Einblick in den Zeit- und den Frequenzbereich

Oszilloskope werden typischer Weise eingesetzt um im Zeitbereich Signale zu analysieren. Aber dieses stellt nur einen Teil des Informationsgehaltes dar, den man oft zur Analyse und zum Auffinden von Fehlern benötigt. Kann zusätzlich auf Informationen aus dem Frequenzbereich zugegriffen werden, so sind schnell wichtige Informationen zusammengetragen, um schneller zu einer Lösung eines Problems zu kommen oder um das Verständnis für die Schaltung zu verbessern. Man erkennt die kritischen Signalpfade und kann Abhilfe schaffen.

Die meisten Echtzeit-Oszilloskope haben integrierte Mathematik-Funktionen, die auf die erfasste Datenmenge sogar während des eigentlichen Messvorgangs angewendet werden können. Die Ergebnisse werden parallel zu der aufgenommenen Signalform auf dem Display dargestellt. Für eine FFT müssen allerdings komplexe mathematische Operationen durchgeführt werden.

Für Einstellungen zur FFT-Analyse können unterschiedliche Setups genutzt werden. So kann eine FFT durch die Eingabe einer Start- und Stop-Frequenz, oder durch die Eingabe eines Frequenzwertes, der in der Displaymitte liegen soll, in Verbindung mit der Eingabe des insgesamt darzustellenden Bereiches bestimmt werden. Über die Display-Marker, die auf einzelne Signalspitzen gesetzt werden können, sind ihr Frequenzwert und ihre Signalleistungs-Amplitude ablesbar. Eine aufrufbare mathematische Funktion erlaubt nun die Anzeige der Differenz der Signal-Amplitude und Signal-Frequenz zwischen den durch die Marker bestimmten Signal-Spitzen.

Die FFT ist ein Algorithmus, mit dem die Frequenzanteile eines Signals berechnet werden. Dabei sind große Messwert-Speicher von Vorteil, da dadurch die FFT in einem weiten Frequenzbereich darstellbar ist, niederfrequentere Signalanteile erkennbar werden und eine bessere Bandbreitenauflösung möglich ist. Daher ist eines der Auswahlkriterien für ein Oszilloskop wie schnell die FFT-Funktion ausgeführt wird, wenn der gesamte Messwert-Speicher zur Verfügung steht.

Die FFTs in Oszilloskopen nutzen zur Transformation in der Regel nur die Anzahl an Messpunkten (Stützstellen), die auf dem Bildschirm im Zeitbereich zu sehen sind. Mit jedem Trigger übernimmt das Oszilloskop nur einen begrenzten Zeitanteil aus dem Signalablauf auf, je nachdem wie hoch die Abtastrate und wie groß der verfügbare Speicher (typisch sind 106 Messwerte) ist. Die FFT kann keine Frequenzanteile „sehen“ die unterhalb des inversen Wertes des dargestellten Zeitfensters ist. Um eine verdächtige Stelle in der FFT-Darstellung zu erkennen, muss der Speicher genügend Messwerte aufnehmen können. Ein einfaches Beispiel zur Verdeutlichung: Bei einem Schaltnetzteil, das bei 20 kHz arbeitet, benötigt man 1/20 kHz oder 50 µs Beobachtungszeit um diese 20 kHz in der FFT zu sehen. Bei einer Abtastrate von 10 GS/s sind dies 500 x 103 Abtastpunkte, die aufgenommen werden müssen. Typischerweise wird durch den FFT-Aufruf auch die Bandbreitenauflösung und das Verhältnis zur Speichergröße und der darstellbaren Frequenzauflösung bestimmt. Anwender von Oszilloskopen stellen in der Regel die Speichertiefe ein und das Oszilloskop zeigt die Bandbreitenauflösung an. Durch diese nutzbare Bandbreitenauflösung, die durch die zu verwendende Speichergröße bestimmt wird, lässt sich feststellen, bis zu welcher gewünschten Frequenz spektrale Inhalte unterdrückt werden.

