8-legged integrated circuit standing on logic circuit drawings. Industrial or technological projects concept.

Wie können Designprinzipien und Schutzstrukturen Operationsverstärker vor ESD und EOS bewahren? Tipps und Schaltungen für optimale Sicherheit. (Bild: Hseyin - stock.adobe.com)

In Operationsverstärker-Schaltungen lässt es sich nicht immer vermeiden, dass bei ausgeschalteter Stromversorgung eine Eingangsspannung anliegt. Grundsätzlich verfügen Operationsverstärker (OpAmps) zwar über eingebaute Schutzstrukturen gegen ESD-Phänomene (elektrostatische Entladungen) während der Fertigung, jedoch sind diese nicht dafür ausgelegt, Schutz vor noch extremeren Belastungen zu bieten. Bestimmte Designmodifikationen und -prinzipien können allerdings dazu beitragen, das Schadensrisiko für den jeweiligen OpAmp einzudämmen.

Schutzstrukturen in aktuellen Operationsverstärkern

Zunächst soll es um die Frage gehen, welche Schutzstrukturen heutige OpAmps in der Regel mitbringen. Diese sind in einigen Fällen in Form eines Schaltplans angegeben, wie Bild 1 am Beispiel des OPA2991 von Texas Instruments (TI) zeigt.

Bild 1: ESD-Schutzstruktur eines exemplarischen Operationsverstärkers
(Bild: Bild 1: ESD-Schutzstruktur eines exemplarischen Operationsverstärkers)

Die Eingangs-Pins sind mit Dioden versehen, die Verbindungen zur Drain-Versorgungsspannung (VDD) und zur Source-Versorgungsspannung (VDS) herstellen, und auch am Ausgang finden sich entsprechende Dioden. Die Ausgangsstufen von Klasse-AB-Verstärkern enthalten dagegen Ausgangstransistoren, die mit den jeweiligen Versorgungsspannungen verbunden sind, und die PN-Sperrschichten dieser Transistoren fungieren als Diode zu VDD bzw. VSS. Da diese Body-Dioden ohnehin vorhanden sind, muss keine zusätzliche ESD-Schutzzelle hinzugefügt werden, zumal die Body-Dioden der Transistoren meist größer sind und ESD-Phänomene besser verkraften als diskrete ESD-Schutzdioden.

OpAmps, die keine eingangsseitigen ESD-Dioden enthalten, werden meist als vorteilhaft für bestimmte Funktionen beworben. So besitzt der OPA310 von TI ausfallsichere Eingänge. Bei diesen „Fail-Safe“-Eingängen handelt es sich um eine spezielle Diodenstruktur, die bis zu einem bestimmten Punkt das Anlegen einer Eingangsspannung auch bei abgeschalteter Stromversorgung toleriert. Die Eingangsdioden nämlich leiten Spannungsspitzen jeglicher Polarität an die Stromversorgungs-Leitungen ab, damit die ESD-Zelle die Energie auf kontrollierte Weise zur Masse ableiten kann.

Die ESD-Zelle ist im regulären Betrieb inaktiv und normalerweise magnituden- oder flankengetriggert. Durch die Magnitude getriggerte ESD-Zellen werden aktiv, wenn ein genügend starkes Signal anliegt, während flankengetriggerte Zellen eingeschaltet werden, sobald am Eingang eine genügend steile steigende oder fallende Flanke ansteht. Da ESD-Spitzen üblicherweise eine Magnitude von einigen hunderttausend Volt oder gar mehr besitzen und kürzer als 100 ns sind, kann die Aktivierungsschwelle weit außerhalb der normalerweise zu erwartenden Betriebsbedingungen des OpAmp angesetzt werden, sodass eine Aktivierung bei geringen Überspannungen ausgeschlossen ist.

Antiparallel geschaltete Dioden am Eingang des OpAmp

In einigen Fällen sind die Eingänge eines Operationsverstärkers mit antiparallel geschalteten Dioden versehen. Diese dienen nicht dem ESD-Schutz, sondern sollen das differenzielle Paar am Eingang vor übermäßig großen Spannungsdifferenzen schützen. Wie Bild 2 zeigt, weisen diese Dioden in der Regel eine höhere Vorwärtsspannung auf, damit sie im normalen Betrieb des OpAmp nicht leitend werden. Für den Schutz vor elektrischen Überlastungen (Electrical Overstress, EOS) muss nicht auf diese Dioden zurückgegriffen werden, weil es andere Pfade mit niedrigeren Vorwärtsspannungen gibt. In Betracht zu ziehen sind sie jedoch bei der EOS-Analyse, wenn eine hohe Spannungsdifferenz am Eingang zu erwarten ist.

