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Die HES-Relais hat Panasonic auf die Anforderungen von Solarinvertern, Energiespeichern und E-Fahrzeug-Ladesystemen ausgelegt.

Die HES-Relais hat Panasonic auf die Anforderungen von Solarinvertern, Energiespeichern und E-Fahrzeug-Ladesystemen ausgelegt.Panasonic

Die Nachfrage nach neu entwickelten Relais für den Bereich der erneuerbaren Energien ist in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen. Vor allem der Solarmarkt nimmt neuen Schwung auf, da Anwender ihre Solaranlagen mit Batteriespeichersystemen vernetzen – dazu brauchen sie aber neue Schaltlösungen. Weitere sehr anspruchsvolle Anwendungen ergeben sich beim Aufbau der Infrastruktur für die Elektromobilität. Zum sicheren Laden von Elektrofahrzeugen ist ein ganzes Arsenal neuer Netztrennrelais nötig; diese liegen im Leistungsbereich von 16 A / 250 VAC bis 63 A / 380 VAC. Hier gilt es vor allem, die neuen Standards wie IEC 62752 oder IEC 61851-1 zu erfüllen, die den sicheren Betrieb beim kabelgebundenen Laden sicherstellen. Die Hersteller sind gefordert, entsprechende Relais auf den Markt zu bringen.

Klein und effizient

Größere Packungsdichten, also kleinere Baugrößen, sollen ohne wesentliche Abstriche bei den maßgebenden Relaiskenndaten erreicht werden. So konnte Panasonic beim neuentwickelten HES-Starkstromrelais insbesondere das relative Schaltvermögen deutlich steigern. Beim relativen Schaltvermögen handelt es sich um das höchste Schaltvermögen aller Kontakte unter festgelegten Bedingungen bezogen auf das Relaisvolumen. Für den Entwicklungstrend spielt das HES-Relais eine Vorreiterrolle. Ausschlaggebend für die Entwicklung waren aber nicht nur die Anforderungen an die Bauteilgröße, sondern auch die Forderung nach minimalem Energieverbrauch. Dabei ist nicht nur die Verlustleistung der Spule relevant, sondern auch die Verlustleistung über die Kontakte. Das Relais soll in der Lage sein, zweimal 35 A über einen Arbeitskontakt zu führen, und zwar bei einer Umgebungstemperatur bis zu 85 °C.

Bei hohen Strömen ist es notwendig den Übergangswiderstand der Kontakte so zu optimieren, dass keine nennenswerte Erwärmung auftritt. Um die umgesetzte Leistung an der Engstelle des Kontaktes gering zu halten, strebt man einen Wert zwischen 1 und 3 mΩ an. Damit bleibt der Leistungsabfall am Kontakt im Bereich von wenigen Watt, die über die Zuleitungen oder Kühlkörper abgeführt werden müssen: Bei einem Strom von 35 A und einem Kontaktwiderstand von 2 mΩ sind das 2,54 W Verlustleistung.

Übergangswiderstand senken

Der Übergangswiderstand RK ist im Wesentlichen von zwei Faktoren abhängig: von der Wahl des Kontaktmaterials und der Kontaktkraft FK. Folgende Formel ist eine Näherung für diesen Wert:

  • RK = γ · √(H/FK )
  • H: Härte des Kontaktwerkstoffs
  • FK: Kontaktkraft
  • γ: spezifischer Widerstand des Kontaktwerkstoffs

Das Ziel lautet folglich, durch die Wahl eines geeigneten Kontaktwerkstoffes mit guter elektrischer Leitfähigkeit und einem effektiven magnetischen Antrieb, der die notwendige Kontaktkraft aufbringt, die gesamte Verlustleistung zu minimieren. Die Kunst besteht darin, hier das Minimum zu finden zwischen Spulenverlusten und Verlusten am Kontakt. Warum das wichtig ist, zeigt ein Blick in den Solarmarkt: Die Standardisierung fordert hier jeweils zwei Schaltkontakte in Reihe für jede Verbindung eines Inverters zum Niederspannungsnetz. Für einen Drei-Phasen-Inverter sind das sechs Kontakte und damit 15 W. Zusammen mit der Spulenleistung muss die Schaltung 15,5 W als Wärme abführen, über Kühlkörper und Lüfter.

