
Die Elektromobilität stellt die Automobilentwicklung vor große Herausforderungen: Viele Technologien, die in Verbrenner-Fahrzeugen jahrzehntelang gut funktioniert haben, müssen neu gedacht werden. (Bild: Here)
Die Elektromobilität tritt in Deutschland ebenso wie in ganz Europa ihren Siegeszug an und entwickelt sich in rasantem Tempo weiter. Die gebotene Einhaltung von Klimaschutzzielen und das steigende ökologische Bewusstsein der Kunden lassen der Wirtschaft gar keine andere Wahl, als konsequent in entsprechende Technologien zu investieren. Und auch Politik und Gesetzgebung bringen Regelungen auf den Weg, die effektive Nachhaltigkeitsinitiativen in großem Umfang unterstützen.
In diesem Kontext hat die Bundesregierung mehrere Gesetzesvorhaben initiiert, um die Elektromobilität in Deutschland zu fördern. Sie alle sind Teil der sogenannten „Roadmap Elektromobilität Deutschland“. Diese Maßnahmen sollen die Bundesrepublik zu einem Leitmarkt für Elektromobilität machen und den klimafreundlichen Verkehr fördern. So besteht beispielsweise ein wichtiges Ziel darin, bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw auf Deutschlands Straßen zu bringen. Dabei wird der Kauf solcher Fahrzeuge mit einem attraktiven Umweltbonus belohnt.
Der laut Umfragen wichtigste Aspekt im Zusammenhang mit der Elektromobilität ist die Reichweite entsprechender Fahrzeuge. So bildet ein Phänomen, das landläufig als „Reichweiten-Angst“ bezeichnet wird, immer noch die größte Hürde für den Umstieg der Deutschen auf Elektrofahrzeuge. Dem lässt sich mit einer flächendeckenden und bedarfsgerechten Ladeinfrastruktur erfolgreich gegensteuern. Daher ist es erklärtes Ziel der Bundesregierung, die Infrastruktur umfassend auszubauen und bis 2030 eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte zu schaffen. Hierbei soll ein Schwerpunkt auf Schnellladesysteme gelegt werden. Aktuell hat Deutschland diesbezüglich jedoch noch großen Nachholbedarf. So existierten laut des Statistikportals statista.de im Januar 2024 in Deutschland etwa 98.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte, die aber größtenteils nur das Laden mit normaler Geschwindigkeit erlauben.
Fernstrecken akkurat planen und geeignete Ladestationen auswählen
Aufgrund der noch geringen Dichte der Ladeinfrastruktur müssen Besitzer von Elektrofahrzeugen längere Routen akkurat planen. Dabei sollten regelmäßige Pausen für das Laden einkalkuliert werden. Beträgt die gesamte Fahrstrecke mehr als 400 Kilometer, sollten mindestens zwei bis drei geeignete Ladestationen recherchiert werden, die sich ohne größeren Umweg ansteuern lassen. Allerdings müssen hierbei etwaige Unwägbarkeiten berücksichtigt werden: So sind möglicherweise manche Ladesäulen gerade belegt oder außer Betrieb. Darüber hinaus kann auch die Leistungsfähigkeit der Batterie stark schwanken. Einflussfaktoren hierbei sind beispielsweise die aktuelle Außentemperatur, ein allzu sportlicher Fahrstil oder auch der Betrieb von energieintensiven Verbrauchern wie Heizung oder Klimaanlage. In diesen Fällen kann sich die Reichweite deutlich verringern.

