Luftführung eines Pull-, Push- oder Push-Pull-Konzepts.

Luftführung eines Pull-, Push- oder Push-Pull-Konzepts. (Bild: Pentair)

Eck-daten

Permanent steigende Prozessorleistungen und die höhere Integration erfordern individuelle und gut durchdachte Kühlkonzepte. Der Artikel beschreibt unterschiedliche Konzepte, um vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden, und geht auf die Lösungen von Pentair ein.

Stetige Steigerungen der Prozessorleistungen sowie die immer höhere Integration führen zu einer wachsenden Verlustleitung pro Fläche. Während vor einigen Jahren bei VME- oder Compact-PCI-Systemen von 20 bis 30 W Verlustleistung ausgegangen werden konnte, müssen Systemdesigner heute mit einer erforderlichen Wärmeabfuhr von bis zu 60 W pro Slot rechnen. Auch bei Advanced-TCA-Systemen hat sich die Verlustleistung in den letzten Jahren verdoppelt. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieser Trend auch in Zukunft weiter anhält und die Kühlung von Applikationen ein immer bedeutsameres Thema wird.

Eine weitere Herausforderung ist die steigende Dichte auf den Prozessorboards und die daraus resultierenden Hotspots. Unter Hotspots versteht man eine konzentrierte Fläche mit erhöhten Hitzefeldern. Die Hitze dieser Hotspots wird meist mit großen Kühlkörpern abgeführt, die dann wiederum zu einem höheren Luftwiderstand führen und somit den Luftstrom beeinflussen. Dabei sucht sich die Luft stets den Weg des geringsten Widerstands und umgeht unter Umständen die unbedingt zu kühlenden Hotspots. Die optimale Luftführung ist daher ein äußerst wichtiger Aspekt bei der Definition des Kühlkonzepts.

Diese stets wachsenden Anforderungen an die Kühlung erfordern innovative und vor allem abgestimmte Konzepte. Hierbei geht es nicht nur darum, die Gegebenheiten innerhalb der Applikation zu beachten, sondern auch die der Umgebung. Dabei sind folgende Fragen zu beantworten: Wie hoch ist die Umgebungstemperatur? Wo sammelt sich kühle und warme Luft im System und wie lässt sich die warme Luft abführen?

Um all den verschiedenen Anforderungen und Gegebenheiten gerecht zu werden, stehen Systemdesignern verschiedene Kühlkonzepte zur Verfügung. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Platzierung der Ventilatoren. Es wird zwischen Push-, Pull- oder Push-Pull-Konzept unterschieden.

Das Push-, Pull- oder Push-Pull-Konzept

Bei der Push-Kühlung sitzen die Ventilatoren unter den zu kühlenden Boards und drücken (Push) die Luft an den heißen Bauteilen vorbei, um die Wärme abzuführen. Im Gegensatz dazu sind bei der Pull-Kühlung die Ventilatoren oberhalb der Boards angeordnet. Die Luft wird durch den Kartenkorb gesaugt (Pull). Beide Lösungen haben Vor- und Nachteile, die zum Beispiel die Lebensdauer der Lüfter, den Volumenstrom, die Luftverteilung oder die Bauhöhe der jeweiligen Systeme beeinflussen. Um die Vorteile beider Konzepte zu nutzen, ist es auch möglich, die Lüfter am Luftein- und Luftauslass zu platzieren. Diese Push-Pull-Konfiguration garantiert letztendlich die effizienteste Kühlung. Allerdings ist diese Lösung nicht immer anwendbar und erfordert eine entsprechende Bauhöhe des Systems.

