Winkelsensoren auf Basis von integrierten magnetoresistiven Sensortechnologien wie AMR (Anisotrop magnetoresistiv), GMR (Giant Magnetoresistiv) und TMR (Tunnel Magnetoresistiv) stellen eine leistungsfähige Alternative zu Hall-Sensoren dar. Dabei bietet jede dieser Technologien spezifische Vorteile für bestimmte Anwendungen. Grundsätzlich erkennen die Sensoren die Ausrichtung eines vorhandenen Magnetfelds durch widerstandsbasierte Messung der Sinus- und Kosinus-Winkel über die verschiedenen monolithisch integrierten magnetoresistiven Elemente (MR).
Bei magnetoresistiven Sensoren ändert sich der elektrische Widerstand, wenn das Sensorelement einem magnetischen Feld ausgesetzt ist. Prinzipiell besteht ein GMR-Sensor aus zwei extrem dünnen, weichmagnetischen Schichten mit einer nicht-magnetischen Schicht dazwischen. Die Magnetisierung der oberen Schicht folgt dem angelegten Magnetfeld, die der unteren Schicht wird mittels einer untergelegten antiferromagnetischen Schicht in ihrer Richtung fixiert. Durch dieses Vorgehen lässt sich eine Widerstandsänderung von etwa 25 bis 45 Prozent erreichen.
Funktionale Sicherheit
Eck-daten
Die gemäß AEC-Q100 qualifizierten TLE5014-Winkelsensoren in der GMR-Technologie bieten eine hohe Flexibilität in Verbindung mit Single- oder Dual-Chip-Anwendungen. Sie verfügen über ein digitales 12-Bit-Interface mit verschiedenen Protokoll-Optionen (SPC, PWM, SENT und SPI) und sind bereits vorkonfiguriert und -kalibriert. Durch verschiedene Evaluation-Kits und Design-in-Tools lassen sich die Sensoren in die Endapplikationen schnell implementieren.
Mit der TLE5014-Serie auf Basis der GMR-Technologie (Bild 1) bietet Infineon eine Familie digitaler magnetischer Winkelsensoren, die eine präzise Winkel-Messung ebenso ermöglicht wie funktionale Sicherheit gemäß einer ISO 26262-konformen Entwicklung. Zusätzlich erweitern neue Varianten das Anwendungsspektrum der TLE5014-Sensoren, wobei anschlusskompatible Gehäuse einen einfachen Austausch und eine kosteneffiziente Skalierbarkeit ermöglichen sollen.
Die TLE5014-Sensorfamilie erreicht auf Systemebene ISO 26262 ASIL C für alle Einzelchip- und ASIL-D für alle Zwei-Chip-Sensoren, weshalb TLE5014-Sensoren für Anwendungen mit hohen funktionalen Sicherheitsanforderungen geeignet sind. Die Sensoren weisen einen kleinen Winkelfehler von weniger als 1,0 Grad über den Temperaturverlauf und die gesamte Lebensdauer hinweg auf. Dies ist besonders hilfreich bei Anwendungen, die eine sehr präzise Positionserfassung erfordern, wie beispielsweise bei der Lenkwinkelerkennung (SAS, Steering Angle Sensor) oder der Motorkommutierung in sicherheitsrelevanten Anwendungen wie Service- oder Collaborativ-Robotern, Kränen, Rolltreppen oder Gabelstaplern. Weitere Einsatzmöglichkeiten sind unter anderem elektrische Servolenkungen (EPS, Electronic Power Steering) und das Erfassen von Pedalstellungen sowie viele weitere Positionsmessungen.
