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Augmented-Reality-Anwendungen brauchen sehr kompakte Funkmodule. Imec arbeitet hierfür an einem durchstimmbaren Duplexer.

Augmented-Reality-Anwendungen brauchen sehr kompakte Funkmodule. Imec arbeitet hierfür an einem durchstimmbaren Duplexer.Imec

Handys, Mobilfunkmodule und Datenkarten enthalten eine Anzahl von Bausteinen, die die Kommunikation mit ihrer Basisstation im 2G-, 3G-, 4G- oder LTE-Netzwerk ermöglichen. Dazu zählen Baseband-Prozessor, HF-Transceiver (Transmitter/Receiver) und Frontend. Das Frontend-Modul wiederum besteht aus passiven Komponenten wie Duplexer, Switches und SAW-Filter (Bandpass, realisiert als „Surface Acoustic Wave“), und daneben auch einigen aktiven Bauteilen wie Leistungsverstärkern.

Gesucht: Kompaktere Frontends

Die Gerätehersteller sehen zunehmende Probleme in der Auslegung ihrer Frontend-Module: Die brauchen zu viel Platz. Für immer kleinere Datengeräte, wie Smart-Watches, Smartphones oder IoT-Sensoren, die in Armbänder oder Brillen integriert werden, müssen die Entwickler hier bald eine praktikable Lösung finden. Deshalb arbeiten viele Hersteller bereits an Techniken, die die Frontend-Module kompakter machen sollen. Eine Möglichkeit ist die Integration einer Anzahl passiver Komponenten in ein hinreichend kleines Gehäuse. Andere Anbieter integrieren mehrere Komponenten auf einem Chip, indem sie eine Silicon-on-Insulator-Technologie (SOI) einsetzen.

Eckdaten

Funkmodule müssen heute immer mehr Frequenzbänder bedienen, dabei aber immer kompakter werden. Bei den passiven Komponenten für HF-Funktionen ist dieser Widerspruch schwer aufzulösen. Imec-Forscher arbeiten daher an einem durchstimmbaren Duplexer, der sich auf viele Frequenzbänder anpassen lässt.

Die größte Herausforderung im Frontend-Modul ist der Duplexer. Dieser Baustein isoliert Transmitter und Receiver funktional voneinander, um gegenseitige Störungen zu verhindern. Doch die heutigen Duplexer sind für spezifische Frequenzbänder ausgelegt. Also brauchen drahtlose Applikationen mit sieben bis neun Frequenzen genau so viele Duplexer. Um dieses Problem zumindest teilweise zu beheben, entwickeln die Geräteanbieter unterschiedliche Modelle für die verschiedenen Weltregionen, in denen jeweils andere Frequenzbänder verwendet werden.

In Zukunft wird das so nicht mehr möglich sein, denn mobile Geräte müssen überall und jederzeit bis zu 28 Bänder für die weltweite 2G-, 3G-, 4G- und LTE-Konnektivität unterstützen. Die höheren Datenraten für Applikationen wie virtuelle Realität, oder auch Augmented Reality, erfordern das durchgängig. Ein Beispiel sind Smart Glasses, die als persönlicher Navigator beim Reisen dienen, und alle nur denkbaren Informationen über die gerade besuchte Umgebung liefern müssen. Solche Rundum-Informationsszenarien sind mit traditionellen Festfrequenzkomponenten nicht darstellbar.

Bild 1: Elektrisch balancierter Duplexer, ausgeführt in einem 0,18-µm-SOI-CMOS-Prozess.

Bild 1: Elektrisch balancierter Duplexer, ausgeführt in einem 0,18-µm-SOI-CMOS-Prozess.Imec

Prototyp eines rekonfigurierbaren Duplexers

Auf der letzten ISSCC (International Solid-State Circuits Conference) und dem Mobile World Congress 2015 haben Imec-Forscher ihren ersten rekonfigurierbaren Duplexer vorgestellt. Imecs Lösung verwendet durchstimmbare Komponenten, die viele Frequenzbänder unterstützen. Der Prototyp eines durchstimmbaren Duplexers – Hi-FEM1 genannt – ist ein klarer Schritt in diese Richtung. Er bietet eine frequenzflexible Isolation von mehr als 50 dB im Bereich zwischen 1,9 und 2,2 GHz (Midband), und er liefert eine hohe Leistung von 27 dBm, mit geringen Verlusten von weniger als 3,7 dB für den Transmitter und 3,9 dB für den Receiver (Bild 1).

Der Imec-Prototyp arbeitet außerdem mit hoher Linearität (+70 dBm, IIP3). Das ist notwendig, um Signalverlust zu vermeiden, wenn andere Geräte in der Umgebung auf benachbarten Frequenzbändern kommunizieren. Imec hat sich hierbei für die SOI-Technologie entschieden, da sie für die hohe Qualität der integrierten passiven Komponenten bekannt ist, und wegen ihrer geringeren Kosten und Baugröße, wenn man alle Passiven in dieser Technologie fertigt und integriert.

In etwa drei Jahren sollten diese rekonfigurierbaren Systeme kommerziell für alle Arten von drahtlosen Datengeräten verfügbar sein. Doch es gibt noch eine Menge zu tun, um sie marktreif zu machen.

Bild 2: Konzept eines durchstimmbaren integrierten Frontend-Moduls (Hi-FEM) mit rekonfigurierbarem HF-Transceiver (Scaldio). BPF: Bandpassfilter, LNA: Low-noise Amplifier, PA: Power Amplifier, RX: Receiver, TX: Transmitter.

Bild 2: Konzept eines durchstimmbaren integrierten Frontend-Moduls (Hi-FEM) mit rekonfigurierbarem HF-Transceiver (Scaldio). BPF: Bandpassfilter, LNA: Low-noise Amplifier, PA: Power Amplifier, RX: Receiver, TX: Transmitter.Imec

Ausblick in die Zukunft

Imec arbeitet derzeit bereits an einem zweiten Prototyp des Duplexers (Hi-FEM2). Er unterstützt die niedrigeren Bänder und überdeckt den Bereich von 700 MHz bis 1 GHz. Hier gibt es etwa zehn Frequenzen, die in Mobilnetzen genutzt werden. Der neue Prototyp wird auch in der Lage sein, Interferenzsignale auszufiltern. Bis Ende 2017 plant Imec eine dritte Version, den Hi-FEM3.

Die Arbeiten am Duplexer laufen im Rahmen von Imecs Entwicklungsprogramm von rekonfigurierbaren Funksystemen. Generell gilt, dass man in diesem Anwendungsbereich immer das Gesamtsystem in Betracht ziehen muss. Wenn man gleichzeitig den Receiver und den Transmitter verbessert, wird auch die Entwicklung und Integration des Frontend-Moduls viel einfacher. In diesem Konzept berücksichtigen die Forscher das komplette Bild, einschließlich des Frontend-Moduls, des Baseband-Prozessors und des HF-Transceivers (Bild 2).

Joris Van Driessche

ist Programm-Manager für rekonfigurierbare Funksysteme bei Imec.

(lei)

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