Der zweite, durchaus wichtigere Aspekt ist die Anordnung der Payload-Boards. In größeren 19-Zoll-Systemen wie beim Advanced-TCA mit 14 Slots werden die Boards vertikal eingeschoben. Gleiches gilt auch für Compact-PCI-Systeme mit 3-HE-Steckkarten. In solchen Systemen ist die Kühlung von vorne nach hinten üblich und lässt sich leicht durch eins der bereits erwähnten Kühlkonzepte umsetzen. Der Lufteinlass ist im unteren Bereich auf der Vorderseite und der Luftauslass im oberen Bereich auf der Rückseite des Systems. So wird die Luft vorne angesaugt und von unten durch den Kartenkorb, je nach Anordnung der Lüfter, gedrückt oder gezogen. Diese Luftführung ist deshalb optimal, da der Großteil der Anwendungen in 19-Zoll-Schränken zum Einsatz kommt, in denen für gewöhnlich die Kaltluft im vorderen Bereich des Schrankes zur Verfügung steht. Somit ist unter anderem gewährleistet, dass nicht die warme Abluft von einer Anwendung in den Lufteinlass einer anderen Anwendung eingezogen wird. Außerdem wird die Luft im vorderen Schrankbereich oftmals kontrolliert und gegebenenfalls sogar geregelt, sodass stets gekühlte Luft zur Verfügung steht.

Systeme mit horizontalen Kartenkorb

Verschiedene Luftführungskonzepte innerhalb eines 19-Zoll-Elektronikschranks.

Verschiedene Luftführungskonzepte innerhalb eines 19-Zoll-Elektronikschranks. Pentair

Systeme mit einem horizontalen Kartenkorb stehen jedoch vor der Herausforderung, dass das erste Board im System den kompletten Luftstrom unterbrechen würde. Davon sind üblicherweise Applikationen betroffen, die nur eine geringe Anzahl Boards benötigen. Beispielsweise würde ein Schroff-Compact-PCI-System mit drei Slots und vertikal eingeschobenen 6-HE-Boards viel Platz erfordern, der letztendlich ungenutzt bleibt. Daher sind die Boards in diesen Systemen horizontal angeordnet und die Wärme wird meist durch eine Side-to-Side-Kühlung abgeführt.

Jedoch bringt das Side-to-Side-Kühlkonzept den Nachteil mit sich, dass die Schrankumgebung häufig ungeeignet dafür ist. Je nach Breite des Schranks besteht nicht genügend Freiraum zwischen der Schrankwand und dem System, sodass nicht genügend Kaltluft zur Kühlung der Anwendung angesaugt werden kann. Erschwerend kommt hinzu, dass keine dedizierte Trennung von kalter Luft im vorderen und warmer Luft im hinteren Schrankbereich gegeben ist. Somit ist nicht ausgeschlossen, dass bereits erwärmte Luft vom System angesaugt wird und diese nicht mehr zum Kühlen ausreicht. Oftmals behindern auch Kabel im Seitenbereich des Schrankes einen ausreichenden Luftstrom.

Front-to-Back-Kühlung mit horizontal angeordneten Boards

Pentair hat nun eine Gehäuseplattform entwickelt, bei der horizontal angeordnete Boards von vorne nach hinten gekühlt werden können. Dieses durchdachte und innovative Konzept bietet die Vorteile einer Front-to-Back-Kühlung und gewährleistet eine ausreichende Entwärmung der Applikation. Außerdem lässt sich ein System mit Front-to-Back-Kühlung sehr gut in Schränke mit anderen Systemen und vertikalen Kartenkörben integrieren. Dies ermöglicht ein einheitliches Kühlkonzept innerhalb des Schranks und bietet sehr gute Kühlperformance sowie eine einfachere Überwachung und Regelung.

Realisiert wird dieses Konzept mit einer ausgeklügelten Luftführung und leistungsstarken Lüftern an der Rückseite des Gehäuses. Durch eine 1 HE hohe Luftkammer oberhalb des horizontalen Kartenkorbs wird das System erweitert. Diese Luftkammer dient zur Erweiterung des Lufteinlasses und gleichzeitig zur korrekten Lenkung des Luftstroms.

Die Kaltluft wird von vorne angesaugt und im Inneren des Gehäuses zur rechten Seite geführt. Dann ziehen die Lüfter auf der Rückseite die Luft von rechts nach links durch den Kartenkorb und blasen die warme Luft auf der Rückseite im oberen Bereich wieder heraus. Leistungsstarke Doppelrotationslüfter sorgen dafür, dass der Luftdruck, trotz zweimaligem Umlenken der Luft, erhalten bleibt.

Front-to-Back-Luftführung am Beispiel eines 2-Slot-Advanced-TCA-Systems.

