650_EOS_(M)WLP120 vs. Credit Card

Das weltkleinste Netzteil seiner Leistungsklasse 120 W: das EOS WLP 120 im Vergleich mit einer Kreditkarte. (Bild: EOS)

Eckdaten

In diesem Artikel gibt das EOS-Entwicklerteam Empfehlungen für die Miniaturisierung von AC/DC-Stromversorgungen verschiedener Leistungsklassen. Die Quintessenz: Alles in allem muss Kompaktheit plus Qualität nicht teuer sein, wenn sie auf intelligentem Weg erreicht wurde. Gespart werden darf nur nicht an der falschen Stelle.

Kleiner“ und „flacher“ heißt die Devise auch bei Open-Frame-Stromversorgungen; bevorzugt unter Beibehaltung der Standard-Footprints. Zugleich gilt es, immer wieder unerschrocken die eine oder andere sprichwörtliche Heilige Kuh der Branche zu schlachten. So vertraten die größten Stromversorgungshersteller lange Zeit die Meinung, dass jede Bauform kleiner als 2 Inch × 4 Inch als Printmodul ausgeführt werden muss: EOS jedoch ist bei den Typen WLP mit 75 und 120 W nominal auf den Footprint 2 Inch × 3 Inch (50,8 × 76,2 mm2) umgestiegen – bei gleichzeitig weiterhin besonders niedriger Bauhöhe von lediglich 25,4 mm (1 Inch).

Fokus auf Miniaturisierung

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Im Miniaturisierungs-Trend: LLC-Topologien EOS

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Vergleich der Komponenten von WLP150 und WLP120. EOS

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Die Größe sinkt, die Leistung steigt. Je mehr Leistung, desto mehr Teile, die unterzubringen sind. EOS

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Vergleich der EOS (M)ULP180W mit einer Standard-180-W-Stromversorgung. EOS

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Die verschiedenen Diodentypen im Vergleich. EOS

Bereits vor mehr als 20 Jahren, kurz nach der Gründung des Unternehmens, hatte es sich das damalige Entwicklerteam in Mumbai auf die Fahnen geschrieben, bei der Größe seiner AC/DC-Stromversorgungen Benchmarks zu setzen. Dann richtete sich das Augenmerk einige Jahre lang auf andere Schwerpunkte. Doch die in den vergangenen drei Jahren neu auf den Markt gebrachten Open-Frame-Netzteile aus der EOS-Entwicklungsabteilung in Mumbai zeigen, dass die zahlreichen neuen Komponenten und modernen hochpräzisen Produktionsmethoden, die heute verfügbar sind, Erstaunliches möglich machen. EOS setzt jetzt wieder den Fokus auf das Thema „Miniaturisierung“ – und zwar sowohl für den industriellen Bereich als auch jeweils nach neuester medizinischer Norm bis Typ BF/Klasse II.

ULP steht hierbei für „Ultra Low Profile“ und damit für besonders flache Stromversorgungs-Komponenten. In den kompletten Serien von 40 bis 275 W sind diese Bauteile stets 0,75 Inch bei klassischen Footprints von maximal 5 Inch × 3 Inch. Die Serie WLP mit einer Nominalleistung von 75 bis 350 W ist als low-profile aufgeführt und weist somit eine Bauhöhe von 1 Inch auf. Seit vergangenem Jahr gibt es das WLC bei flexiblen Cooling-Optionen mit der derzeit nominal höchsten maximalen Leistung von 550 W im EOS-Portfolio, jetzt mit einem 5 Inch × 3 Inch Standard-Footprint und 1,5 Inch Höhe.

All diese Komponenten vertragen mindestens marktübliche Temperaturspannen von -40 bis 70 °C Umgebungstemperatur. Sie weisen Wirkungsgrade bis deutlich über 90 Prozent auf und die Standby-Leistung liegt unter den vorgeschriebenen Werten. Alle notwendigen internationalen Zertifizierungen und Nachweise sind vorhanden. Sämtliche Netzteile sind in gleicher Größe auch in medizinischer Version – Klasse II – mit entsprechend höherer Isolation und Zulassungen erhältlich sowie modifizierbar.

