Bei der Stromerfassung über einen Widerstand gilt es, vor allem die Parameter Platzbedarf, Einsatztemperatur, Verlustleistung, Temperaturverhalten, Toleranz und die Fertigungstechnologie zu berücksichtigen. Das Datenblatt liefert wichtige Informationen für ein optimales Eindesignen in die jeweilige Anwendung. Der Aufbau, das eingesetzte Material und die Gestaltung des Layouts führen aber zu stark unterschiedlichen Ergebnissen im praktischen Einsatz.
Anhand von Berechnungen und Hintergrundinformationen können Entwickler die Spezifika der einzelnen Parameter sowie deren Zusammenspiel besser verstehen und nutzen. Ein Datenblatt kann die technische Beratung zwar nicht ersetzen, aber bei der Dimensionierung des Bauteils wertvolle Dienste leisten.
Grundlagen zur Stromerfassung
Bei der Stromerfassung über einen Widerstand wird nach dem Ohmschen Gesetz der Spannungsabfall als direktes Maß für den Strom ausgewertet. Das ist völlig unkritisch bei Widerstandswerten über 1 Ω und Strömen von einigen 100 mA. Die Situation ändert sich jedoch vollständig, wenn Ströme im Bereich oberhalb von 10 bis 20 A im Spiel sind, denn hier kann man im Allgemeinen die im Widerstand entstehende Verlustleistung P = I2 · R nicht mehr vernachlässigen. Jeder Entwickler wird versuchen, die Verlustleistung durch niedrigere Widerstandswerte zu begrenzen, aber da gleichzeitig auch die Messspannung niedriger wird, ist der Widerstandswert oft durch die endliche Auflösung und Güte der Auswerteelektronik begrenzt.
Eckdaten
Welcher Widerstand eignet sich für eine Strommessung? Der schnelle Blick ins Datenblatt allein genügt nicht, da viele Faktoren die Genauigkeit, Temperaturabhängigkeit und Langzeitstabilität beeinflussen. Überdimensionierte Bauteile kosten hingegen unnötig Geld und erhöhen die Verlustleistung. Die Isabellenhütte führt hier in die grundlegenden Berechnungen ein.
Allgemein gilt für die am Widerstand gemessene Spannung U = R · I. Nimmt man jedoch die Einflüsse des Bauteiles, des Materials und des Aufbaus dazu, dann ergibt sich:
- U = R · I + Uth + Uind + Uiext
Dabei bedeuten:
- Uth = Thermospannung
- Uind = induzierte Spannung
- Uiext = Spannungsabfall an Zuleitungen
Die nicht von einem Stromfluss verursachten Fehlerspannungen können das Messergebnis stark verfälschen. Daher sollte deren Einfluss durch die Auswahl geeigneter Bauelemente und ein sorgfältig abgestimmtes Layout minimiert werden.
Störende Einflüsse
Ein Widerstandswert steht nie für sich, sondern ist immer abhängig von Parametern wie Temperatur, Zeit, Spannung, Frequenz und anderen. Tabelle 1 zeigt den Einfluss von Material, Bauform und Herstellungsverfahren auf den Widerstand und das Messsignal. Durch den Einsatz optimierter Verstärkerschaltungen kann man heute mit einem sehr niedrigen Messsignal arbeiten. Hieraus folgt, dass ein niederohmiger Widerstandswert ausreicht, der bei gleichem Strom zu einer deutlich geringeren Verlustleistung und deshalb auch geringeren Erwärmung des Bauteils und damit der Platine führt.
Neben dem Einfluss von Offset, Temperaturkoeffizient TK und Rauschen von Operationsverstärkern kann man die Widerstandswerte in den unteren Milliohmbereich senken, sodass die Verlustleistung P = I2 · R, die beim Messen mit einem Widerstand bei hohen Strömen entsteht, stark sinkt.