Sämtliche TLE5014-Sensoren sind als Plug-and-play-Sensoren vorkonfiguriert und -kalibriert und somit direkt einsetzbar. Anwender können zwischen den Schnittstellen SENT, PWM, SPC und nun auch SPI wählen. Zusätzlich zu diesen Protokolloptionen lassen sich die Sensoren über das programmierbare EEPROM an beliebige Anwendungsumgebungen anpassen. Die kundenspezifische Konfiguration kann einfach über das EEPROM und eine 32-Punkt-Look-up-Tabelle erfolgen. Auch die 112-bit-Kunden-ID ist programmierbar.
Single-Die- und Dual-Die-Varianten sowie ein digitales 12-bit-Interface und verschiedene Protokoll-Optionen sollen zudem eine hohe Flexibilität gewährleisten (Tabelle 1). Die robusten Sensoren lassen sich mit hohen Eingangsspannungen von bis zu 26 V versorgen und bieten ESD-Schutz bis zu 4 kV (HBM).
Kompakte Redundanz
Zur Gewährleistung von funktionaler Sicherheit sind redundante Design-Auslegungen gefordert. Winkelsensoren mit zwei Sensorchips in einem Gehäuse ermöglichen hier platzsparende und zuverlässige Implementierungen. Mit dem TLE5014 im TDSO-16-Gehäuse (TLE5014C16D, TLE5014P16D, TLE5014S16D und TLE5014SP16D – entsprechend den verschiedenen Interfaces) lässt sich die erforderliche Redundanz in System-Designs statt mit zwei Einzelchips mit einer Dual-Chip-Version erreichen.
Bei den Dual-Varianten verfügen beide Sensoren über eine jeweils unabhängige Stromversorgung und separate Signalausgänge. Sie sind aufgrund galvanischer Isolation elektrisch unabhängig und können unabhängig voneinander arbeiten, was zu erhöhter Systemzuverlässigkeit führt. Die Gehäuse weisen die gleiche Grundfläche wie Gehäuse-Varianten mit nur einem Sensor auf und sind dabei nur etwa einen Millimeter hoch. Bei der Flip-Chip-Montage im Dual-Sensor-Gehäuse sind beide Sensorelemente genau übereinander platziert. Dadurch erfassen sie dasselbe Magnetfeld, dessen Werte der angeschlossene Mikrocontroller direkt vergleichen kann. Im Gegensatz zu diesen übereinander montierten Sensoren erfassen konventionell nebeneinander im Chipgehäuse angeordnete Sensoren leicht unterschiedliche Magnetfelder. Neben einem größeren Gehäuse erfordert dies auch größere, teurere Magnete. Zusätzlich kommt es zu Feldabweichungen aufgrund des Abstands zwischen den nebeneinander liegenden Sensorelementen.
Die Architektur
Bild 2 zeigt das Blockdiagramm des TLE5014 (Single-Die). Die PMU (Power Management Unit) sorgt für die interne Spannungsversorgung. Dabei versorgen verschiedene Spannungsregler die internen Funktionsblöcke: GMR Voltage Regulator (VRS), Analog Voltage Regulator (VRA) und Digital Voltage Regulator (VRD). Alle Regler sind direkt mit der Versorgungsspannung VDD verbunden. Die digitale Clock des TLE5014 ist durch eine Phase Locked Loop (PLL) realisiert, die ein interner Oszillator versorgt. Ein Sigma-Delta-AD-Wandler setzt die analogen GMR-Spannungen und die Temperatur-Spannung in die digitale Domain um. Die digitalen ISM (Intelligent State Maschine)-Signalverarbeitungseinheiten sorgen für die Fehler-Kompensation in Bezug auf Offset und Temperatur-Drift, Amplituden-Synchronität und Orthogonalität des Rohsignales von den GMR-Messbrücken. Die Bausteine verfügen über zwei separate ISM: für die Winkelberechnung (ISM_ALG) und für interne Safety-Checks (ISM_SAF). Die Winkelberechnung auf dem Chip ist redundant ausgeführt. Der Coordinate Rotation DIgital Computer (CORDIC) enthält die trigonometrischen Funktionen für die Winkelberechnung. Der Interface-Block wird für die Generierung der SSC-Signale (Synchronous Serial Channel) mit bis zu 8 MHz genutzt. Im EEPROM sind die Konfigurierungs- und Kalibrierungs-Parameter abgelegt. Auf einen Teil des EEPROMs kann der Anwender für die anwendungsspezifische Konfigurierung des Bausteins zugreifen. Die Programmierung erfolgt über die SSC-Schnittstelle.
