Pranish Kumar von Microsoft informierte über die Potenziale rund um das „Connected Car“.

Pranish Kumar von Microsoft informierte über die Potenziale rund um das „Connected Car“. Fotografie Nathalie Balleis

Prof. Dr. rer. nat. Hermann Winner betont zu Beginn seines Vortrags „Wie autonom wird das Fahrzeug der Zukunft fahren?“, dass sich die für das autonome Fahren erforderliche Systemreife „mit so hohem potenziellen Risiko“ nur durch überschaubare Innovationsschritte erreichen lässt: „Die Freigabe ­eines Systems mit extrem hoher Zuver­lässigkeitsanforderung ist ohne viele Zwischenschritte nicht vorstellbar.“ Fahrer­assistenzsysteme wie die automatische Notbremse AEB, das automatische Notausweichen oder der virtuelle Sicherheitskorridor sind für ihn gute Ansätze des autonomen Fahrens.

Prof. Dr. Hermann Winner: Das autonome Fahren wird (wohl) möglich sein, aber es wird noch dauern.

Prof. Dr. Hermann Winner: Das autonome Fahren wird (wohl) möglich sein, aber es wird noch dauern.Fotografie Nathalie Balleis

Neben rechtlichen Aspekten, insbesondere im Bereich des Haftungsrechts, und der gesellschaftlichen Akzeptanz sowie einigen anderen Faktoren sieht er vor allem die Absicherung als Haupthindernis zum autonomen Fahren, so dass er von der „Freigabefalle“ spricht: „Mit heutigen Methoden und Ansätzen ist eine Freigabe von autonomen Fahrzeugen nicht vorstellbar!“  Prof. Winner sieht nur einen Weg aus der Freigabefalle: „Der kritische Pfad zur Einführung autonomer Fahrzeuge liegt nicht in der Technologie, sondern in der Entwicklung einer Metrik, die eine Freigabe ermöglicht; für mich ist das der wirklich kritische Punkt! Wichtig ist, dass man in kleinen Schritten vorgeht.“

Er geht davon aus, dass der Fahrer mittelfristig als Rückfalllösung für die technischen Grenzbereiche bleiben wird, aber für die ferne Zukunft sieht er enormes Potenzial: „Es gibt keinen heute erkennbaren Hinderungsgrund, warum das Ziel autonomes Fahren nicht erreicht werden sollte.“ Allerdings lässt die Vielzahl der Herausforderungen „keinen Optimismus auf eine schnelle Umsetzung“ zu.

Stereosehen

Dr. Uwe Franke: In einigen Jahren ist die Diskussion um Stereo-/Mono-Kameras beendet.

Dr. Uwe Franke: In einigen Jahren ist die Diskussion um Stereo-/Mono-Kameras beendet.Fotografie Nathalie Balleis

In seinem Vortrag „Stereosehen für Fahrerassistenzsysteme“ beschreibt Dr.-Ing. Uwe Franke, Leiter der Arbeitsgruppe „Bildverstehen“ bei der Daimler AG, den Weg in Richtung 6D-Vision. „Wir müssen nicht nur dreidimensional sehen, sondern wir müssen auch die Bewegung einzelner Wirkpunkte und ihre wahre Bewegung messen können, um wichtige Situationen frühzeitig zu erkennen“, erklärt Dr. Franke. „6D-Vision ist unser Ansatz, mit dem wir dem Fahrzeug diese Kompetenz geben – und zwar für jedes einzelne Pixel des Bildes und permanent mit der höchsten Aufmerksamkeit.“

6D-Vision erfasst simultan die drei Dimensionen der Position sowie weitere drei Dimensionen der Bewegung aller verfolgten Punkte. So verbessert eine Stereokamera die Fußgänger-Klassifizierung gegenüber einer Monokamera um den Faktor 5. „Ich bin überzeugt, dass die Diskussion um Stereo-/Mono-Kameras in einigen Jahren beendet sein wird; die Technologie wird gewinnen, denn die Stereo-Erfassung erlaubt es uns, komplexe Situationen wirklich bewusst zu verstehen“, konstatiert Dr. Franke.

Dr.-Ing. Ralf Münzenberger: „Verstehen ist 80 ­Prozent der Lösung“ – und dabei helfen Wirkketten.

