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Chipaufbau für die Auslese-Elektronik in Quantencomputern.   (Bild: Fraunhofer IZM/Volker Mai)

Quantencomputer rechnen anders als gängige Digitalcomputer nicht mit Bits, sondern mit Qubits: Durch ihre besonderen Eigenschaften – Superposition und Verschränkung – können diese Teilchen weitaus mehr als die binären Zustände 1 oder 0 annehmen. Diese Logik räumt dem Quantencomputer einen radikalen Vorsprung in puncto Schnelligkeit, Leistungsfähigkeit und komplexe Rechenoperationen ein. Dabei gilt: Je mehr Qubits dem Superrechner zur Verfügung stehen, desto schneller und hochwertiger fallen die Berechnungen aus.

Dadurch lassen sich Quantencomputer überall einsetzen, wo komplizierte Verrechnungen massiver Datensätze, Simulationen oder Wahrscheinlichkeiten vorzunehmen und Probleme in Sekundenschnelle zu lösen sind. Prognosen für Logistik- und Verkehrssysteme, die naturgetreue Nachbildung von Molekülen bei der Entwicklung medizinischer Wirkstoffe oder Verschlüsselung im Bankwesen sind nur einige Beispiele.

Quantensprung ins neue Technikzeitalter

Quantencomputer der ersten beiden Generationen lieferten grundlegende Erkenntnisse zu den Funktionsweisen. Funktionale Vorreiter bringen es im Betrieb aktuell auf beachtliche 5.000 Qubits, also 25000 potenzielle Zustände für jedes einzelne Quantenteilchen. Aus diesen ersten Errungenschaften ergeben sich jedoch auch Hürden: Das komplexe Geflecht sich überlagernder Qubits ist empfindlich, wodurch sich bisweilen Fehler in die Rechnungen einschleichen können. Deshalb brauchen die Lösungen eine Fehlerkorrektur, die wiederum das Vielfache der Qubits erfordert, die für die eigentliche Rechnung notwendig waren. So visieren Forschende etwa eine Größenordnung von mindestens 100.000 bis zu 1 Million Einheiten für ein einziges Gerät an.

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Mit Fine-Pitch-Kontakten aus Indium und supraleitenden Metallisierungen hat das Team am Fraunhofer IZM eine kompakte Aufbau- und Verbindungstechnik für die Rechner der Zukunft entwickelt. (Bild: Fraunhofer IZM)

p>Um eine so hohe Qubit-Dichte in einem System zu erzielen, müssen neue integrierte Schaltungen und Leitungen in extremer Miniaturisierung her, die gleichzeitig Temperaturen bis zu -273 °C aushalten müssen. Denn nur in solch frostigen Umgebungen verlangsamen sich die Gitterschwingungen in den Festkörpern so weit, dass die Qubits länger verschränkt bleiben und sich damit leichter manipulieren oder auslesen lassen. Um Eigenerwärmung durch elektrische Ströme zu verhindern, kommen bei tiefen Temperaturen verlustfreie Supraleiter zum Einsatz. Für die Entwicklung und den Aufbau dieser supraleitenden Umverdrahtungen und das kryogene Packaging ist das Team rund um Hermann Oppermann am Fraunhofer IZM in Berlin verantwortlich.

Supraleitend auch bei Tiefsttemperaturen

Für Verbindungen bei Tiefsttemperaturen mithilfe von Lotkontakten, sogenannten Bumps, entwickelten die Forschenden eine auf Indium basierende Technologie. Das Material ist unterhalb von 3,4 Kelvin supraleitend und erweist sich auch nah des absoluten Nullpunkts als robust. Zur Erzeugung von Elektronikstrukturen aus Indium wird es mithilfe eines speziellen Elektrolyten galvanisch abgeschieden. Hierfür transportierten die Forscher das Indium von dem üblichen Nickelsockel auf einen alternativen Sockel. Das war insofern notwendig, als dass Nickel große Magnetfelder produziert, die zu Störungen der Qubits führen würden. Mit dem neuen metallischen Übergang entsteht eine verträgliche Startschicht für die anschließende Indiumabscheidung. Diese Prozesse ermöglichen eine nach Angaben des Fraunhofer IZM weltweit ungeschlagene Miniaturisierung für kryogene Verbindungen mit einem Rasterabstand der Leiterbahnen von weniger als 10 Mikrometer.

Was Sie schon immer über Quantencomputer wissen wollten

Themenschwerpunkt Quantencomputer auf all-electronics.de
(Bild: Bartek Wróblewski – Adobe Stock)

Als im Juni 2021 der erste Quantencomputer in Deutschland von IBM eingeweiht wurde, war das Interesse groß. Aber was verbirgt sich hinter der Technologie? Was kann sie eines Tages leisten, woran wird geforscht und wo lauern Gefahren? Das und mehr erfahren Sie hier.

Bemerkenswert ist auch der Aufbau der verlustarmen und supraleitenden Verbindungen aus Niob und Niobnitrid: Mithilfe einer neu entwickelten Methodik wurden die Niob-Materialien flächig aufgebracht und mit einem Ionenstrahl geätzt. Somit entstehen kompakte kryogeeignete Verbindungen, die hohe Stromdichten erlauben. Nach dem Aufbau der Indium-Bumps und der supraleitenden Schaltungsträger wurden die Elemente in einem kryogenen Messstand bei Temperaturen von bis unter 3 Kelvin erfolgreich getestet.

Im Rahmen des InnoPush-Projekts „HALQ – Halbleiterbasiertes Quantencomputing“ wurde gemeinsam mit den Projektpartnern eine übergreifende Plattform aufgebaut, die Technologien der Mikroelektronik für die Anwendung in skalierbaren Quantencomputern zugänglich macht. Am Projekt beteiligten sich das Fraunhofer IPMS, Fraunhofer ITWM, Fraunhofer EMFT, Fraunhofer FHR, Fraunhofer IIS, Fraunhofer IISB, Fraunhofer ILT, Fraunhofer ISIT, Fraunhofer IOF, Fraunhofer ENAS sowie das Fraunhofer IAF.

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