Laborprototyp für einen rauscharmen Quantenfrequenzkonverter

Fraunhofer und QuTech stärken gemeinsam die Innovationskraft Europas und entwickeln neue Technologien für die Quantenkommunikation und Quanteninformationsnetzwerke. Im (Bild: Fraunhofer ILT, Aachen)

In einer langfristig angelegten, strategischen Partnerschaft arbeiten die Fraunhofer-Gesellschaft und das QuTech – eine Kollaboration der TU Delft und der Niederländischen Organisation für Angewandte Naturwissenschaftliche Forschung TNO – bei der Entwicklung des Quanteninternets, also der Verknüpfung von Quantencomputern, und beim Wissenstransfer eng zusammen. Ziel der Partner ist es, eine umfassendere wissenschaftliche Zusammenarbeit zu initiieren und zu fördern, neue Prototypen und Testumgebungen zu entwickeln und das Know-how in der anwendungsorientierten Forschung und beim Transfer in die Industrie gemeinsam besser zu nutzen.

„Um eine zuverlässige und sichere Kommunikation zu gewährleisten und Europas technologische Souveränität im Bereich neuer Quantentechnologien zu stärken, verschreiben wir uns dem Ziel, ein multinationales Quantennetzwerk in der EU zu errichten“, erklärt Paul de Krom, CEO der TNO. Das Netzwerk soll Industrie und Wissenschaft als Testumgebung zur Verfügung gestellt werden, um neue Produkte und Anwendungen zu entwickeln und das volle Potenzial des verteilten Quantencomputings zu erschließen. Dazu werden die Partner gemeinsam Technologie- und Schnittstellenstandards in den Bereichen Quantenkommunikation und Quanteninformationsnetzwerke etablieren und sich beim europäischen Agenda-Setting abgestimmt einbringen.

So haben QuTech und Fraunhofer vereinbart, künftig bei der Errichtung von komplexen QKD (Quantum Key Distribution)-Netzwerken grenzüberschreitend oder im Bereich von Knotenpunkten in Deutschland und in den Niederlanden zusammenzuarbeiten. Außerdem werden sie gemeinsam integrierte photonische Lösungen für solche Netzwerke entwickeln.

Was ist das Quanteninternet und was wird es bringen?

Wie schon bei der besonderen Funktion eines Quantencomputers spielen im Quanteninternet, also der Verbindung von Quantencomputern, die Superposition und vor allem die Verschränkung von Qubits eine entscheidende Rolle. Bei der Verknüpfung von Quantencomputern müssen Qubits über großskalige Netzwerke gemeinsam in einen verschränkten Zustand gebracht werden. Um dies zu tun, können zwischen den Quantencomputern verschränkte Lichtteilchen (Photonen) über Glasfaserleitungen ausgetauscht werden. Diese Photonen tragen die Informationen und vermitteln so die Verschränkungen zwischen den Computern.

Ein Problem dabei: die Instabilität der Qubits, in diesem Fall die Photonen. Erschwerend kommt hinzu, dass bei der Übertragung der Qubits deren Wellenlänge geändert werden muss. Als Qubits kommen Stickstoff-Fehlstellen (NV-Zentren) in Diamant zum Einsatz, die Photonen mit der Wellenlänge 637 nm emittieren. Diese Wellenlänge liegt jedoch im sichtbaren Bereich des Lichts (etwa 400 bis 750 nm). Florian Elsen, Koordinator Quantentechnologie am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik an der ILT Aachen, gibt jedoch zu bedenken, dass Glasfasernetze in diesem Bereich allerdings geringe Transmission aufweisen, was die Übertragung der Photonen nur über kurze Distanzen ermöglicht. Die Lösung: Quantenfrequenzkonverter, die dafür Sorgen, dass die Wellenlänge geändert wird, sodass die Übertragungsdistanz deutlich steigt. Die Wellenlänge dann im Bereich zwischen 1500 und 1600 nm, was in den Telekommunikations-Bändern liegt. Demnach wäre für die erste Etablierung des Quanteninternets auf das vorhandene Kommunikationsnetz zurückzugreifen. Eine große Herausforderung ist das Design von Konvertern mit einer hohen Gesamt-Konversionseffizienz. Diese sollen nur wenige Rauschsignale erzeugen bzw. ins Ausgangssignal durchlassen.

