Bereits vor einigen Jahren führte Analog Devices (ADI) unter der Bezeichnung Ipassives (Eigenschreibweise: iPassives) eine Technologie zur Herstellung von integrierten passiven Bauteilen ein. Damit wollte der Halbleiterhersteller passive Bauteile herstellen, die es ermöglichen, einen größeren Teil der Signalkette mit einzubeziehen. Zugleich sollte die Technologie die bisherigen Einschränkungen und Komplexitäten von schon vorhandenen Konzepten zur Einbindung von passiven Bauteilen beseitigen. Die Entwickler sehen die Ipassives-Technologie auch als flexibles Entwicklungstool, welches das Design von Systemlösungen mit Leistungsfähigkeit und Robustheit in kurzen Entwicklungszeiten ermöglicht.
Ohne die Herausforderungen, komplexe integrierte Prozesse entwickeln zu müssen, kann ADI die Diversität seines vorhandenen Angebots nutzen, um Plug-&-play-Systeme mit unterschiedlichen Eigenschaften zu produzieren. Die Ipassives-Technologie setzt der Halbleiterhersteller ein, um dies alles in höchst flexiblen Netzwerken zusammenzufassen und mithilfe der System-in-Package-Technologie μ-Module-Bauteile zu realisieren, die qualifiziert, getestet und charakterisiert sind. Systeme, die früher Lösungen auf Leiterplattenebene waren, lassen sich jetzt auf ein einziges Bauteil reduzieren. Die Nutzer von ADI erhalten nun Komplettlösungen mit guter Out-of-the-Box-Leistungsfähigkeit, kurzen Entwicklungszyklen und Kostenersparnissen — und das alles in sehr kompakten Gehäusen.
Technologie für passive Bauteile
Eckdaten
Auf den ersten Blick mag der Einsatz von integrierten Passiven gegenüber bestehenden Ansätzen nur inkrementell vorteilhafter erscheinen. Die Vorteile erweisen sich jedoch als signifikant. Die von ADI eingesetzten Ipassives definieren nicht nur neu, was gemacht werden kann, sondern auch, welche Geschwindigkeiten, Kosten und Größen sich zum Vorteil für Kunden auswirken.
Passive Komponenten arbeiten ohne zusätzliche Speisung und gehorchen einer relativ einfachen Beziehung zwischen Strom und Spannung. Typische Passive sind Widerstände, Kondensatoren, Induktivitäten, Transformatoren und Dioden. Manchmal ist die Beziehung zwischen Strom und Spannung sehr einfach, etwa bei einem Widerstand, bei dem der Strom linear von der Spannung abhängt. Bei einer Diode hingegen gibt es eine direkte Beziehung zwischen Strom und Spannung, die sich jedoch exponentiell verhält. In Induktivitäten und Kondensatoren ist die Beziehung abhängig von Strom- und Spannungstransienten. Die Tabelle zeigt die Gleichungen für vier der passiven Basisbauteile.
Passive Bauteile lassen sich sowohl in Reihe als auch parallel schalten und sind wesentliche Bestandteile der analogen Signalverarbeitung. Dagegen dienen sie in der digitalen Signalverarbeitung als Pull-up-, Pull-down- oder Impedanzanpassungswiderstände, während sie bei der Unterdrückung von elektromagnetischen Störemissionen (EMI) in LC-Schaltungen zum Einsatz kommen. In Powermanagement-Anwendungen messen und begrenzen Widerstände Ströme und dienen LC-Kombinationen als Energiespeicher.
Einschränkungen bei diskreten Bauteilen
Traditionell liegen passive Komponenten als diskrete Bauteile vor. Dies bedeutet, dass sie einzeln gefertigt und mit leitfähigen Drähten oder Leitungen auf Leiterplatten in einer Schaltung verbunden sind. Im Laufe der Zeit haben sich Passive in drei Richtungen entwickelt: kleinere Abmessungen, geringere Kosten und höhere Leistungsfähigkeit. Die Entwicklung ist nun ausgereift und optimiert. Doch die Abmessungen der Grundfläche und des Profils bedeuten, dass diskrete passive Bauteile stets dem Versuch im Wege stehen, die Gesamtlösung und ihr Bauvolumen zu verkleinern.
Passive machen im Allgemeinen über 80 Prozent der Bauteile einer Anwendung aus, beanspruchen etwa 60 Prozent des verfügbaren Platzes und verursachen rund 20 Prozent der Bauteilkosten. Diese Faktoren erschweren die Warenwirtschaft und bringen Herausforderungen bei der Lagerverwaltung mit sich.