Bessere thermische Merkmale

Hiervon profitiert derzeit beispielsweise einer der Marktführer im Bereich der Bühnenbeleuchtung, dessen Lampensysteme kleiner und leichter werden sollten als die Vorgängermodelle – und dies bei bekanntermaßen alles andere als kühler Umgebung im Bühnenhimmel. Ausschlaggebend für die Wahl des WLP120 war hier laut Aussage des Beleuchtungsherstellers neben Preis-Leistung insbesondere die bessere Eignung bezüglich elektromagnetischer Störungen im Test. Zudem erleichterte die geringe Größe der Stromversorgung die Verbesserung der thermischen Merkmale des Gesamtgeräts signifikant.

Bei einem Krankengymnastikgerät war hingegen die Größe zusammen mit der hohen Zuverlässigkeit (MTBF) ausschlaggebend, wobei die Baugröße eine kompakte Unterbringung im Seitenteil des Geräts ermöglicht, wo die Komponente auch besser geschützt ist. Weitere entscheidende Pluspunkte seien die geringen Ableitströme, die unter den normalen medizinischen Standards liegen, gepaart mit bester Effizienz seiner Klasse gewesen.

Gewagte Layouts

Warum wagt EOS sich hier wiederum so weit aus der Design-Komfortzone? Ein wichtiger Faktor ist das Layout der Stromversorgungen. Drastische Miniaturisierung ist nur mit Schaltnetzteilen (SMPS) möglich, mit denen EOS seit jeher arbeitet, die jedoch auch ihre Tücken haben können. Doch dazu später mehr.

Schaltnetzteile enthalten einen Schaltregler und arbeiten somit nicht mit einem ununterbrochenen linearen Stromfluss. Ein Schaltmodus voll-an/voll-aus minimiert die Energieverluste in den Schaltphasen. Die Spannungsregelung erfolgt durch Modulation der Schaltfrequenz. Möchte man verkleinern, muss man „nur“ die Schaltfrequenz erhöhen. Quasi als Belohnung kann man die Speicherelemente verkleinern. Soweit zur Theorie.

Die Konsequenz für die Miniaturisierung des Geräts ist bestechend: Der Wirkungsgrad des Wandlers steigt, während Baugröße und Gewicht des Transformators sinken. Allerdings haben Schaltregler bekanntlich ihre Tücken, weil sie Störspannungsspitzen erzeugen. Bei fehlender Design-Erfahrung erhält man zwar einen kompakten Wandler, dafür aber Oberschwingungen und hohe Schaltverluste, die den Wirkungsgrad des Wandlers herabsetzen sowie dessen thermisches Verhalten verschlechtern.

In diesem Kontext fällt auch häufig die Frage: Soll die Schaltung als Flyback-Converter (Sperrwandler, Hoch-Tiefsetzsteller) oder nicht als Flyback-Wandler realisiert sein? Die Antwort lautet Jain, wie sich besonders deutlich bei der EOS-WLP-Serie in vielfältigen Vorab-Experimenten zeigte. So gab es viele gute Gründe, die 120- und 75-W-WLP-Netzteile in einer Flyback-Topologie zu realisieren. Insbesondere kann diese Topologie erfahrungsgemäß bei extrem einfachem Layout gepaart mit geringem Platzbedarf mit einer mit konkurrierenden Layouts nicht erreichbaren Effizienz sowie minimalen Netzteilgröße aufwarten.

Unter anderem kommt das in unserem Beispiel letztlich gewählte Design zudem noch mit nur einem MOSFET aus, was die Schaltung vereinfacht und die Anzahl der für den Regelkreis benötigten Komponenten drastisch reduziert. Ein weiterer nicht-technischer Vorteil: Das einfachere Layout der Leiterplatte reduziert quasi „nebenbei“ noch die Kosten.