Praxisbeispiel
Anhand eines Praxisbeispiels, wie es im Automotive-Bereich und auch in der industriellen Antriebstechnik vorkommen kann, lässt sich veranschaulichen, welche Einflussparameter für die Auswahl des geeigneten Widerstands relevant sind.
- Es soll ein Strom von 17 A mit hoher Präzision gemessen werden.
- Es wird ein Messsignal von 170 mV benötigt.
- Das Bauteil soll als SMD-Widerstand verwendet werden.
Die Anforderung, einen Strom von 17 A zu messen und ein Messsignal von 170 mV zu erhalten, ergibt rechnerisch einen Widerstandswert von 10 mΩ:
- R = U/I = 0,170 V / 17 A = 0,010 Ω
Daraus lässt sich nun die Verlustleistung bestimmen: P = I2 · R ergibt eine Verlustleistung von 2,89 W.
Optimale Bauteilgröße
Um die richtige Bauteilgröße zu bestimmen, ist es erforderlich, die maximale Einsatztemperatur in der Anwendung zu kennen. Die Datenblätter der Isabellenhütte beziehen sich hierbei auf die Kontaktstellentemperatur im Einsatzfall. Diese ist gegebenenfalls leicht nachzumessen; auch Infrarotaufnahmen zeigen hier den Temperaturunterschied zwischen Hotspot und Kontaktstelle. Die Isabellenhütte nennt im Datenblatt den Parameter „Internal Heat Resistance“ (kurz Rthi), der die Wärmeleitfähigkeit der Bauteilkonstruktion beschreibt. Mithilfe dieses Parameters lässt sich die Temperaturerhöhung im Bauteil berechnen.
Bei der angenommenen P = 2,89 W kann entsprechend der Widerstand VMS aus der VMx-Widerstandsserie der Isabellenhütte mit einer Leistung von 3 W das Bauteil der Wahl sein. Beim VMS ergibt sich nun eine Temperaturerhöhung von 2,89 W · 25 K/W = 72 K. Gemäß Datenblatt erbringt der VMS die Leistung von 2,89 W sogar noch bei einer Kontaktstellentemperatur von 98 °C, was deutlich über der möglichen Einsatztemperatur von Wettbewerbsprodukten liegt. Eugen Löwen (Bild 1), Application Management Sales Components bei der Isabellenhütte, betont: „Was die Bauteilgröße im Verhältnis zur Verlustleistung angeht, ist die Isabellenhütte Technologiemarktführer. Üblich vor allem im industriellen Bereich ist aber die Betrachtung bei einer Temperatur von 70 °C. Die berechnete Erhöhung um 72 K würde zu einer Erwärmung des Bauteils auf nur 142 °C führen. Bei einer maximal zulässigen Temperatur von 170 °C, für die alle Isabellenhütte-Bauteile spezifiziert sind, ist hier noch viel Luft nach oben.“
Die Temperatur erhöhen
Neben der Standardangabe P70°C verzeichnen die Datenblätter der Isabellenhütte auch diejenige Temperatur, bei der das Bauteil seine spezifische Leistung noch erbringen kann, beim VMS zum Beispiel sind das 3 W bei P95°C. Diese Betrachtungen sind vor allem für Anwendungen im Automotive-Sektor relevant, wo höhere Temperaturen im Spiel sind.
Im obigen Fall lässt sich auch eine kleinere Bauform einsetzen. Hierzu ist wiederum die Angabe der Verlustleistung P70°C heranzuziehen; beim VMP (2010) ist diese mit 3 W angegeben. Die Bauform 2010 eignet sich also problemlos, auch wenn man bei einer errechneten Verlustleistung von 2,89 W den VMP mit seinen 2 W nicht sofort im Blick hat. Kunden müssen die maximale Einsatztemperatur der Applikation kennen: Mittels der Power-Derating-Kurve im Datenblatt können sie die maximale Temperatur des Bauteils bei der Leistung bestimmen.
Grundsätzlich ist bei höheren Strömen eine Reduzierung des Widerstandswertes zu empfehlen. Dies ermöglicht unter Umständen den Einsatz einer kleineren und günstigeren Bauform, und durch die geringere Verlustleistung würde weniger Wärme in das System gebracht werden.
