Bei erhöhten Anforderungen an Systemverfügbarkeit und –zuverlässigkeit werden elektromechanische Relais (EMR) zunehmend durch Solid-State-Relais-Lösungen (SSR) für Hochleistungsanwendungen ersetzt.

Bei erhöhten Anforderungen an Systemverfügbarkeit und –zuverlässigkeit werden elektromechanische Relais (EMR) zunehmend durch Solid-State-Relais-Lösungen (SSR) für Hochleistungsanwendungen ersetzt. (Bild: Adobe Stock, 83601567, Michael)

EMRs basieren auf einer jahrzehntealten Technologie und sind noch häufig im Einsatz. Allerdings stoßen sie an ihre Grenzen, wenn es um Steuerbarkeit, Haltbarkeit und Zuverlässigkeit geht, und das, obwohl sie eine sehr gute Leistungsdichte bieten. Diese Einschränkungen werden immer relevanter, insbesondere wenn ein breites Spektrum von Lasten mit kapazitiven (Einschaltstrom) oder induktiven (Lichtbogenbildung, Überspannungsspitzen) Eingangseigenschaften zu steuern ist.

Aktuelle Solid-State-Relais

Die heutigen Solid-State-Relais basieren vorwiegend auf galvanisch getrennten Treibern sowie bei Wechselstromsystemen auf TRIACs – siliziumgesteuerten Gleichrichtern (SCR) – und auf Standard-Planar-MOSFETs bei Gleichstromsystemen. Dabei dienen TRIACs und MOSFETs als Schaltelement, während die galvanisch getrennten Treiber für die Steuerung notwendig sind. Allerdings haben diese SSRs einige Einschränkungen: der limitierte maximale Ausgangsstrom, die vergleichsweise hohe Verlustleistung, die Größe und die im Vergleich zu EMRs höheren Kosten. Zudem benötigen Hochstrom-SSRs zusätzliche Kühlkörper, um höhere Ausgangsströme zu erreichen. Aus diesem Grund erzielen sie eine deutlich geringere Packungsdichte als EMRs, weshalb sie nur für eine begrenzte Anzahl von Anwendungssockeln geeignet sind.

Die hohe Verlustleistung der bekannten SSR-Lösungen wird durch die Leitungsverluste der verwendeten Leistungsschalter verursacht. TRIACs oder SCRs unterliegen im Durchlassmodus einem hohen Restspannungsabfall. FET-basierte Implementierungen ermöglichen dagegen geringere Verluste, sofern Transistoren mit ausreichend niedrigen RDS(on)-Werten der Pass-Transistoren eingesetzt werden. Herkömmliche Standard-Hochspannungs-FET-Technologien ermöglichen jedoch einen spezifischen RDS(on)∙A-Wert von 2 bis 3 Ωmm², was zu beträchtlichen Chipgrößen und damit zu hohen Kosten führt. Bei höheren Strömen sind Standard-SSR auf MOSFET-Basis für gewöhnlich auf Gleichstromanwendungen beschränkt und tendenziell sehr kostspielig. Außerdem ist die Steuerbarkeit von Standard-SSRs begrenzt. TRIAC-basierte Relais unterstützen nur das Einschalten mit zufälliger Phase, und das Ausschalten beim Nulldurchgang des Laststromes. Zusätzlich ist der maximale dU/dt-Wert begrenzt, sodass Ausgangsdämpfungsschaltungen erforderlich sind, die jedoch den Platzbedarf, den benötigten Bauraum und die Kosten weiter erhöhen.

Eck-Daten

Solid-State-Relais lösen elektromechanische Relais in vielen Anwendungsgebieten ab. Hergestellt nach dem Superjunction-Konzept können sie nun auch hinsichtlich Leistungsbereich, Packungsdichte und Kostenniveau mit ihren elektromechanischen Pendants mithalten. Der Beitrag beschreibt, was ein Solid-State-Relais leisten kann und wie sich seine Verlustleistung minimieren lässt. Im Fokus liegt daneben das Einhalten eines sicheren Betriebsbereichs, was der Entwickler dabei berücksichtigen muss und wie er das entsprechende SOA-Diagramm richtig interpretiert.

