Lidar-Sensorsysteme (Light Detection and Ranging) entwickeln sich zukünftig zu einer zentralen Komponente in Fahrzeugen, was eine Studie des Beratungsunternehmens McKinsey belegt. Rund 29 Prozent des weltweiten Umsatzes mit Sensoren für ADAS/AD-Anwendungen (Advanced Driver Assistance Systems / Autonomous Driving) sollen dabei auf Lidar-Komponenten entfallen. Ein Fahrzeug, das für vollautomatisiertes (SAE AV Level 4) oder autonomes Fahren (SAE AV Level 5) ausgelegt ist, benötigt McKinsey zufolge zwischen fünf bis zwölf Lidar-Sensoren.
Ein Grund für den Erfolg von Lidar ist, dass solche Sensorsysteme im Vergleich zu Radar und Kameras eine deutlich größere Winkel- und Abstandauflösung bieten. Sie können beispielsweise in einem selbstfahrenden Auto, das mit hoher Geschwindigkeit unterwegs ist, eine Fahrstrecke über eine Distanz von mindestens 150 Metern erfassen und dabei auch kleine Objekte von 10 cm Höhe erkennen. Hinzu kommt ein hoher Dynamikbereich.
Lidar mit APD-Sensoren
Das Herzstück eines Lidar-Systems sind die optischen Sensoren. Zur Wahl stehen hier mehrere Technologien wie etwa SiPM-Sensoren (Silizium Photomultiplier), SPAD-Dioden (Single-Photon Avalanche Diode) sowie Silizium-PIN-Dioden. Diese Technologien weisen aber Nachteile auf, etwa einen zu geringen Signal-Rauschabstand und eine Sättigung bei Hintergrundbeleuchtung.
Daher setzen sich im Automobil-Bereich derzeit Lidar-Systeme mit Sensoren auf Basis der Avalanche-Photodioden-Technologie (APD) durch. Eine APD wandelt mindestens 70 Prozent des Lichts im Bereich von 905 nm in photoelektrischen Strom um, wenn diese ohne Verstärkung betrieben wird. Bei Betrieb der APD im Arbeitspunkt verstärkt das Lidar-System diesen Strom typischerweise um den Faktor 100, was zu einer sehr hohen Empfindlichkeit führt. Außerdem weisen APDs einen optimalen Signal-Rauschabstand, eine geringe Sättigung und eine schnelle Anstiegszeit auf.
Einfluss der Temperaturen auf APD-Sensoren
Allerdings gilt für APD-Lidar-Sensoren eine weitere Voraussetzung: Sie müssen im Temperaturbereich zwischen -40 °C bis +125 °C fehlerlos arbeiten. Das besagt die Spezifikation AEC-Q102 Grade 1 des Automotive Electronic Council. Ein wichtiges Qualitätskriterium von APD-Sensoren ist somit, welche Auswirkungen Temperaturen auf ihre Funktionen haben. Relevant sind vor allem folgende Parameter: Durchbruchspannung, Dunkelstrom, Gain, spektrale Empfindlichkeit, Dynamikverhalten und Kapazität.
Messungen im Detail
Um zu ermitteln, wie sich die Temperatur auf Lidar-Systeme mit APD-Sensoren auswirkt, hat First Sensor Tests durchgeführt. Als Proband diente ein Sensor der Reihe AD500-9 mit einer Durchbruchspannung von 191 V. Zunächst prüfte das Entwicklerteam, wie sich die Zunahme von Elektronen-Lochpaaren auswirkt, die durch den Einfluss höherer Temperaturen entstehen. Das Resultat ist ein Anstieg des Dunkelstroms (A). Bei -40 °C liegt er bei 3,68E-12 A, bei +125°C dagegen bei 7,87E-7 A.
Auch bei der Durchbruchspannung Vbr ist ein linearer Anstieg der Werte zu beobachten: 95 V bei -40 °C und 322 V bei +125 °C. Soll eine optimale Verstärkung auch bei höheren Temperaturen erreicht werden, wird eine höhere Operationsspannung gewählt. Zudem ergaben die Messungen, dass der Anstieg der Gainkennlinie bei niedrigeren Temperaturen steiler ausfällt. Dann ist die durchschnittliche freie Weglänge der Elektronen so groß, dass auch bei geringeren Spannungswerten eine ausreichende Beschleunigung erfolgt.
Auswirkungen der Temperatur auf die Kapazität
Eine höhere Temperatur hat außerdem zur Folge, dass die spektrale Empfindlichkeit einer APD leicht ansteigt. Für Entwickler von APD-Lidar-Sensorsystemen ist zudem relevant, wie sich bei unterschiedlichen Spannungswerten die Kapazität entwickelt. Die Kapazität ist ein wichtiger Parameter in der Auslegung des Empfangsschaltkreises und hat einen Einfluss auf die dynamischen Parameter einer APD. First Sensor hat für die Messungen ein LCR-Meter eingesetzt (Frequenz: 1 MHz, Amplitude: 15 mV). Die Ergebnisse: Die Verarmungszone der APD wird mit steigender Spannung größer. Bei einer Spannung von 45 V ist die Multiplikationszone komplett verarmt und die Kapazität ändert sich nicht mehr. Gleiches gilt für die Kapazität bei Werten über 50 V und bei einer Zunahme der Temperatur.
Dynamisches Verhalten und Anstiegszeiten
Die Auflösung von Lidar-Systemen hängt in hohem Maß von den Anstiegszeiten der APD-Pulsantworten ab, weshalb es aufschlussreich ist, die Auswirkungen der Betriebsspannung und Temperatur auf die Pulsantworten mit einem Oszilloskop zu prüfen. Weiterhin zeigen die Ergebnisse, dass bei einer höheren Temperatur auch eine größere Betriebsspannung nötig ist, um dieselbe Anstiegszeit zu erreichen. Dagegen ist im unteren Temperaturbereich ein besseres dynamisches Verhalten der APD zu verzeichnen.
Fazit
Avalanche-Photodioden, wie die Sensoren der Reihe AD500-9 von First Sensor, erfüllen die Vorgaben nach AEC-Q102 Grade 1. Sie sind somit in allen Lidar-Systemen der Fahrzeugindustrie einsetzbar.
(prm)