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Bild 1: Der TLI4970 hat eine Kantenlänge von 7 mm × 7 mm × 1 mm und ist damit im industrieweit kleinsten Gehäuse untergebracht.

Bild 1: Der TLI4970 hat eine Kantenlänge von 7 mm × 7 mm × 1 mm und ist damit im industrieweit kleinsten Gehäuse untergebracht.Infineon

Infineon Technologies hat mit dem TLI4970 (Bild 1) einen hochpräzisen Stromsensor auf den Markt gebracht, der nur ein Sechstel der Leiterplattenfläche bisheriger Stromsensoren einnimmt. Mit ihm lassen sich Wechselströme und Gleichströme bis zu ±50 A messen. Der Sensor kommt ohne externe Kalibrierung aus. Dank seiner Streufeldunterdrückung ist der TLI4970 sehr robust gegenüber externen Magnetfeldern und misst auch nach Jahren des Dauereinsatzes noch besonders genau. Die Regelungsqualität der Anwendung bleibt also konstant und damit ihr Wirkungsgrad. Zusätzlich bietet der Sensor einen sehr effektiven schnellen Überstromschutz, dessen Stromwert einstellbar ist. Der Baustein eignet sich besonders für den Einsatz in Solarumrichtern, Ladegeräten und Stromversorgungen sowie für elektrische Antriebe und zur Ansteuerung energiesparender LED-Beleuchtungen.

Stromfluss messen

Viele Anwendungen brauchen detaillierte Informationen über die aktuell fließenden Ströme, eine jede hat jedoch unterschiedliche Kriterien bezüglich Genauigkeit (absolut und über die Produktlebenszeit), Unterdrückung von Störfeldern, Schutz gegenüber Manipulation, Messbereich, Verlustleistung, Bandbreite, Abmessungen und Kosten. Vor diesem Hintergrund haben die Sensor-Hersteller verschiedene Methoden zur Strommessung entwickelt.

Magnetfeld-basierte Sensoren existieren in Closed-Loop-Konfiguration (Kompensations-Stromwandler) und in Open-Loop-Varianten (direktabbildender Stromwandler). Bei Closed-Loop-Systemen kompensiert eine Sekundärwicklung den durch den Primärstrom erzeugten Magnetfluss; hierbei wird ein Hallsensor mit entsprechender Elektronik verwendet. Bei Open-Loop-Systemen erzeugt der Primärstrom in einem Ringkern ein magnetisches Feld, das ein Hallsensor in eine Messspannung umsetzt. Dabei konzentriert sich der durch den Primärstrom erzeugte Magnetfluss im Magnetkreis. Beide Verfahren haben Einschränkungen bezüglich der Verluste im Kern, der Sättigungs- und Hysterese-Effekte sowie der Langzeitdrift.

Bild 2: Der Stromsensor TLI4970 bietet mit maximal 1 % (0 h) beziehungsweise 1,6 % über die gesamte Lebenszeit eine hohe Genauigkeit.

Bild 2: Der Stromsensor TLI4970 bietet mit maximal 1 % (0 h) beziehungsweise 1,6 % über die gesamte Lebenszeit eine hohe Genauigkeit.Infineon

Im Vergleich zu herkömmlichen Open- oder Closed-Loop-Systemen mit magnetischen Kernen bietet der digitale Stromsensor TLI4970 eine deutlich verbesserte Genauigkeit. Spezifiziert wird dies mit maximal 1 % (0 h) beziehungsweise maximal 1,6 % über die gesamte Lebenszeit (Bild 2).

Keine externe Kalibrierung erforderlich

Der TLI4970 ist ein hoch präziser Stromsensor auf Basis der bewährten Halleffekt-Technologie von Infineon, mit galvanischer Trennung zwischen der Primärseite (Stromschiene) und der Sekundärseite (Schnittstelle zum Mikrocontroller). Das kernlose Konzept ohne Magnetflusskonzentrator von Open-Loop-Konfigurationen erlaubt eine signifikante Miniaturisierung. Zudem weist das Konzept keine Hysterese-Effekte auf. Der Sensor ist in einem extrem kompakten SMD-Gehäuse untergebracht und benötigt nur ein Viertel der Fläche vergleichbarer Chips. Die vollständig digitale Sensorlösung ist für einen problemlosen Einsatz ausgelegt, denn es sind keine externe Kalibrierung oder zusätzliche Komponenten (wie AD-Wandler, Operationsverstärker oder Spannungsreferenzen) erforderlich, mit entsprechender Vereinfachung des System-Designs, bei weniger Leiterplatten-Fläche und geringeren Kosten.

