Cardiac surgery with cardiopulmonary bypass monitor

In der Medizintechnik kann eine Unterbrechung des Stromkreises fatale Folgen haben. (Bild: Getty Images)

Weitflächige Ausfälle des gesamten Stromnetzes sind zumindest in Industrieländern selten geworden. Doch eine Unterbrechung des Stromkreises muss nicht immer vonseiten der Energielieferanten herrühren. Manchmal reicht dafür schon ein kleiner Missgriff aus. Aus Unachtsamkeit zieht man an einem falschen Kabel oder entfernt im Kabelsalat versehentlich einen Stecker. Doch dies kann gravierende Folgen nach sich ziehen. Bei einer Vielzahl von Anwendungen, beispielsweise in der Medizintechnik, ist eine Stromunterbrechung nicht denkbar. Fatal, wenn beispielsweise im Operationssaal plötzlich ein lebenserhaltendes Gerät seinen Dienst quittieren würde.

Bewährtes Prinzip Zugentlastung und Auszugssicherung

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Eine simple aber effektive reine Auszugssicherung: Lösung mit Clip oder Bride. Schurter

Das Prinzip der Zugentlastung und Auszugssicherung kennt man in der Elektronik seit Langem. In der HF-Mess- und Labortechnik setzen die Hersteller entsprechender Geräte zumeist auf frontseitige Kleinsignal-Steckverbindungen, bei denen eine Auszugssicherung standardmäßig integriert ist: BNC arbeitet hier etwa mit einem Bajonett-Verschluss. Naheliegend, schließlich ist in der Messtechnik Kabel-Durcheinander kaum vermeidbar. Ein ähnliches Szenario präsentiert sich auch auf der Rückseite von PCs, wo zahlreiche Kabel auf engem Raum zusammenlaufen. Hier gilt es Ethernet-Netzwerkkabel zu sichern. Dem Problem der Zugentlastung begegnet man mit Stecksystemen mit bereits integrierter Lösung. In beiden angeführten Beispielen wird die Auszugssicherung auf mechanischem Weg herbeigeführt.

Bei der rückseitigen Stromversorgung stellt sich dies nun leider weniger einfach dar. Schließlich werden geräteseitig im 1-Phasenbereich nahezu ausschließlich Steckvorrichtungen nach IEC 60320 (IEC = International Electrotechnical Commission) verwendet, und das weltweit. So soll durchgängige Kompatibilität gewährleistet werden. Ein Nachteil liegt darin, dass diese IEC-Steckverbindungen eine Zugentlastung oder Auszugssicherung an der Gerätesteckvorrichtung selbst nicht vorsehen.

Lösungsansätze von Briden und Clip bis zu Exoten

Auch das Problem der Netz-Auszugssicherung ist bereits seit Längerem bekannt. Über die Jahre entstanden so unterschiedliche mechanische Lösungsansätze für das Problem. Nachfolgend eine Auswahl an Lösungen für IEC-Steckvorrichtungen, allerdings ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Briden- und Clip-Lösung: Diese Lösung mag auf den ersten Blick nicht mehr State-of-the-art erscheinen, aber sie erfüllt ihren Zweck auf kostengünstige Weise. Mittels einer Bride respektive eines Clips wird dabei das Gerätekabel am Gehäuse festgeschraubt. Das Kabel selbst wohlgemerkt, nicht der Stecker oder die Dose. Ein versehentliches Ausziehen wird somit praktisch unmöglich. Diese Lösung macht besonders dann Sinn, wenn eine Installation nur selten umplatziert und neu gesteckt wird.

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Sind Bügel und Steckertyp zusammen, sind Sicherheitsbügel eine passende Lösung. Hier sind sie mit zusätzlichem Dichtungskit zur Erhöhung des IP-Schutzes augestattet. Schurter

Sicherungsbügel: Der Klassiker ist die Auszugssicherung mittels Sicherungsbügel, der am Gerätestecker montiert ist und über die Gerätesteckdose gedrückt wird. Simpel und effektiv, sofern man einige Gesichtspunkte berücksichtigt: Vor allem gilt es, die richtige Bügelform für den Steckertyp und eine der vielen Formen von Gerätesteckdosen zu finden. Stimmen Bügel und Gerätsteckdose nicht zu 100 Prozent überein, ist die Zugentlastung ausgesetzt. Für Geräte, die häufiger transportiert und mit immer wieder wechselnden Kabeln gesteckt werden, ist dies nicht die ideale Lösung.

 

Auf der nächsten Seite stehen dezidierte Lösungen und Lösungen mit Standard-IEC-Steckvorrichtungen im Mittelpunkt.

Eck-DateN

Um Stromausfälle in einem sensitiven Umfeld zu unterbinden, greift man in der Elektromechanik auf das Prinzip der Zugentlastung und Auszugsicherung zurück. Je nach Bedarf und Anforderung kommen sehr unterschiedliche Auszugsicherungen zur Anwendung, die von der Briden- und Cliplösung über den Sicherungsbügel hinzu dezidierten Lösungen reichen.

