Eckdaten

Herzstück vieler elektronischer Systeme ist ein Quarzoszillator. Im Wesentlichen beruht ihr  Einsatz darauf, dass die mechanische Resonanz eines piezoelektrischen Materials – zumeist eines Quarzkristalls – in der Oszillatorschaltung dazu genutzt wird, ein elektrisches Signal mit einer genauen und stabilen Frequenz zu erzeugen. Das so erzeugte Signal wird als Taktsignal bezeichnet. Seine Funktion ist es, den Betrieb der anderen elektronischen Bauteile in dem jeweiligen System zu synchronisieren.

Das Phänomen des piezoelektrischen Effekts, also der Fähigkeit eines Materials, infolge eines angewendeten Drucks eine Spannung zu erzeugen, entdeckten die Brüder Jacques und Pierre Curie im Jahr 1880. Quarz zeigt wie einige andere Kristalle (unter anderem Seignette-Salz und Turmalin) diesen piezoelektrischen Effekt. Hierunter versteht man, dass unter mechanischem Druck oder Zug an den Oberflächen des Kristalls elektrische Ladungen entstehen. Eine typische Anwendung ist zum Beispiel der Zündmechanismus bei Gasfeuerzeugen. Dieser Effekt ist umkehrbar, das heißt, dass beim Anlegen einer Spannung zwischen den beiden Seiten eines Quarzkristalls sich dieses mechanisch verformt (reziproker piezoelektrischer Effekt) und sich als sehr schwach gedämpfte periodische Schwingung fortsetzt. Das Kristallplättchen führt dann als ein in sich elastisches Gebilde mechanische Schwingungen mit seiner Eigenfrequenz aus. Bedingt durch diesen Piezoeffekt ist eine oszillierende Spannung an den Elektroden messbar.

Als Basiskomponente bestimmen Quarze Funktion und Performance eines Quarzoszillators.

Als Basiskomponente bestimmen Quarze Funktion und Performance eines Quarzoszillators. WDI

Etwa 30 Jahre später bauten Forscher in den Bell Laboratories den ersten Oszillator auf, der sich diesen Effekt zunutze machte. Zu dieser Zeit wurden dafür vorkommende Kristalle verwendet. Allerdings besaßen nur wenige die für den Einsatz in der Quarzindustrie erforderliche Qualität. Durch die zunehmende Nutzung von Radiogeräten und die wachsende Anzahl von Rundfunksendern in den 1920er und 1930er Jahren entwickelte sich eine wirtschaftliche Nachfrage nach quarzbasierten Oszillatoren. Mit dem Beginn des digitalen Zeitalters in den 1950er Jahren stieg die Nachfrage dann gewaltig an. Ein ebenfalls in den Bell Laboratories entwickelter kommerzieller Prozess zur Herstellung synthetischer Quarzkristalle ermöglichte es, diesen Nachfrageboom zuverlässig zu decken.

Inverted-MESA-Quarz: Nur ein kleiner Bereich wird geäzt.

Inverted-MESA-Quarz: Nur ein kleiner Bereich wird geäzt. WDI

Moderner synthetischer Quarz wird bis heute künstlich in einem Autoklav gezüchtet, einem Druckbehälter, in dem die Quarzkristalle („Seeds“) unter hohen Temperaturen zu Quarzen heranwachsen. Mit dieser Methode kann die Reinheit des produzierten Quarzes kontrolliert werden, sodass der Einsatz in modernen Anwendungen möglich wird. Anschließend wird der auf diese Weise entstandene Quarzbarren in Wafer geschnitten. Sehr wichtig ist eine präzise Schnittführung, da der Schnittwinkel die Temperaturstabilität des Quarzes beeinflusst. Mithilfe eines Röntgengeräts wird sichergestellt, dass der Schnitt den kristallografischen Achsen entspricht. Neunzig Prozent aller Quarze werden mit dem sogenannten AT-Schnitt gefertigt. Dabei wird der Quarz in einem Winkel von 35° 15‘ zur Achse des ursprünglichen Barrens geschnitten.

