Intelligent und sicher – so kündigte Verkehrsminister Peter Ramsauer Mitte Juni die Autobahnen der Zukunft an. Realisiert werden soll dies durch die Einführung Intelligenter Verkehrssysteme und Dienste (C-ITS, „Cooperative Intelligent Transport Systems“) auf Basis der C2X-Kommunikation (C2X-Kommunikation). Gemeint ist damit die Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur mit dem Ziel, die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und frühzeitig Staus zu vermeiden. So sollen in einem ersten Schritt Baustellenwarnanhänger mit der notwendigen C2X-Technologie ausgestattet werden, um per Funk Informationen der Baustelle an die Fahrzeuge zu übertragen.
Das Szenario der Baustellenwarnung (Road Works Warning) ist eine der C2X-Applikationen, die bereits vom Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) in ETSI TR 102 638 V1.1.1 (2009-06) definiert ist und ab 2015 technisch umgesetzt werden soll. Hierbei sendet der Baustellenwarnanhänger in Echtzeit seine Informationen über den WLAN-Standard IEEE802.11p (ITS-G5) an die Fahrzeuge innerhalb des WLAN-Funkbereichs (Bild 1). Speziell für ITS-G5 steht ein reserviertes Frequenzband bei 5,9 GHz zur Verfügung. Das von der ETSI spezifizierte GeoNetworking-Protokoll von ETSI EN 302 636-1 V1.1.0 (2010-03) ist für die Paketweiterleitung in Ad-hoc-Netzwerken verantwortlich; die Informationen über die Baustelle sind in standardisierten Applikationsnachrichten enthalten, die in ETSI TS 102 637-2 V1.2.1 (2011-03) und ETSI TS 102 637-3 V1.1.1 (2010-09) beschrieben sind.
Zu diesen zählt die „Decentralized Environmental Notification Message“ (DENM). Sie enthält alle notwendigen Informationen über ein Ereignis (Baustellenwarnung, Stauendewarnung, Glatteiswarnung etc.) und wird nur bei Eintreten dieses Ereignisses versendet. Hierbei übermittelt die ITS-Station allgemeine Informationen zu Ereignisstatus und -position sowie Gültigkeitsdauer und -bereich. Für die C2X-Applikation „Baustellenwarnung“ sendet der Baustellenwarnanhänger zusätzlich Informationen über Tempolimit und Spursperrungen, die je nach Status und Baustellentopologie dynamisch angepasst werden.
Mit der „Cooperative Awareness Message“ (CAM) übertragen die ITS-Stationen zyklisch eigene Statusinformationen, wie beispielsweise Position und Fahrtrichtung, Geschwindigkeits- und Beschleunigungsinformationen, sowie Statusinformationen über die Fahrzeugbeleuchtung der ITS-Station. Da alle ITS-Stationen diese Informationen senden, ist der Baustellenwarnanhänger beispielsweise in der Lage, die Verkehrsdichte in der Baustelle zu berechnen und somit das Tempolimit in der Baustelle anzupassen oder Stauinformationen an die Verkehrsleitzentrale weiterzuleiten.
Funktionsweise der Baustellenapplikation im Fahrzeug
Empfängt ein Fahrzeug eine baustellenspezifische DENM, so überprüft es diese auf Relevanz. Hierfür benötigt es Informationen wie Position, Geschwindigkeit und Fahrtrichtung des Fahrzeugs. Im Idealfall sind zusätzlich Kartendaten vorhanden, die das Umfeld des Fahrzeugs genauer beschreiben. Diese Informationen stehen typischerweise über die fahrzeuginternen Bussysteme wie CAN und Ethernet zur Verfügung.
Bei der Relevanzprüfung lässt sich unter anderem über die Zeitstempel feststellen, ob die empfangene Nachricht noch gültig ist. Die Position der Baustelle und des eigenen Fahrzeugs geben Aufschluss darüber, ob sich die Baustelle auf der Fahrtroute befindet. Ist die Nachricht für das Fahrzeug relevant, werden die Daten an die eigentliche Baustellenapplikation weitergeleitet. Diese sorgt beispielsweise dafür, dass weitere Anwendungen wie Fahrerassistenzsysteme oder HMIs mit notwendigen Daten versorgt werden, wenn das Fahrzeug in den Gültigkeitsbereich der Baustelle einfährt.
Effizienzsteigerung durch Testwerkzeuge?
Um eine Baustellenapplikation im Fahrzeug vollständig zu testen, muss diese für alle notwendigen Testszenarien mit den jeweils benötigten applikationsrelevanten Daten versorgt werden, genauso wie sie in den realen Fahrsituationen vorkommen. Der Einsatz von Testwerkzeugen ermöglicht, dass die Tests nicht in einer realen Umgebung aufwändig durchgeführt werden müssen. In frühen Testphasen ist dies auch oftmals nicht möglich da zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Komponenten real zur Verfügung stehen.
Während der Entwicklungs- und Testphase ist es sogar ausreichend, dem Applikationsentwickler die testrelevanten Daten nur aus Kommunikationssicht zur Verfügung zu stellen. Hierfür wird in Testwerkzeugen eine simulierte Umgebung für das zu testende Steuergerät (ECU under Test) erstellt. Mit den simulierten Funktionen und Komponenten lässt sich dieses Steuergerät in alle zu testenden Zustände versetzen.