E-Mobility: Reichweite

Wie lässt sich die Reichweite eines E-Autos erhöhen? Höherer Wirkungsgrad durch die richtigen Halbleiter, geringeres Gewicht durch Leichtbau und intelligente Fahrweise sorgen für mehr Reichweite. Welche Technologien dahinter stecken, erfahren Sie hier.
Wertvolle Unterstützung bei all diesen Erwägungen bieten fortschrittliche Navigationssysteme, die sich exakt an den Anforderungen der Elektromobilität ausrichten. Sie müssen alle notwendigen Informationen rund um den Ladeprozess und die aktuell verfügbare Ladeinfrastruktur zur Verfügung stellen. Für eine optimale Routenführung bedarf es einer Vielzahl von validen Daten. Dazu zählen beispielsweise die jeweiligen Standorte der Ladestationen, zulässige Steckertypen, akzeptierte Bezahlmethoden, Betriebszeiten und die momentane Verfügbarkeit. Um auch die Reichweite von Elektrofahrzeugen realistisch zu berechnen, sind zudem verschiedene statische und dynamische Faktoren ausschlaggebend – wie beispielsweise die Straßentopografie, aktuelle Temperaturwerte und Windverhältnisse.
Die Reichweite verlässlich prognostizieren
Herkömmliche Navigationssysteme erfassen und berücksichtigen diese Parameter jedoch nicht hinreichend. So stützt sich die Prognose der Reichweite hauptsächlich auf historische Daten früherer Fahrten, Echtzeiteinflüsse während der aktuellen Routenführung bleiben hingegen meist außer Acht. Genau in diese Kerbe schlägt die neue Lösung EV Range Factors von Here: Sie adressiert in erster Linie Automobilhersteller, die eigene Routing-Systeme für Elektrofahrzeuge entwickeln. Werden diese durch die neue Lösung ergänzt, können OEMs die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der streckenspezifischen Reichweitenprognosen ihrer Elektrofahrzeuge signifikant erhöhen. Dadurch gehen die Automobilhersteller den wichtigen Schritt von der ausschließlichen Verwendung historischer Daten hin zur Auswertung dynamischer Echtzeit-Informationen.
So liefert die Lösung von Here detaillierte Daten zur Straßentopografie, mit denen das Elektrofahrzeug Änderungen von Höhe, Neigung, Krümmung und Belag der Fahrbahn antizipieren kann. Diese Informationen sind für mehr als 60 Länder verfügbar. Zudem nutzt das System prädiktive Daten zur Temperatur der Außenumgebung und der Straßenoberfläche, die sich erheblich auf die Reichweite auswirken können.
Und nicht zuletzt werden umfassende Informationen über die Geschwindigkeit und Richtung von Wind entlang der gesamten Strecke bereitgestellt. Dank dieser neuen Technologie bekommen OEMs die komplexe Berechnung der Batteriereichweite für Elektrofahrzeuge verlässlich in den Griff. Dies gibt Autofahrern und Autofahrerinnen die Sicherheit, ihr weit entferntes Ziel in jedem Fall zu erreichen, wodurch letztendlich auch die Akzeptanz der Elektromobilität steigt.

Erstellung und Aktualisierung digitaler Karten ist ein komplexer Prozess
Neben der präzisen Berechnung der Reichweite ist für die Navigation von Elektrofahrzeugen auch ein detaillierter Überblick über die verfügbare Ladeinfrastruktur von entscheidender Bedeutung. So müssen relevante Ladepunkte entlang der Route identifiziert und bewertet werden, um die erforderlichen Stopps und Ladeprozesse effektiv zu planen. Grundlage hierfür ist eine ständig aktualisierte Datenbank, die weltweit alle Ladestationen einschließlich Informationen zu Spezifikationen, Typ und Echtzeitverfügbarkeit enthält. Dabei ist die Erstellung und das kontinuierliche Update von verlässlichem Kartenmaterial für die Navigation von Elektrofahrzeugen ein komplexer Prozess. Here strukturiert in seiner Produktfamilie für Elektromobilität die Daten zu Ladestationen hierarchisch in drei Ebenen, nämlich Standort, EVSE (Electrical Vehicle Supply Equipment) und Steckverbinder (Konnektor).
Beim EVSE handelt es sich um die technische Ausrüstung, die für die Versorgung von Elektrofahrzeugen zwingend erforderlich ist. So beschreibt das EVSE den Teil, der die Stromversorgung eines einzelnen Fahrzeugs während eines Ladevorgangs steuert. Er ist immer integraler Bestandteil eines Ladestandorts und enthält mindestens einen oder auch mehrere Konnektoren, von denen jedoch nur einer gleichzeitig verwendet werden kann. Die Kartenlösungen stellen präzise Standortinformationen und Wegbeschreibungen bereit, um das EVSE zu erreichen. Zusätzlich bedarf es dynamischer Informationen über die aktuelle Verfügbarkeit des EVSE sowie technischer Spezifikationen der Konnektoren.
Fortschrittliches Datenmodell sorgt für durchgängige Konnektivität
Darüber hinaus enthalten die Kartenlösungen detaillierte Informationen zu den Betreibern von Ladestationen (Charge Point Operator / CPO) sowie zu den E-Mobility Service Providern (eMSP). Während Erstere ein Ladestationsnetz errichten, betreiben und verwalten, bieten eMSP spezifische Dienstleistungen für das Laden von Elektrofahrzeugen innerhalb teilnehmender Ladenetze an, wie beispielsweise Abrechnungs- und Zahlungsdienste sowie technischen Kunden-Support.
Ein eMSP kann auch mehrere CPOs in einem Pool vereinen. Davon profitieren letztendlich auch die Nutzer und Nutzerinnen, die dadurch auf ein größeres Netzwerk von Ladestationen zugreifen können. Dabei basiert das Datenmodell von Here auf dem Open Charge Point Interface (OCPI), Version 2.2.1. Hierbei handelt es sich um ein Protokoll, das den Datenaustausch und die Konnektivität zwischen eMSP und Ladestationsbetreibern unterstützt und einen robusten, einheitlichen Rahmen für den Informationstransfer rund um das Laden von Elektrofahrzeugen bietet.

