
Industrielle Antriebe wie Aufzüge, Roboter und CNC-Maschinen benötigen eine präzise Ansteuerung, die sich heute mit MCUs umsetzen lässt. (Bild: AdobeStock 225612000, navintar)
Von einem Aufzug erwartet man, dass er Personen sicher und ohne ruckartige Bewegungen von einem Stockwerk zum anderen transportiert. Damit dies gelingt, lässt eine präzise Antriebssteuerung die Aufzugkabine immer genau an den richtigen Stellen, und vor allem ruckfrei anhalten. Würde es dem Motion-Control-System an der nötigen Präzision mangeln, könnte es stattdessen passieren, dass die Kabine nicht genau auf Fußbodenhöhe stoppt, was bei den darin befindlichen Personen ein Gefühl der Unsicherheit aufkommen lassen könnte.
Bei anderen Anwendungen als Aufzügen muss häufig auch die Drehzahl des Servoantriebs exakt geregelt werden, um beispielsweise Produkte korrekt herzustellen oder Arbeitsabläufe einzuhalten. Viele Aspekte eines industriellen Antriebs, die für eine präzise Motion-Control-Lösung wichtig sind, betreffen alle drei grundlegenden Subsysteme von Echtzeitsteuerungen: Erfassung, Verarbeitung und Ansteuerung. Im vorliegenden Beitrag werden Beispiele elementarer Technologien für jedes dieser Subsysteme angesprochen.
Erfassung von Position und Drehzahl des Antriebs
Eine präzise Antriebssteuerung ist nicht denkbar ohne eine ebenso präzise Positions- und Drehzahlerfassung. Erfassen lassen sich beispielsweise die Winkelstellung und Drehzahl einer Motorwelle oder die lineare Position und Geschwindigkeit einer Fördereinrichtung. Häufig werden zur Ermittlung von Position und Drehzahl inkrementale optische Drehgeber verwendet, deren Auflösung zwischen einigen hundert oder tausend Schlitzen pro Umdrehung liegen kann. Die Anbindung an einen Mikrocontroller (MCU) erfolgt meist über die QEP-Schnittstelle (Quadrature Encoder Pulse).
Absolutwert-Encoder mit deutlich höherer Auflösung besitzen üblicherweise wesentlich mehr Schlitze pro Umdrehung und werden mit hoher Präzision montiert, um die absolute Winkelstellung exakt erfassen zu können. Die ermittelte Winkelposition wird anschließend digitalisiert und mithilfe standardisierter Protokolle codiert. Beispiele für solche Protokolle sind das T-Format von Tamagawa und BiSS C (Bidirektional/Seriell/Synchron) von iC-Haus. Bis vor kurzem wären für die Anbindung an solche Drehgeber FPGAs erforderlich gewesen, doch inzwischen können auch Mikrocontroller häufig mit den notwendigen Fähigkeiten aufwarten (Bild 1). Da das T-Format und BiSS C in der Regel nicht von üblichen Kommunikations-Ports oder Schnittstellen von MCUs, wie etwa SPI (Serial Peripheral Interface), UART (Universal Asynchronous Receiver Transmitter) oder CAN (Controller Area Network) unterstützt werden, geht es häufig nicht ohne individuell anpassbare Logikblöcke oder proprietäre Verarbeitungseinheiten.

Absolutwert-Drehgeber können auch auf elektromagnetischen oder resolverähnlichen Schaltungen basieren und somit die präzise Messung sinusförmiger Signale erfordern, weshalb auch präzise Operationsverstärker und Spannungsreferenzen von großer Bedeutung sind. Die exakte Erfassung von Motorströmen und -spannungen ist bei Motorregelungen und Motion-Control-Lösungen in jedem Fall unabdingbar – insbesondere dann, wenn eine sensorlose Regelung zum Einsatz kommt. Verbreitet angewandte Lösungen sind das In-line-Sensing und die low-seitige Erfassung in Frequenzumrichter-Zweigen mithilfe von isolierten oder nicht isolierten Verstärkern sowie Treibern mit integrierter low-seitiger Strom-Erfassung.
