FPGAs und SoCs (System-on-Chip) wie der Zynq-7000 finden zunehmend Eingang in die Medizinelektronik. Beispiele sind Chirurgie-Roboter, Patienten-Monitore, Ventilatoren, bildgebende Systeme (CT und MRI) ebenso wie Röntgengeräte und Defibrillatoren, Endoskope, Infusionspumpen und Analysatoren. FPGAs finden sich auch in High-Performance-Computern für Genom-Sequencing und in der Pharmazie bei der Entwicklung neuer Medikamente.
Warum die feldprogrammierbaren Gate-Arrays diese Schlüsselrolle einnehmen, ist einfach zu erklären: FPGAs und Zynq-SoCs von Xilinx verringern die regulatorischen Hürden bei der Zulassung von neuem Equipment. Mit den All-Programmable-Bausteinen von Xilinx lassen sich hoch zuverlässige Funktionen in Logik realisieren, während andere, weniger kritische Funktionen in Software implementiert werden (Bild 1). „Medizinische Systeme und Geräte unterliegen einer raschen Evolution“, berichtet Kamran Khan, Senior Product Marketing Manager in der Xilinx Medical Group. „Sie werden immer smarter und kompakter, sind höher integriert und weniger invasiv – was die Patienten entlastet.“
Längeres, gesünderes Leben
Der größte Wachstumstreiber für Medizinequipment ist der Anstieg der Weltbevölkerung. Von heute 7,3 wird sie bis 2050 auf 9,7 Milliarden wachsen. Heute repräsentiert die Altersgruppe der über 65-Jährigen etwa 23 % der Weltbevölkerung; um 2050 werden sie 32 % ausmachen. Der Markt der Medizinelektronik dürfte schon 2019 ein Volumen von 212 Milliarden Dollar erreichen. Daran werden die Halbleiter mit sechs Milliarden Dollar partizipieren. „Die Herstellung medizinischer Systeme geschah traditionell in einer stark konsolidierten Industrie“, sagt Khan. „Heute sind Röntgen- und Ultraschallgeräte aber Massenartikel. Es ist nicht besonders schwierig, in diesem Markt Fuß zu fassen, trotz der regulativen Auflagen. Wir sehen einen weltweiten Boom von Start-ups für medizinisches Equipment, mit vielen chinesischen und südamerikanischen Anbietern.“
Eckdaten
Medizinelektronik unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen Gebieten, schließlich geht es hier um Menschenleben. Entsprechend streng sind die Regularien für neue Produkte. Um dennoch innovative Geräte schnell entwickeln zu können, empfiehlt Xilinx einen flexiblen Plattform-Ansatz mit vorzertifizierten Modulen und umfangreichen Tools.
Kamran Khan führt weiter aus: „Dieser Markt verlangt nach funktionaler Integration und Portabilität. Die Krankenhäuser arbeiten traditionell mit nur wenigen Anlagen mit Ausrichtung auf singuläre Aufgaben. Heute geht der Trend zu multiplen Funktionen. Batterieversorgung wird bevorzugt, besonders bei unzureichenden elektrischen Netzen oder in Ambulanzen. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Systemen, die mit anderen Einrichtungen in Echtzeit kommunizieren.“
So muss ein Patientenmonitor mit den Ventilatoren zur Sauerstoffversorgung und den Infusionspumpen für Medikamente interagieren, wenn die vitalen Daten eines Patienten kritische Werte erreichen. „Er muss auch mit dem Datennetz der Klinik kommunizieren, um das Personal bei Notfällen zu alarmieren.“ Diese Information muss zudem als Teil der Patientendaten korrekt gespeichert werden. In diese Richtung zielt die wachsende Akzeptanz aktueller Netzwerk-Infrastrukturen im Gesundheitswesen, wie dem Internet of Things und des Cloud-Computing, stellt Khan fest. Eine sehr aktive Industrie widmet sich jetzt der Echtzeit-Patientenüberwachung – ähnlich der Home-Security-Industrie zur Sicherung von Anlagen und Gebäuden.
Regulierung als Herausforderung
Das regulatorische Umfeld der Medizinelektronik wird in der Industrie oft als die größte Herausforderung bezeichnet. Geräte, die nicht mit dem Körper des Patienten in Berührung kommen, unterliegen in den USA einem Zulassungszyklus von etwa einem halben Jahr. Equipment für kritische Funktionen am oder im Körper des Patienten muss einen Durchlauf von etwa zwei Jahren absolvieren.
„Sehr viele medizinische Systeme, die heute auf den Markt kommen, basieren auf eingebetteten Prozessoren. Mit wachsender funktionaler Komplexität steigen auch der Umfang und die Komplexität der Software-Codes. Zuverlässige Software ist etwas, das noch nicht hinreichend verstanden wird“, urteilt Khan. Das ist einer der Gründe, warum FPGAs und jetzt auch die Zynq-SoCs bei den Herstellern medizinischer Systeme hoch im Kurs stehen. Mit All-Programmable-Bausteinen können sie das Entwicklungsrisiko mindern und den Zulassungszyklus verkürzen.
Medizinische Innovationen
Mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Medizinelektronik hat Xilinx eine umfassende Toolbox entwickelt, die vor allem auf den All-Programmable-FPGAs und SoCs aufsetzt. Sie bietet zertifizierte Design-Tools und Methodologien, die auf Qualität, Zuverlässigkeit und Redundanz ausgerichtet sind, mit erprobter IP und Software-Stacks von Xilinx und den Mitgliedern der Xilinx-Alliance. Die neue SDSoC-Entwicklungsumgebung ermöglicht es Anwendern in der Medizinelektronik, optimierte Systeme schneller zu erstellen. Die kritischen Funktionen sind dabei als Zynq-SoC-Logik implementiert und die weniger kritischen Funktionen in den ARM-Prozessor des Zynq-SoC verlagert (Bild 2).
