Der Baustein mit der Bezeichnung IPS4260L verfügt über vier in den Chip integrierte 45 V Leistungs-MOSFET-Kanäle mit einem typischen RDS(on)-Wert von 260 mΩ bei 25 °C sowie Logik-, Treiber-, Schutz- und Diagnoseschaltungen. Der IPS4260L besitzt ein kleines, Jedec-konformes Leistungsgehäuse vom Typ HTSSOP 20. Grundlage des Bausteins ist die Multipower-BCD-Technologie, eine Smart-Power-Technologie von STMicroelectronics, die die Integration von Steuerschaltungen und Leistungsstufe in ein und denselben Chip gestattet.
Blockschaltbild des IPS4260L
Das Blockschaltbild des IPS4260L ist in Bild 1 dargestellt. Darin ist zu erkennen, dass jeder Kanal über umfassende Schutzfunktionen verfügt. Neben einer Unterspannungssperre finden sich ein für jeden Kanal thermisch unabhängiger Schutz gegen Sperrschicht-Übertemperaturen, eine programmierbare Strombegrenzung (die Festlegung der Ansprechschwelle erfolgt mit einem externen Widerstand RLIM zwischen den Pins ILIM und SGND), eine induktive Klemmung (auf typisch 58 V) und ein Schutz gegen Unterbrechungen der Stromversorgung.
Dank der Strombegrenzung, der Cut-off-Zeit und des Übertemperaturschutzes ist jeder Kanal für sich gegen Kurzschlüsse im Verbraucher und Überströme geschützt. Dank der Klemmung auf 58 V wird eine Entmagnetisierungsschaltung realisiert. So kommt der Baustein mit großen induktiven Lasten zurecht, indem die in der Induktivität gespeicherte Energie schnell abgeleitet wird. Weist der angeschlossene Verbraucher eine sehr große Induktivität auf, muss zwischen den VZ-Pin und GND oder der Versorgungsspannung eine Z- oder TVS-Diode gelegt werden, damit der Verbraucher schnell entladen werden kann (Bild 2). Wird VZ direkt mit der Versorgungsspannung verbunden, kommt es zu einer langsamen Entladung des Verbrauchers.
Die Unterspannungssperre unterbindet einen abnormalen Betrieb bei sehr niedrigen Versorgungsspannungen. Eine weitere Schutzfunktion schaltet die Leistungsstufen ab, sobald aus irgendeinem Grund die Masseverbindung unterbrochen wird. Damit wird eine Beschädigung des Bausteins vermieden. Der für jeden Kanal einzeln vorhandene Überhitzungsschutz spricht beim Überschreiten einer Sperrschichttemperatur von typisch 160 °C an und schützt den jeweiligen Kanal so vor Überlastungen allgemeiner Art.
Die als Ein- und Ausgänge fungierenden Eingangsstufen des Bausteins sind TTL/CMOS-kompatibel und so ausgelegt, dass die Schaltzeiten minimiert werden und (über einen Serienwiderstand) der Anschluss eines Optokopplers möglich ist. Das Einschalten der Kanäle erfolgt bei einer Eingangsspannung von über 2 V. Befindet sich der jeweilige Kanal im Cut-off-Zustand oder hat der Überhitzungsschutz angesprochen, wird der betreffende Eingangspin intern über den Open-Drain-Transistor abgeschaltet. Die Open-Drain-Statuspins können direkt eine LED ansteuern. Sie melden den Cut-off-Schutz oder das Ansprechen des Überhitzungsschutzes (FLT-Pin), eine fehlende Verbindung zum Verbraucher im Aus-Zustand oder einen Kurzschluss zur Masse (OL-Pin).
Nicht dissipativer Kurzschluss
Wie schon erwähnt besitzt der IPS4260L eine eingebaute Strombegrenzung, deren Ansprechschwelle mithilfe eines externen Widerstands programmiert wird. Neben der für jeden Kanal vorhandenen Übertemperatur-Erkennungs- und -Schutzschaltung verfügt der IPS4260L außerdem über einen so genannten nicht dissipativen Kurzschluss-Block. Dessen Zweck ist es, die Verlustleistung des Bausteins insgesamt zu begrenzen. Diese zusätzliche Schutzfunktion verhindert eine Beschädigung der Leiterplatte für den Fall, dass es bei einer größeren Zahl von Kanälen zu einer Überlastung und daraus resultierend zu einem schnellen Temperaturanstieg des Bausteins kommt.
