Bild 1: Das 24-GHz-Low-Power-Radarsystem.

Bild 1: Das 24-GHz-Low-Power-Radarsystem. (Bild: National Instruments)

Eckdaten

Aufgrund ihrer hohen Orts­auflösung können Radarsysteme eine drahtlose Detektion von Vital­parametern, wie Herzschlag oder Atmung, durchführen und so auch sich nicht bewegende Personen detektieren. Der Artikel beschreibt die Labview-basierte Signalverarbeitung für ein 24-GHz-Low-Power-Radar­system. Für eine effiziente Evaluierung der Detektionsalgorithmen müssen diese unter weichen Echtzeitbedingungen ausgeführt werden, um ein verzögerungsfreies und flüssiges Feedback der grafischen Oberfläche zu erhalten.

Anwesenheitssensoren dringen immer weiter in verschiedene Bereiche unseres Lebens vor. Neben dem klassischen Einsatz für Sicherheitszwecke entstehen mehr und mehr neue Anwendungen, zum Beispiel für intelligente Beleuchtungskonzepte oder zur bedarfsgerechten Steuerung von Heizung, Lüftung und Klimatechnik. Durch anwesenheitsbasierte Systeme lässt sich viel Energie und damit auch Geld sparen, indem diese deaktiviert beziehungsweise in der Leistung reduziert werden, wenn gerade keine Person präsent ist. Herkömmliche Lösungen, basierend auf passivem Infrarot oder Ultraschall, detektieren oftmals statische Personen. Damit handelt es sich bei diesen Lösungen eher um Bewegungsmelder als um einen echten Anwesenheitssensor. Mit Hochfrequenz-Radarsensorik lassen sich bereits geringste Bewegungen eines Menschen, die während der Atmung oder durch den Herzschlag entstehen, detektieren. Demzufolge erkennen Radarsysteme auch Personen, die sich nicht bewegen.

Hardware des Radarsensors

Der hier vorgestellte Systemdemonstrator ist ein einkanaliges mono­statisches 24-GHz-Doppler-Radar mit einem minimalistischen Hardware­konzept. Er besteht aus einem freilaufenden spannungsgesteuerten Oszillator, der das Hochfrequenzsignal erzeugt. Dieses wird im Frontend in zwei Teile aufgeteilt. Über die Antenne wird der erste Teil abgestrahlt, am Ziel reflektiert und wieder empfangen. Der zweite Teil dient als Referenzsignal und wird mit dem durch einen rauscharmen Verstärker verstärkten Empfangssignal überlagert. An einem Leistungsdetektor wird dieses Referenzsignal dann direkt ins Basisband umgesetzt.

Bild 1: Das 24-GHz-Low-Power-Radarsystem.

Bild 1: Das 24-GHz-Low-Power-Radarsystem. National Instruments

Dadurch wird die relative Phasendifferenz zwischen den Hochfrequenz­signalen in einer Gleichspannung codiert, die, nach einer weiteren Verstärkung und Filterung, vom Analog-Digital-Umsetzer des Mikro­controllers digitalisiert wird. Die Rohdaten werden anschließend per USB an einen Laptop versendet, der dann die Signalverarbeitung in Labview realisiert.

Durch zyklisches Messen, mit einer Dauer von lediglich 60 µs pro Einzel­messung, lässt sich die Leistungsaufnahme von 137,5 mW im kontinuier­lichen Modus auf wenige 100 µW im periodischen Modus redu­zieren. In Bild 1 ist das Low-Power-Radarsystem zu sehen.

Labview-Ablaufsteuerung

Für eine effiziente Evaluierung des Radarsensors sowie der Detektions­algorithmen ist ein flüssiges Feedback der grafischen Benutzeroberfläche mit minimaler Verzögerung entscheidend. Deshalb ist es erforderlich, den kom­pletten Ablauf von der Signalerfassung bis zur Auswertung unter weichen Echt­zeitbedingungen auszuführen. Beim Entwurf der Labview-Anwen­dung legte man auf ein minimales Delay und eine strikte Anwendung des Datenfluss­prinzips Wert, sodass sich möglichst viele Anweisungen parallel prozes­sieren lassen. Ein Blockschaltbild der Signalverarbeitungskette ist in Bild 2 dargestellt.

