Presse_Nachher

(Bild: Wieland)

Technik, die ausgedient hat: Schaltschrank vor dem Retrofit (links). Fit für neue Aufgaben: Schaltschrank nach dem Retrofit (rechts).

Technik, die ausgedient hat: Schaltschrank vor dem Retrofit (links). Fit für neue Aufgaben: Schaltschrank nach dem Retrofit (rechts). Wieland

Retrofit kann ein Jungbrunnen für ‚in die Tage gekommene‘ Maschinen sein. Das Nachrüsten alter Maschinen rechnet sich besonders dann, wenn die Mechanik den Großteil der Kosten ausmacht. Pressen jeglicher Art sind dafür typische Beispiele. Liegt doch hier der Kostenanteil für die Mechanik oft weit über 90 %. Nach 20 oder 30 Jahren Arbeitszeit haben meist nur noch Historiker an der Steuerung Gefallen. Die Mechanik ist dagegen weit weniger gealtert, selbst im Vergleich zu aktuellen Pressen. Die Idee jetzt: Die Mechanik beibehalten, aber die Presse aufrüsten. Verglichen mit einer Neuanschaffung lassen sich so Einsparungen von über 90 % erreichen. Derartige Umbauten lohnen sich praktisch immer.

Welchen Nutzen aber bringt ein Retrofit? Der wohl wichtigste Aspekt ist das Wiederherstellen der Zuverlässigkeit der Maschine. Alte Steuerungselektrik ist irgendwann so verbraucht, dass Reparaturen fällig werden. Dabei mangelt es oft an der Verfügbarkeit von Ersatzteilen, eine Reparatur ist dann nicht mehr möglich. Ein weiteres Argument: höhere Produktivität nach dem Retrofit. Sie lässt sich über modernere Sicherheitseinrichtungen realisieren, die die Sicherheitsreaktionszeiten der Maschine verbessern oder bedienerfreundlichere Arbeitsabläufe ermöglichen. Echte Leistungserhöhungen im Sinne von schnelleren Antrieben oder erhöhter Antriebsleistung sind dagegen häufig mit Vorsicht zu genießen, weil damit der Aufwand beim Retrofit massiv ansteigen kann. In jedem Fall sinnvoll: Aktuelle Antriebstechnik sowie überarbeitete Hydraulik oder Pneumatik. Dies senkt die Energieverluste und damit die Betriebskosten der Maschine. Leckagen werden damit behoben und es können elektrische Antriebe mit höheren Wirkungsgraden verbaut werden. Praktisch als Gratiszugabe können derartige Umbauten auch moderne Kommunikationstechnik nutzen. Dabei ist an Technik alles möglich, was auch neue Anlagen bieten: Von Visualisierungs-Schnittstellen zur Leitebene über Touchpanels mit Anzeige der Produktivdaten bis hin zu VPN-Schnittstellen für den Fernzugriff.

Rechtssicher dokumentiert

Insbesondere für das Management kann das Retrofit einen ruhigeren Schlaf bedeuten. Die mit dem Retrofit einhergehende neue Dokumentation zur Maschine sorgt nämlich dafür, dass der sichere Betrieb der Maschine auch rechtssicher dokumentiert ist. Eine der häufigsten Fragen im Zusammenhang mit einem Retrofit lautet: Kann man jede Maschine auf einen aktuellen Stand bringen, egal, wie alt diese ist? Egal, ob mit oder ohne CE? Eine Frage, die sich pauschal nicht mit Ja beantworten lässt. Als Faustregel gilt jedoch: Eine Maschine, die derzeit sicher betrieben werden kann und darf, hat gute Chancen für ein Retrofit mit vertretbarem Aufwand. Ob die Maschine anschließend ein neues CE benötigt, hängt von den individuellen Bedingungen ab. Dabei spielen Alter, Umfang des Umbaus und die bereits vorhandene Dokumentation zur Maschine die wesentlichen Rollen. Maschinen, die derzeit nicht in einem betriebsfähigen Zustand sind, können trotzdem Chancen auf eine Wiederaufarbeitung haben. Allerdings ist das individuelle Bewerten des Zustands unerlässlich.