Im Fall einer Überlastung wird der Ausgangsstrom für eine bestimmte Zeitspanne (tCOFF) auf ILIM begrenzt. Die Zeitspanne wird mithilfe eines externen Widerstands (RCoD) zwischen dem CoD-Pin und SGND festgelegt (Bild 1 und 2). Der Kanal schaltet für eine Dauer von tRES ab und anschließend automatisch wieder ein, sodass die Sperrschichttemperatur des Kanals unter TJSD (Sperrschicht-Abschalttemperatur) bleibt.
Die Kurvenformen während einer Überlastsituation können aus Bild 3 entnommen werden. Bei VINX handelt es sich um die an den INx-Pin gelegte Spannung. Sie verringert sich, wenn das Signal am FLT-Pin auf Low geht, während die Spannung an MCUx konstant bleibt. Sobald die Sperrschichttemperatur TJSD erreicht, läuft der überlastete Kanal erst dann wieder an, wenn sich die Sperrschichttemperatur auf TJSD – TJHYST (Rückstelltemperatur) verringert hat. Hervorzuheben ist die Tatsache, dass der Übertemperaturschutz nur auf den überlasteten Kanal wirkt, während die nicht überlasteten Kanäle weiterhin normal funktionieren.
Open-Load-Erkennung im abgeschalteten Zustand
Um eine unterbrochene Verbindung zum Verbraucher im OFF-Zustand erkennen zu können, muss zwischen PGND und Ausgangspin ein Pull-down-Widerstand gelegt werden (Bild 4). Unter normalen Umständen fließt der Strom durch das aus Pull-down-Widerstand und Verbraucher gebildete Netzwerk. Da die am Verbraucher liegende Spannung kleiner als die minimale Open-Load-Spannung ist, bleibt ein hohes Potenzial am OL-Pin bestehen.
Wird jedoch an einem der Ausgänge die Verbindung zum Verbraucher unterbrochen, steigt die Spannung am zugehörigen Ausgang auf einen Wert, der geringer als die minimale Open-Load-Spannung ist. Dieser Fehler wird am OL-Pin gemeldet – allerdings geschieht dies erst nach einer Austastzeit (tBKT), um störungsbedingte Fehlalarme zu vermeiden. Nach dem Verstreichen von tBKT wechselt der OL-Pin in den Low-Status und signalisiert damit die Leitungsunterbrechung.
Bild 5 zeigt den Verlauf der Spannung an einem beliebigen Eingangspin, die zugehörige Ausgangsspannung und die Spannung am OL-Pin beim Eintreten und bei der Beseitigung einer unterbrochenen Verbindung zum Verbraucher.
Bild 6 zeigt die Funktionsweise der Open-Load-Detektierung im abgeschalteten Zustand. Die Ausgangsspannung wurde mit einer Frequenz von 10 kHz von 0 V auf 10 V geändert, um die unterbrochene Verbindung zum Verbraucher zu simulieren. In diesem Fall geht VOL nach Verstreichen von tBKT (typisch 16,5 µs) zurück.
Referenzboard und Applikationstests
In Bild 7 ist eine typische Anwendungsschaltung für den IPS4260L zu sehen. Es handelt sich dabei um die Ausgangsstufe einer speicherprogrammierbaren Steuerung für eine industrielle Automatisierungs- oder Prozesssteuerung. STMicroelectronics bietet dazu ein Anwenderhandbuch und eine spezielle grafische Benutzeroberfläche an. Um den Baustein in Low-Side-Konfigurationen vor den in der Industrie üblichen rauen Stromversorgungsbedingungen zu schützen, greift man in der Regel auf Optokoppler und Dioden zurück, damit sich die Steuerungsschaltungen von der Stromversorgung entkoppeln lassen. Ähnlich verfährt man bei den Eingängen und Diagnosepins.Transil-Dioden schützen den low-seitigen Schalter vor positiven und negativen Spannungsausschlägen, damit die Norm IEC 61000-4-5 erfüllt wird. An die Busleitung (Vcc) muss ein Elektrolytkondensator gelegt werden, um die Auswirkungen von Induktivitäten auszufiltern, die Versorgungsspannung zu stabilisieren und ein Ansprechen der Unterspannungssperre zu verhindern.
