Ziemlich genau 120 Jahre ist es her, dass der Hochfrequenztechniker Christian Hülsmeyer das von ihm entwickelte Telemobiloskop zum Patent anmeldete – es sollte „entfernte metallische Gegenstände mittels elektrischer Wellen einem Beobachter“ melden. Mit dieser Technologie wurde er am 30. April 1904 zum Erfinder des Radars. Er war sich wohl schon damals der Bedeutung seiner Entdeckung bewusst, konnte sich aber wahrscheinlich kaum vorstellen, wo überall Radarsensoren in der Zukunft eine entscheidenden Rolle spielen werden: Bei alltäglichen Anwendungen wie sanitären Anlagen, Applikationen wie fahrerlosen Transportfahrzeugen (AGV, automated guided vehicle), Sicherheits- und Zutrittssystemen oder Fahrerassistenzsystemen (ADAS, advanced driver assistance system) bis hin zu spezifischen Einsatzmöglichkeiten wie dem Monitoring von Windkraftanlagen, Wildwechselwarnung am Straßenrand oder unsichtbaren Grenzzäunen bei Wildtierreservaten – Hülsmeyers Erfindung ist so wandelbar wie ein Chamäleon.
Damit Unternehmen sinnvolle und nachhaltige Radar-Applikationen marktübergreifend entwickeln können, liefert Rutronik System Solutions alles an relevanter Hardware auf einem Board, was für die Entwicklung von Proof-of-Concepts erforderlich ist. Entwickler müssen dadurch keine Zeit in die Realisierung einer eigenen Hardware für erste Evaluierungen investieren. Weiterführende Entwicklungsansätze sind dank der Kombinationsfähigkeit der Boards einfach umzusetzen. Die optimale Testumgebung kommt in Form einer Smartphone App mit Firmware-Beispielen.
Jetzt hat das Unternehmen das Sortiment an Base und Adapter Boards um das RAB3 für Radar-Anwendungen zur Abstandsmessung und Personenerkennung in IoT-Anwendungen erweitert. Das Entwickler-Board ist für das Testen eines voll integrierten Moduls oder auch einer diskreten Entwicklung konzipiert. Durch die beschleunigte Vorentwicklungsphase und günstigere Proof-of-Concepts trägt das RAB3 dazu bei, Anwendungen schneller zur Marktreife zu bringen.
Radarbilder schützen die Privatsphäre
Robust und stabil bei äußeren Bedingungen wie Temperaturschwankungen und Sonnen- oder Fremdlicht – diese Eigenschaften zeichnen Radarsensorik primär aus. Dazu kommt eine Reichweite von bis zu 15 Metern. All diese Aspekte sind gerade bei sicherheitsrelevanten Anwendungen entscheidend.
Im Zentrum des Adapter Boards RAB3 steht das Nisshinbo 60 GHz Smart Sensor Micro-Modul. Radarsensorik bei 60 GHz ist eine berührungslose und hochgenaue Messlösung, die Anwendungen wie die Abstandsmessung oder Personenzählung mittels Abstands-, Winkel- und Zustandserkennungssensor auf Basis der Millimeterwelle im 60-GHz-Band ermöglicht. Zugleich lassen sich aufgrund der hohen Empfindlichkeit Bewegungen im Submillimeterbereich detektieren, was eine besonders intuitive berührungslose Interaktion erlaubt. Entscheidend für eine sichere Mensch-Maschinen-Kooperation ist das Erkennen, Verfolgen und die Segmentierung der menschlichen Anwesenheit, die Radarsensoren in Kombination mit einer extrem hohen Genauigkeit bei der Erfassung von Mikro- und Makrobewegungen liefert. Dabei kommen aber keine klassischen Fotos zum Einsatz, was einen echten Vorteil für die Privatsphäre darstellt.
Darüber hinaus lassen sich Radarsensoren auch hinter bestimmten Materialien installieren. Verborgen hinter Oberflächen wie gefliesten oder verputzten Wänden werden sie unsichtbar. Das erleichtert die Reinigung der Oberflächen und schützt vor externer Manipulation.
