Bei zentralen Antriebslösungen geht der Trend zu Ein-Kabellösungen, die Leistung und Daten über die Position und Drehzahl des Motors übertragen.

Bei zentralen Antriebslösungen geht der Trend zu Ein-Kabellösungen, die Leistung und Daten über die Position und Drehzahl des Motors übertragen.Lapp

Vor allem im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Roboterindustrie, wo Servoantriebe für unterschiedliche Applikationen eingesetzt werden, kommen zunehmend Hybridleitungen zum Einsatz. In der Vergangenheit war es üblich, Servomotoren mittels Servoleitung und separater Drehgeberleitung mit dem Umrichter zu verbinden. Heute kommen hingegen zunehmend Hybridleitungen zum Einsatz, die Servo- und Drehgeberleitung in einem gemeinsamen Kabel vereinen. Sowohl Leistung als auch Daten werden bei dieser Lösung über eine gemeinsame Leitung übertragen. Diese Leitung ist, wie auch bei konventionellen Servoleitungen, aus drei Leistungsadern, einem Schutzleiter und einem optionalen Steuerpaar für die elektrische Bremse aufgebaut. Das ebenfalls optionale Steuerpaar für den Temperaturfühler wird hierbei allerdings durch ein Datenpaar (Twisted-Pair). Dieses Datenpaar hat zwei Aufgaben. Einerseits dient es als Übertragungsmedium für den Temperaturfühler andererseits ist es für die gesamte Kommunikation des Motor-Feedback-Systems zuständig. Eine zusätzliche Drehgeberleitung ist daher nicht mehr nötig, da die Encoder/Resolver-Signale auf die Versorgungsspannung des Feedback-Systems aufmoduliert werden.

Ein Kabel dicht gepackt

Für das digitale Protokoll wird beispielsweise Hiperface DSL von Sick verwendet. Diese Digitale-Servo-Link-Schnittstelle entspricht dem RS485-Standard mit einer Übertragungsrate von 9,375 MBaud. Die Datenübertragung erfolgt synchron zum Reglertakt, der bis zu 11,95 µs kurz sein kann. Die Kabel zwischen Drehzahlregler und Feedback-System können bis zu 100 m lang sein.

Typischer Leitungsaufbau: drei schwarze Leistungsadern, GN/GE Schutzleiter, optionales Steuerpaar mit Abschirmgeflecht (schwarz), Signalpaar mit alukaschierter Folie und Abschirmgeflecht (weiß/blau).

Typischer Leitungsaufbau: drei schwarze Leistungsadern, GN/GE Schutzleiter, optionales Steuerpaar mit Abschirmgeflecht (schwarz), Signalpaar mit alukaschierter Folie und Abschirmgeflecht (weiß/blau).Lapp

Abgestimmt auf diese Schnittstelle hat Lapp 2012 mit der Entwicklung neuer Leitungstypen begonnen. 2013 stellte das Unternehmen erste Hybridleitungen Ölflex Servo FD 7DSL und Ölflex Servo 7DSL vor. Erste Prototypen wurden bereits im Lapp Testzentrum ebenso wie im Hause Sick, wo sie auch in unterschiedlichen Prüfaufbauten zum Einsatz kommen, getestet. Das Datenpaar besteht derzeit üblicherweise aus sieben- oder 19-drähtigen verzinnten Kupferleitern. Die verzinnten Kupferleiter schützen das Isolationsmaterial vor dem direkten Kontakt mit Kupfer (Wärmealterung) und verhindern die Oxidation. Das macht die Kabel langlebiger. Durchaus möglich sind auch alternative Hybridlösungen, die beispielsweise auf Industrial Ethernet basieren oder optische Datenübertragungssysteme verwenden, wie POF (optische Poymerfaser) oder PCF (kunststoffummantelte Glasfaser).

