Prof. Dr. Frank Wilhelm-Mauch vom Forschungszentrum Jülich, Forschungsprojekts Q(AI)2

Ein wesentliches Ziel des Forschungsprojekts Q(AI)2 ist es, „das Beschleunigungspotenzial“ auszuloten, das in bereits bekannten KI-Anwendungen beziehungsweise Algorithmen steckt, wenn sie auf Quantenrechnern laufen, sagt der Projektkoordinator Prof. Dr. Frank Wilhelm-Mauch vom Forschungszentrum Jülich über dieses Projekt. (Bild: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau)

Quantencomputer könnten künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML) auf ein neues Level heben. Allerdings steckt die Entwicklung realer KI-Anwendungen für Quantenrechner noch in den Kinderschuhen. Das vom Forschungszentrum Jülich koordinierte Verbundprojekt Q(AI)2 bringt beide Ansätze nun anhand konkreter Anwendungsfälle in der Automobilindustrie zusammen. An dem Vorhaben sind die drei größten deutschen Autohersteller BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen sowie der Zulieferer Bosch und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) beteiligt. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und verfügt über Mittel von 4 Millionen Euro über die Laufzeit von drei Jahren.

„Quantencomputer bieten die Möglichkeit, Anwendungen mit KI qualitativ zu beschleunigen und so einen echten Geschwindigkeitsvorteil zu erzielen“, erklärte Projektkoordinator Prof. Frank Wilhelm-Mauch vom Forschungszentrum Jülich. Komplexe KI-Anwendungen benötigen in der Regel enorme Rechenzeiten; dann aber ist Einsatz dieser KI-Anwendung nicht sinnvoll. „Dies ist besonders dort wichtig, wo Antworten auf industriell relevante Fragestellungen schnell gefunden werden müssen“, sagte Wilhelm-Mauch weiter.

Bei den Anwendungsfällen wird es beispielsweise darum gehen, flexible Produktionsabläufe in der Industrie 4.0 zu optimieren, autonome Fahrzeuge kollisionsfrei durch den Verkehr zu steuern, oder Touren von Elektrobussen intelligent zu planen. „Die Arbeit mit konkreten Aufgaben der Automobilindustrie als Start und Endpunkt der Forschung ist ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal dieses Projektes“, erläuterte Wilhelm-Mauch.

Die Nutzung von Quantencomputern und Quantenannealern (Quantencomputer, die nicht universell, sondern nur für bestimmte Rechenaufgaben geeignet sind. VW beispielsweise nutzt einen Quantenannealer, um die Simulation von Verkehrsflüssen zu optimieren. Diese Art von Quantencomputern ist kommerziell verfügbar. Anm. der Red.) für bestimmte für reale Probleme ist aufgrund des frühen Entwicklungsstadiums dieser Systeme bislang noch kaum erforscht. Das Projekt Q(AI)2 nimmt auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle ein. Die Forscher wollen nun gemeinsam erstmals eine breite Basis an quantenbeschleunigten KI-Algorithmen schaffen, die sowohl für die zur Verfügung stehende Hardware als auch für industrielle Fragestellungen optimiert sind.

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(Bild: Bartek Wróblewski – Adobe Stock)

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„Wir wollen das Beschleunigungspotenzial ausloten, das in bereits bekannten Algorithmen steckt“, sagt Frank Wilhelm-Mauch und beschreibt damit eine wichtige Zielsetzung. „Und wir wollen ganz grundsätzlich industriell relevante Anwendungen identifizieren, die sich mithilfe von Quantenrechnern wesentlich beschleunigen lassen.“ Die Erkenntnisse könnten deutschen Automobilherstellern entscheidende Wettbewerbsvorteile verschaffen: Aussichtsreiche Ansätze sollen unmittelbar in konkrete Vorentwicklungsprojekte der beteiligten Unternehmen münden. Gleichzeitig werden die Ergebnisse externen Nutzenden zugänglich gemacht.

Zudem wollen die Partner in Q(AI)2 aussagekräftige Kennzahlen ermitteln, aus denen hervorgeht, ab wann sich Quantencomputer tatsächlich gewinnbringend für industrielle Anwendungen einsetzen lassen. Wie viele Qubits und welche Taktzeiten müssen die Systeme aufweisen, um einen echten ‚Quantenvorteil‘ zu erzielen?

Entscheidend für eine realistische Einschätzung ist dabei die Möglichkeit, Algorithmen mit Quantencomputer-Simulationssoftware zu testen und auf verschiedenen Quantencomputersystemen zu implementieren. Über die JUNIQ-Infrastruktur des Forschungszentrums Jülich ist unter anderem der Zugriff auf vielfältige Hard- und Softwaresysteme sichergestellt. Die Jülicher Quantencomputer-Plattform vereint verschiedene Arten von Quantencomputern, Quantenannealern und Quantensimulatoren unter einem Dach. Die Forscher erhalten so unter anderem Zugang zu Systemen von IBM, D-Wave, Atos und experimentellen Maschinen, wie sie beispielsweise im europäischen Quanten-Flaggschiffprojekt entstehen.

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