Neuartige Drain-Struktur nach dem SJ-Konzept

Die CoolMOS-Technologie von Infineon ermöglichte die Umsetzung einer neuartigen Drain-Struktur nach dem Superjunction-Konzept (SJ), die die Leistungszahl (Figure of Merit, FOM) des spezifischen RDS(on)∙A reduziert. Bislang wurden SJ-MOSFETs vor allem in Hochspannungs-Schaltanwendungen wie PFC- und DC-DC-Wandlern eingesetzt. Doch Infineon hat kürzlich die 600-V-CoolMOS-S7-Familie vorgestellt, die für kostenempfindliche statische Schaltanwendungen optimiert ist. Diese Hochvolt-SJ-MOSFET-Familie erreicht ein sehr niedriges RDS(on)∙A von 0,6 Ωmm². Damit ermöglicht die Familie die Implementierung einer neuen Generation von Solid-State-Relais mit Betriebsspannungen von bis zu 250 VAC oder 350 VDC, die mit EMRs hinsichtlich Leistungsbereich, Packungsdichte und Kostenniveau vergleichbar sind – was bisher unmöglich war.

Zudem sind die Vorteile der neuen Technologie vielfältig:

  • Die kleinere Chipgröße führt zu einer höheren Packungsdichte, insbesondere in einer antiseriellen Konfiguration mit zwei FETs für AC- und DC-Schaltungen.
  • Die sehr gute Regelbarkeit von MOSFETs ermöglicht intelligente Solid-State-Relais mit umfassenden Steuerungsfunktionen, einschließlich Phasensteuerung, Abschnittssteuerung, Nullstromschaltung und Nullspannungsschaltung.
  • Die erhöhte Robustheit und die Schutzfunktionen der FET-basierten SSRs können die Notwendigkeit externer Sicherungselemente beseitigen. Dadurch wird ein selektiver Schutz der Ausgangskanäle und eine hohe Systemverfügbarkeit ermöglicht.

Diese Verbesserungen ermöglichen Produkte mit RDS(on)-Werten von bis zu 10 mΩ in einem SMD-Gehäuse. Produkte mit 10 mΩ, 22 mΩ, 40 mΩ und 65 mΩ in verschiedenen Gehäusen sind bereits verfügbar. Zurzeit läuft die Einführung des Portfolios; mit der breiten Auswahl an Widerstandswerten können Entwickler die Verlustleistung und Stromklasse ihrer Designs individuell anpassen.

Relais mit geringer Verlustleistung

Bei EMRs tragen zwei Faktoren zur Verlustleistung bei: die Verlustleistung der Spule (Erregerleistung) und die Leitungsverluste, die der Kontaktwiderstand verursacht. Von diesen beiden Verlustquellen ist die Verlustleistung der Spule unabhängig vom Laststrom und trägt erheblich zum Verlustleistungsbudget bei: Selbst hochempfindliche EMRs benötigen eine Erregerleistung von einigen zehn bis zu hunderten mW. Zwar ist eine hohe Leistungsspitze erforderlich, um den Schaltvorgang des EMR einzuleiten, jedoch kann die stationäre Verlustleistung durch eine fortschrittliche Steuerschaltung reduziert werden. Das erfordert allerdings zusätzliche Komponenten für die Spulensteuerung und ist durch die sicheren Betriebsbedingungen des EMR begrenzt.

Im Gegensatz zu EMRs benötigen FET-basierte Solid-State-Relais nur eine sehr geringe Schaltenergie und eine vernachlässigbare Halteleistung. Da der Steuerkreis nur sehr wenig Strom benötigt, steht fast das gesamte Verlustleistungsbudget für die Leitungsverluste zur Verfügung.

Bild 1: Aufschlüsselung der Verluste von EMR im Vergleich zu SSR.
Bild 1: Aufschlüsselung der Verluste von EMR im Vergleich zu SSR. (Bild: Infineon)

Relaiskontakte haben anfangs zwar einen niedrigen Kontaktwiderstand, doch ist bekannt, dass dieser Parameter im Laufe der Lebensdauer des Geräts erheblich zunimmt. Um das Budget für die Verlustleistung einer EMR-Schalterlösung richtig zu berechnen, muss der verschlechterte Kontaktwiderstand berücksichtigt werden. Im Gegensatz zu EMRs weisen Halbleiterlösungen keine Änderung des Durchlasswiderstands über die Lebensdauer auf.

Bild 1 zeigt einen Vergleich der Verluste: Das Diagramm zeigt, wie das EMR-Datenblatt höhere Spulenverluste im Vergleich zu einer SSR-Lösung angibt. Alterungseffekte wie Hot-Switching können den Kontaktwiderstand über die Lebensdauer hinweg erhöhen. Ausgehend von einer 50-prozentigen Spanne zwischen dem typischen Leitungswiderstand und dem maximalen spezifizierten Widerstand in einem EMR, kann eine Solid-State-Implementierung die initial höheren Kosten und Leitungsverluste über die Lebensdauer gerechnet hinweg ausgleichen, da die SSR-FETs nicht altern und über sehr strenge garantierte maximale RDS(on)-Grenzwerte verfügen.

