Brennstoffzelle ist nicht gleich Brennstoffzelle. Die Stacks unterscheiden sich sowohl was die verbauten Materialien angeht als auch im Hinblick auf ihre Geometrie. Ein für die Zellkontaktierung entscheidendes Kriterium ist dabei der sogenannte Zellpitch. Dieser beschreibt die Dicke einer einzelnen Zelle, also den Abstand zwischen zwei Bipolarplatten. Bipolarplatten sind die Schlüsselkomponenten einer Brennstoffzelle. Sie trennen die Gasräume der benachbarten Zellen voneinander ab. Zu Stapeln (Stacks) geschichtet bilden die Platten den Kern eines Brennstoffzellensystems.
Drei grundsätzliche Herausforderungen
Bei metallischen Bipolarplatten liegt der Zellpitch heute um 1 mm. Das Problem: Innerhalb eines Brennstoffzellenstapels variiert der Abstand aufgrund von Fertigungstoleranzen und während des Betriebs. Hinzu kommt, dass der Stack während des Betriebs arbeitet, er dehnt sich aus oder zieht sich zusammen. Montiert im Fahrzeug kommen Vibrationen hinzu. Für die Zellkontaktierung (Cell Voltage Pickup, CVP) bedeutet das, dass die Potenzialabgriffe ein Stück weit variabel sein müssen während die Befestigungseinheit, auf der die Kontakte sitzen, ein starres Gebilde ist. Es gilt also, die fixe Größe des Messwerterfassungssystems mit variablen Potenzialabgriffen zu kombinieren.
Eine weitere generelle Herausforderung bei der Entwicklung von Zellkontaktierungen für Brenn-stoffzellenüberwachungssysteme (Cell Voltage Monitoring Systemen, CVM) ist das Herstellen eines elektrischen Kontaktes unter den Randbedingungen, die für den Einsatz in Fahrzeugen gelten: Die Kontaktierung muss elektrisch funktional, vibrationsunempfindlich, Automotive-tauglich, Bauraum-neutral, temperaturfest und kostengünstig sein.
Bisher kamen CVM-Systeme vor allem in der Entwicklung und Erprobung von Brennstoffzellenfahrzeugen zum Einsatz. Angesichts überschaubarer Stückzahlen wog die Montagezeit für die Zellkontaktierung nicht sonderlich schwer. Mit dem Sprung in die Serie ändert sich das. Damit steigt der Druck auf die Massenreproduzierbarkeit der Zellkontaktierungen und die Kosten. Die Punkte Montagefähigkeit und –zeit sowie Automatisierungsgrad der Produktion gewinnen an Bedeutung. War bisher ein halber Tag notwendig, um ein CVM zu installieren und die Zellen zu kontaktieren, muss das künftig in wenigen Minuten erledigt sein.
Angesichts dieser Herausforderungen hat das Team von Smart Testsolutions, das im eMobility-Umfeld vor allem für seine Systeme zur Zellspannungsüberwachung an Brennstoffzellen bekannt ist, sich in den vergangenen Jahren immer wieder Gedanken über eine verbesserte Zellkontaktierung gemacht. Erstes Ergebnis der Überlegungen war 1997 eine Kontaktierungseinheit mit einseitig gelagerten Federkontakten.
Stiftkontakte bei metallischen Bipolarplatten
Grundsätzlich lassen sich im Fahrzeugbau drei unterschiedliche lösbare Kontaktarten unterscheiden: Stiftkontakte, Federkontakte und Fahnenkontakte (Bild 2). Welche Kontaktart jeweils zum Einsatz kommt, hängt unter anderem von der Beschaffenheit der Bipolarplatten im Stack ab.
Da Graphit ein sprödes Material ist, sind Bohrungen insbesondere bei dünnen Platten schwierig. Daher scheiden Stiftkontakte bei Graphit-Bipolarplatten aus. Bei metallischen Platten dagegen sind Bohrungen möglich. Dieser Ansatz wurde jedoch nicht weiterverfolgt, denn die Stiftkontakte sind für die Kontaktierung auf eine ganz bestimmte, fixe Position zu bringen. Daher muss bereits beim Design der Kontaktierungseinheit die Entscheidung für einen bestimmten Zellpitch fallen. Zudem können Fertigungstoleranzen bei den Bipolarplatten und damit geringfügig unterschiedliche Abstände schnell dazu führen, dass die Stifte einen Seitenversatz aufweisen und nicht optimal in die vorgesehenen Löcher passen. In der Folge entstehen unerwünschte Scherkräfte, die die Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Überwachungssystems beeinträchtigen.