Auf einen Blick

Stromsensoren sind gefragt in elektrischen Antrieben, Solarumrichtern, Stromversorgungen, Server- und Telekom-Applikationen, Haushaltsgeräten, im Beleuchtungsmanagement und in Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen. Die Sensoren sollen geringe Verluste aufweisen und möglichst klein, flexibel und kosteneffektiv sein, wobei sie über die gesamte Lebenszeit hoch präzise und sicher im Betrieb bleiben müssen. Für genau diese Anforderungen hat Infineon den Hall-basierten Stromsensor TLI4970 entwickelt.

Gegen Störungen durch externe Magnetfelder schützt das im TLI4970 integrierte differenzielle Messprinzip. Damit erreicht der Sensor einen extrem geringen Offsetfehler von maximal 25 mA. Bei konventionellen Strommessprinzipien ist die Messgenauigkeit immer von Umgebungsbedingungen abhängig, zum Beispiel der Temperatur. Darüber hinaus kommt es zu erheblichen, nicht deterministischen Driften und Alterungserscheinungen, die die Genauigkeit der Strommessung negativ beeinflussen. Entwickler müssen daher im Systemdesign eine Genauigkeitsreserve vorhalten. Der TLI4970 schließt derartige Abhängigkeiten aus, denn er beinhaltet separate Strukturen zur Messung der Temperatur und des mechanischen Stresses. Durch die separate Messung beider Größen im Betrieb kann der Sensor-IC die Messabweichungen permanent effektiv kompensieren. Die Kompensation ist der Grundstein für eine langzeitstabile Messung und damit für hoch effiziente, zuverlässige und kostenoptimierte Umrichter oder Motoren.

Ströme bis 50 A

Der TLI4970 misst Wechsel- und Gleichströme bis zu ±25 oder 0…50 A in Anwendungen wie Solarumrichtern, Stromversorgungen mit Leistungsfaktorkorrektur (PFC), Ladegeräten oder elektrischen Antrieben. Das kontaktfreie Messprinzip verursacht keine zusätzlichen Verluste und ist damit prädestiniert für stromsparende Designs (Rp < 0,6 mΩ). Dank integrierter Streufeldunterdrückung ist der Sensor sehr robust gegenüber externen magnetischen Feldern.

Neben der genauen Strommessung lässt sich auch ein sehr effizienter Schutz der Leistungsendstufe implementieren. Bei externen Kurzschlüssen beispielsweise können kritische Überströme auftreten. Um die Latenzzeit extrem kurz zu halten, stellt der TLI4970 einen parallelen Signalpfad zur Verfügung. Für die Fehlererfassung benötigt der Sensor so nur 1,8 µs (typisch). Um die Überstromschwelle optimal an die Applikationsanforderungen anzupassen, kann der Systementwickler sowohl den Stromwert als auch die nachgeschaltete Filterung im Sensor programmieren.

Bild 3: Schematischer Aufbau des TLI4970: Der Stromfluss durch die Stromschiene auf der Primärseite induziert ein magnetisches Feld, das von den zwei differenziellen Hall-Elementen gemessen wird.

Bild 3: Schematischer Aufbau des TLI4970: Der Stromfluss durch die Stromschiene auf der Primärseite induziert ein magnetisches Feld, das von den zwei differenziellen Hall-Elementen gemessen wird.Infineon

Die Integration der Stromschiene innerhalb des SMD-Gehäuses ermöglicht die vollständige Kalibrierung des Sensors bei Auslieferung. Ein späterer und aufwändiger kundenseitiger Kalibrierungsprozess nach der Montage entfällt somit. Der TLI4970 ist einer der ersten Stromsensoren, der die Messwerte über die digitale 16-Bit-SPI-Schnittstelle (13-Bit-Stromwert) sendet. Er integriert beispielsweise Differenzverstärker, Filter und Signalverarbeitung und erlaubt den Aufbau einer galvanisch isolierten Messung bis zu 600 V Betriebsspannung und bis zu 3600 V Prüfspannung.

Aufbau und Funktionsprinzip

Bild 3 zeigt den schematischen Aufbau des TLI4970 und Bild 4 das entsprechende Blockschaltbild. Der Stromfluss durch die Stromschiene auf der Primärseite induziert ein magnetisches Feld, das von den zwei differenziellen Hall-Elementen gemessen wird. Gegenüber der Stromschiene sind die Hall-Elemente galvanisch isoliert. Das Signal von den Hall-Elementen wird von einem Delta-Sigma-AD-Wandler direkt digitalisiert. Nach dem programmierbaren 0…18-kHz-Tiefpassfilter erfolgt die Signalverarbeitung im DSP.

Bild 4: Der OCD-Signalpfad ist unabhängig vom Stromsignal-Pfad und verfügt über einen programmierbaren Glitch-Filter.

