Eckdaten
Peter van den Eijnden, Geschäftsführer von JTAG Technologies, diskutiert Entwicklungstrends des Baugruppentests und aktuelle Herausforderungen durch Technologie und Marktentwicklungen.
Unterschiedliche Test-Klassen beeinflussen den Entwicklungszyklus. So genügt bei einfachen Designs oft ein elementarer Funktionsnachweis (Hot Mock-up) oder ein Testrack mit Instrumenten zur Nachbildung von Stimulussignalen und der Erfassung der Antwortsignale des Prüflings. Bei komplizierteren Baugruppen kann der Funktionstest schnell unverhältnismäßig teuer und zeitaufwendig werden. Deshalb ziehen Unternehmen häufig einen strukturellen Testansatz in Erwägung. Hierbei werden Bestandteile des Prüflings – Bauteile, Cluster oder Baugruppen-Verbindungen – voneinander „isoliert“ und separat im Detail getestet. Diese Art der Testdurchführung erfolgte meist auf großen Systemen wie In-Circuit-Testern.
Häufig sorgte dieser Ansatz jedoch für erhebliche Verzögerungen, da für jede Baugruppe eine komplexe Testschnittstelle (Testadapter) erstellt werden musste. Abhängig von der Anzahl der kontaktierten Knoten beanspruchte die Herstellung zum Teil mehrere Wochen und Kosten in Höhe von mehreren Tausend Euro waren schnell erreicht. Adapterlose Testsysteme, wie zum Beispiel Flying-Prober, bei denen Testnadeln von Testpunkt zu Testpunkt positioniert werden, eignen sich für wenig komplexe Baugruppen in niedrigen Stückzahlen, um dort primär RLC-Messungen und Verbindungsprüfungen durchzuführen. Die zunehmende Verbreitung von BGA-Gehäusen schränkt den Zugriff auf wichtige Testknoten immer mehr ein und reduziert dadurch die Testabdeckung.
Alternative und preiswerte hybride Technik
Eine alternative und preiswerte hybride Technik wie JTAG/Boundary-Scan überbrückt die Lücke zwischen Funktionstest und struktureller Prüfung. Dieses Testverfahren erfreut sich wachsender Beliebtheit, auch wegen seines Beitrags zur Verkürzung der Markteinführungszeit, was insbesondere Vorteile für dicht bestückte digitale und Mixed-Signal-Designs bringt. JTAG/Boundary-Scan ist kein wirklich neues Prüfverfahren. Es nutzt einfach eine in ICs wie CPLDs, FPGAs, DSPs, Microcontroller, SOCs, PHYs, Encoder oder Bus-Bridges eingebettete testspezifische Logik gemäß IEEE 1149.1.
JTAG/Boundary-Scan-Standards und die Werkzeuge, die sie unterstützen, wurden in den letzten 20 Jahren fortwährend weiterentwickelt und die Anwendungsbereiche sind heute weiter gefächert als je zuvor.
Anfangs waren JTAG-Tests begrenzt auf Kurzschlüsse und Unterbrechungen bei Netzen zwischen JTAG-kompatiblen Bauteilen. Erweiterte Verfahren ermöglichten jedoch schon bald die Kommunikation mit Speicherbausteinen (SRAM, DRAM, DDRx, Flash NOR/NAND), um diese zu testen und zu programmieren, auch ohne die Nutzung der dort integrierten Testlogik. Auf ähnliche Weise ließen sich diskrete Logikbausteine (Cluster wie Buslogik, I²C und weitere) durch JTAG/Boundary-Scan testen.
Damit der JTAG-Test mit den steigenden Chipleistungen Schritt halten konnte, bedurfte es einiger Anpassungen und Weiterentwicklungen. Das Grundsystem hat durchaus seine Beschränkungen und mit der Notwendigkeit, Highspeed-Schnittstellen in LVDS-Technik (Low Voltage Differential Signals) zu testen, mussten die Möglichkeiten der ursprünglichen Richtlinie IEEE 1149.1 um zusätzliche Merkmale erweitert werden (IEEE 1149.6), um Highspeed-Pulse für AC-gekoppelte Netzwerke zu generieren. Darüber hinaus bedienen sich die Anbieter von JTAG-Werkzeugen der Kernfunktionalitäten der Bauteile an sich. Da zahlreiche Prozessoren JTAG nutzen, um auf Onchip-Debug-Eigenschaften zugreifen zu können, lässt sich diese Fähigkeit auch für Testzwecke einsetzen. Das heißt, dass innerhalb eines typischen SoC (System-on-Chip), das zum Beispiel einen ARM-Prozessorkern, eingebettete Peripheriefunktionen wie DDR-Controller, PHY und AD/DA-Wandler enthält, alle Komponenten über den JTAG-Port erreicht und gesteuert werden können. Diese Möglichkeit lässt sich für Test- und Programmierzwecke ausnutzen.
Auch wenn der Testprozess häufig aus dem Fokus gerät oder manche ihn gar als Prozess ohne Mehrwert betrachten, bleibt er doch eine Notwendigkeit, um ein hohes Produkt-Qualitätsniveau zu garantieren und die Produktionsprozesse unter Kontrolle zu halten. So wie die extensive Produktintegration bedeutet, dass Logikelemente tiefer in den Prüfling eingebettet werden, gilt das Gleiche für die Testfähigkeiten. JTAG ist eine sehr gute Möglichkeit, heute und in naher Zukunft den Testzugriff auf Strukturen zu erleichtern.
(ah)