Elektronik-Entwicklung

02. Jul. 2025 | 14:00 Uhr | von Martin Probst

RISC-V-Vorreiter Europas vor dem Verkauf

Codasip startet Verkaufsprozess für RISC-V-Geschäft

Codasip, ein führender Anbieter von RISC-V-IP aus München, hat einen strukturierten Verkaufsprozess gestartet. Trotz technologischer Stärke und hoher Förderung bleibt der kommerzielle Erfolg begrenzt – besonders im europäischen Markt.

Das Münchner Unternehmen Codasip entwickelt konfigurierbare RISC-V-Prozessor-IP – und sucht nun im Rahmen eines Verkaufsprozesses neue Eigentümer.

Das Münchner Unternehmen Codasip entwickelt konfigurierbare RISC-V-Prozessor-IP – und sucht nun im Rahmen eines Verkaufsprozesses neue Eigentümer. (Bild: Codasip)

Der Münchner Chipentwickler Codasip hat überraschend den Start eines beschleunigten Verkaufsprozesses bekannt gegeben. Trotz Millionenförderung von EU und Bund, hochkarätiger RISC-V-Technologie und ambitionierter Roadmap kämpft das Unternehmen mit strukturellen Marktproblemen – vor allem in Europa.

Der Aufsichtsrat des RISC-V-Spezialisten Codasip hat am 1. Juli 2025 offiziell ein M&A-Verfahren eingeleitet. Der Schritt erfolgt im Kontext einer laufenden Finanzierungsrunde, bei der sich laut Unternehmensangaben strategische Investoren mit konkretem Kaufinteresse gemeldet haben. Innerhalb der kommenden drei Monate soll ein Käufer gefunden werden – entweder für das Gesamtunternehmen oder für ausgewählte Geschäftsbereiche. Der Verkaufsprozess wird vom Investmentberater Equiteq koordiniert.

Was macht Codasip

Codasip entwickelt RISC-V-Prozessor-IP und hat sich auf konfigurierbare, anwendungsspezifische CPU-Kerne spezialisiert. Mit seinem EDA-Tool Codasip Studio bietet das Unternehmen eine Plattform, mit der Kunden ihre eigenen RISC-V-Prozessoren entwickeln oder bestehende IP auf Systemanforderungen optimieren können. Das Portfolio ist in vier Säulen strukturiert:

  1. Codasip Studio: Eine integrierte Design-Umgebung zur Prozessorentwicklung und Hardware/Software-Codesign.

  2. Standardprozessoren: RISC-V-basierte IP-Kerne für Embedded-, Automotive- und Edge-Anwendungen.

  3. CHERI-Architekturen: Erweiterte Sicherheit durch „Capability Hardware Enhanced RISC Instructions“, relevant u. a. für sicherheitskritische Applikationen.

  4. High-End-Prozessoren: Entwicklung leistungsfähiger RISC-V-Kerne für KI, HPC und Automotive, z. B. im EU-Projekt DARE.

Mit knapp 250 Mitarbeitenden – mehrheitlich Hardware- und Software-Ingenieure – und einem europäischen Footprint (Hauptsitz München, F&E in Frankreich, Spanien und Rumänien) positioniert sich Codasip als europäisches Gegengewicht zu US- oder asiatischen IP-Anbietern wie SiFive oder Andes Technology.

Mangelndes Interesse seitens der Industrie

Codasip hat laut eigener Aussage über 119 Mio. € an zugesagten Fördermitteln aus europäischen und nationalen Programmen erhalten. Weitere 210 Mio. € befinden sich in Beantragung. Ein Teil dieser Mittel könnte auch für potenzielle Käufer verfügbar sein – sofern die Anforderungen erfüllt werden. Damit ist Codasip faktisch eines der am stärksten geförderten Halbleiter-Start-ups Europas.

Doch genau hier liegt das Problem: Trotz dieser massiven öffentlichen Förderung bleibt der Markterfolg aus. Wie das Handelsblatt berichtet, scheitert Codasip daran, seine Technologie in Europa zu monetarisieren. Die hiesige Industrie zögert, RISC-V einzusetzen – aus technischer Vorsicht, fehlender Toolchain-Erfahrung oder schlichtem Desinteresse. Kundenwachstum verzeichnet Codasip daher vor allem in den USA und Asien. Für ein Unternehmen mit „European RISC-V Champion“-Ambition ist das ein strategisches Dilemma.

