Epilepsie-Anfälle kommen oft unerwartet – doch was wäre, wenn KI sie vorhersagen könnte?

Epilepsie-Anfälle kommen oft unerwartet – doch was wäre, wenn KI sie vorhersagen könnte? (Bild: Brainchip)

Epilepsie betrifft weltweit mehr als 50 Millionen Menschen. Bisherige Monitoring-Technologien erfassen Anfälle jedoch meist erst, wenn sie bereits eingetreten sind. Eine vorausschauende Erkennung könnte das Leben vieler Betroffener erheblich verbessern. Hier setzt die Zusammenarbeit von BrainChip und Onsor Technologies an: Mithilfe neuromorpher KI in Form der Akida-Plattform entsteht eine innovative Brille, die epileptische Anfälle vorhersagen soll.

Neuromorphes KI-Design für tragbare Anfallserkennung

Die von Onsor Technologies entwickelte Brille ist mit EEG-Sensoren ausgestattet, die Gehirnaktivitäten in Echtzeit erfassen. Das Besondere: Ein neuromorphes neuronales Netzwerk, das auf BrainChips Akida-Architektur basiert, verarbeitet die Sensordaten direkt auf dem Gerät. Die Vorteile dieser Technologie liegen in der hohen Energieeffizienz und der Möglichkeit, KI-Anwendungen ohne permanente Cloud-Anbindung am Edge auszuführen.

Hohe Präzision durch kontinuierliches Lernen

Die Akida-Plattform ermöglicht eine anfängliche Vorhersagegenauigkeit von über 95 Prozent. Dies wird durch das Training mit Datensätzen von Onsor Technologies erreicht. Entscheidend ist jedoch die Fähigkeit zum inkrementellen Lernen: Die Brille passt sich laut den Unternehmen kontinuierlich den individuellen Mustern des Trägers an und verbessert ihre Präzision mit der Zeit. So erhöht sich die Sicherheit für Menschen mit Epilepsie im Alltag erheblich.y

Was bedeutet Neuromorphe KI?

Neuromorphe KI ist eine innovative Technologie, die die Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachahmt und auf speziellen neuromorphen Chips basiert. Diese nutzen „Spiking-Neurons“, um Informationen parallel statt sequentiell zu verarbeiten, was eine schnelle, energieeffiziente und adaptive Datenverarbeitung ermöglicht. Durch ihre ereignisgesteuerte Architektur verbrauchen sie deutlich weniger Energie, während ihre hohe Leistung KI-Anwendungen potenziell um das 1000- bis 10.000-Fache beschleunigen kann. Zudem sind sie skalierbar und fehlertolerant, was die Fertigung größerer und leistungsfähigerer Prozessoren begünstigt.

Diese Technologie findet Anwendung in verschiedenen Bereichen: Im autonomen Fahren verbessern neuromorphe Systeme die Navigation und Reaktionsfähigkeit, während sie in der Medizin komplexe Daten analysieren und Diagnosen unterstützen. In der Robotik ermöglichen sie kognitive Fortschritte, in der Cybersicherheit helfen sie bei der Erkennung verdächtiger Muster, und im Edge Computing profitieren Smartphones, Wearables und IoT-Geräte von ihrer Effizienz. Durch diese vielseitigen Einsatzmöglichkeiten könnte neuromorphes Computing die künstliche Intelligenz auf ein neues Niveau heben und eine Schlüsselrolle in der Entwicklung leistungsfähigerer und energieeffizienterer KI-Systeme spielen.

Echtzeit-Benachrichtigungen für mehr Sicherheit

Erkennt das System ein erhöhtes Anfallsrisiko, sendet es sofort Warnmeldungen an den Nutzer und gegebenenfalls an Betreuer oder medizinisches Personal. Dies gibt den Betroffenen die Möglichkeit, rechtzeitig präventive Maßnahmen zu ergreifen und die Gefahr von Verletzungen zu minimieren.

Effizienz durch neuromorphe Technologie

Die Herausforderung bei der Entwicklung tragbarer medizinischer Geräte besteht darin, leistungsstarke KI-Funktionalitäten in ein kompaktes, energieeffizientes Design zu integrieren. Genau hier zeigt sich der Vorteil der Akida-Architektur: Sie verarbeitet Sensordaten in Echtzeit, ohne dabei viel Energie zu verbrauchen. Dadurch bleibt die Brille leicht, tragbar und den ganzen Tag nutzbar – ein entscheidender Fortschritt für den Einsatz im Alltag.

Weitreichende Potenziale für die Medizintechnik

Die Kooperation zwischen BrainChip und Onsor Technologies verdeutlicht, welche Möglichkeiten neuromorphe KI für die Medizintechnik bietet. Neben der Anfallserkennung könnten zukünftige Anwendungen beispielsweise auch frühzeitige Warnsysteme für neurodegenerative Erkrankungen umfassen.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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