Linear-Antriebssystem ermöglicht neue Maschinenkonzepte

Produzierende Unternehmen suchen nach Lösungen, um neue Produkte immer schneller auf den Markt zu bringen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Herausforderung dabei: Eine möglichst hohe Gesamtanlageneffektivität (OEE) und Produktivität selbst bei der individualisierten Massenproduktion in Losgröße 1. Allerdings reicht die viel diskutierte Digitalisierung auf Basis von Kommunikationstechnologien und Software dazu nicht aus. Auch der Transport der Produkte in Maschinen und Anlagen muss auf die kommenden Anforderungen hin optimiert werden. Dies ermöglicht B&R mit dem intelligenten Transportsystem AcoposTrak.

Für wegweisende neue Maschinenkonzepte sorgt zum einen die Weiche. Sie funktioniert elektromagnetisch und damit völlig verschleißfrei sowie entsprechend schnell. Praktisch besteht die Weiche aus einem zweiten, parallel zur Hauptlinie angeordneten geraden Antriebssegment.

Wie bei einer Weggabelung lassen sich mit der Weiche Produktströme nach Belieben zusammenführen oder trennen – selbst bei maximaler Geschwindigkeit, die in der aktuellen Version bei 4 m/s liegt.

Die Weiche ermöglicht beispielsweise, Massenprodukte wie einen Sechserpack Getränke individuell mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen in Echtzeit zusammenzustellen – drei hiervon, zwei davon und eins davon – und zwar ohne Umbaumaßnahmen an der Hardware. Ebenso lassen sich mittels Weichen fehlerhafte Produkte an Ort und Stelle aussortieren. Das beeinflusst im Gegensatz zu herkömmlichen Maschinen oder Anlagen, bei denen mangelhafte Produkte meist bis zum Ende durch die Produktion geschleust und erst dann entnommen werden, die Gesamtanlageneffektivität positiv.

Skalierbare Maschine wird Realität

Die Möglichkeit, mit dem Transportsystem langsame Prozessschritte mehrfach parallel aufzubauen, steigert ebenso die Produktivität. Mithilfe der Weichen lässt sich ein Produktstrom auf mehrere Bearbeitungsstationen verteilen und anschließend wieder zusammenführen. Einzelne Bearbeitungsschritte, die länger dauern, bremsen daher nicht mehr die gesamte Produktion aus. Und durch die Parallelisierung braucht der Endkunde für einen höheren Output keine proportional größere Maschinenstellfläche mehr. ACOPOStrak steigert somit die Produktivität pro Fläche, was letztendlich auch zu einem höheren ROI beiträgt.

AcoposTrak erreicht Beschleunigungen von mehr als 5 g und eine Maximalgeschwindigkeit von über 4 m/s. B&R

Maschinen oder Anlagen, die auf dem intelligenten Transportsystem basieren, können bei Bedarf modular und flexibel um einzelne Trackelemente und Bearbeitungsstationen erweitert werden, um die Produktionskapazität zu steigern.

Ebenso lassen sich Maschinen und Anlagen konstruieren, die flexibel auf Störungen reagieren. Tritt zum Beispiel bei einem Ventil einer Abfüllanlage eine Störung auf, ignoriert die Steuerung dieses Ventil und fährt es bis zur Fehlerbehebung einfach nicht mehr an. Es entsteht kein Ausschuss durch das defekte Ventil, der Qualitätsfaktor der OEE-Kennzahl steigt.

Maschinenumrüstung auf neuen Auftrag bei voller Geschwindigkeit

Eine weitere Eigenschaft des Transportsystems ist, dass Bediener die Shuttles ohne Werkzeug tauschen können – im separaten Segment, das über Weichen an den regulären Produktionsstrom angebunden ist, sogar im laufenden Betrieb und bei voller Prozessgeschwindigkeit. Bei einem Produktwechsel muss der

Bei einem Produktwechsel setzt der Bediener lediglich die Räder der gerüsteten Shuttles auf die Führungen. Auf den restlichen Linien des Tracks läuft die Produktion in voller Geschwindigkeit weiter. B&R

Bediener lediglich die Räder der gerüsteten Shuttles in die Führungsschienen setzen. Die Permanentmagnete halten die Shuttles dann am Track. Noch effizienter erfolgt die Umrüstung, wenn eine Servicelinie am Track vorhanden ist. Auf der Servicelinie werden die neuen Shuttles angebracht und über eine Weiche in die Produktivlinien des Tracks eingeschleust. Zeitgleich leitet die Steuerung die nicht mehr benötigten Shuttles auf die Servicelinie um.

Das flexible Design des Langstator-Linearantriebssystems – so die Produktbezeichnung des ACOPOStrak – erlaubt es, alle möglichen offenen und geschlossenen Streckenlayouts auf Basis einer Rasterstruktur zu bauen und miteinander zu kombinieren. Das Track-System ist im Kern ein Linearmotor, der modular aus vier Elementen aufgebaut wird: ein Geraden-Element, ein 45°-Element und zwei nach rechts beziehungsweise nach links gebogene 22,5°-Elemente. Das ermöglicht es, das Transportsystem an die Gegebenheiten der Produktionsanlagen anzupassen oder völlig neue Maschinendesigns zu realisieren, die bisher nicht umsetzbar waren.

Hochdynamisch und flexibel

Das flexible Design erlaubt es, alle möglichen offenen und geschlossenen Formen auf der Basis eines Rasters von 660 mm Kantenlänge zu kombinieren. B&R

Das intelligente Transportsystem ist nicht nur flexibel, sondern auch performant hinsichtlich der Dynamik. Das System schafft je nach Beladung der Shuttles bis über 5 g Beschleunigung und erreicht eine Maximalgeschwindigkeit von mehr als 4 m/s. Der minimale Abstand zwischen zwei Shuttles kann bis auf null reduziert werden. Bei einer Shuttlelänge von 50 mm ergibt sich somit ein minimaler Produktabstand von lediglich 50 mm. Mit diesen Performancedaten in Kombination mit den Weichen und der weitreichenden Designflexibilität lässt sich die Produktivität massiv steigern.

Schneller am Markt

Die Weiche ermöglicht, Massenprodukte wie Sechserpacks, individuell mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen in Echtzeit zusammenzustellen. B&R

Damit der ACOPOStrak in kurzer Zeit zum Laufen kommt, stellt B&R verschiedene Software-Funktionen zur Verfügung. Der Programmcode einer Applikation ist in der Simulation ebenso wie auf der realen Hardware uneingeschränkt lauffähig. Anwender können daher während der Entwicklung beliebig zwischen Simulation und realer Hardware wechseln. Das verkürzt Entwicklung und Inbetriebnahme erheblich; die Anlage kommt schneller auf den Markt.

Die Programmierung des Tracks erfolgt prozessorientiert. Der Programmierer beschreibt Regeln, die den Produktfluss in den jeweiligen Segmenten des Tracks definieren. Das geht schneller, als eine hohe Anzahl an Achsen oder Shuttles – derzeit bis zu 250 Stück – einzeln zu programmieren. Zudem entlastet eine integrierte Kollisionsvermeidung den Entwickler der Applikations-Software und sorgt für einen reibungslosen Fluss der Produktion.

(sk)