Die Formula Student, der größte Ingenieurswettbewerb der Welt (siehe Kasten), umfasst 18 Veranstaltungen pro Jahr, an denen mehr als 600 Studententeams teilnehmen. Eines davon ist der AMZ (Akademischer Motorsportverein Zürich), bestehend aus Studierenden der ETH Zürich und der Fachhochschule Luzern. Dank der kontinuierlichen Verbesserung von Konzepten und Innovationen, wie zum Beispiel dem Einsatz eines FPGA-Moduls zur Steuerung der elektrischen Antriebsmotoren, zählt das Team heute zur Weltspitze.
ECKDATEN
Enclustra ist ein innovatives und erfolgreiches Schweizer FPGA-Design-Unternehmen. Mit dem FPGA-Design-Center werden Dienstleistungen im gesamten Spektrum der FPGA-basierenden Systementwicklung erbracht: von Highspeed-Hardware über HDL-Firmware bis zu embedded Software, von der Spezifikation über die Implementation bis zur Prototypenproduktion. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt hochintegrierte FPGA-Module sowie FPGA-optimierte IP Cores. Mit der Spezialisierung auf die zukunftsträchtige FPGA-Technologie und einem breiten Anwendungswissen kann es in vielen Bereichen mit minimalem Aufwand optimale Lösungen bieten.
Der Weg an die Spitze
Das Ziel des Fahrzeugs Eiger, wie alle Autos des AMZ nach Schweizer Bergen benannt, war es, die maximal mögliche Punktzahl im Wettbewerb zu erreichen. Durch Rundenzeitsimulation, Energieberechnungen und Analyse der Logdaten vergangener Saisons wurde das Fahrzeugkonzept ausgearbeitet. Dieses besteht aus einem vollständig maßgeschneiderten Allradantrieb, einem Monocoque aus kohlenstofffaserverstärktem Polymer (CFK), rechnergestützter Strömungsoptimierung (CFD) mit der Validierung des Aeropakets im Windkanal sowie einer hydraulischen Federung.
Auf FPGA-Modulen basierender Wechselrichter
Zum ersten Mal entwickelte das AMZ-Team alle Komponenten des Antriebsstrangs komplett selber – auch den Wechselrichter, der auf einem FPGA-Modul von Enclustra basiert. Der Wechselrichter wandelt die Gleichspannung aus der Lithiumbatterie in Drehstrom um, um die bürstenlosen Gleichstrommotoren anzutreiben.
Jedes Rad wird mit einem in die Radnabe integrierten Motor angetrieben. Jeder der vier Motoren verfügt über einen eigenen Wechselrichter, der auf einem SoC-Modul Mercury ZX5 basiert, das mit einem Xilinx Zynq 7015 bestückt ist. Die eigentliche Motorregelung erfolgt mit einem in VHDL selbstentwickelten DTC-Modulator (Direct Torque Control). Die VHDL-Implementierung ermöglicht es, den Motorzustand sowie die Schaltparameter alle 10 ns neu zu berechnen. Ein Ding der Unmöglichkeit mit einem Mikrocontroller oder einem DSP-basierenden System.
Kundenspezifische 1200-V-SiC-MOSFET-Module mit einem Einschaltwiderstand von nur 10 mΩ in Kombination mit selbst entwickelten intelligenten Gatetreibern reduzieren die Leitungs- und Schaltverluste. Die Umschaltzeiten der MOSFETs konnten so auf bis zu 39 ns gesenkt werden. Eine per 3D-Druck hergestellte Kühlplatte mit integrierter Wasserkühlung garantiert optimale Betriebstemperaturen. Um den Platzbedarf zu minimieren, ist der Wechselrichter in zwei Leiterplatten mit 1 mm dicken Kupfereinlässen aufgeteilt. Die Ströme der drei Phasen – Zwischenkreisspannung, Zwischenkreisstrom sowie die Spannung von zwei Phasen – werden pro Sekunde eine Million Mal gemessen. Zur Bestimmung der aktuellen Position des Motors wird ein Resolver verwendet. Gigabit-Ethernet- und eine CAN-Schnittstelle gewährleisten eine schnelle und sichere Kommunikation im Fahrzeug und auf dem Prüfstand. Die gesamte Umrichter-Software ist selbst entwickelt, um höchste Anpassungsfähigkeit zu ermöglichen.