Viele Hersteller von Brennstoffzellen mit metallischen Bipolarplatten setzen daher nicht auf Stift-, sondern auf Fahnenkontakte. Dabei wird die Platte mit einer zusätzlichen Ausformung gefertigt, der Fahne. Der Potenzialabgriff erfolgt dann durch ein geeignetes Verbindungselement mit Klemmung, das über die 0,1 bis 0,3 mm dünnen Fahnen gestülpt wird. Der Vorteil: Am Markt sind Klemm-Bauteile, sogenannte On-Board-Clips, verfügbar, die sich direkt auf Leiterplatten bestücken lassen. Entsprechende Kontaktierungseinheiten sind also vergleichsweise einfach und kostengünstig herzustellen. Allerdings stellt auch hier die Montage eine große Herausforderung dar. Zum einen aufgrund der oft variierenden Zellabstände, zum anderen aufgrund der geringen Abmessungen der Bauteile. Ein On-Board-Clip ist sehr klein, die Fahne sehr dünn – knickt eine Fahne ab, ist der Kontakt nicht mehr nutzbar.
Vorteile von Federkontakten
Soll eine Kontaktierungslösung in mobilen Anwendungen zum Einsatz kommen, stellen Federkontakte aus Sicht von Smart Testsolutions die beste Lösung in Bezug auf Montierbarkeit und Zuverlässigkeit dar. Die bereits erwähnte Zellkontaktierung (Bild 3) arbeitet mit einseitig gelagerten Federkontakten. Je zehn Kontakte sind auf einer kleinen Leiterkarte befestigt, die je nach Anzahl der zu kontaktierenden Zellen zu einem Gesamtsystem kombinierbar sind. Diese Kontaktmodule sind in Führungen beweglich gelagert. Dadurch lassen sie sich nach Lösen der Fixierung der Klemmschenkel verschieben. Zudem sind die einzelnen Kontakte dank der Federkraft sowohl seitwärts als auch nach oben und unten beweglich. Auf diese Weise ist die Kontaktierungseinheit an verschiedene Stack-Typen anpassbar, Fertigungstoleranzen werden ausgeglichen und sie nimmt Bewegungen des Stacks im Betrieb auf.
Die Konstruktion der Baugruppe zeigt, wie sich in gewissem Umfang variable CVP-Module mit einem starren CVM-System mit fest vorgegebenen Steckverbindern verbinden lassen. Von den Kontaktierungsmodulen gelangen die Messsignale über Wire-to-Board-Verbindungen an eine starre Leiterkarte mit den zum CVM-System passenden Steckverbindern. Die Wire-to-Board-Verbindungen sind auf der einen Seite fest angelötet, auf der anderen Seite jedoch mit Steckverbindern versehen. Auf diese Weise lassen sich die Modulleiterkarten mit den Kontakten je nach Zellpitch einfach austauschen (Bild 1).
Die S-förmig gebogenen Kontakte bieten den Vorteil, dass die Bipolarplatten gegen Abrieb geschützt sind. Außerdem bietet eine größere Auflagefläche eine höhere Verbindungssicherheit. Liegt der Kontakt nur an einem Punkt auf der Bipolarplatte auf, steigt dagegen bei der Messung der Einzelzellspannungen die Gefahr von Aussetzern. Zum Beispiel könnte das Signal unterbrochen werden, wenn das Fahrzeug durch ein Schlagloch fährt und sich der Federkontakt dabei geringfügig abhebt.
Einseitig gelagerte Federkontakte kommen bei Bipolarplatten zum Einsatz, die für die Aufnahme der Kontakte mit einer Vertiefung versehen sind. Nachteil dieser Kontaktierungsart ist der hohe Platzbedarf der entsprechenden CVP-Systeme. Hinzu kommt die aufwendige Montage am Brennstoffzellen-Stapel. Je nach Stack ist viel von Hand nachzujustieren, damit jeder einzelne Kontakt in einer Zellnut zu liegen kommt.