Allerdings leiden Flybacks angeblich häufig unter Spannungsspitzen im Primärbereich, die im schlechtesten Fall den Stress und damit den Verschleiß der übrigen Komponenten erhöhen können. Aber auch dies ließ sich im besagten Fall ins Reich der Mythen verbannen. Denn dieses Problem lässt sich bewältigen, wenn die Qualität beim Design-und Produktionsprozess sorgfältig überwacht wird. Die diesbezüglichen Erfolge bei Stromversorgungen, die es bereits seit längerem am Markt gibt, sprechen in diesem Punkt für sich. Flyback, Langlebigkeit und Qualität schließen sich keineswegs aus. Die MTBF („Mean Time Between Failures“) des WLP120 erwies sich 2015 sogar als „Beste ihrer Klasse“.

Flyback-Nachteile bei höheren Leistungsklassen

Deutlich negativer wurden die genannten typischen Flyback-Probleme vom Entwicklerteam bei den höheren Leistungsklassen bewertet. Hier machten sich die Nachteile der Sperrwandler in den Testreihen weitaus gravierender bemerkbar; mit der Konsequenz, dass die Flybacks in den Leistungsklassen 350 und 225 W in den Vergleichen mit LLC-Resonant-, Half-Bridge- und Full-Bridge-Topologien über 200 W den Kürzeren gezogen haben und nicht zum Einsatz kamen. Denn durch die hohen Oberwellenströme am Ein- und Ausgang verlor der Sperrwandler bei höheren Leistungsklassen zu deutlich und nicht kompensierbar an Effizienz.

Insofern bestätigte sich für diesen Bereich der überall zitierte Trend weg vom hard-switching hin zum soft-switching in Gestalt der LLC-resonanten anstatt der einfacheren Flyback- Schaltungen. Es kam zu geringeren Energieverlusten und besseren Wirkungsgraden, die bei LLCs durchaus Bereiche von 93 bis 96 Prozent erreichen können.

Um die Leistungsdichte auch in diesen Schaltreglern zu maximieren und kompakte Module zu bauen, wurden andere Verfahren angewandt. Kernaspekte waren unter anderem:

  • Einsatz von „ultra-low-drop“-Schaltdioden mit extrem geringem Spannungsabfall (beispielsweise SiC-Dioden)
  • optimales magnetisches Design mit geringen Kupfer- und Kernverlusten
  • Nieder-ESR-Elektrolyt-Kondensatoren für Eingang und Ausgang
  • Einsatz von Gleichrichtern für die Ausrichtung am Ausgang
  • Erhöhung der Schaltfrequenz, um kleinere Induktoren und Ausgangs-Elkos verwenden zu können
  • Auswahl von MOSFET mit geringem Rds(on) Widerstand – wie QFN, OpitMOS oder LFPAK

 

Lesen Sie auf der nächsten Seite mehr über die Gretchenfrage MOSFET. 

Gretchenfrage MOSFET

Allgemein sind MOSFETs ein zentraler Punkt, an dem vieles falsch gemacht werden kann. Fakt ist: Sparen an den MOSFETs wäre eindeutig Sparen am falschen Platz, wenn das Ziel Miniaturisierung des AC/DC-Konverters heißt. Denn teure Trench-MOSFETs erreichen weitaus bessere thermische Ergebnisse als klassische Planar-MOSFETs. Super-Junction-MOSFETs führen zu viel höherer Leistungsdichte und kompakteren Gesamtdesigns der Schaltnetzteile. Und im Unterschied zu Silizium haben neue Materialien wie Galliumnitrit (GaN) und Siliziumcarbid (SiC) sehr geringe und sehr temperaturunabhängige Schaltverluste. Zudem machen weitere Bandabstände sie zur ersten Wahl bei höheren Temperaturen und größeren elektromagnetischen Feldern.

