Angreifer können über die Schwachstelle StarBleed die komplette Kontrolle über das FPGA und seine Funktionalitäten erhalten. Da die Sicherheitslücke integraler Bestandteil der Hardware ist, lässt sich das Sicherheitsrisiko nur durch Austauschen der Chips beheben.

Angreifer können über die Schwachstelle StarBleed die komplette Kontrolle über das FPGA und seine Funktionalitäten erhalten. Da die Sicherheitslücke integraler Bestandteil der Hardware ist, lässt sich das Sicherheitsrisiko nur durch Austauschen der Chips beheben. (Bild: HGI/ RUB)

Dass sich in den FPGAs eine kritische Sicherheitslücke verbirgt, fanden Forscher des Horst-Görtz-Instituts für IT-Sicherheit an der Ruhr-Universität Bochum und des Max-Planck-Instituts für Cybersicherheit und Schutz der Privatsphäre in einer gemeinsamen Forschungsarbeit heraus. Die gefundene Lücke tauften sie „Starbleed“.

Besonders riskant: Angreifer können über die Schwachstelle die komplette Kontrolle über die Chips und ihre Funktionalitäten erhalten. Da die Sicherheitslücke integraler Bestandteil der Hardware ist, lässt sich das Sicherheitsrisiko nur durch Austauschen der Chips beheben. Der Hersteller wurde informiert und hat bereits reagiert. Mit hoher Wahrscheinlichkeit tritt die Sicherheitslücke in den neuesten Serien nicht mehr auf, sagt Dr. Amir Moradi vom Horst-Görtz-Institut. Xilinx wird auf seiner Website Informationen für betroffene Kunden veröffentlichen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit stellen die Sicherheitsforscher auf dem 29. Usenix-Security-Symposium vor, das im August 2020 in Boston, Massachusetts, USA, stattfinden soll.

Bitstream im Fokus der Forschung

FPGA-Chips sind heutzutage in vielen sicherheitskritischen Anwendungen zu finden, angefangen bei Cloud-Rechenzentren über Mobilfunk-Basisstationen bis hin zu verschlüsselten USB-Sticks und Industriesteueranlagen. Ihr entscheidender Vorteil liegt in ihrer individuellen Anpassung im Vergleich zu herkömmlichen Computer-Chips mit speziellen Funktionalitäten.

Das ist möglich, weil die Grundbausteine von FPGAs und deren Verbindungen flexibel programmierbar sind. Dreh- und Angelpunkt bei FPGAs ist der Bitstream, eine Datei, mit deren Hilfe das FPGA anpassbar und neu konfigurierbar ist. Um den Chip vor Angriffen adäquat zu schützen, wird der Bitstream durch Verschlüsselungsverfahren abgesichert. Dr. Amir Moradi und Maik Ender vom Horst-Görtz-Institut gelang es in Kooperation mit Prof. Dr. Christof Paar vom Bochumer Max-Planck-Institut, diesen geschützten Bitstream zu entschlüsseln, sich Zugriff auf den Dateiinhalt zu verschaffen und zu verändern.

Marktführer betroffen

Im Rahmen ihrer Forschung analysierten die Wissenschaftler FPGAs von Xilinx, einem der beiden Marktführer von Field Programmable Gate Arrays. Von der Starbleed-Sicherheitslücke betroffen ist die 7er Serie von Xilinx mit den vier FPGA-Familien Spartan, Artix, Kintex und Virtex sowie die Vorgängerversion Virtex-6. Diese bilden einen Großteil der heute im Einsatz befindlichen Xilinx-FPGAs.

Vorteil der Chips verkehrt sich in Nachteil

Um die Verschlüsselung auszuhebeln, machte sich das Forscherteam die zentrale Eigenschaft der FPGAs zu Nutze: die Möglichkeit der Neuprogrammierung. Hierzu erfolgt ein Update im FPGA selbst, das sich letztlich als Schwachstelle und Einfallstor offenbarte. Denn die Wissenschaftler konnten im Rahmen des Updatevorgangs zur Reprogrammierung des FPGAs den eigentlich verschlüsselten Bitstream so manipulieren, dass sein nun entschlüsselter Inhalt in das Konfigurationsregister WBSTAR des Chips umgeleitet und nach einem Neustart ausgelesen werden konnte.

Der Vorteil der individuellen Neuprogrammierung der Chips verkehrt sich somit in einen Nachteil, wie die Wissenschaftler in ihrer Forschungsarbeit aufzeigen – mit gravierenden Konsequenzen: „Erhält ein Angreifer Zugriff auf den Bitstream, erhält er auch die komplette Kontrolle über das FPGA. Auf dem Chip enthaltene Funktionalitäten können so gestohlen werden. Ebenfalls ist es durch Manipulation des Bitstreams möglich, Trojaner in den FPGA einzuschleusen. Da sich die Sicherheitslücke in der Hardware selbst befindet, lässt sie sich nur schließen, in dem der Chip ausgetauscht wird,“ erklärt Prof. Dr. Christof Paar und ergänzt: „Es ist zwar detailliertes Fachwissen notwendig, jedoch kann ein Angriff auch aus der Ferne erfolgen, der Angreifer muss nicht einmal vor Ort sein.“

(na)

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