Wenn schon ein Oszilloskop im Labor vorhanden ist

Entwickler-Teams bauen auf Oszilloskope, zur Fehlerbehebung in ihren Schaltungen. Anwender, die sich mit den Oszilloskopen auskennen nutzen die FFT zu Amplitudenmessungen der einzelnen Signalanteile. Damit nutzen sie das Oszilloskop in einer zusätzlichen Art und Weise, ohne dass sie ein andersartiges Messgerät dazu stellen müssen. Die sehr einfachen FFT-Einstellungen und das Display sprechen für sich (Bild 1). Die FFT-Funktion bei Oszilloskopen bietet in aller Regel unterschiedliche Filter an, wie beispielsweise Rechteck, Hanning, Flattop, Blackman-Harris und Hamming. FFT-Messungen können entweder auf einen Satz Messpunkte angewendet werden (statisch) oder auch auf eine fortlaufende Messung (dynamisch). Wird die unbegrenzte „Nachleuchtdauer“ eingeschaltet, so sind sehr selten auftretende Signal-Anteile aufzufinden.

Die Fast Fourier Transformation ist nicht nur auf einen Kanal anwendbar, sondern auch auf mehrere Signalkanäle gleichzeitig. Damit ist es dem Anwender möglich mit Hilfe der Triggerbedingungen und einer verzögerten Darstellung (Delay-Funktion) Signalgegebenheiten zu untersuchen, die sich auf mehrere unterschiedliche Signale auswirken und die auch zum selben Zeitpunkt, entsprechend der Triggerbedingung, auftreten. Oszilloskope der oberen Preisklasse ermöglichen sogar die Anwendung mathematisch kaskadierbarer Operationen. Ein Beispiel soll dieses verdeutlichen: In einer ersten Funktion kann die Differenz von zwei aufgenommenen Signalen gebildet werden, die dann in einer zweiten Funktionsfolge mit der FFT in den Frequenzbereich transformiert wird.

In der täglichen Praxis müssen Ingenieure eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Signalen aufnehmen und beurteilen. Das ist der Hintergrund, warum die Hersteller auch sehr unterschiedliche Tastköpfe anbieten – von Differenz-Tastköpfen über Ein-Leiter-Tastköpfe zu speziellen Hochvolt- oder Nieder-Spannungs-Tastköpfen, von Tastköpfen für den hohen Frequenzbereich bis zu denen im unteren Frequenzbereich. Diese Tastköpfe sind alle designed um an möglichst viele Oszilloskope angeschlossen werden zu können.

Bezogen auf die FFT bedeutet dieses, dass Tastköpfe und andere Messaufnahmen, selbst Kabel, einen Einfluss auf das Transformationsergebnis haben können. Aus diesem Grund hat Agilent sehr hochwertige Tastköpfe, speziell für die Oszilloskope der oberen Bandbreiten-Klasse entwickelt, die sogar der Bandbreite-Anforderungen des jeweiligen Oszilloskops angepasst werden können, wodurch genauere Messungen ermöglicht werden. Speziell für die jetzt bis 63 GHz reichenden Echtzeit-Oszilloskope der Agilent-Serie 90000 Q wächst die Bandbreite des Tastkopfs mit. Es gibt upgrade-Pfade, mit dem sowohl die Bandbreite des Oszilloskops als auch des Tastkopfes angepasst werden kann, so dass beide Bandbreiten zueinander harmonieren.

Verglichen mit einem Netzwerk- oder Spektrum-Analysator hat ein Oszilloskop ein deutlich höheres Eigenrauschen. Daher sind Oszilloskope mit einer integrierten FFT-Applikation dazu gedacht, um grundsätzliche Fehler, die im Frequenzbereich zu Tage treten, zu entdecken. Eine weitaus genauere Analyse lässt sich dann mit einem Netzwerk-Analysator mit TDR-Funktion (Time Domain Reflektometer) durchführen.

Breitbandige Frequenzanalyse mit einem Oszilloskop

Spektrum-Analysatoren bieten einen sehr weiten Frequenzbereich, bei dem allerdings nur ein bestimmtes Frequenz-Fenster auf dem Display angezeigt und untersucht werden kann. Im Gegensatz dazu wird bei einem Oszilloskop der komplette zeitliche Ablauf eines Signals aufgenommen, vom Gleichanteil bis hin zu den höchsten Frequenzanteilen des Signals, nur limitiert durch die Bandbreite des Tastkopfes und des Oszilloskops. Anwender, die das breitbandige Signal, vom Gleichanteil bis zu den hohen Frequenzen sehen wollen, ist das Oszilloskop die einzige Mess-Möglichkeit. Echtzeit-Oszilloskope können mit ihrer FFT das gesamte Spektrum abbilden, das nur durch den Tastkopf oder durch die Bandbreite des Oszilloskops begrenzt wird.

