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Bild 1: Al-Crimp-Kontake mit verschiedenen Drahtquerschnitten.

Bild 1: Al-Crimp-Kontake mit verschiedenen Drahtquerschnitten.TE Connectivity

Die Reduktion der Masse und die steigende Energieeffizienz sind heute treibende Faktoren in der Entwicklung im Automobil. Aluminium (Al) ist ein Werkstoff, der auf der Erde nahezu unbegrenzt zur Verfügung steht und durch seine geringe Dichte als Funktionswerkstoff für Leichtbauweisen wie beispielsweise im Flugzeugbau schon seit langem zum Einsatz kommt. Gleichzeitig ist Al ein hervorragender elektrischer Leiter, aus Sicht des Leitwerts pro Masse sogar der Beste. Somit ist Al-Draht im Vergleich zu Drähten aus Kupfer (Cu) für eine mögliche Masseeinsparung aktuell. In Folge des geringeren Marktpreises von Al gegenüber Cu sind mit der Gewichtseinsparung auch  Kosteneinsparungen zu erwarten.

Bedingt durch die unedlen Eigenschaften des Al, die geringe Festigkeit, die Neigung zur Relaxation und damit zum Kriechen und dem Vorhandensein einer festen, hochisolierenden Oxidschicht ist es technisch aufwändig, langzeitstabile Verbindungen Al/Al oder Al/Cu herzustellen. Als kostengünstigste Verbindung hat sich an dieser Stelle im Fall von Kupferlitzenleitern die Crimpverbindung bewährt. In der Automobilbranche werden jährlich milliardenfach Kontakte mit dieser Verbindungsart zuverlässig verarbeitet. Es stellt sich hiermit die Frage, inwieweit die Crimp-Anschlusstechnik auch für Al-Drähte geeignet ist, beziehungsweise was bei der Crimp-Verarbeitung von Al zusätzlich berücksichtigt werden muss. Die Crimptechnik für Al-Leiter ist nicht neu und ist bei TE Connectivity (TE) mit verschiedenen Produktfamilien für verschiedene Leitergrößen schon seit langem im Serieneinsatz erhältlich. Bei einer Verwendung im Kabelsatz eines Kfz muss jedoch eine weitgehende Kompatibilität zu den verwendeten Kontaktfamilien und Verarbeitungsmaschinen gegeben sein. Weiterhin müssen die Al-Verbindungen die geforderten Spezifikationen entsprechend denen der Cu-Drahtverbindungen erfüllen. Deshalb musste bei der Entwicklung von Al-Drahtcrimps auf folgende Punkte tiefer eingegangen werden.

  • Mechanische  Festigkeit: Hier heißt es, sowohl die geforderten Draht-Ausreißkräfte einzuhalten als auch die Biegewechselfestigkeit im Übergangsbereich des Leitungsanschlusses zu bieten
  • Sicherstellung einer permanenten elektrischen Kontaktierung des Al-Leiters zur Cu-Hülse
  • Schutz vor elektrochemischer Korrosion der Al/Cu-Verbindung bei Feuchtigkeit und Elektrolyt
  • Verarbeitbarkeit der Kontaktteile mit handelsüblichen Verarbeitungsmaschinen oder Leadmakern

Funktionsprinzip der Al-Crimpverbindung

Zur Kontaktierung von Al-Leitern erstellte TE eine speziell für die Anforderungen entwickelte F-Crimphülse. Die Formgebung und Oberflächengestaltung der F-Crimphülse und speziell der Crimpanschlusszone stimmte TE dabei exakt auf die Werkstoffeigenschaften des Al-Leiters ab. Basierend auf den Erfahrungen bei der Cu-Crimpverbindung richtete TE bei der Al-Verarbeitung ein besonderes Augenmerk auf die partielle Al/Cu-Kaltver­schweißung. Rahmenbedingung für eine ordnungsgemäße Verbindung sind ein hoher Verpressungsgrad (in der Regel über 50 % Querschnittsreduktion) sowie saubere Oberflächen der beteiligten Partner, die frei von Kontaminationen sein müssen. Dicke Oxidschichten, Fette und Öle dürfen sich somit nicht auf den Oberflächen befinden.

