welche Unterstützung seitens der Politik würden Sie sich dabei wünschen bzw. welche Maßnahmen sind nötig, um wieder einen normalen Arbeitsalltag zu gewährleisten?

Georg Steinberger: Regierungen würden gut daran tun, Ihre Corona-Konjunkturprogramme nicht nur auf die Soforthilfe, die zweifelsfrei absolut notwendig ist, zu beschränken und den üblichen Verdächtigen Geld hinterher zu werfen. Sondern dringend notwendig wäre das Investment in eine zukunftsfähige Infrastruktur – sei es im Verkehr, bei Energie oder im Bereich Bildung. Auch Firmen sollten generell darüber nachdenken, wie sie in Zukunft agieren wollen. Wichtig wäre, einen Ausgleich zwischen den Interessen der Gesellschaft, der Mitarbeiter und der Unternehmen zu schaffen.

Welche Auswirkungen hat Ihrer Ansicht nach die Corona-Krise auf Start-ups?

Georg Steinberger: Weil Start-ups in der Regel keine Gewinne verzeichnen, sind sie abhängig vom (Risiko)Kapital von Investoren. Dazu gibt es bei den meisten kaum Rücklagen, Gehaltszahlungen sind im Durchschnitt nur für drei Monate gesichert. Krisen wie die jetzige bremsen das Engagement der Gründer aus. Die Förder- und Hilfskredite setzen in den meisten Fällen persönliche Bürgschaften und damit die private Haftung der Geschäftsführer voraus, dazu kommt, dass sie in der Regel selten schnell verfügbar sind. Alles in allem ist es derzeit eine sehr schwierige Situation, die den Gründergeist nicht fördern wird. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass selbst in ‚normalen‘ Zeiten jedes zweite Start-up nicht überlebt.

(gk)

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