Leistungsbauelemente auf Basis des Wide-Bandgap Halbleiters GaN (Galliumnitrid) haben seit Beginn ihrer kommerziellen Verfügbarkeit im Jahr 2010 zahlreiche neue Anwendungen ermöglicht. So kommen sie heute beispielsweise in Lidar-Systemen (Light Detection and Ranging) oder bei der kontaktlosen Energieübertragung zum Einsatz. Wertschöpfungsketten und Produktionskosten haben sich mittlerweile in einen Bereich entwickelt, in dem auch konservative, mit spitzem Stift rechnende Entwickler den Wide-Bandgap-Halbleiter durchaus in Betracht ziehen.
Um sich am Markt durchzusetzen, muss eine neue Technologie vier Kriterien erfüllen: Sie muss neue Anwendungen ermöglichen, einfach zu verwenden sein, eine hohe Kosteneffizienz bieten und eine hohe Zuverlässigkeit aufweisen. Verfügbare GaN-Bauteile sind heute um den Faktor fünf bis 50 besser als aktuelle Siliziumlösungen (Bild 1). Dieser Leistungsvorsprung hat zu neuen Anwendungen geführt, die erst mit der GaN-Technologie möglich wurden, wie zum Beispiel Lidar für autonome Autos, Augmented Reality, Industrieautomatisierung und ferngesteuerte Drohnen. Kriterium eins ist also klar erfüllt.
Ähnlicher Herstellungsprozess, mehr Bauelemente
Das zweite Attribut, das neue Technologien benötigen, um sich durchzusetzen, ist ihre einfache Verwendbarkeit. GaN-basierte Leistungswandler bieten einen höheren Wirkungsgrad, mehr Leistungsdichte und niedrigere Gesamtsystemkosten als siliziumbasierte Alternativen. Das Ökosystem unterstützender Komponenten wie Gate-Treiber, Controller und passiver Komponenten wächst kontinuierlich. Ebenso wichtig ist das Kriterium der Kosten. Die Herstellung von GaN-Transistoren und integrierten Schaltkreisen erfolgt mit Prozessen, die den Silizium-Leistungs-MOSFETs ähnlich sind, aber viel weniger Verarbeitungsschritte als MOSFETs benötigen.
Pro Fertigungslauf ist die Produktion von mehr Bauelementen möglich, da GaN-Schaltkreise erheblich kleiner sind als ihre Silizium-Pendants. Darüber hinaus benötigen GaN-Transistoren für niedrigere Spannung (<500 V) nicht die kostspielige Verpackung, die zum Schutz ihrer Silizium-Vorgänger notwendig ist. Allein dieser Vorteil beim Packaging kann die Herstellungskosten um die Hälfte reduzieren und führt in Verbindung mit hohen Fertigungserträgen und kleiner Bauelementgröße dazu, dass zum Beispiel die Kosten eines GaN-Transistors von EPC niedriger sind als die eines vergleichbaren (aber weniger performanten) Silizium-Leistungs-MOSFET.
Das Kriterium der Zuverlässigkeit schließlich erfüllen GaN-Bauteile locker: Sie bestehen nicht nur die JEDEC-Standardtests für Halbleiter, sondern in vielen Fällen auch die strengeren Qualifizierungsanforderungen der Automobilindustrie (AECQ-101). Darüber hinaus sind die eGaN-Transistoren und ICs von EPC im Chipscale-Package frei von den typischen Ausfallmechanismen, die traditionellen MOSFET-Gehäusetechniken anhaften.
Anwendungsfall 48-V-DC/DC-Wandler
48-V-DC/DC-Wandler kommen in vielen Bereichen zum Einsatz. So erfordern beispielsweise das Aufkommen von 5G und die Explosion der Datenmengen für Cloud-basierte Hyperscale-Datenzentren und künstliche Intelligenz mehr Leistung in deutlich kleineren Formfaktoren. Aufgrund der deutlichen Verbesserungen, die GaN bei der Schaltleistung und Größenreduzierung bietet, erkennen die Entwickler von Stromversorgungen, dass GaN-FETs und -ICs eine höhere Leistungsdichte und effizientere 48-V-Stromversorgungen ermöglichen. Ähnlich entwickeln sich die Anforderungen in der Autoindustrie: GaN-Transistoren sind eine gute Wahl für das Design von kompakten Systemen für die 48-V-Versorgung von Mild-Hybrid-, Hybrid- und Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen. Sie ermöglichen die Entwicklung von leichteren und zugleich kostengünstigeren Systemen.
