Mit Josef Wolf, Fachgebietsleiter Netzwerk- und Spektrumanalyse, EMV-Test und Oszilloskope und Frank Gröger, Leiter Strategisches Marketing, standen zwei kompetente Gesprächspartner des größten Geschäftsbereichs bei Rohde & Schwarz (R&S), der Messtechnik, bereit.

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Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG

Vor knapp einem Jahr hat R&S erstmals mit eigenen, völlig neu entwickelten Oszilloskopen den Markt betreten. Unter der Bezeichnung RTO und RTM werden sechs verschiedene, jeweils 2- und 4-kanalige Oszilloskope mit Bandbreiten von 500 MHz, 1 GHz und 2 GHz angeboten.

Positioniert in Preis und Leistung oberhalb der Geräte der hundertprozentigen R&S-Tochter-Firma Hameg. „Wir betrachten uns nicht als interne Konkurrenz und stimmen uns eng ab“, betont Josef Wolf. Hameg ist traditionell in einem anderen Preis-/Leistungssegment tätig, kann aber Synergie-Effekte nutzen. So verfügt R&S über Technologien, die sich kleinere Firmen nicht leisten könnten, auf die aber Hameg bei Bedarf Zugriff hat. Vor allem geht es dabei um Chip-Entwicklungen. Die Chip-Entwicklung ist bei R&S sehr ausgeprägt. Eigene ICs zu entwickeln bedeutet eine enorm hohe Investition. „Wir können uns damit aber differenzieren, vor allem gegen Anbieter, die ICs auf dem freien Markt kaufen und möglichst billig fertigen“, ergänzt Josef Wolf. Die von R&S benötigten Komponenten (Frontend, Verstärker, AD-Wandler) sind vielfach für den angestrebten Frequenzbereich auch gar nicht auf dem Markt verfügbar. Für die neuen Oszilloskope wurde ein spezieller Recording-ASIC entwickelt, der bisher größte von R&S entwickelte Fullcustom-IC. Josef Wolf bringt es auf den Punkt:: „Oszilloskope entwickeln heißt: Integration, Integration, Integration“.

Mit den neu entwickelten Oszilloskopen der Serien RTO und RTM ist  Rohde

Mit den neu entwickelten Oszilloskopen der Serien RTO und RTM ist Rohde & Schwarz vor rund einem Jahr in den Oszilloskop-Markt eingestiegen. Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG

Bei Vorstellung der neuen Oszilloskope vor einem Jahr stand auch ein 4-GHz-Version auf der Roadmap. Nach Auskunft von Josef Wolf wird es wohl noch in diesem Jahr vorgestellt werden.

Ein TVSP-Rack für modularen Messtechnik-Karten.

Ein TVSP-Rack für modularen Messtechnik-Karten.Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG

Auf die weitere Entwicklung angesprochen, antwortet Josef Wolf diplomatisch: „Ich glaube es ist nicht schwer zu erraten, dass wir das Ziel haben, ein Komplett-Anbieter zu sein. Das was wir bei den Spektrumanalysatoren vorgemacht haben, dort waren wir ebenfalls zunächst ein Nobody, werden wir auch bei den Oszilloskopen nachvollziehen. Ich glaube, die Konkurrenten wissen, wenn wir was anfangen, werden wir das auch durchziehen“.

Die Vermarktung findet über die existierenden Vertriebskanäle statt. „Wir versuchen natürlich, alle Vertriebskanäle zu nutzen, auch über Direktmarketing an Kunden die wir heute noch nicht adressieren. Also auch Kunden, die sich nicht mit HF-Technik befassen,“ führt Frank Gröger in die Vertriebsstrategie ein, und weiter: „In Deutschland haben wir ausschließlich Direktvertrieb, keine Distributoren.“ Josef Wolf ergänzt: „Wir haben keine Absichten hier andere Wege zu gehen. Wir werden High-end nicht aus der Hand geben. Der Kunde wird weiterhin dem R&S-Vertriebsmitarbeiter begegnen.“ Es ist auch ein gewisses Risiko über Distributoren zu verkaufen, gibt er zu bedenken: „Man verliert ja die Kundenbindung.“ Frank Gröger weist darauf hin, dass „Der Weg zu den Kunden kann im Land A anders sein kann als im Land B, und so arbeitet R&S in Ländern, wo die Marktdurchdringung noch nicht so groß ist, auch mit Distributoren zusammen.“

Die Kunden in der Schweiz werden über Roschi betreut, einer 100 Prozent Tochterfirma von Rohde & Schwarz. Sie ist für R&S kein Distributor, sondern eine Vertriebsniederlassung in der Schweiz, zu deren Kerngeschäft auch der Vertrieb anderer Produkte gehört, einfach, um das Umsatzvolumen zu vergrößern.

Zum Thema Oszilloskop-Umsatz meinte Josef Wolf: „R&S ist traditionell sehr zurückhaltend, wenn es um die Veröffentlichung von Umsatzzahlen geht, wir sind aber zufrieden. Das Feedback vom Markt ist sehr gut.“

Modulare Messtechnik

Im vergangenen Jahr ist Agilent in den von National Instruments kreierten PXI-Markt der Modularen Messtechnik eingestiegen und forciert auch den in einer eigenen Allianz zusammengeführten AXIe-Markt. Wie werden diese Techniken und Märkte von Rohde & Schwarz eingeschätzt?

