Der Lotpastendruck ist ein Prozessschritt, bei dem es aufgrund der vielen beteiligten Variablen wie Pastenbeschaffenheit, Rakeldruck, Siebreinigungszyklen und vielen mehr leicht zu Fehlern kommen kann. Die Qualität des Lotpastenauftrags hat aber einen entscheidenden Einfluss auf die Lötverbindungen des fertigen Produktes. Da sich der Schaden einer Verschrottung bei einer hochwertigen beidseitig bestückten Baugruppe leicht auf einen nennenswerten Betrag belaufen kann, versucht man Fehler schon früh im Fertigungsprozess zu detektieren und Negativtrends zu erkennen.
Die 3D-SPI hat sich hier als geeignete Prüfung etabliert. Viscom bietet für diesen Zweck das Inspektionssystem S3088 SPI mit Streifenprojektionsverfahren an. Es kontrolliert Versatz, Vollständigkeit und Verschmierung sowie Höhe, Fläche und Volumen der Lotpaste werden mit präziser Messtechnik. Während der Prüfung stehen umfangreiche Detailinformationen als Onlinestatistik über den Pastendruck für den Operator zur Verfügung.
Downlink, Uplink und erweiterte Inspektion
Des Weiteren hat Viscom neben der schnellen und zuverlässigen Pastendruckinspektion mit dem Quality Uplink ein umfangreiches Paket zur Prozessoptimierung geschaffen. Als fester Bestandteil der Software gehört dazu der Downlink, also die Closed-Loop-Anbindung zum Pastendrucker und der Bestücker-Uplink zum Bestückautomaten. Die SPI liefert dabei Informationen über den Pastendruck und kann, falls sich das Druckbild während der Produktion verschiebt, eine automatische Korrektur des Druckes herbeiführen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, den Reinigungszyklus zu optimieren. Die Schnittstellen für Ekra, Dek und Speedline (MPM) wurden im Feldtest erfolgreich implementiert, weitere Schnittstellen können auf Anfrage eingebunden werden beziehungsweise befinden sich bereits in der Entwicklung. Ein längerer Reinigungszyklus ermöglicht höheren Durchsatz und senkt Verbrauchskosten am Drucker.
Darüber hinaus bietet Viscom im Rahmen der Programmerstellung auch die Überprüfung des Stencildesigns. Dabei wird ermittelt und angezeigt, ob die Stencilöffnungen Designregeln verletzen (vgl. IPC 7525B). Diese Funktion ist insbesondere bei EMS-Unternehmen beliebt, weil diese häufig keinen direkten Einfluss auf das Schablonendesign haben. Auch die automatische Korrektur der Bestückung ist möglich. Der Bestücker kann den Ergebnissen der SPI-Prüfung folgen und Position und Abwurfhöhe insbesondere von Bauteilen kleiner Größen anpassen. Der Mehrwert der SPI-Systeme von Viscom liegt in der Verkettung der SPI- und AOI/AXI/MXI-Ergebnisse. Viele Auffälligkeiten im Pastendruck korrigieren sich im Lötofen oder während des Prozesses selbst. Nicht jeder Pastenfehler führt also direkt zu einem Lötfehler. Zu wissen, wo die Grenze verläuft, welche Pastenfehler zu echten Lötfehlern werden und welche nicht, spart daher Geld. Zusätzlich gilt, dass die IPC–A-610, das Standardwerk für die Abnahmekriterien von elektronischen Baugruppen, nur die fertig gelötete Baugruppe beschreibt. Den weiteren Bedarf an einer geeigneten Lösung zur übergreifenden Prozessverbesserung zeigt auch die Tatsache, dass trotz Einsatz eines 3D-Pastenprüfsystems in vielen Fertigungslinien immer wieder die im Kasten „Fragen zum Pastendruck“ beschriebenen Fragen auftauchen. Die Lösung bietet unter anderem der Quality Uplink.
Fragenkatalog
Trotz Einsatz eines 3D-Pastenprüfsystems in vielen Fertigungslinien, Fragen gibt es dennoch:
Fragen zum Pastendruck
- Wann muss eine bedruckte Baugruppe verschrottet werden? (speziell bei schon einseitig bestückten Baugruppen teilweise sehr kostspielig)
- Führt eine Pastenbrücke zu einem echten Post-Reflow-Fehler?
- Erzeugt ein Pastenvolumen von 200% zusätzliche Zinnperlen oder einen Kurzschluss?