Bleiben wir bei dem Beispiel mit dem 20-kHz-Schaltnetzteil; jetzt aber zusätzlich mit einem im Gerät integrierten 100-MHz-Taktgenerator. Die FFT wird natürlich die 100 MHz und ihre Harmonische zeigen und dazu die Störer des 20-kHz-Schaltnetzteils, die sich mit dem Taktsignal überlagern. Die relativen Amplituden der Störanteile geben einen ersten Anhaltspunkt, wie stark der Störer und seine Oberwellen eine unerwünschte Rauschanhebung verursachen. So bietet die FFT einen Einblick, wie sich Koppelprobleme vom Netzteil in die Signalpfade auswirken. Diese Beurteilung im Zeitbereich ist unmöglich – man erkennt diesen Einfluss nur an dem Fehlverhalten einer Schaltung und kann die Ursache neben anderen möglichen Fehlerquellen vermuten – die FFT gibt den Aufschluss.

Neben dieser Möglichkeit der Messung ist das zufällige Eigenrauschen der Oszilloskope ein Hindernis um sehr kleine Signalanteile zu erkennen, da sie im Rauschen untergehen.

Durch eine Durchschnittsbildung der FFT-Ergebnisse lässt sich der zuvor beschriebene Effekt des Eigenrauschens reduzieren. Damit können kleine Störanteile sichtbar gemacht werden. Da sich das Eigenrauschen ausmittelt, wachsen die Störanteile förmlich aus dem Rauschen. Über mehrere FFT-Analysen mittelt sich das zufällige Oszilloskop-Rauschen heraus und man erreicht eine Verbesserung der Sichtbarkeit von kleinen (Stör-) Signalen. Man muss sich natürlich darüber im Klaren sein, dass durch eine hohe Anzahl an Durchschnittsbildungen die update-Rate der Messungen bzw. der Messablauf verlangsamt wird.

Signale zur weiteren Spektralanalyse auf PCs exportieren

Es gibt eine Vielzahl an PC-basierter Analyse-Software, mit deren Hilfe es möglich ist, eine oder mehrere aufgenommene Kurvenformen unabhängig vom eigentlichen Messplatz zu analysieren. So auch die von Agilent vorgestellte Software Infinii View (Bild 2). Mit dieser Software hat man die gleichen Einstell-Parameter und -Möglichkeiten wie bei den Oszilloskopen, so dass keine Umgewöhnung in der Anwendung dieses Programms nötig ist. Auch das Display entspricht dem des Oszilloskops mit den entsprechenden Einstellungen. Anwender können sowohl auf der Frequenz-Achse wie auch auf der Amplituden-Achse Marker setzen und entsprechende mathematische Operationen, wie zum Beispiel die Differenzbildung, durchführen. Ferner lassen sich Referenz-Pegel setzen, gegen die die einzelnen Signalspitzen vermessen werden. Das Ergebnis ist eine Liste der Signalanteile, die diesen Referenzwert überschreiten.

Das Auslagern des gemessenen Signals auf einen PC gibt die Möglichkeit, weitaus größere hochauflösende Displays zu nutzen, als sie in den Messgeräten im Labor eingebaut sind. So lässt sich die spektrale Darstellung auf einen Monitor projizieren, während der Zeitablauf des Signals auf einem anderen Monitor dargestellt wird. Natürlich lassen sich die einzelnen Monitor-Darstellungen in Dokumentationen oder in ein E-Mail einbinden. Einmal abgespeichert, sind die Datensätze und die Einstellungen für einen späteren Zeitpunkt wieder ladbar und nutzbar. Auch ist man damit unabhängig von den Screen-shots; denn oft hat man die falsche Einstellung oder den falschen Ausschnitt gewählt, so dass man den Messaufbau erneut einrichten und die Messung wiederholen muss.