Bild 2: Die antiparallelen Dioden am Eingang dienen dem ESD-Schutz und schützen das differenzielle Paar vor großen Spannungsdifferenzen.
Bild 2: Die antiparallelen Dioden am Eingang dienen dem ESD-Schutz und schützen das differenzielle Paar vor großen Spannungsdifferenzen. (Bild: Texas Instruments)

Notwendig sind die antiparallel geschalteten Dioden am Eingang von OpAmps, weil eine große Spannungsdifferenz die Eingangstransistoren beschädigen kann. Bei den multiplexerfreundlichen Eingangsverstärkern von TI fehlen sie dagegen, weshalb das differenzielle Transistorpaar hier auf andere Weise vor zu hohen Spannungsdifferenzen geschützt werden muss. Bei multiplexerfreundlichen Verstärkern sind dementsprechend keine antiparallelen Dioden zwischen den Eingängen als möglicher Stromweg zu berücksichtigen.

Nachfolgend werden unterschiedliche EOS-Schutzstrukturen und ihre Eignung für verschiedene Designs beschrieben.

Das Konzept des maximalen Schutzes

Hat die Funktion des Verstärkers höchste Priorität und sind die zu erwartenden Überlastungen eher ungewiss, muss die Möglichkeit einer elektrischen Überlastung an allen Pins einkalkuliert werden, die in den OpAmp hineinführen. Bild 3 illustriert eine Methode zum Schutz der Eingänge, der Ausgänge und der Stromversorgungs-Pins eines einkanaligen Operationsverstärkers.

Bild 3: OpAmp-Design mit Überspannungsschutz für alle Eingangs-, Ausgangs- und Stromversorgungs-Anschlüsse.
Bild 3: OpAmp-Design mit Überspannungsschutz für alle Eingangs-, Ausgangs- und Stromversorgungs-Anschlüsse. (Bild: Texas Instruments)

Die in Bild 3 gezeigte Lösung bietet dem OpAmp den denkbar umfassendsten Schutz und kann in den meisten Anwendungen problemlos eingesetzt werden. Allerdings handelt es sich hier auch um die kostspieligste Option, was die Leiterplattenfläche und den Kostenaufwand betrifft. An den Eingangs-Pins sorgen externe Dioden, die Widerständen vorangeschaltet sind, dafür, dass etwaige Überspannungen von den externen Dioden abgeleitet werden und nicht bis an die internen Dioden des OpAmp gelangen.

Durch den Spannungsabfall an den Widerständen R1 und R2 liegt an den Dioden D1 und D2 eine höhere Spannung als an den internen ESD-Schutzdioden des OpAmp. Die externen Schutzdioden müssen deshalb so dimensioniert sein, dass sie die vor den OpAmp-Eingängen auftretenden Ströme verkraften. In der Schaltung von Bild 3 wird die Diode BAV99 für den EOS-Schutz verwendet. Am Ausgang wurden ähnliche Vorkehrungen getroffen. Dioden und Widerstände sind hier so angeordnet, dass die externen Dioden vor jenen der Ausgangsstufe leitend werden. Bei der Ausgangsstufe ist dies sogar von besonderer Bedeutung, da die Ausgangsdioden üblicherweise eine niedrigere Vorwärtsspannung aufweisen als die meisten externen Schutzdioden.

Die beschriebenen Widerstände haben außerdem einen Zusatznutzen, denn die Schutzdioden besitzen eine parasitäre Kapazität, und das Platzieren eines Widerstands zwischen Regelschleife und Diode verhindert, dass diese parasitäre Kapazität die Regelschleife belastet, und stabilisiert letztere damit. An den Stromversorgungs-Pins bieten Z-Dioden Schutz vor Überspannungen und stellen einen niederimpedanten Weg zur Masse bereit, wenn ein Überspannungs-Ereignis eintritt. Der Schutz des OpAmp vor übermäßig hohen Spannungen ist somit unabhängig von der Fähigkeit der VDD- und der VSS-Leitung, als Stromquelle oder -senke zu fungieren.  

Es darf nicht verschwiegen werden, dass es auch bei dieser Konfiguration zu unbeabsichtigten Effekten kommen kann. Zum Beispiel können Spannungs-Ungenauigkeiten am OUT-Knoten auftreten, wenn der OpAmp als Stromquelle oder -senke wirken muss. Vermeiden lässt sich dieser Spannungsabfall, wenn der Isolationswiderstand (RISO) mit einer doppelten Regelschleife implementiert wird. Wenn die Stromversorgungs-Leitung im abgeschalteten Zustand hochohmig ist und die Z-Dioden das Klemmen der OpAmp-Spannung übernehmen, kann der OpAmp über die Schutzdioden mit Strom versorgt werden. Der auf den OpAmp folgende IC muss deshalb dafür ausgelegt sein, dass am OpAmp-Ausgang eine Spannung liegt.