Quarzbarren in Wafer schneiden

Moderner synthetischer Quarz wird in einm Autoklav gezüchtet.

Moderner synthetischer Quarz wird in einm Autoklav gezüchtet. WDI

Zum Schneiden der Rohquarzbarren werden spezielle Mehrblattsägen verwendet. Diese Sägen können mit einem Laser-Refraktometer in Verbindung mit einer Befestigungs- und Klebevorrichtung ausgestattet sein. Damit lassen sich Quarzbarren mit gegeneinander ausgerichteten kristallografischen Winkeln zusammenkleben. Dann werden die Barren in Endprodukte mit Abweichungen von etwa 10 Winkelsekunden (ein 360stel Grad) geschnitten. Die Temperaturkurve von AT-Schnittquarzen entspricht in etwa y = x³. Abweichungen des Schnittwinkels wirken sich dabei auf den Verlauf der Kurve und die Frequenzstabilität des Endprodukts aus.

Bei der SMD-Montage wird der Quarz in einem Gehäuse montiert und verklebt.

Bei der SMD-Montage wird der Quarz in einem Gehäuse montiert und verklebt. WDI

Wie bei jedem Produktionsprozess ist es notwendig, das Ergebnis der Quarzproduktion zu kontrollieren. Um Quarze zu erhalten, die hohen Anforderungen in Bezug auf die Winkelgenauigkeit entsprechen, ist es erforderlich, größere Mengen zu produzieren, die dann in Gruppen sortiert werden können. Die restlichen Quarze sind beispielsweise für Anwendungen mit breiter gefassten Spezifikationen nutzbar. Daher haben Quarzfabriken häufig eine ganze „Bibliothek“ von Quarzscheiben (sogenannten Blanks) vorrätig.

Frequenz einstellen

Beim AT-Schnitt wird der Quarz in einem Winkel von 35° 15‘ zur Achse des ursprünglichen Barrens geschnitten.

Beim AT-Schnitt wird der Quarz in einem Winkel von 35° 15‘ zur Achse des ursprünglichen Barrens geschnitten. WDI

Oszillatorschaltung am Beispiel des Pierce-Gate-Oszillators.

Oszillatorschaltung am Beispiel des Pierce-Gate-Oszillators. WDI

Nach der Fertigung des Blanks muss die Frequenz eingestellt werden, mit der der Quarz schwingen soll. Diese ist umgekehrt proportional zur Masse des Quarzes. Bei Blanks im AT-Schnitt beträgt die Schwingfrequenz der Teile etwa 1680 geteilt durch die Dicke in Millimeter. Ein 10-MHz-Quarz muss beispielsweise geschliffen, geläppt, geätzt und poliert werden, bis zu einer Dicke von etwa 0,168 mm. Bei jedem Verarbeitungsschritt können Absplitterungen, Risse, Kratzer oder Parallelitätsverlust auftreten, die zu Fehlfunktionen des Endprodukts führen und Störsignale oder unter bestimmten Umständen plötzliche Frequenzänderungen verursachen können.

Im Zuge der Nachfrage nach immer höheren Frequenzen wird irgendwann der Punkt erreicht, an dem eine Verarbeitung der Blanks nicht mehr praktikabel ist, weil sie schlichtweg zu dünn sind. Typischerweise beträgt die höchste noch für die praktische Anwendung herstellbare Grundfrequenz etwa 40 MHz. Es gibt allerdings eine Reihe von Techniken, mit denen sich auch höhere Frequenzen erzeugen lassen.

Die Temperaturkurven von AT-Schnittkurven.