Ferner bietet die Auslagerung des Messergebnis auf einen PC mit den entsprechenden Analyse-Tools die Möglichkeit, das Messsystem anderen Teams zur Verfügung zu stellen. Dieses spart Investment-Kosten und führt auch zu einer kürzeren Entwicklungszeit, wenn Teams das Messsystem quasi parallel nutzen können. So hat diese Vorgehensweise auch eine wirtschaftliche Komponente.

Die Software Agilent Spectrum Visualizer (ASV) 64996A verfügt über noch wesentlich mehr Analyse-Möglichkeiten in der Frequenzebene. Sie ermöglicht Spektrum- und Spektrogramm-Analyse mit den bekannten Einstelloptionen und Markerfunktionen wie sie Hochfrequenz-Ingenieure kennen. Die obere Bildhälfte in Bild 3 zeigt ein FSK-Spektrum. Es ist deutlich zu erkennen, dass zwischen den beiden Frequenzen 99,5 und 1005 MHz hin und her geschaltet wird. Die untere Bildhälfte zeigt dieses Spektrum im zeitlichen Verlauf (y-Achse); die Farbe Rot zeigt die Signale an, die über den Trigger-Signalpegel hinausgehen. Man erkennt, dass es durchaus auch Frequenzanteile gibt, die diesen Signalpegel auch erreichen. Die Display-Mitte ist auf 100 MHz eingestellt. Die Lösung geht weit über das hinaus, was normale Oszilloskope mit ihrer FFT-Option bieten. In Bild 4 zeigt die obere Bildhälfte das Spektrum der FSK mit den beiden markanten Frequenzen, zwischen denen hin und her geschaltet wird. In der unteren Bildhälfte ist ein typisches Wasserfall-Diagramm zu erkennen. Die Pegel der einzelnen Frequenzen sind farblich hervorgehoben, so dass man die Varianz versus Zeit bzw. Ausreißer erkennen kann.

Mit der ASV-Software lassen sich sehr komplexe Hochfrequenz-Analysen durchführen. Soll zum Beispiel ein Telekommunikationssignal via HF-Sender übertragen werden und anschließend das empfangene Signal, das dann in seinen I- und Q-Modulations-Komponenten vorliegt, analysiert werden, so sind diese mit dem Oszilloskop aufzunehmen und mit der Software 64996A zu analysieren. Die Oszilloskop-Erfassung kann bei höheren Frequenzen, mit der Oszilloskop-Serie 90000 Q bis zu 63 GHz, erfolgen und auch die Analyse mit dieser ASV-Software geschieht bis in diesen hohen Frequenzbereich. Visualisierungs- und Analyse-Werkzeuge liefern Konstellations-Diagramme, EMV-Spektrum und Modulations-Analyse. Dargestellt ist dieses in Bild 5.

Für Anwender, die nicht über einen Netzwerk- oder Spektrum-Analysator verfügen, ist die Lösung mit einem Oszilloskop und der Software N8900A Infinii View oder der Software 64996A Agilent Spektrum Visualizer (ASV) für höhere Ansprüche an Messmöglichkeiten im HF-Bereich, eine optimale Lösung um derartige Signal-Qualifizierungen durchführen zu können. Zudem sind Oszilloskope wesentlich einfacher im Bestellprozess zu verargumentieren wie beispielsweise Netzwerk-Analysatoren. FFT-Funktionen sind sehr schnell aufrufbar und der überschaubare Frequenzbereich wird nur, wie oben gezeigt, durch die Bandbreite des Oszilloskops und des Tastkopfes, sofern einer verwendet wird, bestimmt. Erkennt der Anwender ein Problem im Zeitbereich, kann er sehr schnell in den Frequenzbereich wechseln, um weitere Details zu erhalten, ohne einen neuen Messaufbau erstellen zu müssen. Für Anwender, die einen deutlich besseren Dynamik-Bereich, deutlich weniger Verzerrung, eine bessere SFDR (spurious free dynamic range; störungsfreier dynamischer Bereich) oder eine sehr spezifische Spektralanalyse benötigen, ist allerdings der Spektrum-Analysator oder ein Netzwerkanalysator die bessere Wahl.

Klaus Höing

: dataTec

(jj)

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