Das Unternehmen Farmbau Fertigsysteme aus Langenburg bietet mit dem Vario-Sun-Haus ein Wohngebäude an, das mit einem verstellbaren Photovoltaik-Dach ausgestattet ist. Die Konstruktion unterscheidet sich von Photovoltaik-Anlagen, die auf den Dächern von herkömmlichen Wohn- oder Nutzgebäuden installiert sind. Das Photovoltaik-Dach ist separat und unabhängig vom eigentlichen Gebäude auf vier Pfeilern montiert. Deren jeweilige Höhe können Hydraulikzylinder verändern, sodass die Sonnenstrahlen stets optimal auf das Dach treffen. „Ist das Dach in Richtung Sonne geneigt, führt das dazu, dass der Ertrag der Photovoltaik-Anlage um bis zu 30 % höher ist als bei fest installierten Anlagen“, erklärt Harald Maier, der bei Farmbau Leiter des Fertigteilewerks und für den Vertrieb zuständig ist. Je nach der aktuellen Einspeisevergütung amortisiert sich eine solche Anlage innerhalb weniger Jahre. Je höher die Effizienz der Anlage, desto kürzer die Amortisationszeit.
Kompakte Technik für präzises Messen
Ein Touchpanel XV100 von Eaton, auf dem eine Soft-SPS installiert ist, steuert die gesamte Anlage. Das Verfahren der Hydraulikzylinder wird über Ventile gesteuert, die über ein Steuerrelais Easy von Moeller an das Touchpanel angeschlossen sind. Die Komponenten der Steuerung sind in einem Wandgehäuse im Inneren des Hauses untergebracht. Bei der Inbetriebnahme wird die genaue geografische Position des Hauses eingegeben. Zusammen mit Datum und Uhrzeit berechnet die Steuerung mithilfe der Keplerschen Funktionen daraus den aktuellen Sonnenstand. Um die Neigung des Dachs jeweils exakt zu bestimmen, kommen drei Neigungssensoren von TWK Elektronik zum Einsatz. Die eingesetzten Neigungssensoren vom Typ NBN 65 basieren auf Mems-Sensorik, die in Silizium-Bulk-Mikromechanik-Technologie gefertigt werden. Die mikromechanischen Strukturen innerhalb des Sensors bilden eine Doppelkapazität deren Größe sich unter dem Einfluss einer Beschleunigung – beispielsweise der Erdbeschleunigung – ändert. Diese Kapazitätsänderungen werden im Sensor erfasst und messtechnisch verarbeitet, sodass eine exakte Winkelmessung möglich ist. Die Sensoren messen präzise mit einer Absolutgenauigkeit je nach Ausführung von 0,1 bis 0,5°, haben eine hohe Lebensdauer und sind robust. Untergebracht sind die Neigungssensoren in einem Gehäuse aus Aluminium, sodass sie die Schutzart IP67 erfüllen. Optional sind auch Ausführungen in Edelstahl und mit Schutzart IP69K erhältlich.
Sicherheit geht vor
Bei der Anwendung in den Photovoltaik-Dächern kommen redundante Ausführungen des Neigungssensors zum Einsatz. „Die Sicherheit ist für eine solche Anlage natürlich wichtig“, betont Oliver Köhler, der bei Farmbau die Steuerung und die Software für die Anlage entwickelt hat. Die redundante Ausführung helfe, Beschädigungen des Dachs zu vermeiden, so Köhler: „Die Auflösung, die die Sensoren bieten, ist so hoch, dass selbst mit der größten Version des Dachs – immerhin 20 mal 20 m – eine Genauigkeit von 2 cm erreicht wird.“ Pro Dach sind drei Sensoren eingebaut – jeweils an der Nord-, Ost- und Westseite. Die Anbindung der Neigungssensoren an die Steuerung erfolgt über ein CANopen-Bussystem. Eine Safety-Version mit SIL2-Zertifikat ist auch erhältlich. Die Anbindung kann auch über eine analoge Schnittstelle erfolgen. Das Dach wird je nach Sonnenstand, der über Datum, Uhrzeit und geografische Position durch die Steuerung berechnet wird, geneigt. Morgens bei Sonnenaufgang wird das Dach mit 30° nach Osten geneigt. Mittags wird das Dach nach Süden und abends nach Westen ausgerichtet. Je nachdem, wie hoch die Sonne steht, wird die Neigung zwischen 0 und 30° variiert. Nachts fährt das Dach automatisch in eine waagerechte Position. Damit das Dach immer eine stabile Lage einnimmt, müssen immer jeweils zwei der Hydraulikzylinder eingefahren sein. Eine Neigung des Dachs nach Südosten oder Südwesten ist daher nicht möglich.
Die Steuerung, die nach der Installation im Automatikbetrieb läuft, wird auch benötigt, falls die Sonne nicht scheint. Ein Regen- und ein Windsensor sind ebenfalls an die Steuerung angeschlossen. Bei Regen neigt die Steuerung das Dach automatisch so, dass Wasser in das Regenfallrohr ablaufen kann. Übersteigt der Wind eine gewisse Stärke, werden alle Hydraulikzylinder ganz eingefahren, um eine Beschädigung des Dachs zu vermeiden.
Beratung und Service
Während der Entwicklungsphase des Hauses zeigte sich, wie wichtig Beratung in einer frühen Projektphase ist. „Ursprünglich wollten wir Seilzug-Sensoren einsetzen, um die Neigung des Daches zu messen“, erinnert sich Oliver Köhler: „Erst durch TWK kamen wir dann auf die Idee, Mems-Neigungssensoren einzusetzen.“ Mit einem Arbeitstemperaturbereich von -40 bis 85 °C können den Sensoren auch widrige Witterungsverhältnisse nichts anhaben. Über die integrierte CANopen-Schnittstelle lassen sich die Sensoren einfach in die Steuerungsarchitektur integrieren und die redundante Ausführung sorgt für die geforderte hohe Sicherheit. Bisher wurde das Vario Sun-Haus dreimal realisiert. Bei Farmbau ist man zuversichtlich, dass die aktuelle energiepolitische Entwicklung das Geschäft in diesem Bereich in Zukunft deutlich beleben wird, erst recht, wenn eine wirtschaftliche Lösung gefunden ist, die auf dem eigenen Dach produzierte Energie zu speichern.
Achim Albertini
(mf)