Von Grund auf sind diskrete Bauteile einzeln verarbeitete Komponenten. Es mag zwar Möglichkeiten geben, Komponenten aus bestimmten Chargen auszuwählen, doch besteht weiterhin ein hoher Grad an Einzigartigkeit jedes Bauteils. Jedoch ist dies ein großer Nachteil, wenn optimal angepasste beziehungsweise aufeinander abgestimmte Bauteile notwendig sind.
Für Bauteile, die aufeinander abgestimmt beziehungsweise angepasst sein sollen, tragen Einzigartigkeit und Unterschiede zwischen Komponenten zu Fehlern bei, welche die Leistungsfähigkeit der Schaltung herabsetzen können. Zusätzlich verschlechtert sich die Leistungsfähigkeit der Schaltung je nach Betriebstemperatur und Lebensdauer.
Ein weiterer Nachteil von diskreten passiven Bauteilen ist, dass die Bestückung und Verdrahtung einzelner Komponenten Zeit und einfach zu viel Platz benötigt. Ein Lötverfahren verbindet die passiven Komponenten per Durchsteckmontage oder SMD-Bestückung. Die Durchsteckmontage ist die ältere der beiden Montagetechniken. Bei diesem Verfahren stecken Maschine bedrahtete Bauteile durch Kontaktlöcher in der Leiterplatte und kürzen überschüssige Leitungslängen. Anschließend verbindet ein Lötvorgang die Anschlussdrähte mit der Leiterbahn. Die Oberflächenmontage oder SMD-Bestückung hat die Entwicklung von kleineren passiven Bauteilen ermöglicht. In diesem Fall werden SMDs mit einem Pick-&-place-Automaten direkt auf Lotpastendepots auf der Leiterplatte bestückt. Anschließend durchläuft die Leiterplatte einen Reflow-Lötprozess, bei dem sich das Lötzinn verflüssigt und elektrische Verbindungen herstellt. Beim Abkühlen verfestigt sich das Lot und befestigt das SMD-Bauteil mechanisch auf der Leiterplatte. Das Hauptproblem bei beiden Bestückungstechniken ist, dass der Lötprozess sehr unzuverlässig sein kann. In einer Branche, die mit Ausfallraten im ppm-Bereich rechnet, ist dies nicht akzeptabel.
Um eine hohe Lötzuverlässigkeit sicherzustellen, sind mehrere Faktoren wichtig wie zum Beispiel die genaue Zusammensetzung des Lots. Auch die mechanische Stabilität während des Reflow-Lötens wirkt sich auf die Lötzuverlässigkeit aus. Hinzu kommen die Reinheit des Lots sowie die Zeitdauer und Temperatur im Reflow-Lötprozess.
Wie schnell und lange das Lot erhitzt wird, die tatsächliche Temperatur sowie die Gleichmäßigkeit der Temperatur spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Jede Abweichung an dieser Stelle kann zu Schäden an den Lotflächen oder Kontaktlöchern führen beziehungsweise mechanische Belastungen an Bauteilen bewirken, die im Laufe der Zeit Ausfälle verursachen. Ein weiterer Nachteil beim Einsatz von passiven Bauteilen auf Leiterplatten ergibt sich daraus, dass die Leiterbahnen wegen der auseinandergespreizten Anschlussdrähte der Komponenten relativ lang sein müssen. Dadurch können unberechenbare parasitäre Elemente entstehen, welche die Leistungsfähigkeit und die Reproduzierbarkeit von Resultaten begrenzen können.
Typischerweise zeigen Leiterbahnen Induktivitäten um die 1 nH/mm, während die Kapazitäten abhängig sind von der Leiterbahnbreite und dem Abstand zu benachbarten Leiterbahnen. Die Toleranzen der Leiterbahnen tragen zu Schwankungen der Parasitäten bei. Somit sind die Parasitäten nicht nur störend, sondern auch unvorhersagbar. Passive Bauteile weisen eine Reihe von potenziellen Kontaktpunkten zur Außenwelt auf, an denen bei manueller oder maschineller Verarbeitung elektrostatische Entladungen (ESD) auftreten können. Auch dies birgt Risiken für die Zuverlässigkeit und Robustheit in sich.
Vorteile von integrierten Passiven
Integrierte Schaltkreise enthalten heute mehrere Millionen Transistoren, die über sehr gut definierte Metallverbindungen zusammengeschaltet sind. Halbleiterhersteller entwickelten spezielle Prozesse für Analoganwendungen wie DACs und ADCs, da sie neben Transistoren ganze Portfolios passiver Bauteile enthalten. Damit diese Präzisionsanaloganwendungen die erforderliche Leistungsfähigkeit erzielen, entwickelten Hersteller Passive mit sehr hoher Qualität. Diese qualitativ hochwertigen passiven Bauteile dienen zum Aufbau von integrierten Passiven. Genau wie ICs eine Vielzahl von Transistoren enthalten, können sich bei integrierten Passiven zahlreiche passive Bauteile hoher Qualität auf sehr kleiner Fläche befinden. Ähnlich wie ICs werden integrierte Passive auf großflächigen Substraten (Wafer) gefertigt. So lassen sich gleichzeitig mehrere passive Netzwerke produzieren.