Die Situation von Codasip ist exemplarisch für die strukturellen Probleme der europäischen Halbleiterstrategie: Subventionen und Förderungen sind reichlich vorhanden, doch ohne industrielle Anschlussfähigkeit bringen sie wenig. Codasip hat mit seiner Studio-Plattform eine der weltweit führenden RISC-V-EDA-Umgebungen geschaffen, wurde mehrfach für Sicherheitsarchitekturen wie CHERI ausgezeichnet und ist in mehrere EU-Leuchtturmprojekte eingebunden – unter anderem DARE, EPI und der IPCEI ME/CT.

Doch weder europäische OEMs noch Tier-1s haben Codasips Angebot bislang in relevanter Breite aufgegriffen. Die Gründe sind vielfältig: konservative Designzyklen, geringe RISC-V-Readiness, fehlender Druck zur Architekturdiversifikation.

Save the date: 30. Automobil-Elektronik Kongress

Save the Date! Der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK Kongress findet 2026 am 16. und 17. Juni statt.
Save the Date! Der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK Kongress findet 2026 am 16. und 17. Juni statt.

Am 16. und 17. Juni 2026 findet zum 30. Mal der Internationale Automobil-Elektronik Kongress (AEK) statt. Dieser Netzwerkkongress ist bereits seit vielen Jahren der Treffpunkt für die Top-Entscheider der Elektro-/Elektronik-Branche und bringt nun zusätzlich die Automotive-Verantwortlichen und die relevanten High-Level-Manager der Tech-Industrie zusammen, um gemeinsam das ganzheitliche Kundenerlebnis zu ermöglichen, das für die Fahrzeuge der Zukunft benötigt wird. Trotz dieser stark zunehmenden Internationalisierung wird der Automobil-Elektronik Kongress von den Teilnehmern immer noch als eine Art "automobiles Familientreffen" bezeichnet.

Sichern Sie sich Ihr(e) Konferenzticket(s) für den 30. Automobil-Elektronik Kongress (AEK) im Jahr 2026! Folgen Sie außerdem dem LinkedIn-Kanal des AEK und #AEK_live.

Im Channel zum Automobil-Elektronik Kongress finden Sie Rück- und Vorberichterstattungen sowie relevanten Themen rund um die Veranstaltung.

Wer könnte Codasip kaufen?

Interessenten dürften sich unter den großen IP-Playern, Foundry-nahen Technologieunternehmen sowie Halbleitergruppen aus den USA und Fernost finden. Auch Unternehmen wie Imagination, CEVA oder sogar ARM (für Mixed-ISA-Angebote) könnten strategisch motiviert sein. Ebenso ist ein Einstieg eines Private-Equity-Fonds oder eines staatsnahen Investors nicht ausgeschlossen – vor allem mit Blick auf die staatlich kofinanzierten Assets.

Der Autor: Martin Probst

Martin Probst
(Bild: Hüthig)

Zunächst mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann in eine ganz andere Richtung gestartet, fand Martin Probst aber doch noch zum Fachjournalismus. Aus dem Motto „Irgendwas mit Medien“ entwickelte sich nach ein wenig Praxiserfahrungen während des Medienmanagement-Studiums schnell das Ziel in den Journalismus einzusteigen. Gepaart mit einer Affinität zu Internet und Internetkultur sowie einem Faible für Technik und Elektronik war der Schritt in den Fachjournalismus – sowohl Online als auch Print – ein leichter. Neben der Elektronik auch an Wirtschafts- und Finanzthemen sowie dem Zusammenspiel derer interessiert – manche Sachen wird man glücklicherweise nicht so einfach los. Ansonsten ist an ihn noch ein kleiner Geek verloren gegangen, denn alles was irgendwie mit Gaming, PCs, eSports, Comics, (Science)-Fiction etc. zu tun hat, ist bei ihm gut aufgehoben.

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