Frank Gröger: „Seit über 30 Jahren gibt es bereits modulare Messtechnik. Rohde & Schwarz ist mit dem TSVP und dessen Vorgängern auch in der modularen Messtechnik aktiv. Dabei wurden sehr lange anhaltende Kundenbeziehungen aufgebaut und wir arbeiten entsprechend auch mit Lösungsanbietern und Systemhäusern zusammen.“ Zum Beispiel auch mit der Gedis GmbH, Kiel. Die Firma gehört seit ihrer Gründung im Jahr 2001 zur R&S-Firmengruppe, tritt als Systemhaus von Rohde & Schwarz auf und integriert das R&S TSVP als modulares Grundsystem für Messtechnik in kundenspezifische Lösungen. Die Verzahnung im Bereich der Prüftechnik zwischen R&S und Gedis ist deshalb sehr eng.

Frank Gröger ist Leiter Strategisches Marketing des  Geschäftsbereichs Messtechnik bei Rohde

Frank Gröger ist Leiter Strategisches Marketing des Geschäftsbereichs Messtechnik bei Rohde & Schwarz.

Frank Gröger: „Wenn wir auf das gesamte Messtechnikportfolio von R&S schauen, ist die modulare Messtechnik eine Nische. Wir sind kein Massenanbieter für diese modulare Messtechnik, das können andere besser. Man muss sich immer wieder die Frage stellen: Welchen Beitrag könnten wird zu diesem Markt noch leisten?“

Josef Wolf: „Wir schauen uns diesen Markt ganz genau an, und beobachten, dass dort auch einige HF-Module entwickelt werden. Für uns ist das nicht immer eine andere Technologie, sondern eine andere Vorgehensweise. Letztendlich muss sich der Kunde entscheiden, wie er seine Messaufgabe lösen möchte.“ Der Kunde muss letztlich alles berücksichtigen: Stimmen die technischen Parameter? Wie ist die Bedienbarkeit der Lösung? Wie kann ich mit meiner existierenden Infrastruktur vernetzen? Wie kann ich‘s untereinander vernetzten? Welche Kosten kommen auf mich zu? Wie ist der Service dieser Produkte? Welche eigenen Ressourcen zum Aufbau der Modularen Messsysteme muss ich mit einbringen? Habe ich die überhaupt um ein System aufbauen zu können? „Dafür brauche ich schon etwas mehr Know-how als sich ein fertiges Gerät aufzustellen. Das wird oft vergessen,“ hebt Josef Wolf hervor.

Josef Wolf leitet bei Rohde

Josef Wolf leitet bei Rohde & Schwarz im Geschäftsbereich Messtechnik die Netzwerk- und Spektrumanalyse, EMV-Test und Oszilloskope.

Und wenn die Module auch noch von verschiedenen Herstellern kommen, stellen sich Fragen wie beispielsweise: Wer ist jetzt für das System verantwortlich? Kann das Gesamtsystem auch die richtigen Messergebnisse liefern? Wenn dann etwas nicht funktioniert, besteht die Gefahr, dass sich keiner der Lieferanten verantwortlich fühlt. Der Kunde braucht also selbst schon einen sehr guten Einblick. Er bekommt einzelne kalibrierte Module, aber wie steht es mit der Kalibrierung des Gesamtsystems? Welches Kalibrierkonzept nehme ich mir für das Gesamtsystem vor? Das sind im Prinzip alles lösbare Probleme. Man muss sie nur vorher kennen und sich bewusst sein, dass es unter Umständen für den Kunden auch um einiges teurer wird als er sich das vorgestellt hat.

R&S ist im Wesentlichen in der Hochfrequenz-Messtechnik. Es geht also nicht einfach darum IO-Karten oder Digitizer zu bauen. Josef Wolf: „In der HF-Messtechnik ist es noch so, dass die weit überwiegende Mehrzahl der Kunden Standalone-Geräte kaufen. Der Markt für HF-Module ist zurzeit noch klein. Wir sehen momentan nicht, dass es sich für uns lohnen würde, diesen Markt anzugehen.“

Auf den auf AdcancedTCA-basierenden AXIe-Messmodul-Standard angesprochen, meint Josef Wolf: „Er bringt mehr Platz für mehr Performance. Ich weiß nicht was sich durchsetzen wird. Das Thema ist eigentlich, wie bediene ich am effektivsten Testsysteme? Es geht eigentlich nie darum, den Entwickler am Labortisch damit auszustatten. Welchen Mehrwert hat der Kunde, wenn er sich nicht für den Formfaktor A, sondern für den Formfaktor B entscheiden soll. Wenn alle Kunden sich für einen bestimmten Formfaktor entscheiden, müssen wir natürlich auch so etwas bieten können,“ kommentiert Josef Wolf weiter. „ Wir schauen uns das sehr gut an. Wir könnten relativ schnell eine Lösung bieten, weil wir Geräte-intern natürlich dieselben Bussysteme nutzen. Der Weg von PCI Express zu PXI ist ja nicht weit. Wir sehen die Vorteile, wir sehen die Nachteile.“ 

Hans Jaschinski

: stellv. Chefredakteur elektronik industrie

(jj)

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