Das Konzept des hinreichenden Schutzes

Dieses Konzept trägt zur Abmilderung von EOS-Ereignissen bei, jedoch müssen dabei die internen Dioden des Verstärkers mit Bedacht genutzt werden, um eine Beschädigung des OpAmp zu verhindern. Im Datenblatt der TI-OpAmps OPA992, OPA2992 und OPA4992 etwa ist angegeben, welche Eingangsströme als sicher eingestuft werden. Die Eingangsspannung darf demnach um nicht mehr als 0,5 V von V+ oder V– abweichen, während der Quellen- und Senkenstrom den Wert von 10 mA nicht überschreiten darf. Für die Potenzialdifferenz zwischen den beiden Eingangs-Pins gilt außerdem ein Höchstwert von 42 V.

Ein Konzept beruht darauf, den Eingangsstrom des Verstärkers auf weniger als 10 mA zu begrenzen. Mit Serienwiderständen von 100 Ω am Eingang beträgt die maximale Überspannung, die an den Eingängen IN+ und IN– begrenzt werden kann, 1 V ober- bzw. unterhalb der Versorgungsspannung. Sollte die Überspannung länger anhalten, wenn beispielsweise ein Sensor auch bei abgeschalteter Stromversorgung ein Eingangssignal liefert, ist allerdings eine weitere Begrenzung des Eingangsstroms wünschenswert. Eine Reduzierung unter den maximal zulässigen Grenzwert ähnelt vom Konzept her dem Derating der Nennspannung eines Kondensators mit dem Ziel, die Belastung des am Limit arbeitenden Systems zu reduzieren. Beträgt der absolute Höchstwert des Eingangsstroms 10 mA, ist eine Reduzierung auf unter 1 mA tatsächlich geeignet, das Schadensrisiko bei länger anhaltenden Überspannungen weiter zu senken.

In einem zweiten Fall hat die Überspannung ebenfalls einen bekannten Wert und die Stromversorgungen sind hochohmig. Ein Beispiel dafür wäre ein Niedervolt-Verstärker, der ein direktes Verbinden des Eingangs mit der 12 V betragenden Batteriespannung verkraften muss.

Bei 5 V Versorgungsspannung beträgt die Differenz zur Batteriespannung 7 V. Damit durch das beschriebene Ereignis nicht mehr als 10 mA in den Verstärker gelangen, ist am Eingang folglich ein Widerstand von 700 Ω erforderlich. 7 kΩ sind es, wenn weniger als 1 mA angestrebt werden. Ein Serienwiderstand von 10 kΩ dürfte den Strom somit auf ein sicheres Niveau begrenzen. Mit einer zwischen VCC und Masse geschalteten Z-Diode, die eine Sperrspannung von 6 V aufweist, wird verhindert, dass die Versorgungsspannung den maximal zulässigen Wert von 7 V übersteigt, und wenn die Stromversorgung als Stromquelle und -senke fungieren kann, kann sogar auf eine Z-Diode verzichtet werden.

Welches der genannten Schutzkonzepte für die jeweilige Anwendung in Frage kommt, ist auch davon abhängig, ob das Zieldesign kostensensitiv ist. Der Ablaufplan in Bild 4 hilft bei der Auswahl des am besten geeigneten Konzepts.

Bild 4: Wann sind welche ESD-Schutzkonzepte notwendig? Eine Auswahlhilfe.
Bild 4: Wann sind welche ESD-Schutzkonzepte notwendig? Eine Auswahlhilfe. (Bild: Texas Instruments)

Zusammenfassung

Der Artikel erläuterte, wie Operationsverstärker gegen elektrische Belastungen geschützt werden können, die bei ausgeschalteter Stromversorgung oder durch externe Spannungen auftreten. OpAmps haben zwar integrierte ESD-Schutzstrukturen, doch diese reichen bei extremen Belastungen oft nicht aus. Ausweg sind Konzepte wie maximaler Schutz mit externen Dioden und Widerständen an allen Pins oder Konzepte des hinreichenden Schutzes mit Serienwiderständen zur Begrenzung von Eingangsstrom und Spannung. Die vorgestellten Strategien helfen dabei, die Lebensdauer und Zuverlässigkeit von OpAmps in anspruchsvollen Anwendungen zu verbessern. (na)

Jerry Madalvanos, Texas Instruments
(Bild: Texas Instruments)

Jerry Madalvanos

Applications Engineer for Precision Signal Conditioning bei Texas Instruments

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