Bild 1: Konstruktiver Aufbau der HES-Relais. Links oben ist am hinteren Rand der Überwachungskontakt zu erkennen. Der deutlich größere Schaltkontakt liegt rechts unten.

Bild 1: Konstruktiver Aufbau der HES-Relais. Links oben ist am hinteren Rand der Überwachungskontakt zu erkennen. Der deutlich größere Schaltkontakt liegt rechts unten.Panasonic

HES-Relais

Das in Bild 1 gezeigte HES-Relais ist ein ungepoltes Leiterplattenrelais für eine maximale Schaltleistung von 8,7 kW bei Schaltspannungen bis zu 380 VAC und Schaltströmen bis zu 35 A. Das Ziel sind 50.000 Schaltspiele bei Volllast und einer Umgebungstemperatur von 85 °C. In einem Bauvolumen von 40 cm3 sind zwei Arbeitskontakte untergebracht, die als Brückenkontakte ausgelegt sind. Dies erleichtert es, die Forderungen der IEC 62752 zu erfüllen und einen Kontaktabstand von mehr als 1,8 mm zu erreichen.

Als weitere Besonderheit ist das Relais mit einem Hilfskontakt erhältlich, der als Öffnerkontakt die Arbeitskontakte überwacht. Dieser Hilfskontakt wird über einen separaten Betätiger geschaltet und ist damit vom Kontaktsatz galvanisch getrennt; seine Anschlüsse sind parallel zu den Spulenterminals nach außen geführt. Der Überwachungskontakt kann 1 A bei 230 VAC schalten. Mit diesem zusätzlichen Kontakt kann die Anwendung ein Verschweißen der Hauptkontakte überprüfen, aber er erfüllt nicht die strengen Kriterien der EN50205. Diese regelt die Bedingungen für Relais mit zwangsgeführten Kontakten.

Eckdaten

  • Kontaktbestückung: 2 Form A / 2 Form A / 1 Form B
  • Kontaktwerkstoff: AgSnO
  • Kontaktkraft: 90 cN
  • Kontakt/Durchgangswiderstand: maximal 3 mΩ bei 20 A
  • Maximaler Dauer-/Abschaltstrom: 35 A
  • Maximale Schaltspannung: 380 VAC
  • Spulenspannung: 12 V / 24 V
  • Spulenwiderstand: 77 Ω / 306 Ω
  • Ansprechleistung: 1,88 W
  • Halteleistung: 170 mW nach 100 ms
  • Zulässige Umgebungstemperatur: -40 bis 85 °C
  • Obere Grenztemperatur: 150 °C (maximale Spulentemperatur)
  • Isolationswiderstand bei 500 VDC: Spannungsfestigkeit zwischen Kontaktsätzen 5000 Vrms, offener Kontakt 2000 Vrms, Spule/Kontakt 5000 Vrms, Surge Voltage 12 kV
  • Schutzart: RTII

Für die Anwendungen in Solarinvertern ist vor allem die Betriebsleistung ein wichtiges Kriterium. Um den hohen Kontaktabstand von mehr als 1,8 mm zu überwinden, ist auch der Ankerweg entsprechend groß. Daraus resultiert ein großes Anzugmoment mit einer Leistung von 1,8 W, die schon nach 100 ms auf einen Wert von 170 mW sinken kann. Verglichen mit dem Schaltvermögen des Vorgängermodells und mit konventionellen Industrierelais ist dies eine beachtliche Steigerung.

Konstruktionsmerkmale

Den kompakten Aufbau nach Bild 1 verdankt das Relais seinem effizienten Magnetsystem. Der Spulenkörper ist dabei sehr lang und schmal gewählt und äußerst eng gewickelt. Darunter leidet zwar die Bauhöhe, aber man erreicht eine hohe Effizienz und somit niedrige Ansteuerenergie durch Minimierung der Streuflüsse im Magnetkreis. Der Anker ist direkt mit den beiden beweglichen Kontaktfedern mit Kunststoff umspritzt und zu einer Einheit verbunden. Der sonst übliche Betätiger entfällt. Damit ist in Kontaktnähe kaum mit Abrieb zu rechnen, der die Zuverlässigkeit der Kontaktgabe beeinträchtigen könnte.

