Zum zweiten Mal in diesem Jahr streicht das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) überraschend den Stichtag zum Einreichen neuer Vorschläge zur Batterieforschung: Projektskizzen zum BMBF-Programm „Forschung und Entwicklung (FuE) an Batterietechnologien für technologisch souveräne, wettbewerbsfähige und nachhaltige Batteriewertschöpfungsketten“ können nicht mehr eingereicht werden. Parallel dazu informiert das Ministerium aktuell Forschungseinrichtungen darüber, dass bereits ausgearbeitete Rahmenpläne für Kompetenzcluster unter anderem in der Produktions- und Materialforschung sowie die darauf eingereichten Skizzen neuer Forschungsvorhaben nicht mehr gefördert werden.
Damit steige das Ministerium de facto aus der Zukunftstechnologie Batterie und einem der aktuell ökologisch und ökonomisch bedeutsamsten Forschungsfelder aus, kritisieren der Verband der Chemischen Industrie (VCI), der Verband Deutscher Maschinen – und Anlagenbau (VDMA), das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen Batterien (KLiB) und der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). Das BMBF verschließe damit die Quelle der Forschungs- und Innovationspipeline, die in der industriellen Umsetzung, aber auch in der weiterhin geförderten „Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB)“ in Münster mündet. Dies sei umso unverständlicher, da andere globale Wirtschaftsregionen massiv FuE in dieser Zukunftstechnologie verstärken. Dieser Schritt des BMBF konterkariere das gemeinsame Ziel der Bundesregierung, dass „Deutschland zu einem Zentrum für Forschung, Fertigung und Recycling von Batteriezellen“ werde. Die Industrieverbände fordern daher, dass die Bundesregierung klare Signale sendet, die Batterieforschung fortzusetzen und sogar weiter auszubauen, um den Verunsicherungen und dem bereits erfolgenden Abbau der Batterieforschung zu begegnen.
Globaler Wettbewerb der Forschungsstandorte
Die Unabhängigkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Hightech-Standorten werden sich künftig auch daran orientieren, Batterien neu und kontinuierlich weiterzuentwickeln und in hohen Stückzahlen zu produzieren. Der Ausstieg aus Forschung und Weiterentwicklung bedeute Stagnation und damit den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit aller am Ökosystem beteiligter Unternehmen und Industrien, deren Produkte auf Batterien basieren. Die Organisationen verweisen darauf, dass die globalen Forschungsanstrengungen zur Entwicklung neuer, nachhaltigerer, preiswerterer und weiterentwickelter Batteriesysteme nach wie vor gewaltig seien. So hat China angekündigt, 750 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung von Festkörperbatterien zu investieren. Die USA fördern zwei neue Forschungsteams mit 113 Millionen Euro zur Entwicklung neuer Batteriesysteme. Im Rahmen des „Battery Materials Processing and Battery Manufacturing and Recycling Program“ sind Gesamtinvestitionen in Höhe von 16 Milliarden US-Dollar für die Herstellung, Verarbeitung und das Recycling von Batterien geplant. Südkorea verstärkt die ohnehin starke Batterieindustrie mit 6 Milliarden Euro.
Konsequenzen des Ausstiegs aus der Batterieforschung
- Die unklare Fördersituation und die bisher nicht sichtbaren Aktivitäten des Bundesforschungsministeriums, pragmatische Lösungen zu finden, führten zu Verunsicherung in Forschungseinrichtungen und bei den Forschenden, machen die vier Organisationen deutlich. Schon heute werden Arbeitsverträge nicht verlängert oder junge Talenten keine Perspektiven geboten. Damit beginne jetzt der Abbau von Arbeitskreisen und dem Dachkonzept. Dies verschärfe den Fachkräftemangel und Forschende mit hohem internationalem Ruf könnten abwandern.
- Damit einhergehe bereits jetzt ein immenser Reputationsverlust des Forschungsstandortes Deutschland. Die Zukunft der Forschungskooperationen mit den USA, Japan, Taiwan und Frankreich sei gefährdet, auch die Attraktivität als Hightech-Standort gehe für Investoren verloren. Große Konzerne werden ihre Forschungsaktivitäten an andere globale Standorte verlagern, klein- und mittelständische Unternehmen, die dies nicht können, verlieren die Unterstützung durch Mitarbeitende und Infrastruktur von Forschungseinrichtungen, prognostizieren die Verbände. Die Konsequenz: Keine neuen Geschäftsfelder entstehen und Innovationen gehen verloren.
- Mit der Kappung der Forschungsförderung durch das BMBF ginge das Bekenntnis der Bundesregierung zur technologischen Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit des Ökosystems Batterien verloren. Das BMBF fördere damit den Ausstieg Deutschlands aus einer Zukunftstechnologie, die ein wichtiges Element für viele Industriesegmente ist.
- Darüber hinaus entziehe die Kappung der Batterieforschung dem Ziel der Bundesregierung einer CO₂-neutralen Industrie und Gesellschaft eine Basis.