Fahrender Hochgeschwindigkeitszug

Starke Vibrationen und starke Temperaturschwankungen: Stromversorgungen in Zügen müssen besonders robust sein. (Quelle: Sailorr @ AdobeStock)

Elektroniksysteme in Bahnfahrzeugen werden von Störgeräusch erzeugenden Gleichstromquellen mit Energie versorgt. Dabei treten häufig Spannungsspitzen, Überspannungen und Spannungsabfälle auf. Auch abgestrahlte und leitungsgeführte EMI von Hochspannungsübertragungssystemen sind eine Herausforderung. Stöße, Schwingungen und extreme Temperaturschwankungen sind die Norm.  Da die Sicherheit der Fahrgäste stets an oberster Stelle steht, ist das Brennverhalten der verwendeten Materialien ein weiterer wichtiger Faktor.

Vor ähnlichen Herausforderungen stehen auch andere Branchen: mobile industrielle Systeme wie beispielsweise Baumaschinen oder fördertechnische Anlagen und Gabelstapler sind ebenfalls rauen Betriebsbedingungen im Freien ausgesetzt. Wenn keine anderweitigen Standards vorgegeben sind, nutzen Entwickler häufig robuste Lösungen, die entsprechend den Bahnverkehrsstandards ausgelegt und gebaut sind. Solche Lösungen sind gegenüber industriellen Alternativen zu bevorzugen, bei denen es sich häufig lediglich um kommerzielle Lösungen handelt, die für einen erweiterten Temperaturbereich ausgelegt sind, und bei denen von „sauberen“ Versorgungsschienen und niedrigen Schwingungsniveaus ausgegangen wird.

Standard-Wandler für Bahnanwendungen

DC/DC-Wandler für den Bahnverkehr und andere Anwendungen mit rauen Einsatzbedingungen müssen besondere Anforderungen hinsichtlich Eingangsbereich, EMV-Konformität, Stoß- und Schwingungsbeständigkeit, Eignung für starke Temperaturschwankungen und damit zusammenhängender Kondensation erfüllen und darüber hinaus strengen Brandschutzvorschriften genügen. Auch die Anforderungen an einen hohen Wirkungsgrad und kompakte Bauweise erhöhen die Komplexität der Spezifikationen. In diesem Artikel werden Standardlösungen vorgestellt, welche die Systemkonzeption vereinfachen.

Robuste Lösungen, die auf Standards für Leistungselektronik im Bahnverkehr basieren

Anwendungen im Schienenverkehr sind zwar von rauen Einsatzbedingungen gekennzeichnet, haben aber klar definierte Eigenschaften. Die Spezifikation für elektronische Einrichtungen im Bahnverkehr, EN 50155, lässt immer noch erhebliche Spannungsschwankungen zu. In der EN 61373 sind Schwingungen und Stöße für unterschiedliche Abschnitte von Bahnfahrzeugen festgelegt. Die EN 61000-4 befasst sich mit Fragen der elektromagnetischen Verträglichkeit. Bei Vorhandensein von Spannungsspitzen mit hoher Energie ist häufig die Einhaltung des Standards RIA 12 der British Railway Industries Association erforderlich.

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Bild 1: Gleichspannungs-Eingangsbereiche für unterschiedliche Anwendungen im Schienenverkehr. (Quelle: Traco Power)

Mit was befasst sich die EN 50155?

Die EN 50155 befasst sich mit robust ausgelegten Gleichstromwandlern und definiert Anforderungen an Umgebungs- und Betriebsbedingungen, Zuverlässigkeit, Sicherheit, Auslegung und Konstruktion, Dokumentation und Prüfung. Typische Elektronik für industrielle Anwendungen mag diesen Anforderungen unter Umständen genügen, aber DC/DC-Wandler müssen sehr viel stärkeren Spannungsschwankungen bei mehreren möglichen Nennbereichen standhalten (Bild 1).

Einen Spannungsabfall von 100 ms zu überstehen, ist nicht praktikabel. Auch Spannungsspitzen von einer Sekunde beinhalten zu viel Energie, um sie zu ignorieren. Leistungswandler müssen deshalb über den gesamten in Bild 1 gezeigten Bereich hinweg einwandfrei arbeiten und zusätzlich eine gewisse Sicherheitsreserve bieten - dies impliziert einen Eingangsbereich von mehr als 2,33:1. Nennspannungen von 48 V und 96 V sind ebenfalls möglich, wobei Frankreich und die USA unterschiedliche Minimal- und Maximalwerte haben. Hersteller von DC/DC-Wandlern erfüllen diese Anforderungen, indem sie einen 4:1-Eingang anbieten (normalerweise 43-160 V).

