Der Testzyklus eines Mobilfunkendgeräts startet mit dem Prüfen einzelner Signalisierungsfunktionen und endet mit Feldtests im Produktivnetz der Netzbetreiber. Letztere Tests sind hinsichtlich der Endkundenerfahrung die aussagekräftigsten, aber auch die zeitaufwendigsten und damit kostspieligsten. Zudem sind sie nicht immer verlässlich in allen Details reproduzierbar, weil sich Produktivnetze ständig ändern. Dies erschwert die Analyse im Fehlerfall.
Eine weitere Herausforderung ist der Test des Zusammenspiels von Embedded-Modulen mit dem übergeordneten System. Dabei kann es zu Fehlverhalten kommen, das bei einem separaten Test der Komponenten nicht nachweisbar ist. Für Testfahrten sind hier insbesondere Mobilfunkeinrichtungen in Pkws sowie Telematik-Anwendungen in der Logistikbranche relevant. Das reibungslose Zusammenspiel aller Module in mobilen Systemen gewinnt mit 5G erheblich an Gewicht, da mit dem neuen Standard auch zeitkritische Low-Latency-Anwendungen realisierbar sind.
Komfortable Field-to-lab-Signalisierung für CMWcards
Auf der CMW-Plattform von Rohde & Schwarz steht mit CMWcards eine leistungsfähige Entwicklungsumgebung für Testfälle für die Mobilfunkstandards von 2G bis 4G zur Verfügung (Bild 1). Mit dem Tool werden Testfälle ohne Notwendigkeit einer Programmiersprache in einer grafischen Bedienoberfläche erzeugt, zu Testsequenzen zusammengestellt und automatisiert durchgeführt.
Die Option Field-to-Lab CMW-KT030 kann Signalisierungsinformationen aus Log-Dateien von Testfahrten in CMWcards importieren. Dazu extrahiert sie MIB/SIB-Nachrichten, Zelleneigenschaften sowie RRC- und NAS-Konfigurationen. Es lassen sich Dateien von Rohde-&-Schwarz-Tools wie Qualipoc, Romes oder Nestor einlesen. Neben den Log-Formaten von Chipsatzherstellern wie Qualcomm, Intel und Mediatek wird auch die öffentliche Schnittstelle Open Log unterstützt. Auf Basis der Daten lassen sich lokale Netzszenarien auf der logischen Ebene simulieren. Möchte man darüber hinaus die konkreten HF-Verhältnisse am Messort nachstellen, die zu den Daten geführt haben, kommt eine weitere Option zum Tragen.
Die Option RF Power Replay CMW-KT041 verarbeitet die HF-Informationen aus den Log-Dateien. Bild 2 zeigt den kompletten Field-to-Lab Workflow.
Testfahrten können mehrere Stunden dauern. Entsprechend umfangreich sind die aufgezeichneten Log-Dateien. Für Tester beziehungsweise Entwickler sind in der Regel aber nur kurze Abschnitte der Fahrt interessant. Mit vordefinierten Filtern für verschiedene Anwendungsfälle werden deshalb nach dem Import die relevanten Informationen in dem Datenvorrat identifiziert. Dazu werden aus der Liste der aufgezeichneten Ereignisse mit ihren Zelleninformationen und Nachrichtentypen mithilfe umfangreicher Filter- und Analysewerkzeuge relevante Zellen selektiert. Darin enthaltene Informationen wie MIB/SIBs und RRC-Prozeduren werden aufgelistet (Bild 3) und die jeweiligen HF-Pegel in einer Grafik dargestellt (Bild 4).
Aus den gewählten Zellen und deren Parametern lassen sich Netzwerkprofile erstellen, die in entsprechende Signalisierungssequenzen von in CMWcards definierten Testfällen einfließen. Die Szenarios lassen sich mit den im Feld gemessenen HF-Parametern unterlegen. Somit werden im Labor Prozeduren wie Registrierung, Cell Selection/Reselection mit exakt den Netz- und Zellenparametern aus dem Feldtest durchgeführt. Auch Handover- oder Out-of-sync-Szenarien werden mit den aufgezeichneten HF-Pegelwerten realistisch nachgestellt.
Für die Fehleranalyse steht mit CMWMars ein umfangreicher und bewährter Werkzeugsatz zur Verarbeitung der Test-Logs zur Verfügung, mit dem der Zeitaufwand bis zur Identifikation der Fehlerursache im Feldtest drastisch minimiert werden kann.
Mit den im Feldtest gewonnenen Netzprofilen lassen sich die in CMWcards vorhandenen Testpläne, zum Beispiel für Regressionstests, in netzbetreiberspezifischen Testsuiten wiederverwenden. Dies geschieht durch einfaches Drag and Drop des Netzprofils auf einen Testfall beziehunsweise eine Testkampagne. Die durch das Netzprofil geänderten Karten eines Testfalls werden markiert und die netzbetreiberspezifischen Modifikationen somit leicht nachvollziehbar und veränderbar. Dies ermöglicht eine verbesserte Vorqualifikation für Feldtests und reduziert die Wahrscheinlichkeit von Fehlerfällen bei künftigen Testfahrten.
Testfahrten für mobile Endgeräte stark reduzieren
Mit den Optionen Field-to-Lab CMW-KT030 und -KT041 steht ein umfangreiches und komfortables Toolset zur Verfügung, mit dem sich die Anzahl der notwendigen Testfahrten für mobile Endgeräte stark reduzieren lässt und Fehlerfälle im Labor effizient nachgestellt und gelöst werden können. Die entsprechenden Testfälle lassen sich einfach in Regressionstestsuiten integrieren, was die Qualität zukünftiger Versionen der Endgeräte vor den ersten Feldtests erhöht. Es ist geplant, Field-to-Lab hinsichtlich der HF-Aspekte zu erweitern und komplette Fading-Profile auf Basis von Doppler-Shift und Delay aus Feldtestmessungen zu erstellen. Auch eine Erweiterung auf 5G ist für die nahe Zukunft vorgesehen.
(jj)