Anwendungsgebiete für kabelloses Laden wie Automotive- und mobile Anwendungen.

Bild 1: Vielfältige kabellose Ladeanwendungen bieten den Nutzern mehr Komfort. (Bild: Infineon)

Beim kabellosen Laden wird ein wechselndes Magnetfeld genutzt, um Energie zwischen zwei Objekten über Spulen zu übertragen. Die Effektivität der Energieübertragung zwischen den Spulen wird als „Kopplung“ bezeichnet und hängt von mehreren Parametern ab wie beispielsweise von der mechanischen Konstruktion der Spulen sowie deren Abstand und Ausrichtung. Wenn die Spulen aufeinander ausgerichtet sind und sich in unmittelbarer Nähe befinden, ist die kabellose Energieübertragung fast so effizient wie das kabelgebundene Laden.

Eckdaten

Es gibt eine Reihe von Herausforderungen für Entwickler kabelloser Ladeprodukte, die ein hohes Maß an Systemkenntnis und Fachwissen erfordern. Neben den Ladespulen und ihrer Wechselwirkung mit den umgebenden Strukturen müssen sich die Konstrukteure mit dem Wirkungsgrad, dem mechanischen Gehäuse und elektromagnetischen Störungen (EMI) befassen. Mit optimierten Komponenten und sorgfältiger Ausrichtung von Ladegerät und Verbraucher, Spulen der richtigen Größe und dem richtigen Abstand zwischen den Spulen kann jedoch ein guter Kopplungsfaktor erreicht und die Leistung mit hohem Wirkungsgrad übertragen werden. Darüber hinaus können metallische Fremdkörper wie etwa Münzen und Schlüssel während des Ladevorgangs ein Sicherheitsrisiko darstellen und müssen durch Fremdkörpererkennung (Foreign Object Detection – FOD) zuverlässig erkannt werden.

Anwendungsgebiete für kabelloses Laden wie Automotive- und mobile Anwendungen.

Bild 1: Vielfältige kabellose Ladeanwendungen bieten den Nutzern mehr Komfort. Infineon

Lösungen für kabelloses Laden haben zwei Schlüsselelemente: den Sender und den Empfänger. Der Sender enthält einen MOSFET-Wechselrichter, der den Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt, der die Spule ansteuert und das magnetische Wechselfeld erzeugt. Um die erforderliche Flexibilität und Funktionalität zu gewährleisten, wird der Wechselrichter von einem Leistungsregler in Echtzeit über die zugehörigen MOSFET-Treiber gesteuert. Der Empfänger enthält einen Gleichrichter zur Umwandlung des eingehenden Wechselstroms in Gleichstrom und eine Regelstufe zur geregelten Versorgung der Last.  Die meisten Empfänger enthalten auch einen kabellosen Leistungsregler, der das gesamte Systemmanagement und die Kommunikation übernimmt.

Unterschiedliche Übertragungsmöglichkeiten nutzen

Bei der kabellosen Energieübertragung über magnetische Wechselfelder kommen grundsätzlich zwei Technologien zum Einsatz – induktive und resonante Übertragung.  Entsprechend der unterschiedlichen Vorteile dieser beiden Technologien gibt es zwei Normungsgremien für den Markt für kabellose Ladegeräte: das Wireless Power Consortium (WPC) und die Airfuel Alliance. Bild 2 zeigt die wesentlichen Unterschiede der beiden Standards.

Vergleich zwischen den zwei Standards von WPC und Airfuel.

Bild 2: Kabellose Ladegeräte basieren vor allem auf zwei Standards (WPC und Airfuel Alliance) mit eng gekoppelten (induktiven) und lose gekoppelten (resonanten) Architekturen. Infineon

Das Wireless Power Consortium (WPC) unterstützt den Qi-Standard für kabelloses Laden. Qi ermöglicht mit induktiver Technologie ein effizientes und eng gekoppeltes Laden. Darüber hinaus enthält die zukünftige Version des WPC-Qi-Standards Vorgaben für einen zertifizierten Authentifizierungsstandard. Optiga-Trust-Qi ist die schlüsselfertige IoT-Sicherheitslösung von Infineon speziell für die Herausforderungen des sicheren kabellosen Ladens gemäß dem Qi-Standard.