Je nach Verlustleistungsbudget kann ein Entwickler das Transistorpaar mit dem erforderlichen RDS(on) auswählen. Bild 2 zeigt ein Diagramm des maximalen Gesamt-RDS(on), also der Summe der beiden antiseriellen FETs, in Abhängigkeit vom Laststrom für vier verschiedene Verlustleistungsbudget.

Bild 2: RDS(on)-Auswahl auf der Grundlage des Verlustleistungsbudgets.
Bild 2: RDS(on)-Auswahl auf der Grundlage des Verlustleistungsbudgets. (Bild: Infineon)

Wie die Grafik zeigt, lässt sich mit dem derzeit verfügbaren Portfolio der CoolMOS-S7-600-V-Familie ein breites Spektrum an Verlustleistungsbudget abdecken, was die Implementierung von verlustarmen Relais für verschiedene Leistungsklassen ermöglicht. So können beispielsweise zwei 65-mΩ-IPT60R065S7 für ein 2-A-Relais mit einem maximalen Verlustleistungshaushalt von 0,5 W Verwendung finden. Das 10-mΩ-IPDQ60R010S7 erweitert diesen Strombereich auf über 5 A.

Einhalten des sicheren Betriebsbereichs

EMR-Kontakte sind aufgrund ihrer mechanischen Beschaffenheit robust. Wenn das Relais jedoch zum Hot-Switching verwendet wird – das bedeutet, wenn ein Relais entweder geöffnet oder geschlossen wird während Strom fließt – tritt Kontaktabbrand auf, welcher die Lebensdauer des Relais stark begrenzen kann. Im Allgemeinen werden Angaben zur Lebensdauer von EMR für das Schalten ohne Strom oder mit ohmschen Lasten angegeben. In der Praxis sind die Lasten jedoch induktiv, kapazitiv oder haben große Einschaltströme, wie im Fall von Glühbirnen, LED-Lampen oder kleinen AC/DC-Wandlern.

Um die erwartbare Robustheit von Halbleiterlösungen zu erreichen, ist es entscheidend, die besonderen Steuerungsanforderungen der verwendeten Leistungstransistoren zu berücksichtigen. Es ist beispielsweise unbedingt erforderlich, den Transistor innerhalb seines sicheren Betriebsbereichs (SOA) zu betreiben, insbesondere beim Schalten von Lasten mit hohen Einschaltströmen. Die Einhaltung der SOA-Grenzwerte wird bei Leistungs-FETs mit niedrigem RDS(on) und hoher Leistungsdichte immer wichtiger. Grund dafür ist, dass diese Transistoren keine intrinsische Strombegrenzung bieten und nur sehr kurze Betriebszeiten im linearen Modus bei hohem VDS und IDS-Strom ermöglichen.

Aber diese Vorteile bringen auch Bedingungen mit sich, die ein Entwickler von Schaltungen berücksichtigen muss, insbesondere bei der Konstruktion eines Solid-State-Relais. Im Vergleich zu Standard-FETs mit ähnlichen RDS(on)-Klassen haben die wesentlich kleineren Chips eine geringere Wärmekapazität und einen höheren Wärmewiderstand. Das lässt sich am besten in dem Diagramm zum sicheren Betrieb darstellen.

Obwohl die Schaltgeschwindigkeit im Vergleich zu typischen Switch-Mode-Anwendungen nicht von vorrangiger Bedeutung ist, muss bei der Ansteuerung großer FET-Stufen unbedingt die Einhaltung des SOA berücksichtigt werden. Das SOA-Diagramm in Bild 3 zeigt zwei Schalttransienten: den eines Treibers mit 100 μA Ausgangsstrom und den eines Treibers mit 100 mA Ausgangsstrom. Diese beiden Schalttransienten sind in Bild 4 und Bild 5 dargestellt. Die Einschwingzeit kann vom Beginn des Stromflusses bis zum Ende des Miller-Plateaus betrachtet werden, wobei keine nennenswerte Drain-Source-Spannung an den Schaltern anliegt. Dabei ist zu beachten, dass das 100-uA-Beispiel eine Schaltzeit von etwa 600 µs und das 100-mA-Beispiel von etwa 10 µs aufweist.