Dr.-Ing. Ralf Münzenberger: „Verstehen ist 80 ­Prozent der Lösung“ – und dabei helfen Wirkketten.Fotografie Nathalie Balleis

Dr.-Ing. Ralf Münzenberger, Managing Director Professional Services bei der Inchron GmbH, wagt sich mit seinem Vortragsthema „Dynamisches Verhalten beherrschen. Steuergeräteentwicklung im Spannungsfeld von OEM und Zulieferer“ auf technisch hochkomplexes Terrain. Zunächst spricht er über die Faszination des dynamischen Verhaltens von Embedded-Echtzeitsystemen, indem er die Visualisierung der Embedded-Abläufe mit den 3D-Analysen im Fußball vergleicht. In beiden Fällen sind verschiedene Perspektiven bei der Sicht auf das System und die Abläufe erforderlich, um Zusammenhänge und Fehler sicher zu erkennen. Um die Wirkketten, die zu sporadischen Fehlern führen können, zu analysieren, ist eine genaue Analyse der Abläufe nötig, denn „Verstehen ist 80 Prozent der Lösung“.

In einem Vortrag, der den Geist der Ludwigsburger Konferenz „Fortschritte in der Automobil-Elektronik“ in vollem Umfang widerspiegelt, stehen je ein Vertreter der Wettbewerber Daimler und BMW gemeinsam auf der Bühne: Michael Weber, Abteilungsleiter E/E und Software, Spezifikation und Test bei der Daimler AG, und Thomas Piasecki, Abteilungsleiter Elektrik/Elektronik und Fahrererlebnisplatz, Absicherung Systemfunktionen bei BMW, berichten gemeinsam über die „Virtuelle Absicherung zur Beherrschung der Komplexität und Varianz von E/E-Systemen“.

Michael Weber  (rechts),  Thomas Piasecki (links): Vertreter zweier konkurrierender OEMs referieren gemeinsam zum Thema „Virtuelle Absicherung und Beherrschung der Komplexität und Varianz von E/E-Systemen.“

Michael Weber (rechts), Thomas Piasecki (links): Vertreter zweier konkurrierender OEMs referieren gemeinsam zum Thema „Virtuelle Absicherung und Beherrschung der Komplexität und Varianz von E/E-Systemen.“Fotografie Nathalie Balleis

„Wir harmonisieren gerne miteinander Absicherungstechnologien, die uns nicht im direkten Wettbewerbsumfeld voranbringen“, erklärt Michael Weber diese ungewöhnliche Form der Zusammenarbeit. Das Ergebnis sind kostengünstigere und schnellere Entwicklungen durch eine virtuelle Absicherung zur Beherrschung des Themas. Dies geschieht durch den Einsatz von VAP genannten virtuellen Absicherungsplattformen für die frühzeitige Integration von Serien-Software. Dabei ermöglichen die Methoden die durchgängige Absicherung von virtuellen Steuergeräten – über den Mischbetrieb bis zum Einsatz auf der realen Ziel-Hardware.

Logistik

Über die „Versorgungssituation Automobilelektronik: Erfahrungen aus den Umweltkatastrophen in Japan und Thailand“ refereriert Hans Ulrich Lindner, ehemaliger Bereichsleiter Einkauf und Lieferantennetzwerk, Elektrik/Elektronik, Software und Interieur bei der BMW Group. Nach der Katastrophe in Fukushima und Umgebung bildete sein Unternehmen eine Task-Force mit über 300 Menschen, für die viele bestehende Regeln geändert oder außer Kraft gesetzt wurden. „Wichtig war dabei, Transparenz zu schaffen und Änderungen zu dokumentieren“, hebt Hans Ulrich Lindner hervor. „Im ersten Moment denkt man vielleicht nicht daran, dass man auch Controlling, IT und Vertrieb mit einbinden muss. Am Schluss haben wir Halbleiter am Spot-Markt eingekauft und 28 Redesigns gemacht, von denen wir acht tatsächlich gebraucht haben.“ Sein Fazit lautet folgendermaßen: „Komplexitäts- und Risikomanagement wird zur Kernkompetenz.“

Hans Ulrich Lindner: „Komplexitäts- und Risikomanagement wird zur Kernkompetenz.“