Zweiseitig gelagerter Kontakt für geringe Bauhöhe
Die verbesserte CVP mit Federkontakten stellt einen zuverlässigen Spannungsabgriff sicher, ohne dass bei der Montage aufwendig von Hand nachzujustieren ist. Die Kontakte zentrieren sich weitgehend selbst in den Zelltaschen, was für kurze Montagezeiten sorgt. Gleichzeitig kommt die Kontaktierungseinheit mit nur 5 mm Bauhöhe aus.
Möglich wird die geringe Bauhöhe durch eine zweiseitige Lagerung des Federkontaktes und einer speziellen Kontaktform. Die Kontaktierung besteht aus vergoldeten Kupfer-Beryllium-Drähten, die an beiden Enden federnd in modularen Haltern gelagert sind. Dadurch wird sichergestellt, dass sowohl die Fertigungstoleranzen des Stacks als auch Stoß- und Vibrationsbeanspruchungen in vertikaler Richtung kompensiert werden. Die Halter sind auf Profile gefädelt und schwimmend gelagert. Somit sind auch Längenänderungen des Stacks in horizontaler Richtung ausgleichbar.
Die gesamte Kontaktierungseinheit wird an den Endplatten und – falls vorhanden – an einer Mittelplatte des Brennstoffzellen-Stacks befestigt. Sind die Kontakte in den Zelltaschen ausgerichtet, erfolgt die endgültige Positionierung und Fixierung des Systems durch eine Haube, die die Kupfer-Beryllium-Drähte in die Zelltaschen presst und für einen konstanten Anpressdruck sowie einen zuverlässigen Signalabgriff sorgt. Das System ist nicht nur rüttel- sondern auch temperaturunempflindlich und lässt sich dank der geringen Bauhöhe in viele bestehende Brennstoffzellen-Packages integrieren.
Die Goldbeschichtung von Federkontakten bietet sich an, um höhere Übergangswiderstände durch Korrosion im Betrieb zu vermeiden. Darüber haben die im mobilen Betrieb auftretenden Schock- und Vibrationsbeanspruchungen und die damit verbundenen Minimalbewegungen der gefederten Kontakte auf der Bipolarplatte einen reinigenden Effekt. Der Übergangswiderstand zwischen Kontakt und Platte wird so geringgehalten.
Sowohl einseitig als auch zweiseitig gelagerte Federkontakte haben den Nachteil, dass sie nicht automatisiert auf Leiterkarten bestückbar sind. Hier sind – vor allem auch im Hinblick auf die Serienfertigung von Brennstoffzellenfahrzeugen mit integrierter Zellspannungsüberwachung – Lösungen gefragt. Folgende weitere Herausforderungen sind in der nahen Zukunft zu meistern:
- Kostensenkung: Aktuell sind die CVP-Einzelstücke noch sehr teuer in der Herstellung. Für die Ausrüstung von Serienfahrzeugen – und seien es auch nur Kleinserien – muss der Stückpreis sinken.
- Reduktion der Modularität: Aufgrund immer noch variabler Zellanzahlen in den Brennstoffzellen-Stacks muss aktuell noch mit einer hohen Modularität gearbeitet werden. Künftig gilt es, die Zahl der Zellen in einem Brennstoffzellenstapel zu vereinheitlichen. Gelingt dies, lässt sich die Modularität der CVP-Lösungen senken, was sich positiv auf die Kosten auswirken dürfte.
- Automatisierung der Montage: Die größte Herausforderung besteht darin, CVP-Konzepte derart zu entwickeln, dass der Montageaufwand am Stack minimiert und gleichzeitig der Automatisierungsgrad der Montage maximal ausfällt. Hier gilt es, bei der CVP-Entwicklung entsprechende Anforderungen aus dem Produktions- und Automatisierungsbereich zu berücksichtigen.
Aufgrund der sehr unterschiedlichen Anforderungen an die Zellspannungsüberwachung und die Zellkontaktierung von Brennstoffzellen-Stacks werden die entsprechenden Systeme derzeit meist noch getrennt entwickelt. Smart Testsolutions hat bereits vor über zwanzig Jahren in der zweiten Generation der Brennstoffzellen-Überwachungssysteme eine kombinierte Produktlösung von CVM und CVP vorgestellt. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass sich Kombi-Lösungen durchsetzen. Ein Knackpunkt dabei ist beispielsweise die Verbindungstechnik, bei der die Anforderungen an die IP-Schutzklasse IP67 im Blick bleiben muss.
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(na)
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