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Bild 2: Typische Positionierung eines DC/DC-Wandlers zwischen den EMV-Bereichen bei einer Bahnanwendung. (Quelle: Traco Power)

Konformität mit RIA 12

Auch aufgrund vertraglicher Vereinbarungen können andere Spezifikationen vorgeben sein, wie beispielsweise RIA12, um eine Störfestigkeit bis 1,5 x VNENN für 1 s und 3,5 x VNENN für 20 ms bei einer sehr niedrigen Quellenimpedanz von 0,2 Ω zu erreichen. Bei 110-VDC-Systemen entspricht das einem Spitzenwert von 385 VDC, der weit außerhalb des normalen Bereichs eines Wandlers liegt, ganz besonders, wenn dieser auch Spannungseinbrüchen bis mindestens 66 VDC standhalten muss.

Die von einer solchen niederohmigen Quelle ausgehende Energie lässt sich nicht mehr nur mittels eines Überspannungsbegrenzers begrenzen. Unter Umständen ist ein Vorregler nötig, der den Eingang für die Dauer der Überspannung abschaltet. Eine Speicherung im DC/DC-Wandler ist ebenfalls erforderlich, um den Ausgang aufrecht zu erhalten. Eine weitere Anforderung kann die Beständigkeit gegenüber schnellen Transienten bis 8,4 kV von 100-Ω-Quellen bei einer trapez­förmigen Signalform mit 100 ns Dauer sein. Diese lassen sich mit einem Spannungsbegrenzer (TVS) oder spezifischen Filtern der Hersteller der DC/DC-Wandler unterdrücken.

rundes elektronisches Gerät
Bild 3: Prüfaufbau für Schwingungsprüfung im Labor der Traco Power Solutions in Wexford, Irland. (Quelle: Traco Power)

Anforderungen hinsichtlich EMV und elektrostatischen Entladungen

Zur Prüfung der Konformität mit der EMV-Richtlinie wird bei Wechselspannungsversorgungen die EN-61000-4 herangezogen. Diese Bauteile erfordern alle eine geeignete Filterung. Industrielle DC/DC-Wandler sind normalerweise gekapselt und vor leitungsgeführten elektromagnetischen Störungen geschützt. Da diese Module normalerweise keine Filterung beinhalten, die für Gleichspannungsversorgungen für den Bahnverkehr geeignet ist, benötigen sie externe Filter.

Die EN 50121-3-2 legt Anforderungen hinsichtlich leitungsgeführter Gleichtakt-Hochfrequenz­störsignale bis 80 MHz und Störfestigkeit gegenüber elektrostatischen Entladungen und elektro­magnetischen Feldern an der Gehäuseöffnung fest. Leitungsgeführte Störaussendungen werden entsprechend der grundlegenden Norm EN 55016-2-1 gemessen. Die EN 50155 beinhaltet ein Beispiel für physische EMV-Bereiche A, B und C bei Anwendungen im Bahnverkehr (Bild 2).

Montagebolzen eines elektronischen Bauteils
Bild 4: Montagebolzen bieten mechanische Stabilität. (Quelle: Traco Power)

Anforderungen hinsichtlich Stoß- und Schwingungsbeständigkeit

Stoß- und Schwingungsprüfungen bei Bahnanwendungen werden in der EN 61373 festgelegt. Hier werden unterschiedliche Kategorien von Einbauorten mit steigenden Prüfpegeln spezifiziert.

  • Kategorie 1, Klasse A, karosseriemontiert
  • Kategorie 1, Klasse B, karosseriemontiert
  • Kategorie 2, am Drehgestell montiert
  • Kategorie 3, an der Achse montiert

Objekte mit geringer Masse müssen in Klasse B bei an der Karosserie montierter Ausrüstung Schwingbeschleunigungen von 5,72 m/s2 in Vertikalrichtung bei Prüffrequenzen zwischen 5 Hz und 150 Hz bei Stößen in Längsrichtung mit Spitzenwerten von 50 m/s2 (fast 5 g) standhalten. In der anspruchsvollsten Kategorie von an der Achse montierten Geräten müssen diese Geräte Schwingungen bis 144 m/s2 (fast 15 g) und Stößen von mehr als 100 g in allen Richtungen standhalten. Mit einem Schwingungserreger (Rüttler) in Verbindung mit einem Stroboskop lassen sich einzelne Bauteile während der Entwicklungsphase untersuchen (Bild 3) und potenzielle mechanische Schwachstellen erkennen.