Durch die Verknüpfung von Quantencomputern ist es möglich, das Spektrum der Anwendungsgebiete von Quantencomputern noch mehr zu verbreitern. Florian Elsen vergleicht die Entwicklungsmöglichkeiten mit einem Stufenmodell: In der ersten Stufe ist eine abhörsichere Kommunikation zwischen den Rechnern möglich. Das Thema, mit dem er sich beschäftigt ist, dass sich mit dem Quanteninternet die Rechenleistung der Quantencomputer skalieren lässt. Auf der nächsten Stufe gibt es viele Anwendungen, die erst durch die Verknüpfung ermöglicht wird, beispielsweise das Blind Quantum Computing, bei dem alle Ergebnisse der Daten und Rechnungen dem Computer selbst verborgen bleiben. Zudem gibt Elsen zu bedenken, dass es Anwendungen geben wird, die man sich heute gar nicht vorstellen kann.

Pan-europäisches Quantennetzwerk

„Um eine weltweit führende Rolle bei der Umsetzung und Anwendung neuer Quantentechnologien einzunehmen und wettbewerbsfähig gegenüber den Marktmächten USA und China zu bleiben, sind immense gemeinsame, transnationale Anstrengungen der europäischen Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft notwendig“, sagt Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft.

Die nahe Zukunft hält viele Herausforderungen und neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit bereit. Zu erwarten sind beispielsweise weiterführende Ausschreibungen für europäische Quantenkommunikationsinfrastrukturen in länderübergreifenden Netzwerken, die Europas Wettbewerbsposition bei diesen wichtigen Technologien stärken. „Solche Infrastrukturen erfordern eine grenzüberschreitende Strategie zwischen den führenden Ländern und Akteuren für die Entwicklung der verschiedenen Technologien und ein klares Verständnis der unterschiedlichen Positionen, Rollen und Interessen“, erklärt Dr. Kees Eijkel, Head of Business Development am QuTech.

Was Sie schon immer über Quantencomputer wissen wollten

Themenschwerpunkt Quantencomputer auf all-electronics.de
(Bild: Bartek Wróblewski – Adobe Stock)

Als im Juni 2021 der erste Quantencomputer in Deutschland von IBM eingeweiht wurde, war das Interesse groß. Aber was verbirgt sich hinter der Technologie? Was kann sie eines Tages leisten, woran wird geforscht und wo lauern Gefahren? Das und mehr erfahren Sie hier.

Erfinder- und Unternehmergeist vereinen

Bereits seit 2019 arbeiten das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT und das QuTech im Rahmen eines ICON-Projekts, ein Fraunhofer-Programm zur Kooperation mit internationalen Partnern, zusammen und entwickeln optische Komponenten für die Quantenkommunikation und -information. Der Nutzen der fruchtbaren Zusammenarbeit spiegelt sich bereits in der Entwicklung einer Quantenfrequenzkonverter-Architektur (QFC) wider, die kürzlich vom Fraunhofer ILT mit einem Weltrekord in Bezug auf geringes Rauschen und verbessertes Signal-Rausch-Verhältnis demonstriert wurde.

Mit der Absichtserklärung wird die bisherige Kooperation erweitert und mit der Expertise der Fraunhofer-Gesellschaft auf eine breitere Basis gestellt. Darüber hinaus planen die beiden Institutionen, den ersten deutschen Quantenknoten eines länderübergreifenden Quantennetzwerks am Fraunhofer ILT zu installieren. Dieser soll als Erweiterung und Testumgebung sowie als Sprungbrett für einen europäischen Ansatz eines verschränkungsbasierten Quanteninternets dienen. Basis dafür werden die QuTech-Technologie sowie die QFC-Technologie des Fraunhofer ILT sein. Prof. Constantin Häfner, Leiter des Fraunhofer ILT, gibt einen Ausblick: »Die enge, grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil der gemeinsamen Etablierung eines Innovationsökosystem für Quantentechnologien, um den Technologie- und, in Kooperation mit der RWTH Aachen University, den Talenttransfer in Wirtschaft und Industrie voranzutreiben und im weltweiten Wettbewerb kompetitiv zu sein.«

Das Memorandum of Understanding unterzeichneten am 14. Dezember 2021 Prof. Reimund Neugebauer, Paul de Krom, Dr. Kees Eijkel und Prof. Constantin Häfner.

Fraunhofer Podcast zum Quanteninternet

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