Hans Ulrich Lindner: „Komplexitäts- und Risikomanagement wird zur Kernkompetenz.“ Fotografie Nathalie Balleis

Infotainment

Wie das Infotainment in den neuen Audi-Fahrzeugen aufgebaut ist, erläutert Dr. rer. nat. Peter Steiner, Leiter Infotainment Elektrik/Elektronik bei der Audi AG in dem Vortrag „Die Infotainmentarchitektur der Zukunft – flexibel, vernetzt, modular und agil“. Da die Entwicklungsgeschwindigkeiten der Automotive-Welt nicht mit denen der Consumer-Welt mithalten konnten, führte der Volkswagen-Konzern eine komplett neue Infotainment-Architektur ein, die auch die Lieferantenstruktur komplett veränderte: Bisher lieferte ein Lieferant ein Infotainmentsystem an einen OEM. Jetzt liefern viele Lieferanten ein Infotainmentsystem an viele OEMs innerhalb des Volkswagen-Konzerns. Das Unternehmen nutzt dabei als neue Architektur einen MIB genannten modularen Infotainment-Baukasten, der im Wesentlichen in vier Geräteklassen zur Verfügung steht, deren Bedienkonzepte sich bei jeweils identischem Unterbau markenspezifisch anpassen lassen.

Dr. rer. nat. Peter Steiner: Modularität verursacht Kosten, aber „sie bringt Time-to-Market und damit rechnet sie sich.“

Dr. rer. nat. Peter Steiner: Modularität verursacht Kosten, aber „sie bringt Time-to-Market und damit rechnet sie sich.“Fotografie Nathalie Balleis

Auf der Hardware-Seite gibt es ein Radio-Car-Control-Unit genanntes Basiselement von Harman, das von einem Multi-Media-Board (MMX-Board) ergänzt wird. Dieses MMX-Board nutzt einen Prozessor aus der Consumer-Welt von Nvidia (im A3: ein Nvidia Tegra20) als Kernelement.  Auch bei der Software arbeitet der Konzern modular und kauft „direkt am Weltmarkt.“ Für die Integration hat Audi gemeinsam mit EB die e.Solutions gegründet. „Wir kaufen 10 Millionen Codezeilen und ergänzen 200.000 Codezeilen für die Integration“, berichtet Dr. Steiner Damit beliefere e.Solutions acht VW-Marken und nicht nur Audi. Zwar verursacht diese Modularität auch Kosten, aber „sie bringt Time-to-Market und damit rechnet sie sich“ Dr. Steiner zufolge.

Über den „roamingfreien Cloud-Compter“ berichten Dr.-Ing. Michael Würtenberger, Leiter Connected Drive and Infotainment bei der BMW AG, und Marc ­Sauter, Head of Global M2M Business Development bei Vodafone in ihrem gemeinsamen Vortrag. Der Provider bietet in diesem Rahmen vor allem die Infrastruktur an. Derzeit läuft das LTE-Rollout mit Datenraten bis 100 MBit/s, um damit auch anspruchsvolle Dienste wie Video ins Auto bringen können.

Dr. Michael Würtenberger, (links), Marc Sauter (rechts): Mit dem roamingfreien Cloud-Computer grenzüberschreitende Dienste anbieten: Eine globale m-to-m-SIM-Karte ermöglicht grenzelnlose Nutzung von Funktionen.

Dr. Michael Würtenberger, (links), Marc Sauter (rechts): Mit dem roamingfreien Cloud-Computer grenzüberschreitende Dienste anbieten: Eine globale m-to-m-SIM-Karte ermöglicht grenzelnlose Nutzung von Funktionen.Fotografie Nathalie Balleis

Wichtig ist dabei, dass die Telematik-Box sauber mit dem Netz zusammenarbeitet. „Wir testen dazu komplette Systeme, etwa um das Antennendesign zu prüfen“, erläutert Marc Sauter. „Unsere Testumgebung ist ähnlich komplex wie die komplette Mobilnetzstruktur der Schweiz. Per Over-the-Air-Update können wir für aktuelle Software in der Telematik-Box sorgen. Auch beim Billing haben wir große Kompetenzen aufgebaut, die wir in den Automotive-Bereich ausdehnen können.“

Marc Sauter ergänzt: „Wir haben eine globale m-to-m-SIM-Karte entwickelt, die sich von Smartphone-SIM-Karten deutlich unterscheidet.“ Dr. Würtenberger betont die praktische Seite: „Das Thema Roaming muss bei unseren Modellen keines mehr sein, denn wir bieten die Dienste grenzüberschreitend an. Dort wo ein Fahrer hinfahren kann, funktioniert der Online-Zugang auch.“

Klaus Beck: „Das Connectivity-Rennen ist ein Marathon“ im  Sprint-Tempo.

