Roland Bent, CTO Phoenix Contact, im Videointerview.

„Die aktuellen Diskussionen werden der Breite des Themas nicht gerecht“, erklärt Roland Bent, CTO Phoenix Contact, im Videointerview. (Bild: Redaktion IEE)

Herr Bent, wo sehen Sie heute den Status Quo von SPE?

Roland Bent: Single Pair Ethernet ist ein wichtiges Thema, nicht nur für Steckerhersteller, sondern für die gesamte Industrie. Durch das hohe Maß an Rationalisierungsvermögen hat SPE das Potenzial, die industrielle Netzwerkkommunikation in der Feldebene zu revolutionieren. Während die unterschiedlichen Ausprägungen von SPE ursprünglich für den Einsatz im Fahrzeug entwickelt wurden und Steckverbinder in der Automobilindustrie nach dem jeweiligen Werksstandard bereits verbaut werden, stehen die Technologien um SPE hinsichtlich anderer Anwendungsgebiete noch ganz am Anfang.

…das heißt, es gibt also noch Klärungsbedarf…

Roland Bent: Zu vielen Aspekten der Technologie und seiner Implementierung sind entscheidende Fragen offen, die es noch zu beantworten gilt. Beispielsweise machen sich die Nutzerorganisationen auch gerade erst auf den Weg. Sie sind es, die im Endeffekt maßgeblich die applikationsspezifischen Anforderungen an SPE für die Industrie definieren. Und in deren Mittelpunkt steht immer die Gesamtanwendung. Der Austausch in ihren Anwenderkreisen wird ausschlaggebend sein. Hieraus ergeben sich dann beispielsweise auch erst Festlegungen auf bestimmte Verbindungstechnik oder Stecker.

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Dennoch sind Normung und Stecker aktuell ein beherrschendes Thema.

Roland Bent, CTO Phoenix Contact, im Videointerview.

"Es wird definitiv mehrere Steckverbinder-Lösungen im Markt geben." Redaktion IEE

Roland Bent: Die Diskussionen zur Verbindungstechnik, die wir hier erleben, werden der Breite des Themas allerdings nicht ganz gerecht. SPE ist viel mehr als nur ein ‚neuer Stecker‘. SPE betrifft alle Infrastruktur-Komponenten der industriellen Netzwerktechnik – Steckverbinder, Kabel, PHYs, Sensoren, Switche und weitere Geräte.

Speziell die Diskussionen und Statements im Kontext der Normungsaktivitäten zur SPE Verbindungs- und Anschlusstechnik werden von einigen Herstellern aktuell stark ‚Marketing-geprägt‘ geführt. Hier ist eine differenzierte Sicht wichtig, um zu mehr Transparenz und Klarheit zu kommen. Es gibt definitiv nicht den einen Standard. Größtenteils ist es so, dass die Normen keine Vorgabe zur Steckverbindung machen.

Die Normen sind in der Hinsicht also flexibel gehalten?

Roland Bent, CTO Phoenix Contact, im Videointerview.

"Die Nutzergruppen bestimmen die Ausprägung ihrer Systeme und somit auch den Steckertyp." Redaktion IEE

Roland Bent: In den SPE Basis-Standards zur Signalübertragung der Normreihe IEEE 802.3 werden gar keine Vorgaben zu den Steckverbindungen gemacht. Lediglich für die beiden in der IEC 63171-1 und -6 genannten Steckertypen gibt es im Standardteil der IEEE 802.3cg eine gesonderte, unverbindliche Erwähnung – ‚may be used‘.

Bei den internationalen Standards für eine applikationsunabhängige strukturierte Verkabelung, der IEC 11801 und TIA, gibt es zur Zeit Entwürfe, die eine einpaarige Verkabelung Steckverbinder gemäß der IEC 63171-1/-6 definieren. Diese Standards beziehen sich jedoch auf eine Vorverkabelung in Büro- und Industriegebäuden, die in der industriellen Auto­matisierung – also an und in den Maschinen und Anlagen – nicht maßgebend sind. Für die Anwendungsgebiete der industriellen Automatisierungstechnik gibt es aktuell noch keine Ausprägungen von Steckverbinder-Standards.

Welche Bedeutung hat dies für die weitere Entwicklung?

Roland Bent: Bezogen auf den Part der Verbindungstechnik bedeutet essys, dass es mehrere genormte und auch nicht-genormte Steckverbinder geben wird. Dabei wird es darauf ankommen, in welcher Indus­triebranche und in welchem Umfeld die Stecker ihren Einsatz finden sollen. Aber auch andere Überlegungen, wie Baugröße und Kostenfaktoren, werden bei der Wahl eine Rolle spielen. Ein kompaktes Steckgesicht befähigt die Gerätehersteller, mit kleineren Geräten weiteren Platz einzusparen. Dies wirkt sich positiv auf die Kosten aus, ebenso wie durchgängige Einsatzmöglichkeiten. Da bei SPE die Anwendungen vom Sensor bis in die Cloud gehen, ist es bei M8-Steckern, die in den Sensoren verbaut werden, vorteilhaft, ein komplettes System anbieten zu können. Hinsichtlich dieser Anforderungen sehen wir uns bei Phoenix Contact gut aufgestellt.

Relevante Normen und Standards für Anschlusstechnik im Umfeld von Single Pair Ethernet (SPE)

Relevante Normen und Standards für Anschlusstechnik im Umfeld von Single Pair Ethernet

Das Interview führte IEE-Chefredakteur Stefan Kuppinger per Web-Meeting.

(sk)

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