Das SoC-Modul Enclustra Mercury ZX5
Um eine möglichst hohe Regelfrequenz zu erreichen und die MOSFETs optimal anzusteuern, war schnell klar, dass ein FPGA eingesetzt werden musste. Ein SoC wie das Zynq 7015 bietet mit der Kopplung eines ARM-basierenden Prozessorsystems mit einem FPGA die optimale Kombination von hoher Parallelität, zeitlicher Auflösung und einfacher Programmierbarkeit. Das Ball-Grid-Array-Gehäuse des SoC ist jedoch schwierig zu löten und erfordert eine Leiterplatte mit vielen Lagen. Zudem benötigt das SoC zahlreiche Peripheriebausteine wie Speicher, Takt, Schnittstellen und eine ausgeklügelte Stromversorgung.
Um Entwicklungsaufwand und Risiko zu reduzieren, wird ein FPGA-Modul eingesetzt. Das SoC-Modul Mercury ZX5 bietet den gewünschten Funktionsumfang auf einer einzigen kleinen Leiterplatte. Das Modul enthält 1 GByte DDR3L SDRAM, 512 MByte NAND-Flash, einen Ethernet-PHY und generiert alle erforderlichen Spannungen selber. Das Modul kann sogar Schaltungen auf der Basisplatine mit Strom versorgen, wodurch der Bedarf an Leistungswandlern minimiert wird.
Mehr als genug Rechenleistung
Der Modulator und die gesamte Kommunikation mit der Peripherie sind auf dem FPGA-Teil des SoC implementiert, da er eine tiefe Latenz und eine hohe Aktualisierungsrate erfordert. Ebenso sind alle sicherheitskritischen Funktionen auf dem FPGA implementiert. So werden Reaktionszeiten von höchstens 1 µs für den Überstromschutz und 2 µs für den Überspannungsschutz erreicht. Ein mehrschichtiges, redundantes Sicherheitssystem ist auf dem FPGA und dem Prozessor implementiert, sodass sich die Prozessoren und das FPGA gegenseitig überwachen und den Wechselrichter bei Inkonsistenzen abschalten.
Die übergeordnete Steuerung, wie die Geschwindigkeits- und Antriebssteuerung, sind auf dem einen Core des ARM-Prozessorsystems Cortex-A9 implementiert. Der zweite Core ist für die Kommunikation mit der Fahrzeugsteuereinheit oder dem Steuerrechner und für die Datenerfassung zuständig.
Messwerte mit hoher Datenrate erfassen
Das FPGA verarbeitet alle Strom- und Spannungsmessungen. Per SPI-Protokoll liest es die Messwerte aus den A/D-Wandlern aus. Die Abtastrate der Strommessung beträgt 1 MSample/s, die der Spannungsmessung 500 kSample/s. Die Motorposition wird über einen Resolver mit einer parallelen Schnittstelle mit 33 kSample/s gemessen. Neben der direkten Verarbeitung durch den DCT-Modulator werden die Daten über die integrierte AXI-PL-PS-Verbindung an den Prozessor übertragen. Durch diese Architektur kann der Prozessor die Konfigurationsdaten einfach abändern sowie die relevanten Daten des FPGA leicht auslesen.
Darüber hinaus ist es möglich, direkt vom FPGA aus auf das DDR3-RAM des Mercury-ZX5-Moduls zuzugreifen. Auf diese Weise lassen sich große Mengen an Protokolldaten ohne Prozessoreinsatz im Speicher ablegen. Diese Daten werden dann zur Offline-Analyse auf der SD-Karte gespeichert, bevor der Wechselrichter abgeschaltet wird.
Die Temperaturen der Leistungshalbleiter und des Ausgangsfilters werden mit dem direkt im SoC integrierten A/D-Wandler gemessen und vom Prozessor kontrolliert. Der Wechselrichter ist über die CAN-Schnittstelle an die Fahrzeugsteuereinheit angeschlossen. Zum Betrieb des Wechselrichters auf dem Prüfstand und zum Anschluss an einen Computer wird die Ethernet-Schnittstelle verwendet.