Klaus Beck: „Das Connectivity-Rennen ist ein Marathon“ im Sprint-Tempo.Fotografie Nathalie Balleis

„Das Connectivity-Rennen ist ein Marathon, den wir in der Geschwindigkeit eines 100-m-Sprints laufen“, konstatierte Klaus Beck, Vice President Engineering bei Harman Becker Automotive Systems GmbH, in seinem Vortrag „Trends und Herausforderungen im Bereich der Infotainment-Systeme“. Die „Enabling Technologies“ sind dabei das Daten-Management in der Cloud, LTE-Netzwerke und die HTML5-Web-Technologie. Damit werde das Auto ein vollintegrierter Teil unseres vernetzten Lebens. In Summe sieht Klaus Beck dabei drei Trends: „Connected, Green und Safe“.

„Bei LTE haben wir im Feldtest bis zu 70 MBit/s nachweisen können“, berichtet Klaus Beck aus der Praxis. „Die Stabilität und Abdeckung sind besser als bei 3G+ und anderen – es ist wirklich für den mobilen Einsatz gedacht.“ Entscheidend sei dabei die Antennen-Technologie, und hier gebe es noch einiges zu tun.

Sascha Kunzmann: „Bei Touchpads ergeben sich Herausforderungen auf längst beherrscht geglaubten Gebieten.“

Sascha Kunzmann: „Bei Touchpads ergeben sich Herausforderungen auf längst beherrscht geglaubten Gebieten.“ Fotografie Nathalie Balleis

Über die „Herausforderungen und Potenziale von Touchpad-Bedienelementen im Automobil“ informiert Sascha Kunzmann, Vertriebsleiter Alps München bei der Alps Electric Europe GmbH. Die neuen Möglichkeiten, welche die Touch-Elemente den Gestaltern des Interieurs bieten, bringen laut Sascha Kunzmann auch neue Anforderungen mit sich – und zwar auch „auf längst beherrscht geglaubten Gebieten“, wie er betont. In diesem Rahmen stellt er das Innenleben von Touch-Bedienelementen sowie die dahinter liegenden Technologien vor.

Hiroshi Araki, Senior Operating Officer and General Manager Instrument Cluster Design and Engineering bei Nippon Seiko Co. Ltd., gibt einen Statusbericht zum Thema Head-Up-Displays (HUDs) und wagt einen Blick in die Zukunft. Derzeit laufen intensive Entwicklungs- und Integrationsaktivitäten im Bereich der Augmented-Reality-HUDs, bei denen dem realen Fahrerbild noch virtuelle Bilder überlagert werden. Dabei soll die Schärfenebene des virtuellen Bildes möglichst weit weg liegen, um die Augen des Fahrers zu entlasten. Für SOP 2016 sollen dann HUDs verfügbar sein, deren Schärfenebene in 5 m Abstand liegt.

Hiroshi Araki: Mit Systemkosten- Optimierung Head-Up-Displays in die Mittelklasse bringen.

Hiroshi Araki: Mit Systemkosten- Optimierung Head-Up-Displays in die Mittelklasse bringen.Fotografie Nathalie Balleis

Bei HUDs mit Laser-Projektionssystmen sei noch viel Entwicklungsarbeit nötig, um die Augen nicht zu gefährden. Derzeit stelle die Optimierung der Systemkosten wohl die größte Herausforderung dar, damit HUDs bis ins Mittelklasse-Segment kommen – und das wäre auch unter Sicherheitsaspekten wünschenswert.