Einer der Vorteile, die integrierte gegenüber diskreten Passiven bieten, ist die Möglichkeit der genauen Anpassung (Matching). Aus Gründen der Netzwerk-Kompaktheit produzieren Hersteller integrierter passiver Netzwerke alle Komponenten eines Netzwerks zur gleichen Zeit, unter gleichen Bedingungen, mit den gleichen Materialien und im Wesentlichen am gleichen Ort. Auf diese Art hergestellte passive Komponenten haben eine größere Chance als diskrete Alternativen, sehr gut angepasst zu sein. Die einzelnen Komponenten innerhalb von integrierten Passiven werden dicht nebeneinander platziert, was dafür sorgt, dass Verbindungsparasitäten wie Leiterbahnwiderstände und Induktivitäten auf absoluten Minimalwerten bleiben.
Auf Leiterplatten können sich wegen Leiterbahntoleranzen und Toleranzen bei der genauen Bauteileplatzierung unterschiedliche Verbindungsparasitäten ergeben. Integrierte Passive besitzen aufgrund des zur Herstellung verwendeten Fotolithografieprozesses nur sehr enge Verbindungs- und Bauteileplatzierungstoleranzen. Hinzu kommt, dass bei integrierten Passiven die Parasitäten nicht nur sehr klein, sondern, falls überhaupt vorhanden, auch sehr vorhersagbar und verlässlich beherrschbar sind.
Die Miniaturisierung von passiven Netzwerken zu integrierten Passiven hat den praktischen Vorteil, dass Schaltungsboards kleiner gemacht werden können. Dies führt direkt zur Verringerung der Leiterplattenkosten und ermöglicht mehr Funktionen und Leistungsfähigkeit auf kleineren Grundflächen. Systeme mit hoher Kanalzahl zu entwickeln, wird mit integrierten Passiven wesentlich praktischer.
Ein weiterer signifikanter Pluspunkt von integrierten Passiven ist die Robustheit des sie umgebenden Verbindungsnetzwerks. Anstelle zahlreicher Lötverbindungen sind integrierte Passive im Grunde genommen in einer Einheit zusammengeschweißt, mit Glas versiegelt und zusätzlich durch eine robuste Plastikverkapselung geschützt. In integrierten passiven Netzwerken gibt es keine Probleme mit kalten Lötstellen, Korrosion oder deplatzierten Bauteilen.
Vorteilhaft wirkt sich auch die gute Versiegelung von integrierten passiven Netzwerken auf eine deutlich reduzierte Anzahl an exponierten Knotenpunkten aus. Somit verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass versehentliche Kurzschlüsse oder elektrostatische Entladungen (ESD) die Systeme beschädigen werden.
Der Einsatz von integrierten Passiven (Ipassives)
Der Prozess zur Herstellung von integrierten Passiven ist modular. Das heißt, dass zur Fertigung einer bestimmten passiven Komponente nur bestimmte Prozessschritte notwendig sind. Ein Ipassives-Netzwerk lässt sich im Wesentlichen nur mit der erforderlichen Verarbeitungskomplexität aufbauen. Wie aus Bild 2 ersichtlich, können Entwickler aus einer Reihe von passiven Funktionsblöcken wählen.
ADI hat durch die Einbindung von integrierten Passiven in μ-Module-Bauteile diese Vorteile nochmals weiter ausgebaut. Die Bauteile nutzen die Fähigkeiten einer vielfältigen Palette integrierter Schaltkreise. ADI nutzt Ipassives, um diese integrierten Schaltkreise miteinander zu verbinden. Auf diesem Wege realisiert das Unternehmen komplette Präzisionssignalketten mit nur einem Bauteil. Die beiden μ-Module-Bauteile in Bild 3 enthalten Wandler, Verstärker und andere Komponenten, die mit passiven Verstärkungs- und Filternetzwerken bestehend aus integrierten Passiven zusammengebracht sind.
ADI produziert Signalverarbeitungssysteme, die benutzerspezifisch anpassbar sind. Mithilfe eines Konzepts der Wiederverwendbarkeit aus einem Portfolio bewährter ICs und der Kombination dieses Konzepts mit der Vielseitigkeit von Ipassives gehen sowohl die Entwicklungszeit als auch die Kosten spürbar zurück. Diese Strategie bietet enorme Vorteile für Kunden, die Produkte schneller, effizienter und mit einer Leistungsfähigkeit auf den Markt bringen wollen, die sich auf dem aktuellen Stand der Technik befindet.
(prm)