Anwendungsbeispiel: Elektrische Servolenkung
Als Applikationsbeispiel soll eine Fail-Safe-/Fail-Operational-Architektur für die Servolenkung mit hoher Verfügbarkeit dienen. Dafür haben die Verantwortlichen ein Demoboard mit Chipsatz-Komponenten entwickelt und in Form eines mechanischen Demonstrators präsentiert. Die Demonstrator-Architektur besteht aus zwei voneinander unabhängigen, isolierten 3-Phasen-Subsystemen für die erforderliche Redundanz. Dabei steuert das Demoboard einen 6-Phasen-Elektromotor. Die Bilder 3a und 3b zeigen den Demonstrator-Aufbau und das Demoboard mit allen Chipsatz-Komponenten: Diese sind der Spannungsversorgungs-Chip (OPTIREG PMIC, TLF35584), 3-Phasen-Halbbrückentreiber (TLE9183QK), 32-bit-Mikrocontroller (TC23x mit 200 MHz und 2 MB Flash), Drehmoment-Sensor (TLE4998C8D), Sensor für die Motorposition (TLE5309D) und Winkel-Sensor (TLE5014D), MOSFETs (im SS08-Gehäuse) sowie die CAN-FD-Transceiver (TLE9251VLE, TLE9252VLC).
Alle eingesetzten Komponenten sind aufeinander abgestimmt und im Hinblick auf hohe funktionale Sicherheit, Energieeffizienz und Integrationsdichte ausgelegt. So ist die Safety-Spannungsversorgung für EPS-Systeme prädestiniert und bietet entsprechende Monitoring- und Schutz-Funktionen für ASIL D-Funktionalität, die auch vom Brückentreiber unterstützt wird. Alle Sensoren sind für Systeme gemäß ISO 26262 ausgelegt und bieten eine sehr hohe Messgenauigkeit. Der Mikrocontroller stammt aus der Aurix-Familie und lässt sich im Hinblick auf Performance, Flash-Kapazität, Timer-Architektur und periphere Bauelemente skalierbar auswählen. Außerdem verfügt die MCU über ein integriertes Safety/Security-Konzept mit ISO 26262-Unterstützung, Hardware-Redundanz und Hardware-Security (HSM-Modul) für hohe Datensicherheit. Letztendlich bieten die eingesetzten MOSFETs sehr geringe Durchlasswiderstände (RDS(ON) von 0,9 mW bei 40 V) für einen hohen Wirkungsgrad und ein ausgezeichnetes Schaltverhalten in kleinen, robusten Gehäusen.
Entwicklungsunterstützung
Für die Designumsetzung stehen für die neuen TLE5014-Sensoren Evaluation-Kits mit verschiedenen Interfaces zur Verfügung. Die Evaluation-Kits bestehen aus dem TLE5014-Programmer-Kit und einem Satellite-Board (Bild 4) mit dem TLE5014. Grundsätzlich gibt es zwei Typen an Evaluation-Kits: das TLE5014CPS-Kit für den TLE5014C16D, TLE5014P16D und TLE5014S16D (mit SENT/SPC/PWM-Interfaces) und das TLE5014SP-Kit für den TLE5014SP16D (SPI-Interface). Das TLE5014-Programmer-Kit wiederum besteht aus zwei zusammensteckbaren Komponenten: XMC1100-Boot-Kit (mit einem 32-bit ARM Cortex M0-Microcontroller) und einem TLE5014-Programmer-Shield.
Jürgen Mann
(aok)