EMV-technisch betrachtet ist der Einsatz optischer Datenübetragungssysteme eine Überlegung wert, zumal die Gefahr von Störungen oder Ausfällen, die auf elektromagnetische Ursachen zurückzuführen sind, zugenommen hat. Vor allem, weil mit der zunehmenden Verbreitung elektronischer Geräte oder Komponenten im industriellen Umfeld sowohl die Anzahl potenzieller Störquellen als auch potenzieller Störsenken stetig steigt. Unter dem Begriff Störsenke versteht man beeinflusste Betriebsmittel, wie Sensoren. Dennoch bleibt zu berücksichtigen, dass auch beim Einsatz von Lichtwellenleitern Übergangsstellen von optischen Elementen auf Kupfer nicht zu vermeiden sind. Daher ist der Einsatz optischer Übertragungsmedien für das Datenpaar derzeit keine Alternative.

Fest oder flexibel verlegt

Bei Hybridleitungen, wie auch bei konventionellen Servo- und Geberleitungen, differenziert man anhand der Verlegeart: fest oder flexibel. Hiervon hängt mitunter der sogenannte Mindestbiegeradius ab. Dieser ist generell bei fester Verlegung geringer, da die Leitung nur während der Installationsphase gebogen wird und nicht für 5 bis 10 Millionen Wechselbiegezyklen ausgelegt ist. Der physikalische Stress auf die Verseilverbände ist hierbei schlichtweg geringer. Hybridleitungen, die für den bewegten Einsatz in Energieführungsketten geeignet sind, tragen bei Lapp den Zusatz ‚FD‘. Da bei Hybridleitungen neben Leistung und Steuersignalen auch Daten übertragen werden sollen, sind elektrische Parameter von Bedeutung, wie der charakteristische Wellenwiderstand, Dämpfungswerte aber auch Kapazitäts-, Induktivitäts- und Widerstandsbelege sowie Laufzeiten und Wellenimpedanzen im definierten Frequenzbereich.

Bei Hiperface-DSL-Leitungen muss der Wellenwiderstand bei 110 ± 10 Ω liegen.

Bei Hiperface-DSL-Leitungen muss der Wellenwiderstand bei 110 ± 10 Ω liegen.Lapp

Das Erfassen und die Analyse der Messdaten für Leitungen, die nur fest verlegt werden, ist unkritisch. Die Leitung wird im stationären Zustand an den entsprechenden Messautomaten angeschlossen und durchgemessen. Demgegenüber ist der Prozess bei führungskettentauglichen Leitungen, die kontinuierlichem Wechselbiegen ausgesetzt sind, schwieriger. Bei diesen Leitungen müssen die Kennwerte über die gesamte Lebensdauer hin, rund 5 Millionen Wechselbiegezyklen, stabil gehalten werden. Daher ist es unerlässlich, unter praxisnahen Bedingungen zu testen – hierfür stehen im Testzentrum bei Lapp unterschiedliche Führungsketten-Systeme zur Verfügung. Zur Messwerterfassung gibt es hierbei zwei alternative Verfahren. Zum einen ist es möglich nach definierten Zyklenzahlen das Gesamtsystem Führungskette anzuhalten und die Hybridleitungen statisch zu messen, zum anderen ist auch ein Echtzeit-Test während der Bewegung möglich. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sehr große Datenmengen generiert werden, sich aber derzeit kein Zusatznutzen erkennen lässt. Um die riesigen Datenmengen zu vermeiden bietet sich daher für Echtzeit-Tests eine dynamische Messwerterfassung an, bei der Datensätze nur temporär, in einer Art laufendem Fenster, gespeichert werden.

Hybridleitungen auf dem Vormarsch

Zusammengefasst ergeben sich durch den Einsatz von Hybridleitungen große Einsparpotenziale. Gerade bei kleineren Antrieben ist die relative Kostenstruktur für eine Feedbackleitung und einen M23-Steckverbinder nicht zu unterschätzen. Auch die Installation wird einfacher. Im Bereich der energieführungsketten-tauglichen Leitungen ist zudem der verringerte Platzbedarf in der Führungskette ein nicht unerheblicher Punkt, zumal konventionelle Servo- und Drehgeberleitungen aus EMV-technischen Aspekten einen gewissen Mindestabstand zueinander haben müssen. Generell bleibt festzuhalten – Hybridleitungen im Bereich Antriebstechnik sind auf dem Vormarsch.

Lucas Kehl

ist Produktmanager bei der U.I. Lapp GmbH in Stuttgart.

(mf)

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