Die Temperaturkurven von AT-Schnittkurven. WDI

Zunächst einmal lässt sich der Quarz mit einem Oberton seiner Grundfrequenz betreiben. Wie bei allen Schwingsystemen gibt es harmonische Schwingungen mit ungeraden Vielfachen des Grundmodus. Wird die Oszillatorschaltung durch einen geeigneten Filter ergänzt welcher die Grundfrequenz unterdrücken kann, so lässt sich ein Betriebsmodus mit höherer Frequenz erzeugen. Jedoch wird mit jedem weiteren Oberton-Modus die Stabilität geringer und damit die Schaltung anfälliger. Mit einer Multiplikator-Schaltung lässt sich aus einem niederfrequenten Quarz eine Hochfrequenzschaltung herstellen. Allerdings haben solche Schaltungen einen höheren Stromverbrauch und eine deutlich längere Anschwingdauer und sie wirken sich überdies ungünstig auf das Rauschverhalten aus.

Bei den meisten Standard-Quarzoszillatoren werden optimierte Schaltungen verwendet, die beide Methoden nutzen, um Frequenzen bis zu 800 MHz zu erzielen. Wenn jedoch für hohe Frequenzen das Rauschen ein kritischer Faktor ist, können sogenannte Inverted-Mesa-Quarzblanks verwendet werden. Dieses Design ist auch unter der Bezeichnung HFF- (High Frequency Fundamental) Blank bekannt. Um die für eine hochfrequente Oszillation notwendige Dicke des Blanks zu erreichen, wird ein Quarz-Blank verwendet, dessen Mitte weggeätzt wurde.

Inverted-MESA-Quarze

Bei Inverted-MESA-Quarzen muss zwar nur ein kleiner Bereich der Oberfläche geätzt werden, der Prozess ist jedoch komplex und lässt sich nur einzeln durchführen. Sofern die Kosten kein kritischer Faktor sind, ist die Inverted-Mesa-Methode eine hervorragende Lösung zur Herstellung von Hochfrequenz-Qualitätsquarzen.

Nach der Fertigung des Quarz-Blanks werden beide Seiten des Quarzes metallisiert. So entstehen die Elektroden für den externen elektrischen Anschluss. Im nächsten Schritt wird der Quarz hinter einer Schablone montiert und in einer Vakuumkammer Silber oder Gold auf die freiliegende Oberfläche aufgedampft. Die Wahl des verwendeten Metalls ist durch die Vorgaben hinsichtlich Kosten und Alterung bestimmt. Bei einem Gold-Plating wird typischerweise eine Alterung im Bereich von ±1 ppm im ersten Jahr erreicht, bei Silber im Regelfall von ±3ppm. Anschließend kann der Quarz in einem Gehäuse montiert und verklebt werden. Traditionell wird bei diesem Prozess ein Silberepoxidkleber verwendet, der die mechanische Fixierung und elektrische Leitfähigkeit sicherstellt. Mit Einführung von SMD-Gehäusen aus Keramik wurde dieser Prozess jedoch automatisiert und anstelle von Epoxid ein silikonbasierter Klebstoff verwendet. Dies hat den Vorteil, dass die Klebeverbindung etwas weniger starr ist, was einen besseren Schutz vor Stoß- und Vibrationseinwirkungen bietet. Außerdem verringert sich das Risiko von mechanischen Spannungen innerhalb des Quarz-Blanks, was unerwünschte Frequenzänderungen und eine verstärkte Alterung zur Folge haben kann.

Der im Gehäuse montierte Quarz kann nun auf die endgültige Frequenz eingestellt („getrimmt“) werden. Noch bis vor kurzem wurde dazu die Quarzelektrode erneut metallisiert und dabei die Resonanzfrequenz gemessen. Wie bei der ersten Plattierung wurde auch dieser Prozess in einer Vakuumkammer unter Verwendung einer Schablone durchgeführt. Durch die Nachfrage nach immer kleineren Komponenten ist diese Technik jetzt an ihre Grenzen gestoßen. Mittlerweile sind die Schablonen so klein, dass die Auftragung bei Gehäusen mit Abmessungen von 3 × 2,5 mm2 und kleiner nicht mehr mit der erforderlichen Genauigkeit kontrolliert werden kann. Bei der neuesten Technik kommt daher nun ein Ionenstrahl zum Einsatz, der durch eine Schablone Material von der Elektrode abträgt. Dadurch wird die Masse verringert und die Frequenz des Quarzes erhöht. Die Einheit mit dem fertig bearbeiteten Quarz muss danach verschlossen werden.