Über die letzten zehn der insgesamt 30 Jahre, in denen Xilinx den Markt der Medizinelektronik bedient, haben FPGAs zunehmend die ASICs und ASSPs ersetzt. Medizinequipment wird weltweit in relativ geringen Stückzahlen vermarktet. Das macht den Einsatz von ASICs und ASSPs aus Kostengründen, aber auch wegen der zeitraubenden Zulassung kaum möglich. In den späten 80er und frühen 90er Jahren, sagt Khan, setzten die Anwender in diesem Segment erstmals kleinere Xilinx-FPGAs als Sensorschnittstellen ein. In der neuesten Gerätegeneration spielen die FPGAs und SoCs eine Schlüsselrolle. Das gilt insbesondere für das Zynq-SoC, und mehr noch für das neue Zynq-MPSoC Ultrascale+, das zusätzliche Eigenschaften in der funktionalen und Datensicherheit bietet.
Komplexe Systeme
Wenn also ein Medizintechnikhersteller eine Infusionspumpe entwickelt, sagt Khan, dann ist ein Teil des Systems für die Motorsteuerung zuständig, damit diese die exakte Dosierung von Medikamenten einhält, und zwar zu den vorgeschriebenen Zeiten und mit der vom behandelnden Arzt vorgegebenen Metrik. Ein anderer Teil der Pumpe verwendet Biotelemetrie, um sicherzustellen, dass die vitalen Daten des Patienten genau beobachtet werden. „Mit unserem funktional unterteilten (isolierten) Designfluss können die Anwender ihre Systeme partitionieren, also die kritischen Teile als Logik implementieren und damit physikalische Barrieren zwischen den Funktionen einrichten.“ Das bringe zusätzliche Sicherheit bei Systemausfällen und das Herunterfahren in einer sicheren und vorher bestimmbaren Weise.
Mit den neuen SDx-Entwicklungsumgebungen (SDAccel für C, C++ und OpenCL auf FPGAs, sowie SDSoC für C/C++ auf Zynq SoCs) können die Hersteller von medizinischen Systemen Prototypen in C entwickeln und auf diese Weise festlegen, welche Funktionen sie in Hardware oder in Software implementieren. Mit dem isolierten Designfluss lassen sich die Hardware-Funktionen im Detail bestimmen und zusätzliche Redundanz-Layer vorsehen, um die System-Zuverlässigkeit weiter zu erhöhen.
Sicherheits-Standards
Xilinx verwendet große Sorgfalt darauf, dass die angebotenen Bausteine, die Vivado Design Suite und die IP (auch von Mitgliedern der Xilinx-Alliance) strikten Qualitäts- und Sicherheits-Standards entsprechen. Dazu zählen ISO 60601 (3. Edition) und ISO 13485 für medizinische Systeme, sowie ICE 61508 (funktionale Sicherheit) und ICE 62304 (RTOS-Integration). Als Ergebnis dieser Vorkehrungen bringen die Anwender ihre Endprodukte rascher durch den Zulassungsprozess.
„Unsere Kunden brauchen die Zertifizierung ihrer Endprodukte statt einzelner Komponenten“, erklärt Khan. „Wir stellen sicher, dass unsere Bausteine, Tools und IP den geltenden Standards entsprechen. Das RTOS des Xilinx-Alliance-Mitglieds QNX ist bereits laut ICE 62304 vorzertifiziert. Dessen Einsatz auf dem Zynq-SoC kann also bis zu sechs Monate im Zertifizierungsprozess einsparen. Entsprechend bieten andere Mitglieder der Xilinx-Alliance, wie Topic Embedded Products, eine spezielle IP zur Beschleunigung des Prototyping. Diese IP, der Designfluss und das SOM-Board sind vorzertifiziert im Hinblick auf ISO 13485 für das Qualitätsmanagement. Das bedeutet eine weitere Zeiteinsparung.“
Plattform-Modell für SoCs
Das Plattform-Modell der Zynq-SoCs hat viele Vorteile gegenüber multiplen diskreten Bausteinen, betont Khan. „Medizintechnische Systeme sind meist zehn bis 15 Jahre im Markt, also sehr viel länger als Consumergeräte mit typisch zwei bis drei Jahren Lebensdauer. Sie durchlaufen einen dreijährigen Designzyklus, verbringen ein bis drei Jahre im Zulassungsprozess und müssen sich dann lange Jahre im Markt bewähren.“
Allerdings haben die meisten eingebetteten Prozessoren heute einen Lebensdauerzyklus von etwa fünf Jahren, bevor sie durch neuere Versionen ersetzt werden. Das liegt daran, dass sie hauptsächlich für den Consumermarkt ausgelegt sind. Für die Medizintechnik bedeutet das einen weiteren langwierigen Zulassungsprozess, wenn ein älterer Chip gegen einen neueren ausgetauscht werden muss.
Die Zynq-SoC- und MPSoC-Familien realisieren die Performance-Vorteile eingebetteter oder mehrerer Prozessoren, neben Produktdifferenzierung und Sicherheit durch Programmierbarkeit. Außerdem bieten sie I/O-Flexibilität für eine Vielzahl von Protokollen, Sensoren und Video-Konfigurationen. Khan: „Die Integration vieler Systemfunktionen im Zynq-SoC oder MPSoC spart Platz, senkt die Materialkosten (BOM) und verringert drastisch die Leistungsaufnahme im Vergleich zu Multichip-Plattformen. Das alles treibt die medizinische Innovation.“
(lei)