Mit Infineons Radarsensor Xensiv ergänzt ein diskretes Radar-IC das Design des Boards: Dank des kleinen Formfaktors und geringen Stromverbrauchs verfügt dieser 60-GHz-Radarsensor über eine Sende- und drei Empfangsantennen. Mit der L-förmigen Antenne lassen sich Array-, horizontale und vertikale Winkelmessungen durchführen.
Ein Board für alle Radar-Fälle
Dank der Arduino-Schnittstelle lässt sich das Adapter Board einfach mit anderen Base und Adapter Boards von Rutronik kombinieren. Das modulare Konzept ermöglicht eine Vielzahl von einfachen, aber dennoch technisch anspruchsvollen Entwicklungsprojekten:
Personen- und Anwesenheitserkennung in Fabriken, Konferenz- und Messehallen, Einkaufszentren etc.
Durch die Kombination des RAB3 mit dem Base Board RDK3 ist es möglich, sowohl eine Detektion ohne Privacy-Probleme auch in schlecht beleuchteten und dunklen Umgebungen als auch eine ortsgebundene Nutzung über Bluetooth Low Energy umzusetzen, was für diese Anwendungsbeispiele ausreichend ist.
Warnsysteme, etwa als unsichtbare Grenzzäune zum Schutz von Wildtieren
Es besteht auch die Möglichkeit, das Gerät mit dem Text-to-Speech Adapter Board zu verbinden, das auf der Kernhardware und -software von Epson basiert. Mit diesem zweiten Adapter Board ist es dann möglich, die Sprachausgabe zu nutzen, um den Zutritt unbefugter Personen innerhalb eines Gebiets zu melden. So erklingen zum einen über Lautsprecher sofort Warnhinweise in bis zu zwölf Sprachen und zum anderen lassen sich Gegenmaßnahmen frühzeitig und punktgenau in die Wege leiten.
Rauch-/Feuermeldeanlagen
Für diese Art der Proof-of-Concepts bietet sich eine Kombination mit dem RAB2 zur CO2-Messung und dem Text-to-Speech Adapter Board an. Die ineinandergreifende Sensorik und Sprachausgabe ermöglicht im Falle eines Brandes Rettungskräften den schnellen und vor allem zielgerichteten Zugang.
Smart Farming setzt auf Radar
Die Landwirtschaft setzt bereits Real-Time Kinematic (RTK) ein, um beispielsweise fahrerlose Erntemaschinen möglichst exakt und mit geringem Streuverlust über Felder zu manövrieren. Ergänzend bietet sich die Kombination der beiden Adapter Boards RAB3 für Radar und RAB4 für RTK an: Ersteres sorgt für die Erfassung des Pflanzenwachstums, also wie weit ist eine Pflanze und wo genau befindet sie sich. Letzteres ermöglicht die bis auf knapp zwei Zentimeter genaue Positionierung der Ernte-, Dünge- oder Bewässerungsmaschine.
Radar für ADAS
Dashcams gehören zu den tendenziell umstrittenen Applikationen in Fahrzeugen – gerade hinsichtlich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Doch sind die Vorteile der Aufzeichnung wie der Schutz vor unbefugtem Zugriff, Vandalismus oder bei unklarer Schuldlage bei einem Unfall eine willkommene Unterstützung. Verbindet man dagegen die Kamera mit Radarsensorik, löst sich die Datenschutzproblematik weitestgehend: Integrierte Sensoren aktivieren die Kamera erst, wenn ein Zusammenprall zu erwarten ist – weil sich die Fahrzeuge auf der gleichen Spur aufeinander zu bewegen. Aber auch für eine berührungslose Gestensteuerung des Infotainmentsystem käme Radar infrage – mit dem Automotive-zertifizierten RDK4 liefert Rutronik das passende Base Board für die Entwicklung von Motorsteuerungen.