Bild 3: Das SOA-Diagramm (Safe Operating Area) des IPT60R022S7 mit den transienten Schaltkurven eines 100 μA- und eines 100-mA-Treibers zeigt die Notwendigkeit eines ausreichenden Treiberausgangsstroms.
Bild 3: Das SOA-Diagramm (Safe Operating Area) des IPT60R022S7 mit den transienten Schaltkurven eines 100 μA- und eines 100-mA-Treibers zeigt die Notwendigkeit eines ausreichenden Treiberausgangsstroms. (Bild: Infineon)

Beim Einzeichnen beider Transienten in das SOA-Diagramm zeigt sich, dass der erste Fall des 100-µA-Treibers die 500-µs-Diagrammlinie leicht übertritt, während der zweite Fall mit dem 100-mA-Treiber einen großen Abstand zur 10-µs-Diagrammlinie aufweist.

Standard-MOSFETs haben ein größeres SOA-Diagramm und sind daher in der Regel weniger empfindlich gegenüber Gate-Ansteuerungen mit kleinen Ausgangsstromkreisen. Ein Beispiel sind Photovoltaik-Isolatoren (PVI). PVIs kommen häufig aufgrund ihrer schlichten Bauweise zum Einsatz: Der Treiber benötigt keine externe, isolierte Stromversorgung. Die Gate-Ladung wird durch einen Photovoltaikeffekt von der Steuer-/Primärseite auf die Sekundärseite übertragen. Da die Ausgangsstromstärke von nur einigen μA jedoch sehr gering ist, führt eine direkte Verbindung des Treibers mit der Endstufe zu langsamen Schaltvorgängen. Die zur vollständigen Aufsteuerung des Transistors erforderliche Gate-Ladung wird in mehreren Millisekunden übertragen.

Bild 4: Schalttransiente mit einer kapazitiven Last, angesteuert durch einen Treiber mit 100 μA Ansteuerungsstärke.
Bild 4: Schalttransiente mit einer kapazitiven Last, angesteuert durch einen Treiber mit 100 μA Ansteuerungsstärke. (Bild: Infineon)

Insbesondere beim Schalten kapazitiver Lasten mit hohen Einschaltströmen können die Grenzen des SOA verletzt werden. Um einen sicheren und zuverlässigen Betrieb zu gewährleisten, ist daher ein ausreichender Ausgangstreiberstrom erforderlich. Zu diesem Zweck bietet Infineon skalierbare System-Gate-Treiberlösungen in kleinen Gehäusen an.

Bild 5: Schalttransiente mit einer kapazitiven Last, angesteuert durch einen Treiber mit 100 μA Ansteuerungsstärke mit veränderter Zeitskala.
Bild 5: Schalttransiente mit einer kapazitiven Last, angesteuert durch einen Treiber mit 100 μA Ansteuerungsstärke mit veränderter Zeitskala. (Bild: Infineon)

Zusammenfassung

Die stetige Weiterentwicklung in der SJ-FET-Technologie ermöglichen kosteneffiziente MOSFETs mit niedrigem RDS(on) und hoher Spannung. Mit der Einführung der aktuellen CoolMOS-Familie, den statischen S7-Schaltprodukten, stehen Entwicklern von Schaltungen nun die nötigen Bauteile zur Verfügung, um hochzuverlässige Solid-State-Relais im Miniaturformat zu wettbewerbsfähigen Preisen zu realisieren.

EMR bieten zwar geringe Leistungsverluste und eine hohe Leistungsdichte, sie sind aber anfällig was die Abnutzung der Kontakte betrifft – insbesondere wenn sie für Hot-Switching verwendet werden. Bestehende SSRs, die auf Standard-FET- oder SCR-Technologien basieren, bieten fortschrittliche Steuerungsmöglichkeiten, sind aber aufgrund hoher Leitungsverluste in Bezug auf die Leistungsdichte benachteiligt. Die CoolMOS-S7-Technologie von Infineon bietet einen sehr niedrigen RDS(on)∙A-Wert, der kosteneffiziente FET-SSRs im Miniaturformat für hohe Strombereiche bis zu 10 A und darüber hinaus ermöglicht. Dank der Beschaffenheit von FET-Ausgangsstufen können die Verlustleistung und die Stromklasse durch eine breite Auswahl an Leitungswiderständen angepasst werden.

Darüber hinaus muss bei der Ansteuerung von FETs mit hoher Leistungsdichte in Halbleiteranwendungen der sichere Betriebsbereich (SOA) des Bauteils berücksichtigt werden. Die Ansteuerung des Gates kann anhand eines praktischen Beispiels für eine typische SSR-Ausgangsstufe anschaulich erläutert werden. (na)

Stefan Lukasser, Infineon
Stefan Lukasser, Infineon (Bild: Infineon)

Stefan Lukasser

Staff Application Engineer bei Infineon Technologies

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