Bei keramischen SMD-Gehäusen werden hauptsächlich zwei Techniken angewendet, das sogenannte Seam-Seal- oder das ältere Glass-Seal-Verfahren. Beide Methoden ergeben einen hermetisch dichten Verschluss der notwendig ist, um eine inerte Innenatmosphäre zu erzeugen und übermäßige Alterung zu vermeiden. Die Glasversiegelung ist billiger, das Bauteil wird jedoch in einem Reflow-Prozess Temperaturen von über 350 °C ausgesetzt, was sich im Einzelfall negativ auf die interne Struktur des Bauteils auswirken kann. Das Seam-Seal-Verfahren ist ein besser kontrollierbarer Prozess, der in einer abgedichteten Kammer unter reiner Stickstoffatmosphäre durchgeführt werden kann. Bei den neuen kleineren Bauteilen kann durch ein verändertes Verfahren das fertige Teil unter Vakuum verschlossen werden.

Quarze werden zu Oszillatoren

Da ein Schwingquarz an sich weder Oszillator noch Taktgeber darstellt, sondern einzig zur Festlegung der verwendeten Frequenz dient, muss dieser entsprechend beschaltet werden, um eine quarzstabilisierte Oszillatorschaltung (vereinfacht Quarzoszillator genannt) darzustellen. In der Praxis wird dazu entweder eine der möglichen bekannten Oszillatorschaltungen aus diskreten Bauteilen aufgebaut oder man verwendet einen „externen Oszillator“, bei dem die elektronische Schaltung zusammen mit dem frequenzbestimmenden Schwingquarz bereits in ein in der Regel genormtes Gehäuse eingesetzt ist.

In einer Quarzoszillatorschaltung wird die Schwingung aufrechterhalten, indem das vom Quarzresonator aufgenommene Spannungssignal verstärkt und per Rückkopplung an den Resonator zurückgeführt wird. Ein Resonator besteht aus zwei elektrisch leitenden Platten, zwischen denen sich ein Quarz-Blank befindet. Um die Oszillation in Gang zu setzen, erzeugt ein Steuerungsschaltkreis ein Feld, das den Quarz in ein instabiles Gleichgewicht bringt. Durch die positive Rückkopplung im System wird jedes Signal verstärkt und die Oszillation erhöht. Der Resonator wirkt dabei wie ein Frequenzfilter, das nur für ein sehr schmales Frequenzband um die Eigenfrequenz des Quarzes durchlässig ist.

Geringes Phasenrauschen

Quarzoszillatoren zeichnen sich durch ein sehr geringes Phasenrauschen aus. Da der Quarz vorwiegend entlang einer Achse schwingt, ist nur eine Phase dominant. Auf diese Weise erzeugt er ein sehr stabiles Signal. Umweltfaktoren wie Temperatur, Feuchtigkeit, Druck und Vibration können jedoch die Resonanzfrequenz eines Quarzes beeinflussen. Um die Wirkungen solcher Faktoren zu minimieren, haben die Hersteller in den vergangenen Jahrzehnten temperaturkompensierte und temperaturstabilisierte Quarzoszillatoren (sogenannte TCXO beziehungsweise OCXO) entwickelt, die eine hohe Signalstabilität gewährleisten, um den heutigen technologischen aber auch kommerziellen Anforderungen des Marktes zu genügen.

 

 

 

Niels Hagen

Teamleiter Produktmarketing FCP, bei WDI.

(ah)

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