Rekonfigurierbare Schaltungen können mit derselben Hardware verschiedene Rechenoperationen ausführen, indem sie lediglich die Eingangssignale ändern.

Rekonfigurierbare Schaltungen können mit derselben Hardware verschiedene Rechenoperationen ausführen, indem sie lediglich die Eingangssignale ändern. (Bild: TU Wien)

Jahrzehntelang basierte der Fortschritt in der Mikroelektronik vor allem auf der Miniaturisierung der einzelnen Bauelemente. Spätestens bei atomaren Größenskalen ist eine weitere Miniaturisierung nicht mehr möglich. Einen anderen Weg gehen Forscherinnen und Forscher der TU Wien. Sie haben mit der Entwicklung rekonfigurierbarer Feldeffekttransistoren (RFETs), die sowohl n- als auch p-Typ-Betrieb in einem einzigen Bauelement vereinen, einen wichtigen Fortschritt erzielt. „Bei uns ist also nicht wie bei herkömmlicher Halbleitertechnologie von Anfang an festgelegt, welche logische Operation eine bestimmte Schaltung durchführt. Wir können die Funktion einer Schaltung je nach Anforderung rekonfigurieren“, erklärt Dr. Masiar Sistani, Institut für Festkörperelektronik, TU Wien. „Man kann zum Beispiel aus zwei mit unserer Technologie sehr kompakten XOR-Verknüpfungen eine Additions-Schaltung machen. Mit herkömmlicher Technik müsste man zwei unterschiedliche Schaltungen für diese Aufgaben herstellen und daher viel mehr Chipfläche belegen, bei uns kann eine beides erledigen.“

Diese Innovation soll es ermöglichen, die Leistung und Funktionalität herkömmlicher Geräte zu verbessern und neue adaptive Computing-Konzepte zu realisieren. Dank der jüngsten Fortschritte bei der Herstellung hochwertiger monolithischer und einkristalliner Al-Si-Schottky-Kontakte, die eine reproduzierbare Herstellung von RFETs mit hochsymmetrischem n- und p-Betrieb ermöglichen, war es möglich, diese Transistoren in grundlegende komplementäre und kombinatorische Logikschaltungen zu integrieren. Dabei ist die Technologie kompatibel mit der heutigen Chip-Herstellung, was bedeutet, dass sie relativ einfach in die Produktion von elektronischen Geräten integriert werden könnte. Das könnte zu leistungsfähigeren, effizienteren und kostengünstigeren Elektronikgeräten führen.

Die Forscher haben einen Inverter sowie NAND/NOR- und XOR/XNOR-Gatter vorgestellt, die während des Betriebs dynamisch zwischen den Betriebsmodi wechseln können, während sie gleichzeitig die Transistoranzahl im Vergleich zu herkömmlichen Schaltungen mit statischen Transistoren reduzieren. Ihr zuverlässiger Betrieb wurde unter Verwendung vollständig symmetrischer Versorgungsspannungen nachgewiesen, wobei die volle Ausgangsspannung zur Verfügung steht. Ihre robuste Operation wurde durch die Analyse ihrer Rauschabstände, Stabilität gegenüber Eingangsspannungsvariationen und Übergangsverhalten verifiziert. Das vorgestellte Gerätekonzept und das Al-Si-Materialsystem sind potenziell kompatibel mit der aktuellen komplementären Metall-Oxid-Halbleiter-(CMOS)-Verarbeitungstechnologie und ebnen den Weg für zukünftige hybride rekonfigurierbare-CMOS-Schaltungen mit verbesserter Funktionsdichte und Energieeffizienz.

Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um RFETs

Was sind rekonfigurierbare Feldeffekttransistoren (RFETs)?

RFETs sind innovative Bauelemente, die sowohl n- als auch p-Typ-Betrieb in einem einzigen Bauelement vereinen, was eine dynamische Anpassung ihrer Funktion während des Betriebs ermöglicht. Dies steht im Gegensatz zu herkömmlichen Transistoren, deren Funktion festgelegt ist und die entweder als n-Typ oder als p-Typ arbeiten. RFETs nutzen dazu ein neuartiges Transistorkonzept, bei dem das Verhalten der Ladungsträger im Material durch elektrische Felder gesteuert wird. Dies geschieht über eine zusätzliche Elektrode, die elektrische Ladung in den Transistor einbringt und damit das Verhalten des Transistors bestimmt. Diese als "elektrostatische Dotierung" bezeichnete Technik ermöglicht ein flexibles Umschalten zwischen verschiedenen Betriebsmodi, ohne dass eine physikalische Dotierung mit Fremdatomen erforderlich ist.

Wofür können RFETs eingesetzt werden?

Die Flexibilität und Effizienz von RFETs machen sie ideal für eine Vielzahl von Anwendungen, darunter konvolutionelle neuronale Netze, Hardware-Sicherheitslösungen und analoge Schaltkreise. Sie sind besonders vorteilhaft für Aufgaben, die eine schnelle und energieeffiziente Datenverarbeitung erfordern, und bieten Möglichkeiten für die Entwicklung intelligenter, selbstlernender oder neuronaler Computersysteme.

Lukas Wind, Masiar Sistani und Walter Weber von der TU Wien (v.l.n.r.)
Lukas Wind, Masiar Sistani und Walter Weber von der TU Wien (v.l.n.r.) (Bild: TU Wien)

Welche Herausforderungen wurden bei der Entwicklung von RFETs überwunden?

Die Forschung musste mehrere Herausforderungen meistern, einschließlich der Erzeugung einer hohen Symmetrie zwischen n- und p-Typ-Betriebsmodi und der Gewährleistung einer angemessenen Ausbeute bei der Labormaßstab-Herstellung der Geräte. Durch den Einsatz von abrupten und hochwertigen Schottky-Kontakten auf Basis einer thermisch induzierten Austauschreaktion zwischen Aluminium (Al) und Silizium (Si) konnte ein reproduzierbarer Herstellungsprozess für RFETs mit den gewünschten Eigenschaften entwickelt werden.

Welche Zukunftsperspektiven eröffnen RFETs?

RFETs haben das Potenzial, die Art und Weise, wie elektronische Schaltungen entworfen werden, grundlegend zu verändern. Sie ermöglichen die Entwicklung von Chips mit höherer Funktionsdichte und verbesserten Leistungseigenschaften, was den Weg für innovative Anwendungen in der Informationsverarbeitung, künstlichen Intelligenz und weiteren Feldern ebnet. Die Kompatibilität von RFETs mit der aktuellen CMOS-Technologie könnte zu hybriden Schaltkreisen führen, die die Vorteile beider Technologien vereinen, um die nächste Generation elektronischer Geräte zu realisieren.

Warum sind RFETs bedeutsam?

RFETs ermöglichen eine deutliche Reduzierung der benötigten Chipfläche, da sie in der Lage sind, mehrere Funktionen zu übernehmen, die sonst durch mehrere spezialisierte Transistoren ausgeführt werden müssten. Dies führt zu einer erhöhten Funktionsdichte und kann die Herstellungskosten sowie den Energieverbrauch senken, während gleichzeitig höhere Rechengeschwindigkeiten ermöglicht werden.

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