Bild 4: Der OCD-Signalpfad ist unabhängig vom Stromsignal-Pfad und verfügt über einen programmierbaren Glitch-Filter.Infineon

Die Temperatur (T) und der mechanische Stress (S) am Chip werden gemessen und unabhängig vom Primärstrom durch einen zweiten AD-Wandler digitalisiert. Der DSP nutzt dann die Temperatur- und Stress-Informationen um das rohe Stromsignal zu kompensieren. Letztendlich wird das so kompensierte Signal über die IF-Einheit und die SPI-Schnittstelle ausgegeben.

Schneller Überstromschutz

Über den OCD-Pin ist eine schnelle Erfassung eines Überstromes im Messpfad möglich. Dafür ist der OCD-Signalpfad unabhängig vom Stromsignalpfad und verfügt über einen programmierbaren Glitch-Filter. Der symmetrische Schwellwert für den OCD-Ausgang kann eingestellt werden, und zwar von 0 bis ±90 A, in Schritten von 3 A. Damit können negative und positive Überströme erfasst werden. Die Glitch-Filterzeit lässt sich von 150 ns bis 1550 ns in Schritten von 100 ns programmieren.

Verbunden mit dem Logik-Eingang eines Mikrocontrollers kann der OCD-Pin zum Beispiel einen Interrupt im Mikrocontroller triggern und das System im Bedarfsfall abschalten und vor Beschädigung schützen. Mit dem Open-Drain-Ausgang des OCD-Pins können Überstromsignale von mehreren TLI4970-Sensoren für nur einen Mikrocontroller ausgelesen werden.

Robust gegen Störungen

Bei Stromsensoren auf Basis von Hall-Elementen ist es entscheidend, die Einflüsse von externen magnetischen Streufeldern zu minimieren. Der TLI4970 ist extrem robust gegenüber externen magnetischen Feldern. Dabei spielt die Lage der externen Magnetfelder in Bezug auf die Stromschiene eine wichtige Rolle: Liegt der entsprechende Störleiter vertikal zur Stromschiene, gibt es grundsätzlich keine negativen Einflüsse durch Nebensprechen, da sich hier das Magnetfeld parallel zu den Hall-Elementen ausrichtet. Steht der Störleiter senkrecht zur Stromschiene, dann besteht eine hohe Immunität dank der differenziellen Messungen. Nur wenn der Störleiter parallel zur integrierten Stromschiene liegt, kann es zu Nebensprechen kommen. Aber auch in diesem Fall bietet der TLI4970 eine effiziente Unterdrückung des Nebensprechens. So konnten bei Strömen von 50 A Crosstalk-Effekte von nur 1 mA im Abstand von 3 mm gemessen werden.

Angeboten wird der TLI4970 in einem besonders kleinen TISON (Thin Interstitial Small Outline No leads)-SMD-Gehäuse mit Abmessungen von nur 7 × 7 × 1 mm3. Das Miniaturgehäuse des TLI4970 wiegt nur 0,2 g. Durch das TISON-SMD-Gehäuse kann die Leiterplattenbestückung automatisiert und damit kosteneffizient erfolgen. Zusammen mit der integrierten Funktionalität in Form von Level-Shiftern, Filter, galvanischer Isolation sowie sicherer Kommunikation inklusive Parity-Check sinken nicht nur der Platzbedarf, sondern auch die Materialkosten (BOM).

Bild 5: Zum Evaluation-Kit für den TLI4970 gehört auch ein Analog-Board, das die digitalen SPI-Ausgangssignale in analoge Signale wandelt. Damit ist ein schneller und einfacher Umstieg auf eine digitale Stromerfassung möglich.

Bild 5: Zum Evaluation-Kit für den TLI4970 gehört auch ein Analog-Board, das die digitalen SPI-Ausgangssignale in analoge Signale wandelt. Damit ist ein schneller und einfacher Umstieg auf eine digitale Stromerfassung möglich.Infineon

Umfassende Design-Unterstützung

Das TLI4970-Evaluation-Kit hilft bei der Evaluierung: Über eine grafische Benutzeroberfläche lässt sich der Sensor einfach programmieren und für unterschiedlichste Systemeinstellungen schnell austesten. Zum Evaluation-Kit gehört auch ein Analog-Board (Bild 5), das die digitalen SPI-Ausgangssignale in analoge Signale wandelt. Entwickler können also für ihre vorhandenen Systemdesigns mit analogen Schnittstellen die Leistungsfähigkeit des TLI4970 direkt testen – auch weil Infineon beim Analog-Board auf die Pin-Kompatibilität zu herkömmlichen Stromsensoren geachtet hat.

Jürgen Mann

verantwortet als Produkt-Marketing-Manager die Produktfamilien Linear Hall und Stromsensorik.

(lei)

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