Zeitgemäß nachrüsten

Wie läuft ein Retrofit praktisch ab? Im ersten Schritt ist zu bewerten, ob die Maschine zum aktuellen Zeitpunkt den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Ist dies der Fall, steht einem weiteren Vorgehen nichts im Weg. Wurden in der Vergangenheit jedoch undokumentierte Änderungen durchgeführt oder ist der Zustand der Maschine fragwürdig oder gar nicht mehr sicher, muss man zunächst den sicheren und gesetzeskonformen Zustand der Maschine herstellen. Diese Aufgabe ist häufig der größte und schwierigste Teil eines Retrofit. Nicht selten sind die Maschinen nach vielen kleinen und undokumentierten Umbauten in einem Zustand, der den aktuellen rechtlichen Anforderungen nicht mehr entspricht. Viel Fingerspitzengefühl ist dafür erforderlich.

Als nächstes sind die individuellen Änderungen zu planen. Dies geschieht nach Themenpaketen, wie zum Beispiel: Elektrik, Sicherheitstechnik, Hydraulik oder Antriebstechnik. Bei geeigneter Planung und Dokumentation kann hier häufig auf die Notwendigkeit einer erneuten CE-Konformitätserklärung verzichtet werden. Selbst bei sehr alten Maschinen, die vor dem Inkrafttreten der Maschinenrichtlinie 98/37/EG aus dem Jahre 1998 in Verkehr gebracht wurden, lässt sich oft die Notwendigkeit für eine CE-Konformitätserklärung vermeiden. Die CE-Konformitätserklärung würde, falls das Retrofit ungeschickt ausgeführt wird, eine komplette Neubetrachtung der Maschine erfordern. Das sollte man naturgemäß vermeiden. Die Planung und die eigentlichen Umbauarbeiten bietet Wieland Electric als Generalunternehmer an. Kunden können jedoch auch auf eigene Handwerker zurückgreifen oder Wieland Electric lediglich für Beratung und Planung verpflichten.

Nur noch eine Steuerung

29 Jahre gelaufen: Hydraulik-Presse vor dem Retrofit (links). Mit zeitgemäßer Technik nachgerüstet: Presse nach dem Retrofit (rechts).

29 Jahre gelaufen: Hydraulik-Presse vor dem Retrofit (links). Mit zeitgemäßer Technik nachgerüstet: Presse nach dem Retrofit (rechts). Wieland

Das Retrofit einer 29 Jahre alten Hydraulikpresse verdeutlicht den Nutzen. Ihr Neu-Anschaffungspreis liegt bei rund 100 000 Euro. Die Retrofit-Kosten hingegen lagen deutlich unter 10 000 Euro. Ausgetauscht wurden die komplette Elektrik und die komplette Sicherheitstechnik. Die traditionelle Schütztechnologie wurde ersetzt durch eine Sicherheitskleinsteuerung der Bauart Samos Pro Compact. Diese Sicherheitssteuerung übernimmt sowohl die Aufgaben der Sicherheitstechnik als auch normale Steuerungsfunktionen der Presse. Eine zweite Steuerung erübrigt sich. Das Sicherheitslichtgitter ersetzte man durch ein aktuelles SLC-Lichtgitter in schlanker Bauform. Funktional sind Bedienkonzept und Sicherheitskonzept unverändert. Weil die Hydraulik und die Ventile zum Großteil noch dem aktuellen Stand entsprachen, erforderten die  Antriebe lediglich eine umfangreiche Wartung, um Undichtigkeiten und kleinere Mängel zu beheben. Die Dauer des Umbaus selbst betrug zehn Arbeitstage. Eine Zeitspanne, die sich nicht auf einen eventuellen Produktivbetrieb auswirkt.

Thomas Kramer-Wolf

ist Fachreferent Safety Maschinenbau bei Wieland Electric.

(sk)

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