Vereinfachte Stromversorgung
Das Mercury-ZX5-Modul benötig für die Versorgung nur eine einzige Spannung im Bereich von 5 bis 15 V, da es mit allen DC/DC-Wandlern ausgerüstet ist, um alle internen Spannungen zu erzeugen. Die auf dem Modul erzeugten Spannungen werden ebenfalls auf die Pins der Modulstecker geführt. Auf der Wechselrichter-Basisplatine werden diese 3,3- und 1,8-V-Spannungen zur Versorgung der analogen und digitalen Schaltungen verwendet. Dadurch wird der Aufwand für die externe Spannungsversorgung minimiert.
Breite Design-in-Unterstützung
Um die Integration der Module zu erleichtern, bietet Enclustra einen umfassenden Design-in-Support. Die ausführliche Dokumentation und das Referenzdesign erleichtern die Inbetriebnahme. Neben dem User Manual sind das User Schema, ein 3D-Modell, der PCB-Footprint sowie die Leitungslängen der IO-Signale verfügbar.
Mit dem Enclustra Build Environment lässt sich für die SoC-Module mit integriertem ARM-Prozessor Linux im Handumdrehen kompilieren. Über eine grafische Oberfläche werden Modul und Base Board ausgewählt. Danach lädt das Build Environment den passenden Bitstream, First Stage Boot Loader (FSBL) und die benötigten Quellcodes herunter. Anschließend werden U-Boot, Linux und das auf Busybox basierende Root-Dateisystem kompiliert.
Mit dem kostenlosen Module Configuration Tool (MCT) können die Module und Basisplatinen über USB konfiguriert werden – ohne zusätzliche Hardware. Über die On-Board-USB-Anschlüsse auf den Enclustra-Basisboards können die Benutzer den FPGA- und SPI-Flash des Moduls programmieren, das Modul-EEPROM lesen und die Peripheriegeräte konfigurieren. Alle während der Entwicklung des AMZ-Wechselrichters aufgetretenen Fragen konnten mithilfe des Enclustra-Supports schnell gelöst werden.
Die Entwicklung geht weiter
Der Wechselrichter für den neuen Rennwagen ist wieder um das SoC-Modul Mercury ZX5 herum aufgebaut. Das noch kleinere Mars ZX2 von Enclustra wurde ebenfalls evaluiert, verfügt jedoch über zu wenige I/O-Pins für die Anwendung. Mit dem Wechselrichter wird eine Lichtleiterverbindung zwischen zwei Mercury-ZX5-Modulen im Fahrzeug realisiert. Dazu werden die Multi-Gigabit-Transceiver (MGT) verwendet.
Das Antriebskonzept wurde von vier Wechselrichtern – einer für jeden Motor/Rad – auf zwei Wechselrichter umgestellt. Ein Wechselrichter mit einem Mercury-ZX5-Modul steuert nun zwei Motoren an. Durch dieses neue Konzept konnten viele Hilfskreisläufe zusammengeführt, die Komplexität reduziert und auch wertvoller Platz eingespart werden. Außerdem eröffnet es die Möglichkeit fortschrittlichere Regelalgorithmen zu implementieren, die gleichzeitig mehrere Motoren beeinflussen.
Der Formula-Student-Wettbewerb
Die Formula Student wurde 1981 gegründet und ist der weltweit größte Wettbewerb für Ingenieure. Die Idee des Wettbewerbs ist es, zukünftige Ingenieure während eines Jahres in die Entwicklung, Produktion, Montage, Prüfung und den Wettbewerb eines Elektro- oder Verbrennungsrennwagens einzuführen. Mehr als 600 Teams von Universitäten aus der ganzen Welt treten mit ihren selbst konstruierten Rennwagen an. Sieger ist nicht unbedingt das Team mit dem schnellsten Auto, sondern das mit dem besten Paket hinsichtlich Konstruktion, Leistung, Finanzplanung und Verkaufsargumenten. Eine eigene Klasse für Elektrofahrzeuge wurde 2010 eingeführt, um angehende junge Ingenieure auf Zukunftstechnologien wie den Elektroantrieb vorzubereiten und den Innovationsprozess voranzutreiben.
Andreas Horat
(jj)