Bild 2: Vereinfachtes Blockschaltbild der Signalverarbeitung.

Bild 2: Vereinfachtes Blockschaltbild der Signalverarbeitung. National Instruments

Die von der VISA-Schnittstelle empfangenen Rohdaten des Radarsystems müssen zuerst synchronisiert und vorverarbeitet werden, um aus dem kontinuierlichen Datenstrom von Character-Werten wieder die korrekten Integer-Repräsentationen zu erhalten. Danach lässt sich die relative Phasen­verschiebung direkt in einem Waveform-Chart darstellen, dessen Zeitskala über Schieberegler der grafischen Benutzeroberfläche einstellbar ist. Für das Doppler-Spektrum sowie den Detektionsalgorithmus ist jedoch ein eigener Ringpuffer mit dynamisch einstellbarer Größe erforderlich. Diesen implementierte man mithilfe einer auf die maximal zu erwartende Größe dimensionierten Lossy Queue. Beim Ein­fügen werden automatisch alte, nicht mehr benötigte Werte entfernt. Über die „Get-Queue-Status“-Funktion ist es möglich, alle Elemente zu lesen und mittels „Array Subset“, entsprechend den Einstellungen in der grafischen Benutzeroberfläche, zeitlich zu fenstern. Diese Daten werden dann für die Berechnung des Doppler-Spektrums (per „Spectral Measurements Express VI“) beziehungsweise für den Detektionsalgorithmus verwendet.

Bild 3: Grafische Benutzeroberfläche in Labview.

Bild 3: Grafische Benutzeroberfläche in Labview.



National Instruments

In Bild 3 ist die grafische Benutzeroberfläche zu sehen. Zwei Waveform-Charts, die die relative Phase des zurückgestreuten Signals darstellen, finden sich im unteren Bereich. Der erste Graph zeigt diese mit aktivierter Autoscale-Funktion an, der zweite im vollen Dynamikbereich des ADCs (10 Bit). Rechts daneben ist das Spektrum des aktuellen Zeit­signals dargestellt. Die Ergebnisse des Detektionsalgorithmus lassen sich im „Activity-Status“ erkennen. Dort zeigen vier LED an, ob eine Aktivität detektiert wurde und wenn ja, mit welcher Intensität (leicht / mittel / stark). Links daneben hat der Benutzer die Möglichkeit, die virtuelle serielle Schnittstelle zu konfigurieren, die Messrate des Radarsystems einzustellen zwischen einer bis 254 Messungen pro Sekunde und die Parameter für den Algorithmus (Fensterlänge und Detektionsschwelle) anzupassen.

Detektionsalgorithmus

Bild 4: Formel zur Berechnung der Standardabweichung.

Bild 4: Formel zur Berechnung der Standardabweichung. National Instruments

Da für die Bewegungserkennung nur die relative Änderung innerhalb eines kurzen Zeitfensters von typischerweise wenigen Sekunden entscheidend ist, implementierte man einen einfachen Algorithmus auf Basis der Standardabweichung σ. Dieser verwendet ein Fenster der letzten Abtastwerte und berechnet σ mit dem „STD Deviation and Variance VI“ gemäß Bild 4.

Dies hat den Vorteil, dass der Mittelwert des Signals, und damit auch alle statischen Reflexionen, direkt aus der Berechnung herausfallen. Auch langsame Drifteffekte, die sich beispielsweise durch Temperatur­änderungen am Frontend ergeben, haben keinen Einfluss auf das Ergebnis. Jegliche Art von Aktivität und Bewegung erhöht jedoch die Standard­abweichung gegenüber dem Grundrauschen des Systems und lässt sich dann über eine einfache Schwellwertdetektion erkennen beziehungsweise ihrer Intensität nach klassifizieren und grafisch darstellen.

 

Fabian Lurz

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

Sebastian Mann

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

Sarah Linz

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

Stefan Lindner

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. habil. Robert Weigel

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

PD Dr.-Ing. habil. Alexander Koelpin

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

(ah)

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