Bordnetz

„Ethernet – Der Standard. Jetzt auch im Automobil“, lautet das Thema von Giuseppe Mascolino, Vice President und Hauptabteilungsleiter E/E-Architektur, Systemfunktionen, Software-Entwickung und connected e-Mobility bei der BMW Group. In einer definierten Hierarchie ist klar festgelegt, wer mit wem kommuniziert und über welchen Weg, so dass sich das Infotainment-Cluster vom Fahrwerks-Cluster trennen lässt, um dann im Infotainment kürzere Innovationszyklen einzuführen – und zwar mit dem Ziel, „das Infotainment in der Serie schneller entwickeln und austauschen“. Das Mittel hierzu ist Ethernet im Auto.

Giuseppe Mascolino: „In 2013 werden wir erstmals Videodaten im Fahrzeug per Ethernet übertragen.“

Giuseppe Mascolino: „In 2013 werden wir erstmals Videodaten im Fahrzeug per Ethernet übertragen.“ Fotografie Nathalie Balleis

Seit 2008 nutzt BMW Ethernet zur Programmierung (Flashen). „In 2013 werden wir erstmals Videodaten im Fahrzeug per Ethernet übertragen“, berichtet Giuseppe Mascolino. „In 2015 werden wir von einer Einzelanwendung zu einem Systembus kommen und 2018 einen Ethernet-Backbone haben.“ Um Ethernet zum Standard im Auto zu machen, sollten möglichst viele OEMs und Tier-1s Mitglied der OPEN-Alliance werden.

Mit den Worten „Das Bordnetz fällt normalerweise nur dann auf, wenn es einmal nicht funktioniert, und das gilt es zu vermeiden“ beginnt Georg Sterler, Leiter Entwicklung EMV, Bordnetze und Antennen bei Audi, den gemeinsam mit Udo Hornfeck, Bereichsleiter Technologie- und Innovationsmanagement bei der Dräxlmaier Group, gehaltenen Vortrag zum Thema „Das (r)evolutionäre Bordnetz“. Er gewährt einen Blick auf einen etwa 23 kg „schweren“ Leitungssatz in einem Audi A4, bei dem die Leitungen und die Isolierung knapp über 50 % der Masse ausmachen.

Georg Sterler (rechts,  Audi) und Udo Hornfeck (links, Dräxlmaier). In der Mitte ist Dr. Peter Thoma zu sehen, der wie in den Vorjahren durch das Programm des zweiten Tages führte.

Georg Sterler (rechts, Audi) und Udo Hornfeck (links, Dräxlmaier). In der Mitte ist Dr. Peter Thoma zu sehen, der wie in den Vorjahren durch das Programm des zweiten Tages führte.Fotografie Nathalie Balleis

„Das Bordnetz muss Just-in-Time und Just-in-Sequence in einer Variantenzahl zur Verfügung stehen wie kein anderes Bauteil im Fahrzeug“, hebt Georg Sterler hervor. Etwa ab 2015 soll es möglich sein, mit den Nano-Kontakten die Kammergröße eines Steckkontaktes praktisch zu halbieren. Udo Hornfeck erläutert anschließend den Weg zu wirtschaftlichen Lösungen höchster Qualität, wobei er einen Punkt besonders hervorhebt: „Ein kundenspezifischer Kabelbaum bedeutet eine Losgröße von 1; dabei handelt es sich um ein endkundenspezifisches Produkt, nicht um ein OEM-spezifisches.“

Neben (produktions)technischen und technologischen Aspekten ist für Udo Hornfeck vor allem „die enge Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten bereits in sehr frühen Phasen einer der wichtigsten Aspekte, um die neuen Themen beherrschen zu können“. Sein Schlusssatz lautet: „Wenn ich mir das Lieferantennetzwerk in Deutschland anschaue, dann ist das aus meiner Sicht ein entscheidender Standortvorteil, den wir hier haben.“

Halbleiter

Jochen Hanebeck: „Systemverständnis ist der Schlüssel für kosteneffiziente und sichere elektrische Antriebe.“

Jochen Hanebeck: „Systemverständnis ist der Schlüssel für kosteneffiziente und sichere elektrische Antriebe.“Fotografie Nathalie Balleis

Jochen Hanebeck, President der Automotive Divison bei Infineon Technologies AG, erklärt wie „Systemverständnis als Schlüssel für kosteneffiziente und sichere elektrische Antriebe“ dienen kann. Er geht dabei auf viele Aspekte ein, die er im Interview mit der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK (infoDIREKT 300 AEL0312) ausführlich erklärte. „In der zweiten Hälfte dieser Dekade werden wir definitiv Siliziumkarbid-Halbleiter im Auto haben“, ergänzt Hanebeck.