Die Anwendung dieser Erkenntnisse auf die Crimpverbindung bedeutet, dass die Ingenieure sich intensiv mit den Verarbeitungsparametern – insbesondere Verpressungsgrad und Design beschäftigen mussten. Da die Dehnung des Al entlang der Cu-Hülse größer ist, musste erreicht werden, dass das beim Längsdehnen aufbrechende Al-Oxid ausreichend reines Al freigibt. Dieses verbindet sich mit dem Gegenpartner intermetalllisch. Demzufolge sollten sich im Optimum die beteiligten Partner miteinander legieren können. Da reines Al eine sehr große Affinität zum Luftsauerstoff besitzt und in kürzester Zeit wieder oxidieren würde, spielen die Parameter Abdichtung der Al/Cu-Auflage und Verarbeitungsgeschwindigkeit eine weitere wichtige Rolle in diesem Verbindungssystem.

Bild 2: Verarbeitung eines Al-Leiters im Crimp-Vollautomat.

Bild 2: Verarbeitung eines Al-Leiters im Crimp-Vollautomat.TE Connectivity

Verpressen

Um beim Verpressen die Längsdehnung der Al-Leiter zu maximieren, haben sich scharfkantige Rillen in Form von Haifischflossen (Serrations) bewährt. Diese haben die Aufgaben, die Auflagenfläche Al/Cu zu erweitern, die partielle Kalverschweißungsdichte zu erhöhen und den mechanischen Halt der Leiter in der Cu-Hülse zu verbessern. Dabei macht man sich die Tatsache zunutze, dass sich Cu sehr gut mit Al legiert. Aus der Kontaktfläche der Kristallgitter heraus erfolgt eine direkte Adhäsion der metallischen Gitter zueinander mit punktueller gegenseitiger Diffusion. Die elektrische Qualität ist wegen dieser materialschlüssigen Verbindung sehr gut. Mechanisch liegt die Crimpverbindung zwischen Al und Cu ab einem Drahtquerschnitt von 1,5 mm2 im Bereich der geforderten Abzugskräfte im Automobil.

Für die Dauerfestigkeit der Crimpverbindung war entscheidend, dass die bekannte Kriechneigung des Al bei der Auslegung berücksichtigt wurde. So liegt die verbleibende Restspannung, die im Crimp auf das Al einwirkt, unterhalb der Größenordnung, die ein Kriechen verursachen kann. Für den stabilen elektrischen Kontakt ist also nicht das Maß der Restspannung im Crimp verantwortlich sondern allein die partielle Kaltverschweißung.

Im Interesse einer großen Oberfläche zur Kontaktierung möglichst vieler Litzen rollt TE die neue Crimphülse für Al-Litzenleiter weiter ein als dies bei Crimphülsen für Cu-Leiter üblich ist. Weiterhin stellt die Geometrie der Crimphülse sicher, dass es keine Kerbwirkung auf den Al-Leiter gibt. Dazu verfügt der Crimp am hinteren Ende über eine kegelartige Öffnungskontur. Dort nimmt die Verformung und Streckung des Leiters kontinuierlich ab, wodurch eine Sollbruchstelle vermieden wird.

Um elektrochemische Korrosion zu vermeiden, crimpt TE die Isolation am hinteren Ende der Crimphülse in Verbindung mit einem Korrosionsschutzmittel ein. Am vorderen Ende der Crimphülse erwirken zusätzlich einrollende Crimpflanken, die mit dem Korrsionsschutzmittel beaufschlagt sind, den Korrosionsschutz. Die fertige Crimpverbindung liegt korrosionsgeschützt vor. Alle erforderlichen Elemente hierfür sind bereits in die Crimphülse integriert. In zyklischen Salznebeltests in Verbindung mit Temperaturschocktests (500 Temperaturzyklen -40 °C/130 °C) bei feuchter Wärme haben sich die Al-Crimpverbindungen als dauerhaft stabil erwiesen.

Im Hinblick auf die Stückzahlanforderungen in der Automobilindustrie ist die Kontaktierung von Al-Leitern als vollautomatischer Prozess mit Crimp-Applikator ausgelegt. Die Entwicklung der Serienwerkzeuge erfolgte parallel zur Al-Crimpentwicklung und wird von TE zu den Kontakten bereitgestellt.

Bild 3: Aufgeschliffener Al-Crimp zur Illustration der konischen Verpressung.