Eck-Daten
Bauelemente auf Basis des Wide-Bandgap-Halbleiters Galliumnitrid sind seit 2010 kommerziell verfügbar. Mittlerweile ist ihre Entwicklung so weit vorangeschritten, dass sie auch für preissensitive Anwendungen in Frage kommen. Neben der Vorzeigeanwendung Lidar können GaN-FETs auch in 48-V-Systemen und in Präzisions-Motorsteuerungen punkten. Auch aus Sicht der Zuverlässigkeit sind GaN-Bauelemente nun auch für den Einsatz im Auto qualifiziert und 2020 sollen komplexere monolithisch integrierte GaN-Schaltkreise auf den Markt kommen.
Mit der Automatisierung des Fahrens und dem Vordringen elektrischer Antriebe steht die Automobilindustrie vor einer massiven Umgestaltung. IHS Markit schätzt, dass im Jahr 2035 zwölf Millionen Autos autonom fahren; laut Bloomberg New Energy ist davon auszugehen, dass im selben Jahr 32 Millionen Autos einen elektrischen Antrieb besitzen. Beide Trends lassen die Nachfrage nach Leistungshalbleitern deutlich ansteigen.
Im Auto sind es die innovativen, aber leistungshungrigen elektronisch gesteuerten Funktionen und Features, die nach einer 48-V-Stromversorgung verlangen (Bild 2). Dazu gehören Start-Stopp-Systeme, elektrische Lenkung und ebensolche Turbolader, elektronische Fahrwerkssteuerungen sowie elektronisch gesteuerte Klimaanlagen, um nur einige Beispiele zu nennen. Die intelligenten Steuerungen (teil)-autonomer Fahrzeuge verlangen zudem nach einer anspruchsvollen Sensorik wie Lidar, Radar und Kameras sowie nach rechenstarken Grafikprozessoren. All diese Systeme steigern den Stromverbrauch im Auto. Insbesondere die Grafikprozessoren sind sehr energiehungrig und stellen eine große zusätzliche Last für die traditionellen 12-V-Versorgungen der Autos dar. In 48-V-Automobil-stromversorgungssystemen erhöht die GaN-Technologie den Wirkungsgrad, ermöglicht kleinere Baugrößen und reduziert die Systemkosten.
Vorzeigebeispiel Lidar
Eine besonders wichtige Anwendung von GaN-Bauelementen ist Lidar (Bild 3). Für die Automatisierung des Fahrens ist diese Technik unverzichtbar. Es handelt sich dabei um eine Fernerkennungstechnologie – Lidar-Sensoren senden Lichtimpulse aus und messen die Reflexionen, um die Position und Entfernung von Objekten zu bestimmen. Die Lidar-Technik ermöglicht es, auch kleine Objekte auf große Entfernung zu erfassen. In Kombination mit lenkbaren Optiken lässt sich damit ein 3D-Raum mit den darin enthaltenen Objekten abbilden.
Für Anwendungen im autonomen und assistierten Fahren, bei denen Lidar-Systeme als „Augen“ der Fahrzeuge dienen, sind sehr kurze Laserpulse in der Größenordnung von wenigen Nanosekunden erforderlich, um die erforderliche Entfernungsauflösung zu erreichen. Diese Pulse werden typischerweise mit einer Laserdiode erzeugt. Um eine ausreichende Reichweite zu erzielen, muss die optische Spitzenleistung hoch sein, das heißt es geht um Stromspitzen von einigen 10 A bis zu einigen 100 A. Bisher waren dafür komplexe Schaltungen und exotische, teure Halbleiter erforderlich.
Ein typischer Lidar-Impulslasertreiber nutzt einen Halbleiterschalter in Reihe mit der Laserquelle und einer Energieversorgung. Begrenzende Faktoren für die Leistung des Systems sind Streuinduktivitäten und die Geschwindigkeit des Halbleiter-Leistungsschalters. In den letzten Jahren kamen kostengünstige GaN-Leistungs-FETs und -ICs auf den Markt, die deutlich geringere Induktivitäten bei gleichzeitig bis zu zehnfach höheren Schaltfrequenzen gegenüber vergleichbaren Silizium-MOSFETs bieten.