Dedizierte Lösungen: Die dedizierten Lösungen verschiedener Hersteller, welche unter Bezeichnungen wie V-Lock, Secure Lock und ähnlichem bekannt sind, erfreuen sich beispielsweise in der Medizintechnik oder im Bereich Data Center großer Beliebtheit. Analog dem Ethernet-Kabel in der Computertechnik sind sie die Standardlösung bei der Stromversorgung sensibler Systeme. Ihnen gemeinsam ist, dass sowohl Stecker wie auch Dose passgenau aufeinander abgestimmt sind.

V-Lock

Beispiel für dedizierte Lösungen: V-Lock mit EMV-Filter und Sicherungshalter. Schurter/Raritan

Bei derartigen Auszugssicherungen entsteht zwischen Dose und Stecker eine stabile mechanische Verbindung. Ein Nocken auf der (Ober-) Seite der Steckdose rastet in die dafür vorgesehene Öffnung am Gerätestecker ein. Dies verhindert zuverlässig ein unbeabsichtigtes Ausziehen des Netzkabels. Die Verriegelung wird durch einen Fingerdruck auf den Entriegelungshebel wieder freigegeben. Hier findet sich zugleich die Achillesferse dieser Systeme: der Entriegelungsmechanismus, der etwas Platz benötigt.

Werden etwa IEC-Steckdosenleisten mit hoher Packungsdichte eingesetzt, entstehen schnell beengte Verhältnisse. Je nach vertikaler oder horizontaler Anordnung der Dosen lässt sich das eine oder das andere System kaum mehr einsetzen. Unter Umständen ist der Entriegelungshebel nicht mehr erreichbar. Denn dieser wird im V-Lock oben angebracht, bei Secure Lock seitlich. Wer aber genau hinschaut und seine Erfordernisse abklärt, erhält mit diesen Systemen eine adäquate Lösung. Ein weiterer Vorteil der dezidierten Lösungen liegt darin, dass sich die Steckvorrichtungen dabei geräteseitig mit nützlichen Zusatzfeatures wie Netzfiltern und/oder Sicherungshaltern oder Kombinationen mit hohem IP-Schutz bestücken lassen.

Auto-Lock

Ein cleverer Verriegelungsmechanismus sitzt beim Auzo-Lock im Innern der Steckvorrichtung. Quail

Lösungen mit Standard IEC-Steckvorrichtungen: Im Gegensatz zu den dedizierten Lösungen können bei diesem Ansatz, bekannt etwa als IEC-Lock oder Auto-Lock, auf der einen Seite der Gerätesteckvorrichtung Standard IEC-Dosen oder -Stecker Anwendung finden. Der Mechanismus der Verriegelung sitzt im Innern der Gerätesteckverbindung, was ihn praktisch und universell verwendbar macht. Nachteilig wirkt sich hier jedoch aus, dass die Verriegelung mechanische Kräfte auf die spannungsführenden Stifte im Stecker ausübt. Zudem sind auch bei diesen Lösungen die Entriegelungsmechanismen zu berücksichtigen, welche aus der Steckervorrichtung herausragen. Es besteht demnach ein gewisser Platzbedarf. Der Vorteil liegt beim universellen Einsatz und den geringeren Aufwendungen, da nur eine Seite der Verbindung vom Standard abweicht.

zLock

Bei der zLock-Technologie ist sowohl die Stecker- als auch Dosenseite verriegelt. Zonit

Exoten: Die Lösung zLock ist in gewisser Weise ein Exot. Sie besitzt sowohl auf der Stecker- wie auch auf der Dosenseite des Kabels eine Verriegelung – einmal Stift/Nocken, einmal eine Spannverriegelung. Das macht sie einzigartig. Sie lässt sich mit Standard-IEC-Dosen und -Steckern verwenden. Somit ist sie etwa für den Einsatz als beidseitig zugfeste Weiterverbindung zwischen zwei IEC-Normsteckvorrichtungen sehr geeignet.

Plug-Lock

Kostengünstig, schnell montiert, eventuell etwas fummelig sind sogenannte Plug-Lock-Inserts. Tripplite

Sogenannte Plug-Lock-Inserts stülpt man einfach über die IEC-Steckvorrichtung. Sie füllen den vorhandenen Zwischenraum zwischen Stecker und Dose auf. Sind beide Teile passgenau gefertigt, kann die Montage einen beträchtlichen Kraftaufwand erfordern – bis hin zum Ermüdungsbruch. Ist hingegen genügend Spiel vorhanden, sind solche Inserts eine schnelle, überaus kostengünstige Variante zur Auszugssicherung. Eine wirklich professionelle Lösung sieht jedoch etwas anders aus.

Die beste Lösung?

Schurter

Schurter

Unglücklicherweise gibt es die beste, einzig wahre Lösung einmal mehr nicht. Es kommt – wie immer – auf die Anwendung an. Soll sie drinnen oder draußen eingesetzt werden? Handelt es sich um mobile Geräte oder Fixinstallationen? Viele verschiedene Parameter gilt es hier gegeneinander abzuwägen. Ein weiterer Aspekt betrifft die Wertigkeit. Passt es beispielsweise ins Gesamtbild, wenn man Gerätschaften für Tausende von Euro mit einem 50-Cent-Auszugsschutz versieht? Lohnt es sich, genau hier den Rotstift anzusetzen?  Wo ein Auszugsschutz gefordert ist, da sollte man ihm die ihm zustehende Beachtung schenken.

Albert Bürgler

ist Product Manager Gerätestecker bei Schurter in Luzern/Schweiz.

(tm)

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