Schwerpunktthema: E-Mobility

In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.
Von besonderem Nutzen ist auch ein Machine-Learning-gestützter Service (Here EV Charge Point Predictions), der die prozentuale Wahrscheinlichkeit der Verfügbarkeit von Ladestationen zu einem späteren Zeitpunkt, beispielsweise bei der Ankunft, verlässlich prognostiziert. Der Dienst bietet Vorhersagen für Gleichstrom-Ladegeräte in mehr als 35 Ländern, in denen dynamische Daten zu den Ladepunkten vorliegen. Dabei wird auch die voraussichtliche Wartezeit in Stunden innerhalb der nächsten sieben Tage angegeben. Dies verschafft E-Autofahrern und E-Autofahrerinnen einen enormen Vorteil bei der Planung von längeren Strecken inklusive Lade-Stopps.
Mit KI die Erstellung digitaler Karten optimieren
Um die Navigation für Nutzer und Nutzerinnen so einfach wie möglich zu gestalten, bietet die neue Technologie UniMap durchdachte Features für die Erstellung und kontinuierliche Aktualisierung von digitalem Kartenmaterial. Damit lassen sich große Datenmengen aus verschiedenen Quellen wie Fahrzeugkameras, LiDAR-Systemen, Luftaufnahmen, Satelliten sowie dem IoT schnell zu einer einheitlichen globalen Karte zusammenführen.
Hierbei fließen alle Standard-Definition- (SD), High-Definition- (HD) und Advanced-Driver-Assistance-System (ADAS) -Daten in einer semantisch konsistenten digitalen Darstellung der Realität zusammen. Dabei nutzt die Technologie fortschrittliche Modelle, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren. Dies ebnet den Weg, um 500 Millionen Kilometer an GPS-Datenpunkten und Sensordaten aus Fahrzeugen pro Stunde automatisiert zu verarbeiten. Zudem lassen sich Kartenmerkmale wie die Positionierung von Straßenschildern in 2D und 3D extrahieren, Tempolimits validieren und Geometrien von Straßen erstellen. So entsteht eine Karte, die sich binnen Stunden, Minuten oder Sekunden aktualisieren lässt. Darüber hinaus können Kunden eigene Standortdaten mit maßgeschneiderten ortsbezogenen Diensten kombinieren und private Karten schnell und einfach entwickeln.
Dabei ist ein wichtiger Aspekt zu beachten: Werden im Zuge der Kartenerstellung persönliche Daten von Nutzern und Nutzerinnen gesammelt, müssen immer auch datenschutzrechtliche Belange wie die Privatsphäre berücksichtigt werden. Hierfür gibt es mit „Anonymizer“ eine ausgereifte Technologie, mit der sich sensible, historische und in Echtzeit erfasste Standortdaten komplett anonymisiert verarbeiten lassen. Auf diese Weise kann der Geschäftswert solcher Informationen komplett ausgeschöpft werden, während gleichzeitig die Privatsphäre der User und Userinnenoptimal geschützt und einschlägige Datenschutzbestimmungen wie die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verlässlich eingehalten werden.

Fazit
Die Elektromobilität stellt ganz neue Anforderungen an das Design von Navigationssystemen. Diese müssen nicht nur fundierte Informationen bereitstellen, um die voraussichtliche Reichweite realistisch zu berechnen. Auch sollten die Lösungen insbesondere bei Fernrouten die Ladeinfrastruktur transparent visualisieren und umfassende Daten zu den jeweiligen Ladestationen, deren Verfügbarkeit sowie technischen Spezifikationen liefern. Unabdingbar hierfür ist aktuelles digitales Kartenmaterial, mit dem sich die genannten Faktoren eins zu eins abbilden lassen. (neu)