Bild 2: Schaltbild der Relaisunterseite mit den einzelnen Maßen.

Bild 2: Schaltbild der Relaisunterseite mit den einzelnen Maßen.Panasonic

Ist der Anker erst einmal geschlossen, erreicht der Magnet eine große Kraft, die er direkt über die Kontaktfedern auf die Kontakte überträgt. Diese Anordnung ermöglicht Kontaktkräfte von 0,9 N. Ein weiterer Vorteil ist die daraus resultierende gute Schock- und Vibrationsfestigkeit. Dieser Magnetkreis mit den eingebetteten Schaltkontakten wird dann auf einen Kunststoffgrundkörper gesetzt, in den die Festkontakte eingeklebt sind. Hinzu kommt, dass beide Kontaktfedern mit den zugehörigen Festkontakten in voneinander und von der Spule getrennten Kontaktkammern untergebracht sind. Damit erreicht man eine Spannungsfestigkeit von 5000 Vrms zwischen den Kontaktsätzen.

Eine weitere Besonderheit ist die Anordnung der Terminals zur Leiterplatte. Während bei konventionellen 2-Form-A-Relais die Leiterbahnen senkrecht zu den Spulenterminals laufen, werden beim HES-Relais die Leiterbahnen bereits im Relais entflochten (Bild 2). Für Anwender bedeutet dies einen einfacheren Aufbau der Leiterbahnen auf der Leiterplatte.

Bild 3: Weibull-Kurven des HES-Relais.

Bild 3: Weibull-Kurven des HES-Relais.Panasonic

Elektrische Eigenschaften

Das Weibull-Diagramm in Bild 3 zeigt eine Reihe von Lebensdaueraussagen für das HES-Relais. Beim Erreichen der charakteristischen Lebensdauer ist mit einem Auftreten von Ausfällen bis zu 63,2 % zu rechnen. Tabelle 1 fasst die Kenndaten des Relais zusammen. Zunächst hat Panasonic das Relais für den Solarmarkt entwickelt, konkret als Ausgangsrelais für den Einsatz in Solarwechselrichtern. Daraus resultiert das Augenmerk auf den niedrigen Energieverbrauch der Spule. Die Einsparung von Betriebsleistung ist besonders bei hoher Packungsdichte ein wichtiger Gesichtspunkt.

Da das Relais ohne Kunststoff-Betätiger arbeitet und ein weitgehend verschleißfreies Ankerlager aufweist, ist es auch äußerst resistent gegen Schock und Vibration. Das prädestiniert es für den Einsatz in Ladekabeln für Elektrofahrzeuge: Beim sogenannten Mode-2-Laden ist eine Stromfehlerschaltung vorgesehen, die im Bedarfsfall das Fahrzeug vom Netz trennt. Hier gelten ähnliche Bedingungen wie im Solarbereich, denn es muss ebenfalls ein Kontaktabstand von 1,8 mm vorliegen. Zusätzlich muss das Relais ein Bemessungsschaltvermögen von 320 A bei 250 VAC für zehn Schaltspiele erreichen. Das ist beim HES-Relais gegeben. Auch die Anforderungen an Kurzschluss- und Einschaltströme erfüllt es.

Ein weiteres interessantes Anwendungsgebiet sind die neuen Anwendungen auf dem Markt der Speicherbatterien. Für kleinere DC-Lasten kann das Relais Erstaunliches leisten. Durch die Brückenkontakte erreicht man bereits einen recht hohen Kontaktabstand von mehr als 3,2 mm pro Kontakt; in Reihe geschaltet ergeben sich komfortable 6,4 mm Abstand. Diese sind in der Lage, Gleichströme von 10 A bei 220 VDC bis 30.0000 mal zu schalten.

Dr. Dieter Volm

ist Senior General Manager im Bereich Business Development Components bei Panasonic Electric Works Europe in Holzkirchen.

(lei)

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