Die Kapazität des Elektrolytkondensators wird abhängig von der Änderungsrate des Ausgangsstroms, der Impedanz der komplexen Stromversorgungsleitungen sowie dem maximal zulässigen Spannungseinbruch am Baustein gewählt. Es wird empfohlen, einen Kondensator mit niedrigem ESR-Wert einzusetzen und möglichst nah am low-seitigen Schalter zu platzieren, um die Stromversorgungsleitung im Interesse der elektromagnetischen Verträglichkeit zu filtern. In unserem Fall fiel die Wahl auf einen Kondensator mit 47 µF. In Fabrikautomations- und Prozesssteuerungsanwendungen werfen induktive Verbraucher die größten Schwierigkeiten auf. Das Ansteuern von Lasten mit einer nominellen Induktivität von 1,15 H ist durchaus üblich. Zum Treiben eines solchen Verbrauchers ist eine beträchtliche Energie erforderlich, was zu einer recht hohen Verlustleistung und sehr hohen Sperrschichttemperaturen führen kann. Der IPS4260L wurde genau für das Ansteuern derart großer Verbraucher konzipiert, wobei eine externe Z- oder TVS-Diode zwischen dem VZ-Pin und GND oder der Versorgungsspannung angeschlossen wird, um den Verbraucher schnell zu entladen (Bild 2). Wird dagegen der VZ-Pin mit der Versorgungsspannung verbunden, läuft das Entladen des Verbrauchers langsam ab.
Verhalten bei kurzgeschlossener Last
Überströme und Kurzschlüsse der Last zur Versorgungsspannung sind die widrigsten Ereignisse, auf die man sich beim Betrieb des digitalen Ausgangs einstellen muss. Bei solchen ungünstigen Vorfällen müssen die Ausgangsstufen die gesamte Energie dissipieren, ohne Schaden zu nehmen. Abgesehen davon müssen die an die Ausgangsstufen angeschlossenen Verbraucher vor teilweise unerwartet hohen Stromspitzen geschützt werden.
Um mit den sehr hohen Stromspitzen zurechtzukommen, die bei Kurzschlüssen von Ausgängen zur Versorgungsspannung auftreten können, ist in den Chip ein Strombegrenzungsblock integriert. Dieser sorgt dafür, dass es nur für die sehr kurze Zeit, die die Strombegrenzungsschaltung zum Ansprechen benötigt, zu Stromspitzen kommen kann. Der maximal zulässige Ausgangsstrom wird mit einem externen Widerstand festgelegt.
Genauso verhält es sich bei einer harten Überlastung. Allerdings reicht die interne Begrenzung des Ausgangsstroms nicht aus. Dauert ein Kurzschluss oder eine Überlastsituation länger an, wird die im Baustein selbst sowie die im Verbraucher abfallende Verlustleistung relevant, da die verursachte Überhitzung sowohl den IPS4260L als auch den Verbraucher zerstören kann. Hier kommt der in den Chip integrierte nicht dissipative Kurzschluss-Block zum Tragen. Er begrenzt die Dauer des Strombegrenzungszustands der überlasteten Kanäle. Diese als Cut-off-Strom-Verzögerungszeit (TCoff) bezeichnete Zeitspanne wird durch einen externen Widerstand (RCoD) bestimmt, der zwischen den CoD-Pin und der Masse SGND gelegt wird. Nach dem Verstreichen dieser Zeit verbleibt der betroffene Kanal noch eine gewisse Zeit, die als Restart-Verzögerungszeit für die Leistungsstufe (tres) bezeichnet wird, im abgeschalteten Zustand, um Schäden an der Leiterplatte für den Fall zu vermeiden, dass sehr viele Kanäle überlastet sind, und um den Energiefluss im Baustein und in den Verbrauchern zu verringern. Sollte während TCoff die Sperrschichttemperatur der überlasteten Kanäle einen intern vorgegebenen Grenzwert (TJSD) erreichen, sorgen die Sperrschicht-Überhitzungsschutzblöcke (jeweils einer pro Kanal) dafür, dass die Kanäle abgeschaltet werden. Ein Neustart erfolgt erst, wenn Tj unter die Rückstellschwelle fällt.
