Ein Team der TU Graz hat das Gefahren- und Schadenspotenzial von Wasserstofffahrzeugen in Tunneln untersucht und Empfehlungen abgeleitet. Die Ergebnisse zeigen, dass zwar eventuelle Schäden erheblich sein können, das Eintreten solcher Ereignisse jedoch als wenig wahrscheinlich eingeschätzt wird.
Neben Elektrofahrzeugen werden auch wasserstoffbetriebene Fahrzeuge als Alternative zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor gesehen. Zugegeben, noch sind die Zahlen der H2-Fahrzeuge überschaubar und fast alle europäischen Hersteller haben ihre H2-Autoproduktion eingestellt. Aber sollte sich die Situation ändern und mehr Brennstoffzellenfahrzeuge (Fuel Cell Electric Vehicles - FCEV) auf den Straßen unterwegs sein, ergeben sich aber auch völlig neue Gefahrenszenarien, insbesondere in Tunneln – analog zu Verbrennern und E-Fahrzeugen.
Die TU Graz hat daher im Projekt HyTRA untersucht, welche Arten von Zwischenfällen mit wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen in Tunneln realistisch sind, welche Gefahren für Menschen und Tunnelstruktur entstehen und mit welchen Maßnahmen diese Risiken minimiert werden können. „Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Gefahrenszenarien mit Wasserstofffahrzeugen zwar relativ unwahrscheinlich sind, aber ein großes Schadenspotenzial bergen. Moderne Wasserstofftanks sind so sicher gebaut, dass wirklich viel schiefgehen muss, damit der Wasserstoff austritt“, sagt Daniel Fruhwirt vom Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme der TU Graz.
Gefahr durch Wasserstofffahrzeuge in Tunneln: Geringe Wahrscheinlichkeit, hohes Schadenspotenzial
Aufgrund der bisher geringen Anzahl an Wasserstofffahrzeugen im Verkehr gibt es kaum empirische Daten zu Unfällen in Tunneln. Basierend auf Erfahrungen mit gasbetriebenen Fahrzeugen wird die Wahrscheinlichkeit solcher Unfälle als gering eingestuft. Experimente, wie die des EU-Projekts HyTunnel-CS, zeigen jedoch, dass das Schadenspotenzial durch die hohe Energiedichte und den hohen Druck, mit dem Wasserstoff gespeichert wird, erheblich ist. Wasserstoff wird in Pkw mit 700 Bar und in Lkw sowie Bussen mit 350 Bar gespeichert. Ein Schaden an einem dieser Tanks könnte eine enorme Energiemenge freisetzen, und brennender Wasserstoff erreicht Temperaturen über 2000 °C.
Welche Gefahrenszenarien es durch H2-Fahrzeuge gibt
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Kontrollierter Druckabbau: Das Thermal Pressure Relief Device (TPRD) kann bei steigendem Druck durch thermische Einwirkung anspringen und den Wasserstoff kontrolliert ablassen, um eine Explosion zu vermeiden. Entzündet sich der abgelassene Wasserstoff, kann dies dennoch gefährlich sein, da die Flamme farb- und geruchlos ist.
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Tankexplosion: Versagt das TPRD, kann der Tank explodieren, wobei eine Druckwelle entsteht, die sich durch den gesamten Tunnel ausbreitet. Innerhalb von etwa 30 Metern besteht Lebensgefahr, bis etwa 300 Meter drohen schwere Verletzungen.
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Ungezündete Freisetzung: Wasserstoff könnte ungezündet freigesetzt werden und sich unter der Tunneldecke sammeln. Eine Zündquelle könnte dann eine Explosion der Wasserstoffwolke verursachen, ebenfalls mit einer gefährlichen Druckwelle. Dies ist das unwahrscheinlichste Szenario.
Wie lässt sich das Risiko in Tunneln verringern?
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass moderne Wasserstofftanks sehr robust sind und viel passieren muss, damit der Wasserstoff austritt. Die österreichische Verkehrsinfrastruktur erfüllt strikte Sicherheitsanforderungen, was das Risiko von Schäden an der Tunnelstruktur minimiert. Dennoch wären Unfälle für Menschen gefährlich.
Zur Risikominimierung empfiehlt das Projektteam:
- Strengere Tempolimits, überwacht durch Section Control. Bei dem System zur Geschwindigkeitsüberwachung im Straßenverkehr wird die Durchschnittsgeschwindigkeit über einen längeren Streckenabschnitt gemessen wird. In Österreich gibt es Section Control – zu Deutsch Abschnittskontrolle – seit 20 Jahren.
- Abstandskontrollen, die Fahrern visualisieren, wenn sie zu dicht auffahren.
- Frühzeitige Anzeige von Tempolimits bei Stausituationen.
Zusätzlich wurde betont, dass zweiröhrige Tunnelstrukturen und der Verzicht auf Gegenverkehr in Tunneln das Risiko erheblich reduzieren. „Was als Folge der schweren Ereignisse am Ende der 1990er- und frühen 2000er-Jahre in den meisten EU-Mitgliedstaaten bereits umgesetzt ist: Alle Tunnel auf Autobahnen und Schnellstraßen mit einer Länge über 500 Meter sind zweiröhrig ausgebaut und werden im Regelfall nicht mehr im Gegenverkehr betrieben. Das reduziert das Risiko erheblich“, erklärt dazu Daniel Fruhwirt.
Schwerpunktthema: E-Mobility
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