Steigende Anforderungen in Bezug auf Qualität und Mehrwert, beispielsweise bei der Anlagenverfügbarkeit, gepaart mit dem Wunsch nach durchgehender Visualisierung von Fertigungsprozessen führen zu einem höheren Bedarf an Sensorik. Komplexe Anlagen verursachen bei der Nachrüstung außerdem vermehrten Planungs- und Installationsaufwand. Für bewegte, rotierende oder gar mobile Anlagenteile sind verschleißbehaftete und kostenintensive Kontakt- und Verbindungstechniken wie Schleifringe oder Kabelführungen notwendig. All diese Probleme können drahtlose Komponenten lösen.

Ausgehend von konkreten Markt- und Kundenbedürfnissen wurden deswegen im Projekt Mikoa Konzepte für miniaturisierte und drahtlos vernetzte Komponenten erarbeitet, realisiert und durch entsprechende Prototypen verifiziert. Bei den Prototypen handelt es sich um energieautark betriebene Sensormodule. Ein Großteil der für den Betrieb des Sensors notwendigen Energie stammt dabei aus der Umgebung. Durch Energy Harvestings wird der Sensor mit Strom versorgt. Da die Umgebungs-Energie letztlich jedoch nicht in allen Fällen ausreicht, um für einen sicheren Betrieb zu sorgen, wird zusätzlich die Strömungsenergie vorhandener fluidischer Prozessmedien genutzt.

Als Kernproblem hat sich im Projekt die sichere Energieversorgung der Sensor- und Sensor-Aktor-Module herausgestellt. Denn die Vorgaben bezüglich des Leistungs- und Funktionsumfangs der Einheiten lassen sich nicht auf Anhieb in Einklang bringen. Es entsteht vielmehr eine Diskrepanz zwischen der in einem gewissen Zeitfenster verfügbaren Energie und der Leistungsaufnahme der Verbraucher.

Anwendungsfälle aus der Praxis konstruiert

Es wurden deswegen zwei praxisnahe Anwendungsfälle konstruiert: ‚Plant Monitoring‘ und ‚Schnelle Handlingeinheit‘. Diese  unterscheiden sich hinsichtlich der Leistungsmerkmale der drahtlosen Kommunikation und des Energiebedarfs stark. Im Bereich des Plant Monitoring ist die Ermittlung von Prozessgrößen, wie des Systemdrucks oder des Luftverbrauchs, mithilfe einer Druck-Massenstrom-(p-Q)-Sensoreinheit interessant. Diese Größen lassen sich in längeren zeitlichen Abständen messen und übertragen, denn die Signale sind für die unmittelbare Steuerung des Prozesses nicht relevant. Durch die unkritischen Anforderungen an das Timing ist es möglich, den Energiebedarf zu verringern. Als Energiequelle wird hierbei hauptsächlich die Druck- und Strömungsenergie der Druckluft genutzt. Dieser Ansatz liegt nahe, da die Bestimmung der Prozessparameter des Mediums im Vordergrund stehen, die pneumatischen Schnittstellen gegeben sind und die Energiedichte der Druckluft ausreichend Potenzial zur dezentralen Bereitstellung der elektrischen Energie aufweist. Für den Fall, dass nicht genug pneumatische Energie zu Verfügung steht, zum Beispiel aufgrund von Systemstörungen, liefert eine Solarzelle genug Energie, um einen Low-Power-Betrieb mit eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit aufrecht zu halten.

Forschungsprojekt im Detail

Eckdaten zu Mikoa

Das Projekt Mikoa gehört zum Rahmenprogramm Mikrosysteme 2004-2009 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Das Ministerium fördert die Entwicklung dieser Technologie insgesamt mit rund 260 Millionen Euro. Mikoa lief drei Jahre bis 2012. Die Gesamtkosten des Projektes belaufen sich auf rund 6,1 Millionen Euro. Neben dem Projektkoordinator Festo waren weitere Partner aus Forschung und Industrie beteiligt: die Helmut-Schmidt-Universität, die Universität Paderborn, die HSG-IMIT Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung, das Ifak – Institut für Automation und Kommunikation sowie die Unternehmen Enocean, Siemens und Zollner Elektronik.

Für den Anwendungsfall ‚Schnelle Handlingeinheit‘ wurde ebenfalls eine p-Q-Sensor-Modul entwickelt, das Restenergie aus der Abluft einzelner pneumatischer Antriebe nutzt. Hierbei liegt der Schwerpunkt neben den energetischen Anforderungen zusätzlich auf der Miniaturisierung der gesamten Baugruppe. Außerdem besteht in Handling-Systemen Bedarf an Diagnose- und Monitoring-Funktionen. Somit kann auch die Kombination des Sensormoduls mit anderen Energieformen, beispielsweise mit kinetischen Wandlern, sinnvoll sein.