Induktive Übertragung mit einer Spule ist die am weitesten verbreitete Lösung auf dem Markt und besteht aus einer einzigen Übertragerspule für Frequenzen zwischen 80 und 205 kHz. Dieses Konzept erfordert eine Zentrierung des zu ladenden Gerätes auf die Übertragerspule und kann jeweils nur ein einzelnes Empfangsgerät laden. Bei guter Konstruktion und hochwertiger Leistungswandlerelektronik lässt sich der Wirkungsgrad dieses Ladevorgangs mit kabelgebundenem Laden vergleichen. Dieser Ansatz lässt sich auf ein Ladegerät mit mehreren Spulen erweitern, was den Vorteil bringt, dass die Positionierung des Gerätes viel weniger präzise sein muss. Intelligente Systeme können etwa erkennen, welche Spule dem zu ladenden Gerät am nächsten liegt und dann die Leistung entsprechend steuern.

Produkt-Roadmap

Bild 3a: Produkt-Roadmap von Infineon/Spark Connected mit Referenzentwürfen für kabellose Ladegeräte sowohl für Konsumer/Industrie... Infineon

Produkt-Roadmap

Bild 3b: ... als auch für die Automobilindustrie. Infineon

Die Airfuel Alliance (Airfuel) verfügt über eine breite Technologieplattform mit resonanten und nicht gekoppelten Technologien. Mit resonanten Ladegeräten und einer Magnetresonanzfrequenz von 6,78 MHz kann diese Plattform einen viel größeren vertikalen Bereich von 50 mm oder mehr überbrücken. Zudem lassen sich mehrere Geräte mit einer einzigen größeren Übertragerspule laden, was auch eine größere aktive Ladefläche („Sweet Spot“) ermöglicht. Im Vergleich zu induktiven Lösungen bietet die Resonanztechnologie von Airfuel ein flexibleres Nahfeld-Laden und mehr Positionierungsfreiheit. So eignet sich diese Technologie für Geräte mit hohem Metallanteil, unregelmäßigen Formen und zur gleichzeitigen Ladung mehrerer Geräte.

Aber es gibt einige Herausforderungen bei der resonanten Ladung. Gerade das schnelle Schalten der Leistung ist problematisch. Die Gate-Charakteristik des MOSFETs muss für die Anforderungen des 150-ns-Zyklus geeignet sein. Andererseits muss das System minimale parasitäre Kapazitäten erreichen, und zur Regelung der Ausgangsleistung ist eine effiziente Spannungsregelung erforderlich.

Durch die Partnerschaft mit Spark kann Infineon sowohl induktive als auch resonante Technologien anbieten und damit eine individuelle Lösung ermöglichen, die alle Anwendungs-Anforderungen erfüllt (Bild 3a und 3b).

Robuste und zuverlässige Erkennung von Fremdkörpern

Standardverfahren zur FOD nutzen die große Primärspulenwicklung zur Erkennung von Fremdkörpern, dieses Konzept reduziert jedoch die Empfindlichkeit und das Signal-Rausch-Verhältnis. Kleinere Objekte sind aufgrund ihres geringen Einflusses auf das Magnetfeld der viel größeren Primärspule schwer zu erkennen. Bestehende Übertragerlösungen messen die zur Berechnung des Leistungsverlustes benötigten Parameter (Spannung und Strom) am Gleichstromeingang des Wechselrichters. Dies verfälscht die Messung der Ist-Werte an der Spule und führt zu einer ungenauen Berechnung der Übertragerverluste.