Front-to-Back-Luftführung am Beispiel eines 2-Slot-Advanced-TCA-Systems. Pentair

Dieses Kühlkonzept beschränkt sich nicht auf die Kühlung der Boards im vorderen Kartenkorb, sondern kühlt die gesamte Tiefe des Systems. Somit kann der hintere Bereich des Systems für Rear-Transition-Module verwendet werden, oder gegebenenfalls für eine passende Stromversorgung. Im Compact-PCI-System für 6-HE-Boards hat Pentair den möglichen Einschub von bis zu zwei 19-Zoll-Netzteilen vorgesehen, die direkt mit der Backplane kontaktiert sind. Ein ähnliches Konzept wurde auch beim 6-Slot-MTCA.4 mit Rear-Transition-Modulen umgesetzt, bei dem neben den RTMs auch Netzteile untergebracht sind.

Die leistungsstarken Lüfter sind sicherlich ein wichtiges Merkmal zum Erreichen der gewünschten Wärmeabfuhr. Aber wie bereits erwähnt, spielt die Luftführung eine noch wesentlichere Rolle. Ein Trennblech in der Luftkammer separiert die kalte und warme Luft und verhindert so einen sogenannten Luftkurzschluss. Dieser Kurzschluss würde dazu führen, dass die kühle Luft den Weg des geringsten Widerstands sucht und somit nicht die zu kühlenden Hotspots erreicht. Das Resultat wäre ein frühzeitiger Ausfall der Applikation bis hin zu irreparablen Schäden am System. Nur wenn die kühle Luft auch an die Stellen gelangt, die gekühlt werden müssen, kann die erforderliche Systemstabilität gewährleistet werden.

Um die maximale Kühlleistung zu erreichen, ist viel Know-how und Erfahrung seitens der Gehäusedesigner gefordert. Die Luft innerhalb des Systems muss optimal geführt werden, um den geringstmöglichen Luftwiderstand zu erreichen. Eventuelle Engstellen im Luftkanal führen umgehend zu Druckverlust und somit zur erheblichen Reduzierung der Entwärmung. Eine zusätzliche Herausforderung liegt darin, dass der vordere Kartenkorb im Vergleich zum hinteren eine höhere Verlustleistung aufweist und daher auch mehr Kühlluft erfordert.

Durch empirische Messungen konnten Entwickler von Pentair den optimalen Luftfluss ermitteln und somit sicherstellen, dass die verschiedenen Bereiche innerhalb des Systems ausreichend gekühlt werden. Beim 2-Slot-Advanced-TCA-System von Pentair mit einer Front-To-Back-Kühlung wird so eine Verlustleistungsabfuhr von 450 W pro Slot erreicht.

Neben dem System an sich haben auch die verwendeten Boards einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Luftströmung. Prozessorboards mit hohen Verlustleistungen und aufgesetzten Kühlkörpern stellen einen großen Luftwiderstand dar. Einfache I/O-Boards hingegen, die eine wesentlich geringere Kühlung erfordern, erhalten durch ihren geringeren Luftwiderstand allerdings mehr Kühlluft, die dem Prozessorboard dann fehlt.

Schroff-2-Slot-Advanced-TCA-System mit Front-to-Back-Kühlung.

Schroff-2-Slot-Advanced-TCA-System mit Front-to-Back-Kühlung. Pentair

Pentair verfügt über ein umfangreiches Simulationstool, das sowohl die Wärmeentwicklung als auch die Wärmeabfuhr simuliert. So kann bereits vor der Konstruktion das entsprechende Konzept geprüft und mit entsprechenden Maßnahmen wie beispielsweise dem Einsatz von zusätzlichen Luftleitblechen auf applikationsspezifische Anforderungen eingegangen werden. In einem hausinternen Messlabor mit Windtunnel lassen sich Prototypen direkt verifizieren und gegebenenfalls optimieren.

Pentair bietet diese Plattform bereits für Schroff-Compact-PCI-, -Micro-TCA- und -Advanced-TCA-Systeme an. Dieses Konzept lässt sich auch auf alle weiteren Architekturen wie VME oder selbst auf proprietäre Systeme anwenden.

Christian Ganninger

Global Product Manager for Systems, Pentair Electronics Protection

(ah)

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