Verarbeitung der Profile
Für die Verarbeitung von Motion-Control-Profilen und -Algorithmen in einem präzisen Motion-Control-System werden MCUs mit hoher Rechenleistung benötigt. Um die notwendige Präzision und Genauigkeit zu bieten, unterstützen solche MCUs meist eine Wortlänge von 32 Bit und bieten native Unterstützung für 64-Bit-Gleitkomma-Arithmetik. Da die benutzten Algorithmen in hohem Maße Gebrauch von trigonometrischen, logarithmischen und exponentiellen Berechnungen machen, sind viele MCUs auch mit Hardwarebeschleunigern ausgestattet.
Je nach der Zahl der gesteuerten Bewegungsachsen oder der Zahl der Regelschleifen setzt man beim Design oft auf eine Architektur mit mehreren CPUs oder auf parallele, CPU-ähnliche Beschleuniger. Die hinzukommenden Überwachungs- und Kommunikations-Aufgaben können ebenfalls ein triftiger Grund sein, mehrere CPUs zu implementieren.
Da es hier um Echtzeitregelungen geht, wirkt sich die Gesamtlatenz der Signalkette – von der Erfassung von Strom, Spannung, Position und Drehzahl bis zur entsprechenden Aktualisierung der Ausgangssignale – unmittelbar auf die Regelungseigenschaften aus, die wiederum Einfluss auf die Genauigkeit haben können. Einige MCUs sind zur direkten Erzeugung von Regelungsaktionen mit eingebauten Analogkomparatoren ausgestattet, was die Latenz und den Verarbeitungsaufwand für die CPU entscheidend verringert. Wichtige Kriterien sind ferner eine kurze Interrupt-Reaktionszeit und die Fähigkeit zum schnellen Abspeichern und Wiederherstellen von Kontexten.
Eine hohe Verarbeitungsleistung allein reicht indes keineswegs aus. Vielmehr müssen Motion-Control-MCUs auch gängige Peripherie mitbringen, wie etwa A/D-Wandler (ADCs) mit Auflösungen von 12 Bit oder 16 Bit, QEP-Schnittstellen, eine hochauflösende Flanken- und Impulserfassung sowie PWM-Ausgänge (Pulsweiten-Modulation). Notwendig ist ebenfalls die Fähigkeit zur Implementierung individueller Logikfunktionen und Timing-Sequenzen.
Um Designer dabei zu unterstützen, schneller zu Ergebnissen zu kommen und ihre Designs abzustimmen, bieten die Hersteller von MCUs und Antrieben entsprechende Motorregelungs- und Motion-Control-Algorithmen an, darunter beispielsweise elementare Algorithmen wie etwa sensorlose Observer und Softwarebibliotheken, aber auch kompletten Regelungscode mit der Möglichkeit zum Konfigurieren der grafischen Benutzeroberfläche. In Bild 2 ist das Konzept eines Regelungs-Mikrocontrollers für einen industriellen Antrieb dargestellt.

Ansteuerung des Antriebs
Die Umsetzung der vorgesehenen Regelungsaktionen erfordert Leistungsbausteine und Treiber. Meist kommen PWM-Signale zum Einsatz, deren Tastverhältnis die Intensität der jeweiligen Aktion wiedergibt. Es kommt hierbei auf die präzise Regelung der PWM-Impulse an, d. h. die Treiber müssen die erforderliche Treiberstärke mit minimalem zeitlichem Versatz erzeugen, und die Leistungsbausteine müssen exakt zur vorgesehenen Zeit ein- und ausschalten. Das Angebot an solchen Treibern, die teils mit zusätzlichen Features wie etwa einem Überstrom- und Überhitzungsschutz ausgestattet sind, ist heutzutage sehr groß. Neueste Leistungsbauelemente in Wide-Bandgap-Technologie können das schnelle und präzise Ein- und Ausschalten gewährleisten. Die hohe Schaltgeschwindigkeit und die niedrigen Schaltverluste von Wide-Bandgap-Bauelementen gestatten nicht zuletzt die Realisierung schneller Regelschleifen, wodurch mehr Stabilität und Performance erzielt werden kann.
Abgesehen von der Genauigkeit, verlangen viele Anwendungen auch nach Motorregelungen in kompakter Bauform, wofür Treiber mit integrierten Stromerfassungs- und Power-Modulen benötigt werden. (na)