Zu Beginn seiner Rede über die 40-nm-Flash-Technologie für Automotive-Mikrocontroller bedankt sich Yoichi Yano, Executive Vice President and Member of the Board bei der Renesas Corp., für all das Verständnis und Entgegenkommen der Branche für die Schwierigkeiten, die nach der Erdbeben/Tsunami-Katastrophe in Japan auftraten.

Yoichi Yano: Integrierte Bilderkennung ist jetzt in einer 40-nm-MCU möglich.

Yoichi Yano: Integrierte Bilderkennung ist jetzt in einer 40-nm-MCU möglich.Fotografie Nathalie Balleis

Vor allem, um eine niedrige Verlustleistungsaufnahme zu erzielen, setzten die Halbleiterhersteller auch für das Auto auf die 40-nm-Technologie. Er erklärt die Technologie-, Produkt- und Qualitäts-Strategie von Renesas, wobei er unter anderem auf eine 40-nm-Flash-MCU geht, die erstmals über eine integrierte Bilderkennung für ADAS verfügt.

Brendan McKearney, President der Fujitsu Semiconductor Europe GmbH, stellt seinen Vortrag unter das Thema „2020 – Anforderungen an Infotainmentsysteme aus Sicht eines Halbleiterherstellers“. Gleich zu Beginn konstatiert er: „Für die nahtlose Connec­ti­vi­ty muss die Datensicherheit eine hohe Aufmerksamkeit bekommen. Das Silizium ist ein integraler Teil der Security, man muss für Security bei den Halbleitern beginnen.“ Wie das funktionieren kann, das erläutern wir ausgiebig in einem separaten Beitrag auf all-electronics.de, indem Sie HIER klicken.

Brendan McKearney: „Man muss für Security bei den Halbleitern beginnen.“

Brendan McKearney: „Man muss für Security bei den Halbleitern beginnen.“ Fotografie Nathalie Balleis

Elektromobilität

Immerhin drei der 500 Kongressteilnehmer sind per Elektroauto zum „16. Fachkongress Fortschritte in der Automobil-Elektronik“ nach Ludwigsburg gekommen. Zu diesem Ergebnis kommt Prof. Dr. rer. pol. Stefan Bratzel, Leiter FHDW Center of Automotive an der FHDW, nachdem er die Handzeichen zu seiner entsprechenden Frage am Beginn seines Vortrags gezählt hat, den er unter dem Titel „Das Auto der Zukunft fährt elektrisch!? Status und Trends in der globalisierten Automobilindustrie“ stellt.

Prof. Dr. Stefan Bratzel: „Der Verbrennungsmotor ist ein Auslaufmodell, wir wissen aber noch nicht genau wann.“

Prof. Dr. Stefan Bratzel: „Der Verbrennungsmotor ist ein Auslaufmodell, wir wissen aber noch nicht genau wann.“Fotografie Nathalie Balleis

Wenn man über das Auto der Zukunft in Form von Elektromobilität reden wolle, sei ein Blick über das Systemumfeld hinaus nötig. Bratzel stellte vier Thesen auf. Seine erste These lautet: „Das Auto der Zukunft fährt elektrisch … Der Verbrennungsmotor ist ein Auslaufmodell, wir wissen aber noch nicht genau wann.“ Dr. Bratzels zweite These lautet: „Das Auto der Zukunft fährt zwar immer mehr (auch) elektrisch. Die Übergangszeit wird gekennzeichnet sein von einem langen Kampf der Antriebstechnologien.“

Dritte These: „Gemessen an den globalen Absätzen werden reine Elektrofahrzeuge in den nächsten 10 Jahren nur eine untergeordnete Rolle spielen.“ Die Gewinner seien die Hybride, vor allem die Plug-In-Hybride. „Elektromobilität darf nicht reduziert werden auf neue technologische Antriebskonzepte für Fahrzeuge; E-Mobilität wird nur erfolgreich sein, wenn die ‚Auto-Mobilität‘ neu erfunden wird“, formuliert Dr. Bratzel seine vierte These, um dann folgendes zu ergänzen: „Man darf E-Mobilität nicht mit den Augen der Verbrennungsmotoren sehen: Die ersten Benziner sahen aus wie Kutschen mit Motor. Das dürfen wir nicht wieder so machen.“

Dr.-Ing. Adreas Titze: „Wir brauchen ganz klar leistungsfähige Weckkonzepte“ für Elektrofahrzeuge.