Für den Test der Baustellenapplikation im Fahrzeug ist somit ein „simulierter Baustellenwarnanhänger“ notwendig. Dieser kann für jeden einzelnen Test so konfiguriert werden, dass beispielsweise unterschiedliche Szenarien von Spursperrungen und Tempolimits möglich sind und als Grundlage für die Tests dienen. Parallel dazu wird die Baustellenapplikation für jeden individuellen Testfall mit Daten über die geografische Position, Richtungsvektor und Geschwindigkeit eines Fahrzeugs stimuliert. Das Testwerkzeug simuliert dazu die Bewegungsprofile des Fahrzeugs und generiert die entsprechenden CAN-Frames zur Stimulation. Anschließend stellt es diese Daten über die CAN-Busschnittstelle des Steuergeräts der Baustellenapplikation zur Verfügung (Bild 2).
Anforderungen an Testwerkzeuge für C2X-Applikationen
Damit ein Werkzeug effektiv für C2X-Applikationstests zum Einsatz kommen kann, muss es mehrere Anforderungen erfüllen. Das Testwerkzeug muss WLAN-Datenpakete nach dem Standard IEEE802.11p (ITS-G5) auf den hierfür definierten WLAN-Kanälen senden und empfangen. Hierzu gehört auch, dass das Testwerkzeug die protokollspezifischen Informationen wie GeoNetworking interpretieren kann. Auf die Signale und Datenfelder der Applikationsnachrichten, die in ASN.1 (Abstract Syntax Notation.1) beschrieben und mit dem PER-Verfahren (Packed Encoding Rules) codiert sind, muss zugegriffen werden können. Eine Beschreibung dieser Informationen in einer vom Testwerkzeug lesbaren Datenbank bringt hierbei maximale Flexibilität und vereinfacht die Anpassung der Daten bei notwendigen Änderungen; sie ist somit Grundlage für die Testgenerierung. Der Einsatz eines solchen Datenbankkonzepts hat sich bei der Erstellung und Durchführung von Tests in den etablierten Automotive-Netzwerken bereits bewährt.
Um eine Umgebungssimulation für die Stimulation während des Tests verwenden zu können, ist ein Programmierwerkzeug zur Erstellung von simulierten Knoten notwendig. Dieses bietet idealerweise eine C2X-spezifische Funktionsbibliothek, die es erlaubt, Applikationsnachrichten zu erstellen und zu senden, deren Signale und Datenfelder zu setzen und zu lesen, sowie die PER-Codierung der Daten vor dem Senden vorzunehmen. Ebenfalls hilfreich sind Funktionen zum Generieren von UTC-Zeitstempeln, die im C2X-Umfeld häufig benötigt werden. Somit lassen sich gültige baustellenspezifische DENMs für jeden einzelnen Testfall konfigurieren.
Eine integrierte Testumgebung vereinfacht das Durchführen der Tests. Die Tests werden mit Hilfe von Editoren und C2X-spezifischen Funktionsbibliotheken erstellt und können für weitere Testszenarien einfach vervielfältigt und angepasst werden. Die Testablaufsteuerung sorgt dann für das Durchführen der ausgewählten Tests und das Protokollieren der Ergebnisse in einem Testreport.
Da im C2X-Umfeld sehr viel mit Positionen gearbeitet wird, ist es extrem hilfreich, diese in einer Karte zu visualisieren. Informationen aus der DENM werden ebenfalls interpretiert und in dieser Karte dargestellt (Bild 3). Somit ist auf einen Blick sichtbar, wo sich Baustelle und Fahrzeug befinden, ob die Relevanzbereiche und Wegpunkte richtig codiert sind, und welche Angaben zu Spursperrungen in der Nachricht übertragen werden.
Die Baustellenapplikation beziehungsweise das Steuergerät bezieht die Informationen über fahrzeuginterne Netzwerke wie CAN und Ethernet sowie extern über ITS-G5. Folglich muss das Testwerkzeug diese parallel unterstützen und multibusfähig sein.
CANoe.Car2x
Vector Informatik unterstützt an dieser Stelle die Serieneinführung mit dem Entwicklungs- und Testwerkzeug CANoe.Car2x. Neben Tests für Automotive-Netzwerke wie CAN, FlexRay und Ethernet lassen sich damit auch Tests für das C2X-Umfeld entwickeln. Sie unterstützen somit die Beteiligten bei der Entwicklung und Integration der C2X-Technologie ins Fahrzeug und in der Infrastruktur. Mit der Unterzeichnung des vom CAR 2 CAR Communication Consortium initiierten Memorandum of Understanding –Version 4.01.02 (2011-06-27) – zeigt Vector seinen Kunden, dass auch zukünftige Anforderungen an Testwerkzeuge umgesetzt werden.
Auf einen Blick
Testwerkzeuge für C2X
Die C2X-Technologie ist nicht mehr nur in den Forschungsabteilungen der OEMs zu finden. Vielmehr beschäftigt sich mittlerweile die Serienentwicklung damit, welchen Mehrwert diese Technologie mit sich bringt und wie Fahrerassistenzsysteme dadurch besser unterstützt werden können. Die Qualität dieser neuen Funktionen muss durch geeignete Testwerkzeuge sichergestellt werden.
(av)