
Das Warenerfassungssystem kombiniert industrielle Hochleistungskameras mit aktuellen KI-Algorithmen und benutzerfreundlicher Software, um Artikelnummern, QR-Codes, Barcodes und Schriftsegmente automatisiert zu erfassen. (Bild: Rutronik)
Die wachsende Komplexität der Supply Chain erfordert innovative Lösungen, insbesondere bei der Rückverfolgung auf Produktebene. Das Distributionsunternehmen Rutronik und der KI-Spezialist COMI haben sich zusammengetan, um mit einer kamerabasierten KI-Warenerfassung die Prozesseffizienz zu steigern, Fehler zu minimieren und zugleich die Mitarbeitenden zu entlasten.
Herausforderungen der bisherigen Prozesse
Im Logistikzentrum Eisingen sind Mitarbeitende an 48 Arbeitsplätzen für den Wareneingang zuständig. Mit über 100.000 verfügbaren Bauelementen und deren variablen Erfassungsdaten stellte die manuelle Prüfung und Dokumentation der eingehenden Waren eine große Herausforderung dar. Der hohe Zeitaufwand und die Fehleranfälligkeit führten zu Unstimmigkeiten in den Bestandsdaten, während wichtige Zusatzinformationen wie Artikelnummern oder Chargendaten nicht systematisch erfasst wurden. Dies wirkte sich negativ auf Effizienz, Qualitätssicherung und Nachverfolgbarkeit der entsprechenden Produkte aus.
Wie verändert KI die Prozesse im Wareneingang?
Um den Wareneingangsprozess zu optimieren, setzten die Partner auf eine automatisierte, flexible KI-Lösung. Das System kombiniert industrielle Hochleistungskameras mit aktuellen KI-Algorithmen und benutzerfreundlicher Software, um Artikelnummern, QR-Codes, Barcodes und Schriftsegmente automatisiert zu erfassen – unabhängig von ihrer Position oder Ausrichtung. Die erfassten Daten werden direkt in bestehende Systeme integriert und sind in Echtzeit abrufbar.
Ein entscheidender Vorteil liegt in der Möglichkeit, mehrere Etiketten parallel zu scannen, was den Arbeitsprozess erheblich beschleunigt.

Parser-Algorithmen analysieren die gewonnenen Daten und ermöglichen eine strukturierte Erfassung und Bereitstellung von Artikelnummern, Produktionsdaten, Mengenangaben und Herkunftsländern.
Mithilfe von Optical Character Recognition (OCR) und Large Language Models (LLM) werden relevante Informationen wie Mengenangaben, Preise etc. aus Dokumenten extrahiert und systematisch zugeordnet.
Smarte Supply-Chains und Logistikprozesse
Die KI-gestützte Warenerfassung überzeugt mit Effizienz- und Qualitätssteigerungen: Manuelle Fehler werden nahezu eliminiert, die Datenqualität steigt und der Prozess wird effizienter. So konnte die durchschnittliche Prüfzeit pro Artikel um mehr als 50 Prozent reduziert werden. Die konsequente Warenrückverfolgung wird immer wichtiger und besonders in regulierten Branchen wie Automotive oder Medizintechnik ist eine lückenlose Traceability essenziell.
Dank synthetischer Daten kann die KI bereits vor der Inbetriebnahme mit realitätsnahen Szenarien in CAD-Modellen trainiert werden. Dies spart Zeit und Ressourcen und stellt eine hohe Genauigkeit sicher. Die Software bleibt durch kontinuierliche Updates anpassbar, sodass weitere Anwendungsfälle, etwa in der Qualitätssicherung oder Produktionsüberwachung, leicht integriert werden können.
Zukunftsfähigkeit durch strategische Partnerschaften
Seit Oktober 2024 hält Rutronik eine 30-prozentige Beteiligung an COMI. Ziel ist es, international skalierbare Soft- und Hardwarelösungen aus einer Hand anzubieten. Besonders in den Bereichen Computer-Vision und KI-basierter Bildverarbeitung arbeiten die Partner an der Entwicklung und Bereitstellung noch weiterer KI-Anwendungen für Industrie und Handel.
Die Partnerschaft zeigt, wie KI-Technologien industrielle Prozesse transformieren und der konkrete Anwendungsfall belegt, wie insbesondere Logistikprozesse optimiert werden können. Unternehmen mit eigener Logistik profitieren so von einem praxisnahen Einstieg in die smarte Logistik, die nicht nur Effizienz und Fehlerminimierung verspricht, sondern auch eine solide Grundlage für weitere digitale und automatisierte Prozesse legt.
Ein Blick hinter die Kulissen
Im Interview erklären Christian Krebs (Rutronik) und Markus Förste (COMI), wie die KI-basierte Lösung nicht nur Prozesse beschleunigt, sondern auch die Rückverfolgbarkeit optimiert.
Welche konkreten Herausforderungen konnte KI-gestützte Warenerfassung bei Rutronik lösen?
Christian Krebs (Rutronik): Eine der größten Herausforderungen war die manuelle Datenerfassung und deren Fehleranfälligkeit. Dank der kamerabasierten KI-Technologie konnten wir diesen Prozess automatisieren und eine lückenlose Rückverfolgbarkeit (sog. Traceability) sicherstellen. Die Datenqualität verbesserte sich dadurch erheblich und das in Kombination mit einer deutlichen Zeitersparnis durch weniger manuelle (Nach-)Erfassung.
Wie flexibel ist das System und welche zukünftigen Entwicklungen sind geplant?
Markus Förste (COMI): Das System ist hochgradig anpassbar und kann durch Software-Updates stetig weiterentwickelt werden. Zukünftig wollen wir noch tiefere Integrationen mit IoT-Technologien ermöglichen, um eine nahtlose Kommunikation zwischen Maschinen und Systemen zu realisieren.
Wie sehen Sie die Zukunft der KI in der Logistik?
Christian Krebs: Die Logistikbranche steht am Beginn einer umfassenden digitalen Transformation. KI wird in den kommenden Jahren auf dem Weg zu mehr Effizienz, Transparenz und Agilität eine zentrale Rolle spielen. Wir sehen großes Potenzial, diese Entwicklungen aktiv mitzugestalten. Die Zukunft der Logistik ist intelligent, vernetzt und flexibel – und die Implementierung der KI-basierte Kameratechnologie von COMI bei uns in der Logistik ist ein Beweis dafür, wie strategische KI-Integration gelingen kann. (bs)