Dr.-Ing. Adreas Titze: „Wir brauchen ganz klar leistungsfähige Weckkonzepte“ für Elektrofahrzeuge.Fotografie Nathalie Balleis

Unter dem Titel „Wie sieht die zukünftige Architektur bei EV, PHEV und HEV aus?“ stellt Dr.-Ing. Andreas Titze, Leiter E/E-Architektur und Vernetzung bei der Volkswagen AG, zunächst fest, dass etwa drei Viertel der Funktionen unverändert bleiben. „Interessant wird es beim Thema Funktionen im Stand“, betont Dr. Titze, ­etwa beim Aufladen und (Vor-)Klimatisieren. „Wir haben im ruhenden Fahrzeug über einen längeren Zeitraum Funktionen, die aktiv sind“, erklärt Dr. Titze, so dass sich beispielsweise die Anforderungen in punkto Betriebszeiten ändern „und auch das Thema Online-Zugriff bekommt eine andere Relevanz“. Insgesamt kommt er zu folgendem Fazit: „E-Fahrzeuge sind kein Grund, nach völlig neuen Architekturansätzen zu suchen.“

Dr. Stefan Kampmann: Von einer skaleneffizienten Fertigung sind wir in der Elektromobilität noch weit entfernt.

Dr. Stefan Kampmann: Von einer skaleneffizienten Fertigung sind wir in der Elektromobilität noch weit entfernt.Fotografie Natalie Balleis

Zum Thema „Topologieanalyse elektrischer Antriebsstrang – Potenziale für Skaleneffekte“ referiert Dr. Stefan Kampmann, Executive Vice President, Gasoline Systems, Electric Vehicle and Hybrid Technology bei der Robert Bosch GmbH. Er sieht in diesem Zusammenhang immer drei Aspekte: Passende Technologie, Kunden und Business Cases. Dr. Kampmann appellierte an den Geist von Ludwigsburg und stellte ans Publikum die Fragen „was können wir gemeinschaftlich gestalten, was können wir denn lernen aus anderen Systemen?“, um sie dann schrittweise zu beantworten.

Wichtig sei es, die wesentlichen Funktionen zu standardisieren, denn dann könnten die OEMs sowie ihre Zulieferer „skaleneffizient fertigen; davon sind wir in der Elektromobilität natürlich noch weit entfernt“. Eines ist für Dr. Kampmann jedoch klar: „Wir sehen für die nächsten Jahre den Plug-In-Hybriden als die Lösung, die uns am schnellsten zu elektrisch gefahrenen Kilometern bringen sollte, und wir denken, dass wir zusammen mit den OEMs und auch mit den Kollegen in unseren Verbänden noch wesentlich stärker das Thema Standards und Baukästen definieren müssen.“

Andreas Zühlke: „Wir brauchen ... rund um das induktive Laden eine Standardisierung.“

Andreas Zühlke: „Wir brauchen ... rund um das induktive Laden eine Standardisierung.“Fotografie Nathalie Balleis

Andreas Zühlcke, Vice President Sales bei Brose-SEW-Elektromobilitäts GmbH & Co. KG, stellt seinen Vortrag unter das Motto „Induktive Ladetechnik – nicht ob, sondern wann?“ Zu den Herausforderungen zählen derzeit noch die Kommunikation zwischen Ladeteil und Fahrzeug, und auch Aspekte wie Fahrzeugintegration, funktionale Sicherheit sowie Automobil-Konformität müssen noch geklärt werden. „Wir brauchen in diversen Punkten rund um das induktive Laden eine Standardisierung“, betont Andreas Zühlcke.

Alfred Vollmer

ist Redakteur der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK.

(av)

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