Das Layout entscheidet
Der Temperaturkoeffizient ist durch das eingesetzte Widerstandsmaterial bestimmt. Widerstände lassen sich zwar mit sehr hoher Reproduzierbarkeit herstellen. Da aber auch die Messung über das Layout „Zweileiterwiderstand“ einen gewissen Einfluss hat, verfälscht dies den Temperaturkoeffizienten. Die übliche Praxis in Datenblättern, den TK des verwendeten Widerstandsmaterials anzugeben, ist laut Eugen Löwen wenig aussagekräftig: „Wir beziehen uns in unseren Datenblättern stets auf den TK im eingelöteten Zustand. Bei unserem Beispiel-Bauteil VMS können wir dabei einen sehr guten TK von < 20 ppm/K für die Messung zugrunde legen, wenn sich der Kunde an den Layoutvorschlag hält. Der Wettbewerb gibt hier im Vergleich nur deutlich höhere Werte an.“
Wie ein sinnvolles Layout aussehen könnte, um den TK-Wert zu optimieren, zeigt Bild 2. Für die Berechnungen anhand des Datenblatts ist es entscheidend, dass der Kunde das vorgegebene Layout verwendet. Nur so lässt sich die maximale Toleranz innerhalb der Messschaltung prüfen. Das Temperaturverhalten des Bauteils hat wieder Einfluss auf diese maximale Toleranz. Nur wenn der Anwender die Vorgaben einhält, kann der sehr gute TK von < 20 ppm/K auch erreicht werden.
Das Layout spielt auch eine große Rolle bei der Induktivität des Bauteils, die ebenfalls im Datenblatt steht. Um diese möglichst gering zu halten, sollten Entwickler das Layout aus Bild 2 befolgen, also die beiden Leiterbahnen auf der Platine möglichst nahe zusammenführen, um keine Schleife zu bilden. Dies ist ein optimiertes Layout für eine möglichst geringe Induktivität und einen kleinerenTemperaturkoeffizienten.
Hohe Stabilität
Eine weitere wichtige Angabe im Datenblatt ist die Langzeitstabilität, die in Abhängigkeit der Einsatztemperatur angegeben ist. Hierbei gilt: Je niedriger die Temperatur, desto geringer ist die Drift des Widerstandswerts. Die Angaben im Datenblatt zeigen die Kontaktstellentemperatur; im Inneren des Bauteils ist die durch die Verlustleistung entstehende Temperatur deutlich höher.
Bild 3 zeigt die Widerstandsänderung eines realen SMD-Widerstands in Prozent, wenn man das Bauteil über 5000 Stunden bei 140 °C betreibt. Die geringe Drift von etwa -0,2 % wird durch Ausheilen von letzten Gitterfehlern im Widerstandsmaterial verursacht und zeigt, dass sich die Bauteile weiter stabilisieren, also immer besser werden. Da die Drifts sehr stark von der Höhe der Temperatur abhängen, ist dieser Effekt bei 100 °C fast nicht mehr vorhanden. Jedoch ist im anfangs genannten Beispiel im Hinblick auf die Langzeitstabilität im Zusammenhang mit der Gesamttoleranz abzuwägen, welchen Widerstand man wählt: Beim VMS, der sich bei gleicher Leistung weniger erwärmt, ist die Langzeitstabilität besser als beim VMP, der wärmer wird.
„Letztendlich müssen wir häufig gemeinsam mit den Kunden einen Kompromiss finden, der im Verhältnis zur Baugröße mit dem passenden Widerstandswert, der Erwärmung, der maximalen Toleranz und dem daraus resultierenden Preis steht“, berichtet Eugen Löwen und ergänzt: „Da alle Parameter miteinander zusammenhängen, muss der Kunde entscheiden, welche Bedingungen ihm am wichtigsten sind. So ergibt sich schließlich das geeignete Bauteil.“
(lei)