Bild 3: Aufgeschliffener Al-Crimp zur Illustration der konischen Verpressung.TE Connectivity

Gewichtsersparnis: Ein Rechenbeispiel

Da der Kabelbaum heute bereits eine der komplexesten und schwersten Komponenten im Fahrzeug darstellt, ist hier jede Gewichtsersparnis attraktiv. Für eine Modellberechnung des realistischen Einsparpotenzials dient ein in Europa verbreitetes Fahrzeug, dessen Kabelbaum rund 18 kg wiegt. Für die Substitution von Cu-Leitern durch Al-Leiter fließen bei dieser Betrachtung ausschließlich größere Querschnitte (>1,5 mm2) in die Überlegungen ein, nicht die feinen Signalleitungen. Dabei sollten Al-Leitungen mit dem nächsthöheren Querschnitt die betreffenden Cu-Leitungen ersetzen. Unter diesen Vorgaben ergibt sich zunächst eine rein rechnerische Masseersparnis von etwa 5,5 kg. Da jedoch die massiven Batterieanschlüsse bereits seit etwa einem Jahrzehnt in Al ausgeführt sind, liegt das realistische Sparpotenzial in diesem Modellfall bei 1,5 bis 2,5 kg je Kabelbaum.

Da Al zwar ein guter elektrischer Leiter ist, jedoch nur etwa 65 % der Leitfähigkeit von Cu aufweist, erfordert die Substitution von Cu-Leitern in der Regel einen größeren Querschnitt. So kann es als Faustregel sinnvoll sein, beim Tausch auf die nächste Zwischengröße beim Leiterquerschnitt zu gehen. Allerdings erfolgt die heutige Bemaßung von Kabeln für den Fahrzeugeinsatz mit bekanntermaßen großen Sicherheitstoleranzen. Hier besteht ein bisher kaum ausgeschöpftes Potenzial. Bei einer Auslegung der Kabel und Verbindungen nach realen Belastungsprofilen (sogenannten Mission-Profiles) anstatt allein nach Worst-Case-Szenarios ließe sich der durch die Werkstoffsubstitution der Leiter bedingte höhere Querschnitt wahrscheinlich zu großen Teilen kompensieren, womöglich sogar ganz vermeiden.

Zusammenfassung

Wie dargestellt ist die Anschlusskontaktierung von Al-Drähten im Vergleich zu Cu-Drähten in Folge der Kostenentwicklung und einer möglichen Gewichtseinsparung aktuell. Da derzeitig bei der Kabelsatzfertigung Cu-Leitungen vorrangig mit der Crimpanschluss-Technologie hergestellt werden, bietet diese Technologie auch bei der Verarbeitung von Al-Drähten eine vergleichsweise hohe Produktivität und Flexibilität sowie nur geringfügigen Investitionsaufwand bei einer Umstellung. Der Hersteller muss dabei entscheiden, welche Mindestquerschnitte für Aluminium technisch und wirtschaftlich sinnvoll sind, wobei er auch darauf achten muss, inwieweit seine generellen Spezifikationen beispielsweise bezüglich der Abzugskräfte einzuhalten sind.

Eine Absicherung einer auf Dauer zuverlässigen Crimpverbindung lässt sich erzielen, wenn bei der Verarbeitung von Aluminium eine materialschlüssige Verbindung der Einzelleiter zur Cu-Crimphülse sichergestellt wird. Das Kriechverhalten des Aluminiums wirkt sich bei einer ordnungsgemäßen Verarbeitung des Aluminiumlitzen-Leiterdrahtes untergeordnet aus. TE hat nachgewiesen, dass im Crimp eine nur vergleichsweise geringe verbleibende mechanische Beanspruchung stattfindet. Eine gute elektrische Verbindung ist so nur in Folge von partieller Kaltverschweißung des Al zum Cu gegeben. Dieses ist durch ein für Al optimales Design der F-Crimphülse und deren Serrations mit den optimalen Verarbeitungsparametern möglich. Deshalb bezog TE die dazu notwendigen Rahmenbedingungen wie die verwendeten Materialien, die Oberflächenkonturen, die Hülsengeometrie und die Verpressung in die Entwicklung des TE Al-Crimps mit ein.

Ein weiterer Aspekt ist der Schutz der Verbindungsstelle Al/Cu gegenüber Feuchtigkeit und damit vor elektrochemischer Korrosion. TE hat dabei einen wirksamen Korrosionsschutz in die Crimphülse integriert, womit eine zuverlässige Al-Crimpverbindung qualifiziert werden konnte. Der neue F-Crimp zur vollautomatischen Kontaktierung von Al-Litzenleitern ist damit einsatzfähig.

Dr.-Ing. Helge Schmidt

ist TE Fellow und Manager Advanced Terminal & Connector Development Automotive Engineering.

(av)

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