Das Aufkommen von GaN-FETs und -ICs ermöglicht es, die gewünschte Leistung mit einfachen, platzsparenden Schaltkreisen zu niedrigen Kosten darzustellen. Die stark verbesserte Performance von GaN-FETs im Vergleich zu der Silizium-MOSFET-Technologie führt zu wesentlich schnelleren Schaltern bei gegebener Spitzenstromfähigkeit, wodurch Ströme >100 A und Pulsbreiten <2 ns mit einer Laserlast möglich sind.
Qualifizierte Bauelemente fürs Auto
Die Automobilelektronik kann nun die Vorteile der verbesserten Effizienz und Schaltgeschwindigkeit, die geringere Größe und niedrigeren Kosten von eGaN-Anwendungen in vollem Umfang nutzen. EPC hat eine wachsende Reihe von Produkten, die die AEC Q101-Qualifikation erreicht haben. Um die AEC-Q101-Tests abzuschließen, mussten diese FETs strenge Umwelt- und Vorspannungsprüfungen durchlaufen. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass diese Geräte auf Wafer-Ebene im Chip-Maßstab alle dieselben Teststandards bestanden haben, die für Bauteile in konventioneller Gehäusetechnik geschaffen wurden.
GaN in Präzisions-Motorsteuerungen
Kostengünstige, präzise Motorantriebe finden zunehmend Verwendung in Anwendungen wie Industrieautomation, Robotik, Drohnen und E-Mobilität, auch beispielsweise im E-Roller und in E-Bikes. Der bürstenlose Gleichstrommotor (BLDC) bietet diesen Anwendungen viel Leistung auf kleinem Bauraum, eine präzise Steuerung und einen hohen elektromechanischen Wirkungsgrad bei nur minimaler Vibrationsneigung.
Die Ansteuerung von BLDC-Motoren erfolgt durch Inverterschaltungen, die meist mehrphasig sind und typischerweise traditionelle MOSFETs verwenden. Die höhere Schaltgeschwindigkeit von GaN-FETs und -ICs im Vergleich zu Silizium-MOSFETs ermöglicht den Bau von Wandlern mit viel höheren Schaltfrequenzen (Bild 4). Dies kommt nicht nur der Effizienz zugute, sondern ermöglicht auch eine höhere Positionierungsgenauigkeit. Zu den Vorteilen von GaN für präzise Motorantriebe gehören die Fähigkeit, eine höhere Leistung in einer kleineren Lösung zu erzielen, kürzere Ansprechzeiten, geringere Drehmomentwelligkeit, niedrigere elektromagnetische Störungen und ein geringeres Gewicht der Motoren.
GaN-Integration
Der größte Hebel, mit GaN die Leistung von Leistungswandlungssystemen zu beeinflussen, liegt in der inhärenten Fähigkeit, sowohl Leistungs- als Signalkomponenten auf demselben Substrat zu integrieren. EPC hat die GaN-Technologie von den ursprünglichen diskreten Bauelementen über monolithische Halbbrücken hin zu Leistungs-FETs entwickelt, die einen eigenen monolithisch integrierten Treiber enthalten (Bild 5). Darüber hinaus hat EPC in den letzten Jahren kundenspezifische GaN-ICs entwickelt. Die allgemeine Einführung komplexerer monolithischer GaN-Lösungen – erwartet für die erste Hälfte des Jahres 2020 – wird auf Schaltkreisebene Leistungen bieten, die über die Möglichkeiten von Siliziumlösungen hinausgehen und Ingenieuren die Entwicklung von leistungselektronischen Systemen erleichtern.
Schlussfolgerungen
Alles in allem dienen GaN-Komponenten einem breiten Spektrum technisch anspruchsvoller Anwendungen mit sehr hohem Wachstumspotenzial. Die heutigen GaN-FETs steigern ihre Leistung rapide, und die aktuellen Referenzbauteile sind immer noch um den Faktor 300 von ihren theoretischen Leistungsgrenzen entfernt. EPC liefert seit einem Jahrzehnt GaN-Transistoren mit über 100 Milliarden Stunden Felderfahrung mit weniger Ausfällen als die ausgereiften Leistungs-MOSFETs. Kleiner, schneller, zuverlässiger und preislich vergleichbar – zum jetzigen Zeitpunkt gibt es nur wenige Gründe, die gegen den Einsatz von GaN-FETs und -ICs sprechen.
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(na)