Der nicht dissipative Kurzschluss-Block lässt sich deaktivieren, indem der CoD-Pin direkt mit der Masse SGND verbunden wird. In diesem Fall ist nur noch der Sperrschicht-Überhitzungsschutz des IPS4260L aktiv. Die Kurven in den Bildern 8 und 9 geben den Ausgangsstrom (Iout) eines Kanals und die Diagnosespannung (VFLT) im Kurzschlussfall wieder. Es ist zu erkennen, dass der Ausgangsstrom nach einer kurzen Spitze auf einen festen Wert begrenzt wird. In Bild 8 sind zusätzlich die Ausgangsspannung des relevanten Kanals und die Eingangsspannung zu sehen. Beide folgen dem Verlauf der Fehlerspannung, weil die Eingangspins des IPS4260L für Diagnosezwecke genutzt werden. Wenn wie in Bild 9 der nicht dissipative Kurzschluss-Block deaktiviert ist, wird zunächst eine lange Zeitspanne benötigt, um die Sperrschicht-Grenztemperatur zu erreichen. Daraufhin wird der überlastete Kanal abgeschaltet, wodurch wiederum der begrenzte Ausgangsstrom auf null zurückgeht. Das Diagnosesignal des überlasteten Kanals hat normalerweise High-Status, bis es durch den Überhitzungsschutz abgeschaltet wird. Zu diesem Zeitpunkt wechseln der zur Diagnose dienende FLT-Pin und der entsprechende Eingangspin in den Low-Status und signalisieren damit das Ansprechen des Überhitzungsschutzes. Der reguläre Betrieb wird wieder aufgenommen, sobald die Sperrschichttemperatur (TJ) unter die Reset-Schwelle (TJSD – TJHYST) gefallen ist. Daraufhin beginnt der Zyklus von vorn.
Verhalten bei kapazitiver Last
Der IPS4260L kann auch kapazitive Lasten problemlos ansteuern und kommt auch mit Kondensatoren von sehr großer Kapazität zurecht. Die Kurven in Bild 10 zeigen die Verhältnisse beim Ansteuern eines Kondensators von 3,3 mF/ 63 V. Wegen der großen Kapazität spricht beim Laden des Kondensators die Strombegrenzung an, weshalb nicht der wirkliche Ladestrom, sondern der durch den externen Widerstand festgelegte Grenzstrom zum Tragen kommt. Nach dem Verstreichen von TCoof ist das Eingreifen des nicht dissipativen Kurzschluss-Blocks zu sehen, wodurch der betreffende Ausgang wie bei einer Überlastung oder einem Kurzschluss abgeschaltet wird. Ist der Kondensator fast vollständig aufgeladen, fällt der Ladestrom unter den festgelegten Grenzstrom. Deutlich zu sehen ist dies in Bild 11: in der Mitte der blauen Kurve ändert sich der Ladestrom schlagartig, um dann bei vollständiger Aufladung des Kondensators auf null zurückzugehen. Ist der am Ausgang liegende Kondensator aufgeladen und wird an den OL-Pin eine niedrige Spannung gelegt, so entspricht das Verhalten dem bei einem Kurzschluss zur Masse. Somit geht im abgeschalteten Zustand (bei niedriger Eingangsspannung) das Diagnosesignal am OL-Pin, das normalerweise High-Status hat, in den Low-Zustand über (Wahrheitstabelle in Bild 12).
Michelangelo Marchese
(jj)