Um die je nach Anwendungsszenario unterschiedlichen Energiebedarfe bedienen zu können, wurden verschiedene Wandlungsprinzipien untersucht. Beispielsweise ein Energiewandler, der am Frontend einer Handlingeinheit angebracht ist, um die Beschleunigungen zur Energieversorgung zu nutzen.

Energieversorgung an die Umgebung und den Bedarf anpassen

Die Anregung kinetischer Wandler kann generell in Form von Stoß, Schock oder via Vibrationen erfolgen. Die dabei erzielbaren Leistungen liegen zwischen wenigen µW und einigen 100 mW. Sie hängen stark vom physikalischen Wandlungsprinzip und der bewegten Masse ab. Als Wandlungsprinzipien können induktive, kapazitive oder piezo-elektrische Verfahren zum Einsatz kommen. Hierbei sind jedoch vor allem die erreichbaren Ausgangsspannungen und ihre nachfolgende Verwendbarkeit zu beachten. Generell muss ein kinetischer Generator auf den spezifischen Einsatzfall abgestimmt werden. Mithilfe von Simulationstools lässt sich für eine gegebene Anwendung bei Kenntnis der dynamischen Anregungsprofile ein optimaler Generator auslegen.

Zusätzlich kommen amorphe Solarzellen zum Einsatz, um im Low-Power-Betrieb die kontinuierliche elektrische Versorgung zu ermöglichen. Ihr Vorteil ist die relativ hohe Bandbreite hinsichtlich der Verwertung der nutzbaren Lichtenergie, was gerade bei Indoor-Anwendungen oder Kunstlicht wichtig ist. Ein weiterer Schwerpunkt war auch die Entwicklung eines ASICs (anwendungsspezifische integrierte Schaltung) zum Energie-Management der Solarzellen, das ein ‚Maximum Power Point Tracking‘ ermöglicht, also das Nachführen des optimalen Arbeitspunkts in Abhängigkeit von der Bestrahlungsstärke und der Temperatur.

Das aufgrund seiner Leistungsabgabe wichtigste Wandlungsprinzip nutzt Strömungsenergie aus dem Druckluftversorgungsnetz oder die Restenergie aus der Abluft pneumatischer Systeme. Diese wird in Druckluftlamellenmotoren oder Turbinen in rotative und dann elektrische Energie umgesetzt.

Generatoren nutzen Prozessluft

Lamellenmotoren und Turbinen unterscheiden sich. Lamellen bilden das Antriebsmoment durch einen anliegenden Differenzdruck, also auf Flächen bezogen. Die Turbine nutzt dagegen den Impuls des strömenden Mediums auf das Laufrad. Turbinen erreichen deswegen im Vergleich zu Lamellenmotoren entsprechende Leistungen und Wirkungsgrade erst bei wesentlich höheren Drehzahlen. Der Vorteil von Turbinen: Der zum Anlaufen benötigte relativ geringe Differenzdruck ermöglicht den Betrieb in der Abluft pneumatischer Systeme, sodass sich die hier nicht genutzte Restenergie ohne große Rückwirkungen auf das System ernten lässt.

Die mit der entwickelten Lamellenmotor-Generator-Einheit erzielbare elektrische Leistung liegt im zweistelligen Wattbereich. Der Betrieb erfolgt hauptsächlich intermittierend. Das bedeutet, dass die aus der Druckluftversorgung gespeiste Einheit für eine gewisse Zeit eine höhere Leistung liefert als die Applikation benötigt. Diese wird in einem Energiespeicher zwischengepuffert, auf den die Applikation zugreifen kann, solange der Wandlungsprozess ruht. Wenn dem Energiespeicher eine definierte Energiemenge entnommen wird, beginnt der Wandlungsvorgang erneut.

Anders verhält es sich mit der Turbinen-Generator-Einheit. Diese liefert je nach geometrischer Ausführung Leistungen im unteren einstelligen Wattbereich. Da diese Wandlereinheit üblicherweise in der Abluft pneumatischer Systeme angeordnet ist, kann die Beaufschlagung mit Strömungsenergie sehr unterschiedlich ausfallen, was bei der Systemauslegung zu berücksichtigen ist.

Das Ergebnis des Projektes ist eine modulare Sensorplattform, die  verschiedene Zustandsgrößen erfasst. Ein ebenfalls modulares Konzept zur Energieversorgung ermöglicht die autarke Funktionsweise der Sensoren. Die wesentlichen Arbeitsschwerpunkte des Projektes waren deswegen die Aufbau- und Verbindungstechnik, die Entwicklung von Energiewandlern für fluidische Energie (Luft), mechanische Energie (Bewegung, Vibration) und Licht sowie eine zuverlässige drahtlose Kommunikation im industriellen Umfeld.

Bernd Kärcher

Head of Research Mechatronic Components bei der Festo AG & Co. KG in Esslingen

Heiko Haase

Research Mechatronic Components bei der Festo AG & Co. KG in Esslingen

(mf)

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73734 Esslingen
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