PSI_Forschungsergebnisse weisen Weg zu energiesparenden Chips_2_grafik

(Bild: Claudia Cancellieri)

Die beiden Forscher Claudia Cancellieri und Vladimir Strocov am Messplatz Adress der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des Paul Scherrer Instituts.

Die beiden Forscher Claudia Cancellieri und Vladimir Strocov am Messplatz Adress der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des Paul Scherrer Instituts. Paul Scherrer Institut/Markus Fischer

Dafür haben Forschende ein Material (LaAlO3 und SrTiO3) untersucht, das an sich bereits die nötigen Merkmale hat: Es ist magnetisch und kann elektrischen Strom ganz ohne Widerstand leiten, aber nur bei sehr tiefen Temperaturen, bei denen man keine Computer betreiben könnte. Bei realistischen Temperaturen dagegen fließt der Strom in diesem Material jedoch ausgesprochen schwerfällig. Mit Hilfe von Experimenten an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des PSI konnten die Forscher die Ursachen für den erschwerten Stromfluss bestimmen. Diese Ergebnisse dürften nun helfen, gezielt neue Materialien zu entwickeln, die auch bei höheren Temperaturen die besonderen Eigenschaften behielten und so in zukünftigen Computern zum Einsatz kommen könnten.

Energiesparende Computer beziehungsweise Halbleiter-Chips setzen eine fundamentale Wende voraus: Mit den heute genutzten Technologien lässt sich dieser Verbrauch kaum senken, sodass die Chips in den energiesparenden Geräten der Zukunft aus neuartigen Materialien bestehen werden müssen. Zu den besonders vielversprechenden Kandidaten gehören komplexe Metalloxide, erklärt Vladimir Strocov, leitender Wissenschaftler am Paul Scherrer Institut PSI. „So könnten elektronische Bauelemente aus bestimmten Oxiden die Funktion der heutigen Transistoren übernehmen und würden dabei nur einen kleinen Bruchteil der Energie verbrauchen.“

Ursachen für den trägen Stromfluss gefunden

Vladimir Strocov, leitender Wissenschaftler am PSI, hat mit seinem Forschungsteam gemeinsam mit Kollegen der ETH Zürich und des japanischen Forschungsinstituts Riken ein Material untersucht, das eigentlich die nötigen Eigenschaften für den Einsatz in diesen Bauteilen mitbringt. Wie sie in einer Studie im Fachjournal Nature Communications berichten, konnten die Forscher nun die Ursachen für den erschwerten Stromfluss bestimmen. „Für diesen ist offenbar dasselbe Phänomen verantwortlich, das bei tiefen Temperaturen den Strom ungehindert fließen lässt“, erklärt Strocov. „Unsere Ergebnisse könnten daher helfen, gezielt neue Materialien zu entwickeln, die auch noch bei höheren Temperaturen für die neuartigen Bauteile geeignet wären und so in zukünftigen Computern zum Einsatz kommen könnten.“

Prinzip des Experiments

Untersuchung des Stromflusses tief im Inneren des Materials: Die untersuchte Materialprobe besteht eigentlich aus einer Kombination von zwei verschiedenen Materialien (in verschiedenen Farben dargestellt), die an einer Fläche verbunden sind. Der Strom kann nur entlang dieser Fläche fließen. Da elektrischer Strom der Bewegung von Elektronen entspricht, haben die Forschenden in ihrem Experiment untersucht, wie sich die Elektronen in dem Material verhalten. Dazu beleuchten sie die Probe mit Licht aus der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des Paul Scherrer Instituts (gelbe Wellenlinie), das Elektronen (grüne Kugeln) aus dem Material herausschlägt. Diese Elektronen werden von einem Detektor (metallische Halbkugel) aufgefangen, der auch die Eigenschaften der Elektronen bestimmt. Aus diesen Eigenschaften lässt sich schliessen, wie sich die Elektronen verhalten hatten, als sie noch im Material waren.

Wenn durch ein Material ein elektrischer Strom fließt, bedeutet das, dass sich Elektronen durch dieses Material bewegen. Das Gerüst solcher Materialien bilden regelmäßig angeordnete, wenig bewegliche Ionen. „Die Elektronen, die im Material fließen, ziehen die Ionen zu sich und verzerren so das Gerüst“, erklärt Claudia Cancellieri, die als PSI-Wissenschaftlerin an der Studie beteiligt war, jedoch mittlerweile an der EMPA tätig ist. „Diese Ionen ziehen dann wiederum die Elektronen an und bremsen sie auf diese Weise aus.“ Offenbar lässt die gleiche Verzerrung das Material aber bei tiefen Temperaturen supraleitend werden. „In einem Supraleiter finden Elektronen zu Paaren zusammen und können sich dann gemeinsam ungehindert durch das Material bewegen. Bei tiefen Temperaturen sorgt die Verzerrung des Materialgerüsts dafür, dass sich die Elektronen paarweise verbinden“, so Cancellieri. Mit diesem Wissen könnten Forschende ähnliche Materialien gezielt so verändern, dass sie auch bei höheren Temperaturen supraleitend bleiben. Ein Ansatz ist dabei, mithilfe spezieller nanotechnolgischer Verfahren einzelne Sauerstoffatome in dem Material durch Atome eines anderen Elements zu ersetzen, die zusätzliche Elektronen mitbringen.

Strom tief im Material beobachtet

Das untersuchte Material ist eine Kombination aus LaAlO3 und SrTiO3. Dabei leiten die beiden Oxide einzeln keinen Strom, fügt man sie aber zusammen, kann entlang der Grenzfläche Strom fließen. Allgemein kann die Verbindung von zwei Oxiden neuartige Eigenschaften haben, die in zukünftigen Geräten nützlich sein könnten. Den Stromfluss an der Grenzfläche zwischen den Materialien haben die Forschenden mit hochenergetischem Synchrotronlicht an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des Paul Scherrer Instituts gemessen.

Originalveröffentlichung

„Polaronic metal state at the LaAlO3/SrTiO3 interface“ in Nature Communications, 27. Januar 2016

DOI: http://dx.doi.org/10.1038/NCOMMS10386

(dw)

Sie möchten gerne weiterlesen?