Weiterhin wurden auch die MOSFETs kleiner. Am deutlichsten wird dies beim Vergleich des NXP DEPAK mit 100 A und einer Oberfläche von 70 mm² und dem NXP LFPAK56 mit 31 mm² Oberfläche. Diese Verkleinerung ist natürlich wunderbar, birgt jedoch die Herausforderung, die Wärme von einer weniger als halb so großen Oberfläche abtransportieren zu müssen.

Hierfür gibt es verschiedene Lösungsansätze. LFPAK56 von NXP beispielsweise ist mit Kupferclips ausgestattet, die den Wärmewiderstand reduzieren. Die 550 V/650 V-MDmesh-V-Familie ist für den geringsten RDS(on) der Siliziumgeneration bekannt. Der 600 V MDmesh II Plus Low Qg ist ganz neu. Er bietet einen reduzierten RDS(on) bei gleicher Größe und optimierter Gate-Ladung und Kapazität, was ihn besonders interessant für LLC-Topologien macht. Für phasenversetzte ZVS brigeds gibt es die 500 bis 650 V FDmesh-II-Serie speziell für die Reverse-Recovery-Thematik, oder die 800 bis 950 V Super-MESH-5-Serie für einfache Schaltreglertopologien.

Wer in punkto Zuverlässigkeit ganz sicher gehen möchte, kann über all dies hinaus auch noch auf ein etwas in Vergangenheit geratenes Prinzip zurückgreifen: Die Super Barrier Rectifier. SBR sind Dioden, die sich durch eine äußerst niedrige Durchlassspannung und Verlustleistung auszeichnen. Gelegentlich wurden sie eingesetzt, um Effizienz und Zuverlässigkeit von Hochleistungs-AC/DC-Stromversorgungen zu optimieren. Sie kombinieren die sehr geringe Vorwärtsspannung des Metall-Halbleiter-Übergangs der Schottky-Diode mit den geringen Leckageströmen und der Stabilität einer PN-Junction-Diode.

Produziert werden sie wie Halbleiter, in Gleichrichtern eingesetzt und sie vertragen im Gegensatz zu Schottky-Dioden und Dioden mit PN-Übergang Spannungen von mehreren hundert V bei vergleichbaren Durchlassverlusten und extrem niedrigen Leckageströmen. Sie bestehen aus einem Array von vielen einzelnen Halbleiterzellen, die über Gate-Kanäle miteinander verbunden sind. Die Durchlassrichtung ist so dotiert, dass sich die Elektronen relativ frei bewegen können. In Sperrrichtung bilden sich Verarmungszonen, die einen Stromfluss unterbinden.

Empfehlung

Aus diesen Überlegungen und diversen Testreihen ergeben sich somit einige Empfehlungen des EOS-Entwicklerteams für die Miniaturisierung von AC/DC-Stromversorgungen verschiedener Leistungsklassen: Bei Leistungsklassen unter 200 W kann man über Blindleistungs-Kompensation (Power Factor Correction / PFC) nachdenken. Bei mehr als 200 W sollte man über hart geschaltete CCM Power Factor Correction nicht nur nachdenken, sondern sie in vielen Fällen auch einsetzen. Unter zirka 600 W können ältere MOSFETs wie der IRF460N(IR) noch recht gute Dienste tun – ohne die Performance signifikant zu belasten. Bis 1000 W und einer Schaltfrequenz von 100 kHz ist PFC ganz sicher die beste Wahl. Bei mehr als 1000 W und mehr als 100 kHz sind SiC Schottkys gerechtfertigt, obwohl sie höhere Kosten verursachen. Bei allem was noch höhere Leistung oder Frequenz aufweist, kann man bereits über ZVT-resonante Hochsetzsteller nachdenken.

Sanjay Pusalkar

Entwicklungsleiter EOS Power

Henry Müller

Vertrieb EMEA EOS Power

(ah)

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