Referenzentwurf eines 15-W-Qi-Senders

Bild 4: Kompakter Referenzentwurf eines 15-W-Qi-Senders (The Valkyrie) mit geringer Komponentenanzahl basierend auf einem XMC-Mikrocontroller. Spark Connected

Die Lösung von Infineon und Spark ist Qi-zertifiziert und erfüllt die Qi-Vorgaben und Qi-Fremdkörpererkennung in vollem Umfang. Zudem verwendet sie genauere Messverfahren, die die Eigenschaften des Qi-Standardverfahrens zur Erkennung von Fremdkörpern verbessern: Zur Berechnung verwendet das System die Ist-Spannung und den Ist-Strom und nicht der Eingangsgleichstrom des Wechselrichters, was zu genaueren Ergebnissen führt und somit zur Erkennung kleinerer Fremdkörper. Der Übertrager bestimmt mit KI-Algorithmen und durch maschinelles Lernen, ob die Ladeumgebung sicher ist, wenn Metallgegenstände vorhanden sind.

Die Stärke der kabellosen Ladelösung von Infineon und Spark liegt nicht in einem anwendungsspezifischen IC für Protokoll und Stromversorgung, sondern vor allem in der modularen Softwarearchitektur. Kabellose Stromversorgungen entwickeln sich ständig weiter, da die Standards reifen und neue Produkte und Anwendungen auf den Markt gebracht werden. Der hohe Softwareanteil der Lösung ermöglicht den Einsatz einer gemeinsamen Hardwarearchitektur für mehrere Referenzentwicklungen, wobei jeder Referenzentwurf flexibel genug für mehrere Arten von Anwendungen ist. Darüber hinaus können zukünftige Änderungen der kabellosen Ladestandards durch ein Software-Upgrade unterstützt werden.

Dedizierter Wireless-Power-Controller mit AURIX und XMC

Blockschaltbild eines kabellosen Kfz-Ladegeräts auf Basis des leistungsfähigen AURIX-Mikrocontrollers.

Bild 5: Blockschaltbild eines kabellosen Kfz-Ladegeräts auf Basis des leistungsfähigen Aurix-Mikrocontrollers. Infineon

Für kabelloses Laden gibt es spezielle kabellose Leistungsregler auf Basis der AURIX- und XMC-Produktfamilie. Aurix-Wireless-Power-ASICs tragen dazu bei, dass die kabellosen In-Cabin-Ladesysteme der nächsten Generation die strengen Anforderungen an Sicherheits-, Umweltschutz- und Regulierungsvorschriften erfüllen und trotzdem Ladeeigenschaften mit einem hohen Wirkungsgrad vereinen. Dieser Controller arbeitet mit den Leistungs- und Schnittstellen-ICs von Infineon zusammen und ermöglicht so eine komplette Ladelösung für Smartphones und andere angeschlossene Geräte. Zudem unterstützt er Ladevorgänge bis 15 W für heutige Standard-Qi- und Schnelllade-Smartphones und zukünftige Standards durch Software-Updates.

Referenz-Designs für Anwendungen der nächsten Generation

Durch die Zusammenarbeit mit Spark Connected bietet Infineon eine vollständige Roadmap an Referenz-Designs für induktive und resonante kabellose Lösungen (Bild 2). Diese Referenzentwürfe umfassen das Hardware-Design, die Stückliste, Beispiele für das Platinen-Layout sowie die komplette Dokumentation und Unterstützung zur Integration einer Lösung für die Umsetzung vom kabellosen Laden in das Produkt des Kunden.