- Ist eine Lötstelle mit 48% Pastenvolumen wirklich schlecht?
- Kann ein zulässiger Druckversatz (z.B. von 50um) gepaart mit einem zulässigen Pastenvolumenüberschuss (z.B. von 140%) zu Kurzschlüssen beim Finepitch-QFP führen?
- Wie können die Sichtprüfungsregeln der IPC-7527 für den Pastendruck sicher und nachvollziehbar in die automatische SPI-Prüfung integriert werden?
Fragen am End-of-Line-Prozess:
- Warum findet das AOI/AXI trotz Einsatz eines 3D-SPI-Systems immer noch Kurzschlüsse?
- Warum findet das AOI/AXI immer noch magere Lötstellen?
- Wäre die Klassifikation am AOI/AXI z.B. bei der Meldung „Kein/wenig Lötzinn“ sicherer, wenn man das bedruckte Lotvolumen kennen würde?
Der Fünf-Stufen-Plan
Die fünf Stufen zur effektiven Prozesskontrolle nun im Detail:
Stufe 1: Der Image-Uplink (Vorteil: SPI Information unterstützt bei der Verifikation):
Beim Image-Uplink (Bild 3) werden die SPI-Fehlerbilder als Bitmap an den Post-Reflow-Klassifikationsplatz übertragen. Nach der abgeschlossenen AOI-Fehlerverifikation werden zusätzlich die SPI-only-Fehler (Fehler, die am SPI detektiert werden, aber am AOI nicht mehr auffällig wurden, da sie sich im Prozess korrigiert haben) im Nachgang angezeigt. Typisch hierfür ist etwa eine Überdruckung, die das SPI anzeigt, aber keinen Lötfehler nach sich zieht. Bei der Verifikation muss der Operator die angezeigte Lötstelle manuell sichten und bewerten. Als Hilfsmittel sollte ein Mikroskop zur Verfügung stehen.
Stufe 2: Pasten-Uplink (Vorteil: Vermeidung von Humanschlupf)
Der Quality Uplink von Viscom bietet mit dem Pasten-Uplink die Möglichkeit, im Rahmen der AOI- (Bild 3a) oder AXI-Fehlerklassifikation (Bild 3a) auch die Ergebnisse der Pasteninspektion optional anzuzeigen. Für alle Lötstellen einer betroffenen Bauteil-ID stehen die 3D- und 2D-Pasteninformationen sowie alle Pastenmerkmale (z.B. bedrucktes Volumen) unabhängig vom SPI-Prüfergebnis zur Verfügung. Zusätzlich können auch die Pasteninformationen von allen Nachbarlötstellen abgerufen werden. Das ist insbesondere bei Brückenbildungen von Bedeutung. An einer Brückenbildung sind immer mindestens zwei Pads beteiligt. Der Vorteil ist die Vermeidung von Fehlklassifikationen (Humanschlupf) bei der Verifikation der Ergebnisse der Lötstellenprüfung hinter dem AOI.
Stufe 3: Solder-Uplink (Vorteil: Bedienerunterstützung und Qualitätssteigerung)
Beim Solder-Uplink werden von SPI-only-Fehlern (siehe Image-Uplink) und/oder SPI-Grenzfehlern (Warnings) automatisch zusätzliche Bilder der fertigen Lötstelle aufgenommen. Die Ansichten können orthogonal, schräg, in 2D, 3D und in Farbe aufgenommen werden. Sie liefern zusammen mit den Detailinformationen aus der SPI-Prüfung klare Hinweise darauf, wie bestimmte Auffälligkeiten sich nach der Verlötung verhalten haben. Ein typisches Beispiel ist eine kleine Pastenbrücke oder eine Verschmierung beim Pastendruck, die sich beim Löten zurückbildet hat. Auf weitere Hilfsmittel, wie etwa ein Mikroskop, kann damit verzichtet werden. Die Zusatzbilder (Bild 4) können dabei sowohl vom AOI als auch vom AXI oder MXI kommen. Rückschlüsse auf den Prozess sind damit leicht möglich. Vorteil: durch diesen Abgleich ist es einfach, die optimale Prüfstrategie zu entwickeln und die Ressourcen optimal einzusetzen. Zusätzlich kann die Abweisungsrate nach dem Drucken reduziert werden und der Durchsatz nachhaltig gesteigert werden.