Funktionsbedingungen und Beanspruchungen werden für unterschiedliche Einbaulagen definiert. Bei niedrigen Leistungen bieten SIP-Befestigungen keinen ausreichenden Halt für DC/DC-Wandler. Deswegen haben der TMR 3WIR und ähnliche Produkte versetzte Montagebolzen, die für zusätzliche mechanische Stabilität sorgen. Das gleiche gilt auch für die Kapselung (Bild 4).

Größere Module wie etwa der TEQ 300 WIR, verfügen zum Schutz vor Schwingungen über Federklemmen für die Kabelverbindungen (Bild 5).

Federklemmen an elektronischem Gerät
Bild 5: Federklemmen zum Schutz vor Schwingungen. (Quelle: Traco Power)

Temperaturschwankungen, Betriebsumgebung und Brandsicherheit

Die Dauereinsatztemperaturen sind bei Anwendungen im Bahnverkehr normalerweise nicht sonderlich hoch: im Fahrgast- und Führerhausbereich beträgt der Nennwert 25 °C bei einem Anstieg bis 55 °C. Die Temperaturen in den Schaltschränken können 70 °C erreichen, jedoch müssen die Bauteile zusätzlichen 15 °C über einen Zeitraum von 10 Minuten standhalten können. Mit ihren integrierten Kühlkörpern entsprechen der TEP 150WI und der TEQ 300WIR diesen Anforderungen (Bild 6).

Auf den ersten Blick scheinen also Wandler, die für einen Temperaturbereich von -40 bis +85°C ausgelegt sind, für die meisten Umgebungsbedingungen geeignet zu sein. Doch müssen bei einem Bahnfahrzeug die Temperaturschwankungen berücksichtigt werden, die beim Durchfahren eines Tunnels auftreten können. Hierbei kann durchaus eine Temperaturdifferenz von 40°C mit einer Änderungsrate von 3° pro Sekunde auftreten. Solche rasanten Temperaturschwankungen können zu Kondensation führen. Leistungswandler für solche Umgebungen erfordern daher eine Kapselung oder Schutzbeschichtung zum Schutz vor hohen differenziellen Ausdehnungsraten. Bei der DC/DC-Wandlerserie TEN 40 WIR sorgt die Verwendung einer Nickel- statt einer Goldbeschichtung für den Schutz vor Korrosion aufgrund von Kondensation.

Kühlkörper auf elektronischem Bauteil
Bild 6: Sowohl der TEP 150WI als auch der TEQ 300WIR umfassen ein passives Kühlsystem (Kühlkörper). (Quelle: Traco Power)

Standardlösungen

Traco Power bietet eine breite Palette von Standardprodukten, die die anspruchsvollen Anforderungen an DC/DC-Wandler für Bahnanwendungen erfüllen (siehe Bild 7). Alle diese Produkte bieten einen Eingangsbereich von 4:1, etwa mit 43-160 VDC bei einem Wandler mit einem Nennwert von 110 VDC, oder 9-36 VDC und 18-75 VDC bei Produkten mit Nennwerten von 24 und 48 VDC. Als Gehäuseformen werden ein SIP8-Metallgehäuse für 3W- und 6W-Module mit zusätzlichen Montagelaschen zum Schwingungschutz, ein DIP24-Gehäuse für 8W-Modelle sowie industrielle Standardgehäuse für 10-W- und 20-W-Module angeboten. Fahrgestellmontierte Versionen stehen mit Leistungen von 20 W bis 300 W zur Verfügung. Je nach Variante beinhalten die Wandler eine Eingangsfilterung entsprechend EN 55032 Klasse B und bieten eine robuste Abdichtung gegen Umgebungseinflüsse.

Vier elektronische Bauteile

Bild 7: Produkte von Traco Power für den Schienenverkehr und ähnliche Anwendungen von 3 bis 300 W. (Quelle: Traco Power)

Zusammenfassung

Der Schweizer Hersteller Traco Power ist für seine breite Palette hochwertiger AC/DC-Netzteile und DC/DC-Wandler bekannt. Durch den Einsatz der für raue Einsatzbedingungen ausgelegten DC/DC-Wandler des Unternehmens können Entwickler kritischer Systeme für den Bahnverkehr und ähnlich anspruchsvoller Branchen, wie z. B. Baumaschinen oder Fördertechnik, gewährleisten, dass sie allen technischen Herausforderungen an die Stromversorgung gerecht werden können.

Autoren

Martin Tenhumberg,

ist Sales Engineer bei Traco Power.

Florian Haas

ist Director Marketing bei Traco Power.

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