  • „The Pegasus“ ist eine induktive Lösung mit geringer Leistung, die das Laden eines einzelnen Gerätes mit bis zu 2 W bei einer Eingangsspannung von 5 V unterstützt. Hauptanwendungen sind Produkte mit geringem Stromverbrauch.
  • „The Hydra“ ist eine Lösung für bis zu 2,5 W mit der XMC-Produktfamilie und einem kabellosen Resonanzladegerät. Durch Verwendung einer Frequenz von 6,78 MHz können sehr kleine Spulen unterschiedlicher Bauarten eingesetzt werden, auch bei Metallgegenständen in der Nähe. Die Eingangsspannung beträgt 5 V – 19 V.
  • „The Valkyrie“ ist ein zertifizierter Qi-Übertrager, der die 15-W-Spezifikation zur Energieübertragung für alle schnell ladbaren Smartphones unterstützt. Die Lösung besteht aus einem Power-Design-Kit und ermöglicht einen Wirkungsgrad von mehr als 80 Prozent sowie einer Erkennung von Fremdkörpern. Durch die geringe Komponentenanzahl der Lösung sind zudem Entwürfe mit reduzierten Systemkosten möglich (Bild 4). Es werden Ladezeiten erreicht, die nahezu kabelgebundenen Ladegeräten entsprechen.
  • „The Beast“ ist ein 15-W-Referenzentwurf mit drei Spulen für das kabellose Laden in Automobilen (Bild 5), der sowohl Qi-zertifiziert als auch für die Automobilindustrie qualifiziert ist. Der Entwurf auf Basis der AURIX-Produktfamilie unterstützt kabelloses Laden, CAN und eine externe NFC-Schnittstelle mit einer einzigen CPU. Die integrierte Sicherheitsfunktionalität (HSM) erfüllt die aktuellen Anforderungen der Automobilindustrie.
  • „The Gorgon“ eignet sich für Anwendungen wie 5G Teilnehmerendeinrichtungen („CPE“), Sicherheitskameras für den Außenbereich, Telekommunikationsinfrastruktur und Fabrikautomation. Als proprietäre induktive Übertrager-/Empfänger-Lösung kann das System ein Gerät kontinuierlich mit bis zu 30 W durch 30 mm dickes Glas oder andere nichtmetallische Materialien versorgen.
  • „The Minotaur“ ist das einzige kabellose 45-W-Komplettladesystem für Tablets und Laptops der nächsten Generation. Die Lösung besitzt einen Wirkungsgrad von 95 Prozent und erlaubt eine einfache Integration bei geringer Wärmebelastung (Abbildung 6). Die Lösung erweitert das bestehende Angebot an Smartphone-Ladesystemen und ermöglicht eine echte Vorwärts- und Rückwärts-Interoperabilität für die Nutzer.
  • „The Ogre“ ist mit 80 W eine induktive, kabellose Ladelösung, die eine hocheffiziente Ladung mit kompakten Spulen ohne spezielles Wärmemanagement ermöglicht.

Ausblick

Graph zeigt den Spitzenwirkungsgrad der kabellosen Ladelösung

Bild 6: Hoher Spitzenwirkungsgrad (getestet 95 %) der kabellosen 45-W-Sender-/Empfänger-Lösung für Laptops. Infineon

Da kabellose Energieversorgung immer mehr zu einem wesentlichen Bestandteil unseres mobilen und vernetzten Lebens wird, arbeiten Infineon und Spark Connected weiter an Technologien und Standards der nächsten Generation, die ein unkompliziertes Laden ohne Kabel ermöglichen. Was mit Telefonen begann, wird schnell für Anwendungen wie Tablets, Laptops, Handheld-Spielkonsolen, medizinische Geräte, Automobile, Infrastruktur und Industrie 4.0 übernommen werden. Angesichts der Breite und der verschiedenen Arten kabelloser Technologien zur Energieversorgung bieten Infineon und Spark Connected Lösungen, die es den Anwendern ermöglichen soll, auch auf das letzte Kabel in der jeweiligen Anwendung verzichten zu können.

In Zukunft werden bestimmte Anwendungen sehr hohe Leistungen oder höhere Frequenzen für spezifische Ladesituationen benötigen. Diese Anwendungen werden von Lösungen profitieren, die weiter verbesserte Eigenschaften haben und höhere Energiemengen übertragen. In vielen dieser Situationen ist der Wirkungsgrad die kritische Kennzahl, und GaN-E-Mode-HEMTs ermöglichen Hochleistungsladegeräte mit überschaubarer Wärmebelastung. Aufgrund seiner besseren Hochfrequenzeigenschaften eignet sich GaN auch für E-Verstärker für kabelloses Laden nach dem Resonanzprinzip.

Ralf Ködel

(Bild: Infineon)
Director Product Marketing Management für Automotive & Industrial MicroController bei Infineon Technologies

Ken Moore

(Bild: Infineon)
Chief Executive Officer von Spark Connected

(prm)

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