Stufe 4: TITUS-Uplink (Vorteil: Qualitäts- und Effizienzsteigerung)
Wie bereits beim Solder-Uplink angesprochen, unterscheidet Viscom bei der Pastenprüfung zwischen Warnfehlergrenzen (Grenzfehler) und „harten“ Fehlergrenzen (definitiver Echtfehler Spezifikationsverletzung). Beide Grenzen können je Bauform unabhängig voneinander definiert werden. In Abhängigkeit von den Pastenmesswerten lässt sich mit dem TITUS-Uplink (Total Inspection Tracer for Quality Uplink Services) jetzt die Prüfstrategie unter Einbeziehung der Prüfung am AOI online festgelegt werden (Bild 5). Die Regeln können z. B. produkt- oder bauteilbezogen definiert werden. Die Konfiguration erfolgt am Viscom-SPI durch den TITUS-Einstelldialog und legt beispielsweise fest, welcher Prüfschritt wann adressiert werden soll. Zum Beispiel wird bei einer Pastenüberdruckung an einem QFP das AOI angesprochen, um eine zusätzliche Zinnperlenprüfung zu definieren. Bei einem guten Pastenauftrag könnte der Prüfschritt zur Lotanwesenheitsprüfung am AOI deaktiviert werden. Bei einer Überdruckung bei einem BGA oder einem QFN würde entsprechend eine AXI- oder MXI-Prüfung angesprochen werden. Vorteil: Pseudofehlerreduktion, Qualitätssteigerung und Effizienzsteigerung.
Stufe 5: Prozess-Uplink (Vorteil: Kostensenkung, Prozess- und Qualitätsoptimierung und lückenlose Dokumentation)
Für die spätere Prozessanalyse und Qualitätsoptimierung können alle relevanten AOI-, SPI-, MXI- und AXI-Daten gespeichert werden. Unter Verwendung des Viscom Uplink Prozess Analyzers (VUPA, Bild 6) ist es möglich, im Nachgang alle aufgetretenen Fehler an einem Offline-PC zu analysieren. Die Funktionen bieten direkte Rückschlüsse auf das Lötergebnis und die zugehörigen Pastenprüfergebnisse. Auf dieser Basis kann der VUPA so direkt zur Definition von optimierten Fehlergrenzen beitragen. Vorteil: Mit dem Prozess-Uplink werden zum einen die Fertigungskosten gesenkt, zum anderen entsteht mit dem VUPA ein übersichtlicher Vergleich sowie eine lückenlose Dokumentation, die sich etwa für Kundenaudits und Schulungen nutzen lassen.
Röntgen-Stichprobe
Zur Prozesskontrolle ist die X-Ray-Stichprobenprüfung längst etabliert. Beim Serienanlauf bzw. in der späteren Serienfertigung wird im unterschiedlichen zeitlichen Raster die Verlötung von unsichtbaren Lötstellen kontrolliert. Dabei ist es im Besonderen interessant, die Grenzmuster im Fertigungsbetrieb zu kontrollieren, also z.B. die Baugruppen, die eventuell einen gerade noch minimal oder gerade noch maximal akzeptablen Pastenauftrag aufweisen.
Neben der Einbindung der AOI- und AXI-Ergebnisse ist es Viscom jetzt gelungen, auch die Prüfergebnisse der MXI-Anlagen (offline Röntgeninspektion) in den Uplink einzubinden. Das wurde dadurch möglich, dass auf dem MXI-System X8011 PCB die automatischen Analyseroutinen und die Bedieneroberfläche der inline-Systemfamilie X7056 verfügbar sind. Zusätzlich können alle Prüfdaten aus der Viscom 3D-Lotpasteninspektion auf dem Verifikationsplatz der X8011 PCB angezeigt und mit den Bildern der Röntgeninspektion abgeglichen werden.
Alle Informationen im Zugriff
Mit dem Viscom-Portfolio werden alle Prüftore, von 3D-SPI, AOI, AXI bis hin zur MXI, abgedeckt und können so optimal verlinkt werden. Alle Inspektionsdaten und -ergebnisse können somit verknüpft werden und sind dort verfügbar, wo sie gebraucht werden. Die Zusatzbilder und Detailinformationen vereinfachen die Fehlerbeurteilung und vermeiden Humanschlupf. Ohne die Fertigung zu beinträchtigen, können außerdem die Prozessgrenzen besser ausgelotet werden.
Productronica 2013: Halle A2, Stand 177
Detlef Beer
(mrc)